TE Vwgh Beschluss 2021/7/22 Ra 2018/06/0317

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Veröffentlicht am 22.07.2021
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82000 Bauordnung
L82006 Bauordnung Steiermark
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
BauG Stmk 1995 §26 Abs1
BauG Stmk 1995 §4 Z48
BauG Stmk 1995 §4 Z64
BauRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2018/06/0318

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, in der Revisionssache 1. des R H und 2. der S H, M.Sc., beide in D, beide vertreten durch die Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Volksgartenstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 15. Oktober 2018, LVwG 50.25-2191/2018-13, betreffend die teilweise Abweisung eines Antrages auf Beseitigung eines Gebäudes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde Dobl-Zwaring; mitbeteiligte Partei: H M in D; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Dobl-Zwaring vom 3. Dezember 2015 wurden unter anderem in Bezug auf das (vor 1968 errichtete) Bestandsobjekt auf dem im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstücks Nr. X, KG W., Zu- und Umbauten baurechtlich bewilligt.

2        Nach Feststellung konsenswidriger Abweichungen wurde auf Antrag des Mitbeteiligten ein weiteres, mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 abgeschlossenes Bauverfahren durchgeführt, mit dem der Umbau des ursprünglich genehmigten Wohnhauses und die Nutzungsänderung im Dachgeschoß von „Dachboden“ auf „Wohnen“ genehmigt wurden.

3        Die revisionswerbenden Parteien sind jeweils zur Hälfte Eigentümer unter anderem der Grundstücke Nr. Y und Z, KG W, die an das Grundstück Nr. X unmittelbar angrenzen.

4        Mit Eingabe vom 22. Jänner 2018 beantragten die revisionswerbenden Parteien die Beseitigung des errichteten Gebäudes auf Grundstück Nr. X im Wesentlichen mit der Begründung, dass im Hinblick auf den Abbruch wesentlicher Teile von einem Neubau auszugehen sei, welcher die Mindestabstände nach § 13 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG 1995) verletze.

5        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Dobl-Zwaring vom 23. Februar 2018 wurden die Anträge abgewiesen. Die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Dobl-Zwaring vom 22. Juni 2018 als unbegründet abgewiesen.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) wurde der von den revisionswerbenden Parteien gegen den Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde (teilweise) Folge gegeben und es wurde der Berufungsbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser auf die Rechtsgrundlage des § 66 Abs. 4 AVG gestützt werde und der Bescheid des Bürgermeister der Marktgemeinde Dobl-Zwaring vom 23. Februar 2018 wie folgt abgeändert werde:

„Gemäß § 41 Abs. 6 iVm § 41 Abs. 3 (Stmk. BauG 1995) wird dem Antrag (der revisionswerbenden Parteien) auf Beseitigung des auf Grundstück Nr. X (...) errichteten Gebäudes dahingehend stattgegeben, dass dem Liegenschaftseigentümer (Mitbeteiligter) der Auftrag erteilt wird, in Bezug auf die dem Grundstück der Antragsteller zugewandte nordwestseitige Gebäudefront sowie die teilweise diesem Grundstück zugewandte nordseitige und südseitige Giebelfront zur Herstellung des baurechtlichen Konsenses, entsprechend der Baubewilligungsbescheide vom 03.12.2015 (...) und vom 27.12.2017 (...) den Grenzabstand zum (Grundstück der revisionswerbenden Parteien) herzustellen und die Putz- und Wärmedämmplatten (Mineralwolle, Wärmedämmverbundsystem) auf der Nordwestseite (14,74 m) bis zur Ausgleichsschicht über dem Bestandsputz abzutragen und darauf im Bereich des ursprünglichen Bestandsgebäudes (11,47 m x 4,90 m) eine neue Wärmedämmung in der Schichtstärke von baurechtlich bewilligten 10 cm aufzubringen und die Außenputzschicht wiederherzustellen, wobei im Bereich des nördlichen Zubaus (Länge 2,98 m) der Außenputz wiederherzustellen ist. Weiters sind die beiden nord- und südseitigen Giebelwände im Bereich der Abstandsverletzung (0 m bis 3 m von der Grundgrenze des Grundstückes des Antragstellers) entsprechend rückzubauen bzw. herzustellen und ist der bewilligte Grenzabstand im Bereich der südseitigen Giebelfront wie beim ursprünglichen Bestandsgebäude und im Bereich der nordseitigen Giebelfront wie beim nördlichen Zubau ebenfalls wiederum herzustellen. (...)“

