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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Mai 1995, Zl. UVS-02/12/00097/94, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Angelegenheiten der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Mai 1995 wurde die an diese gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ("Weisung nach StVO ohne taugliche Rechtsgrundlage") als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Beschluß vom 27. November 1995, Zl. B 2047/95-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese in der Folge mit Beschluß vom 20. Juni 1996 dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer brachte gegenüber der belangten Behörde im wesentlichen vor, er fühle sich in seinem Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer seitens eines Sicherheitswachebeamten erfolgten Weisung, nämlich eine bestimmte Straßenstelle, welche nach Meinung des einschreitenden Organes nur durch Mißachtung eines Fahrverbotes in beiden Richtungen erreichbar sei und an welcher er sein Kraftfahrzeug zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt abgestellt habe, zu verlassen, verletzt. Das Fahrverbot in beiden Richtungen sei nicht ordnungsgemäß kundgemacht gewesen, daher sei auch das Abstellen seines Fahrzeuges nicht rechtswidrigerweise erfolgt. Der Sicherheitswachebeamte, welcher die Meinung vertreten habe, die Kundmachung des Fahrverbotes sei rechtmäßig erfolgt, habe jedoch für den Fall, daß der Beschwerdeführer die Aufforderung, die Straßenstelle zu verlassen, nicht befolgen sollte, angekündigt, daß er die Bestrafung des Beschwerdeführers veranlassen würde. Auf Nachfrage des Beschwerdeführers habe er aber die Möglichkeit einer Festnahme ausdrücklich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer habe - so die Beschwerdeausführungen vor dem Verwaltungsgerichtshof - in der Folge der Weisung entsprochen.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, dem Sachverhalt sei kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer unmittelbaren Zwang zu gewärtigen gehabt hätte, wenn er sein Kraftfahrzeug - ungeachtet der Aufforderung des Sicherheitswachebeamten - an der bezeichneten Straßenstelle stehengelassen hätte. Damit stelle sich aber das Einschreiten des Sicherheitswachebeamten, ungeachtet der durch diesen im weiteren Verlauf erfolgten Anzeigeerstattung wegen einer Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. n StVO in Verbindung mit § 52 Z. 1 leg. cit., als bloßer Hinweis auf ein bestehendes Verbotszeichen (Fahrverbot) und in weiterer Folge als bloßer Hinweis auf ein vorschriftswidriges Abstellen des Fahrzeuges, nicht aber als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Auch die im konkreten Fall erfolgte Anzeigeerstattung könne nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesehen werden, da diesbezüglich das allfällige strafbare Verhalten (das Nichtbeachten des Fahrverbotes) durch den Beschwerdeführer im Zeitpunkt und am Ort der Amtshandlung durch den Sicherheitswachebeamten bereits vollendet gewesen sei und eine solche Anzeige bei gegebener Sachlage auch sicherlich keinen unmittelbaren Zwang oder Befehl darstelle.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, Slg. Nr. 11935) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine behauptete "faktische Amtshandlung", daß sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden mußte) gerichtet ist; es wird daher insoweit die "Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch" gefordert. Auch nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 6. Oktober 1993, Zl. 92/17/0284) ist physischer Zwang oder unmittelbare Befehlsgewalt Voraussetzung für die Wertung einer Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (siehe zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0284).
Da gegen den Beschwerdeführer weder unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt wurde noch eine Situation gegeben war, in der der Beschwerdeführer eine solche unmittelbare Sanktion - wozu die bloße Androhung einer Strafanzeige nicht gehört - zu gewärtigen hatte, war, wie von der belangten Behörde richtig erkannt, im konkreten Fall das Einschreiten des Sicherheitswachebeamten nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen.
Die Frage der ordnungsgemäßen Kundmachung des in Rede stehenden Fahrverbotes stellte sich daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - von vornherein nicht.
Da sohin die Zurückweisung der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde durch den angefochtenen Bescheid rechtens war, erweist sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020299.X00Im RIS seit
12.06.2001