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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §67g Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des C in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Beschwerde betreffend Schubhaft, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat am 6. März 1996 bei der belangten Behörde eine Beschwerde nach den §§ 51 ff Fremdengesetz (FrG) eingebracht. Die belangte Behörde führte in der Folge im Beisein des Beschwerdevertreters am 5. September 1996 eine mündliche Verhandlung durch, die um 09.10 Uhr nach erfolgter Beweisaufnahme vom Verhandlungsleiter unterbrochen wurde. Im Protokoll der um 09.30 Uhr wiederaufgenommenen Verhandlung wurde die in Abwesenheit der Parteien erfolgte Verkündung des Bescheides durch die belangte Behörde beurkundet.
Mit Eingabe vom 7. September 1996 erhob der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Nach Einleitung des Vorverfahrens legte die belangte Behörde innerhalb der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG den am 3. Dezember 1996 schriftlich ausgefertigten Bescheid vor und beantragte unter Hinweis darauf, daß aufgrund der mündlichen Bescheidverkündung keine Säumnis vorliege, die kostenpflichtige Zurückweisung der Säumnisbeschwerde.
Aufgrund der hg. Judikatur ist die Verkündung eines Bescheides nach § 67g AVG auch dann zulässig, wenn die Parteien nicht anwesend sind. Mit einer mündlichen Verkündung ist aber der damit in Frage stehende Bescheid - unabhängig von der im § 67g Abs. 3 AVG geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung an alle Parteien - rechtlich existent geworden (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 8. November 1996, Zl. 96/02/0338, und vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0433). In § 67g AVG (insbesondere dessen Abs. 1) fehlt zwar eine dem § 51f Abs. 2 VStG vergleichbare Regelung, wonach in jenen Fällen, in denen eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dies weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses (Bescheides) hindert. Dennoch läßt sich aus dem Grundsatz der öffentlichen Verkündung von Bescheiden im Verfahren vor einem unabhängigen Verwaltungssenat nach § 67g Abs. 1 erster Satz AVG, dem auch die "Möglichkeit" (arg.: "kann" - vgl. den zweiten Satz) des Absehens von einer mündlichen Verkündung insbesondere nach dem dritten Satz dieser Bestimmung nicht entgegensteht, ableiten, daß selbst der Verzicht auf eine Verkündung durch sämtliche Parteien des Verfahrens eine rechtswirksame Verkündung des Bescheides in Abwesenheit der Parteien durch einen unabhängigen Verwaltungssenat nicht hindert.
Da der vorliegenden Beschwerde nach dem Gesagten mangels Säumnis der belangten Behörde die Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegenstand, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020431.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.02.2010