Soweit sich der verfahrenseinleitende Antrag auf darüber hinausgehende Beseitigungsmaßnahmen bezog, wurde er abgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

7        Begründend hielt das LVwG - soweit hier wesentlich - fest, auf der Grundlage des durchgeführten gerichtlichen Beweisverfahrens ergebe sich, dass die vom Liegenschafts- bzw. Gebäudeeigentümer getroffenen Baumaßnahmen in den behördlichen Baubewilligungsbescheiden vom 3. Dezember 2015 bzw. 27. Dezember 2017 nicht abschließend Deckung fänden (nämlich hinsichtlich näher beschriebener, rückzubauender Vergrößerungen) und es sei insoweit von einer Vorschriftswidrigkeit auszugehen. Soweit die revisionswerbenden Parteien in ihrem Antrag jedoch die Beseitigung des gesamten Gebäudes begehrt hätten, sei vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Baubewilligungsbescheide vom 3. Dezember 2015 und vom 27. Dezember 2017 festzuhalten, dass - soweit das Bauvorhaben durch diese Baubescheide gedeckt sei - eine Vorschriftswidrigkeit nicht vorliege und das LVwG in die rechtskräftigen Baubewilligungsbescheide nicht einzugreifen vermöge; dies ungeachtet des Umstandes, ob die Baubewilligungen rechtmäßig zustande gekommen seien oder nicht.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es gebe keine Judikatur bezüglich des Stmk. BauG 1995 zur Rechtsfrage, ob der (Grund)Konsens eines Bauwerks untergehe, wenn dieses Bauwerk durch mehrere Umbaumaßnahmen, „welche unabhängig voneinander bewilligt wurden“, wie z.B. (1.) eine vollständige Entkernung des umgebauten Gebäudes, (2.) ein beinahe Abriss der Grundmauern des umzubauenden Gebäudes und (3.) die Neuschaffung von Wohnraum derart verändert werde, dass im Gesamten nicht von mehreren (rechtskräftig bewilligten) Umbauten gesprochen werden könne, sondern es sich um einen Neubau im Sinn des Stmk. BauG 1995 handle.

13       Weiters sei das LVwG „von der Grundsatzentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes“ insoweit abgewichen, als das Bauwerk nicht als Neubau im Sinn des § 4 Z 44 (Stmk. BauG 1995) qualifiziert worden sei, obwohl der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen habe, dass nach einem erfolgten weitgehenden Abbruch des Gebäudes der Konsens bereits untergegangen gewesen sei (Verweis auf VwGH 20.11.1997, 96/06/0187).

14       Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15       Die revisionswerbenden Parteien wenden sich mit den zitierten Zulässigkeitsausführungen im Ergebnis gegen die Baubewilligungsbescheide vom 3. Dezember 2015 und vom 27. Dezember 2017, wobei sie jedoch gleichzeitig deren Rechtskraft und die mit diesen erfolgte Bewilligung der Umbaumaßnahmen nicht bestreiten. Eine allfällige Rechtswidrigkeit der genannten Bescheide ist angesichts ihrer Rechtskraft hier jedoch nicht zu beurteilen.

16       Bei diesem Ergebnis sei lediglich ergänzend darauf verwiesen, dass betreffend die Frage, ob ein Zubau (Ausbau und Erweiterung) oder ein Neubau vorliegt, gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 ein Nachbarrecht nicht eingeräumt ist (VwGH 27.3.2007, 2005/06/0255; 28.6.2016, 2013/06/0131, mwN).

17       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. Juli 2021

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018060317.L00

Im RIS seit

13.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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