Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
abfällige Postings im facebookText
Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 12.07.2021 nach der am 12.07.2021 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig, er hat
während der CORONA-Pandemie (1. Lock down) bis N.N. (anonyme Anzeige) –konkret am N.N. (laut Kopie vom Facebook Eintrag), als Polizeibeamter öffentlich über sein FACEBOOK-Profil „N.N.“ mit dem Untertitel seines persönlichen Accounts: „N.N.“ – jedenfalls für seine N.N. Facebook Freunde und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und ersichtlich folgenden Inhalt gepostet bzw. mit diesem Posting seinen Freunden geantwortet:
„Hat irgendwer von diesen hirnverbrannten Politikern eigentlich darüber nachgedacht, dass man nicht nach Kroatien oder Gigaritspatschen fahren muss um sich zu infizieren oder auch nicht zu infizieren?...“
er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. V. m. § 91 BDG 1979 begangen,
über den Beamtenn wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.
Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.
Begründung
Der Verdacht, eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N. vom N.N., GZ N.N. bzw. auf das Schreiben der Landespolizeidirektion N.N., vom N.N., GZ N.N.
Die Dienstbehörde hat am N.N. mit Erhalt eines anonymen Schreibens, dem Kopien von zahlreichen Facebook Postings angeschlossen waren, aus welchen auch der vollständige Name des Beamten sowie der Hinweis auf seine Tätigkeit als Polizeibeamter ersichtlich war, Kenntnis vom Sachverhalt erlangt.
Inhalt der Disziplinaranzeige:
Am N.N. mit Landespolizeidirektion N.N. – Dienstanweisung wurde die freiwerdende Funktion des Kommandanten der Polizeiinspektion N.N. ausgeschrieben. Der Beamte bewarb sich um diese Funktion und war aufgrund seines Dienstalters und der bisherigen mehrjährigen Verwendung als 1. Stellvertreter auf der angeführten Dienststelle einer der vermutlich aussichtsreichsten Kandidaten aus dem BPK-Bereich N.N. Kurz vor Ende der Bewerbungsfrist langte allerdings in der Landespolizeidirektion N.N. die angeführte angeschlossene anonyme Anzeige/Beschwerde mit zahlreichen kopierten FACEBOOK-Postings vom Beamten ein. Der anonyme Anzeiger führte dabei aus: „Ich bin der Meinung, dass sich gerade Polizeibeamte, vor allem wenn es sich um Führungskräfte handelt, in solch herausfordernden Zeiten an den § 43 BDG halten sollten. Die sachliche Wahrnehmung der Aufgaben des Beamten dürfte er mit seinen Facebook Posts vermutlich selbst konterkarieren. Von Beleidigungen über Denunzierungen bis hin zu Vergleichen mit der NS Zeit ist hier alles zu finden.
Machen Sie sich bitte selbst ein Bild über die Auswüchse. Der Beamte hat N.N. Freunde auf Facebook die aufgrund seines früheren Profilbildes mit dem Untertitel „N.N.“ alle wissen, dass er Polizist ist…“.
Die in der Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzung angeführten FACEBOOK-Einträge wurden aus der Anlage der anonymen Beschwerde/Anzeige entnommen.
Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzung
Der Beamte, 1. Stellvertreter des Kommandanten der Polizeiinspektion N.N., hat während der CORONA – Pandemie (1. Lock down) bis N.N. (anonyme Anzeige), als Polizeibeamter öffentlich über sein FACEBOOK-Profil „N.N.“ mit dem Untertitel seines persönlichen Accounts: „N.N.“ – jedenfalls für seine N.N. Facebook Freunde und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und ersichtlich - unter anderem folgende Inhalte gepostet bzw. mit nachstehenden Postings seinen Freunden geantwortet:
1. „Der Adolf würde sich über solche Nachfolger sehr freuen…“
2. „Na – wenn das so stimmt wie er es erzählt, kann man nur sagen danke herr kurz, danke herr anschober (Anm.: gemeint sind Bundeskanzler Sebastian KURZ und der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf ANSCHOBER), sie tuen österreich wirklich gut - in früheren zeiten hat das auch gut funktioniert, dass man Leute durch gezielte Manipulation zu ungeheuern gemacht hat – und heute sind alle soooo entsetzt darüber - …“
3. „Jeder Kontakt ist einer zuviel? Ja aber nur wenn man die beiden Abgebildeten (Anm.: Bundeskanzler Sebastian KURZ und der vormalige Gesundheitsminister Rudolf ANSCHOBER sind auf einem Lichtbild abgebildet) treffen wollte…“
4. „Es ist einfach eine Schande mit welchen Tricks hier seitens der Bundesregierung versucht wird, Recht zu beugen. Die Akteure sollen sich einfach nur schämen und darüber nachdenken, wem sie zu dienen haben…“
5. „Hat irgendwer von diesen hirnverbrannten politikern eigentlich darüber nachgedacht, dass man nicht nach Kroatien oder Gigaritspatschen fahren muss um sich zu infizieren oder auch nicht zu infizieren?...“
Der Beamte steht durch die geringschätzigen bzw. abfälligen Kommentare über höchste politische Entscheidungsträger, insbesondere der obersten Bundesorgane, Bundeskanzler und den ehemaligen Gesundheitsminister, öffentlich auf FACEBOOK im Verdacht gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 schuldhaft im Sinn des § 91 BDG 1979 verstoßen zu haben.
Vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurde gemäß § 100 Abs. 3a StPO, GZ: N.N. vom N.N., ein Bericht an die Staatsanwaltschaft vorgelegt.
Laut Auskunft der LPD N.N. vom N.N. (A.A.) wurde von der Staatsanwaltschaft N.N. kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In der weiteren Folge wurde der Bericht gemäß §100 3a StPO gleichlautend der Bezirkshauptmannschaft N.N. zur verwaltungsrechtlichen Beurteilung übermittelt. Nach mündlicher Auskunft der B.B. der Bezirkshauptmannschaft N.N. wird auch von der Verwaltungsbehörde kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.
Zusammenfassung:
C.C. und D.D. des BPK N.N. beabsichtigten am N.N. den Beamten schriftlich zu den Anschuldigungen in der anonymen Anzeige zu vernehmen. Der Beamte bevorzugte allerdings die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme. Seiner Bitte wurde Folge geleistet und er wurde deshalb ersucht in Form einer „Persönlichen Meldung“ konkret zu bestimmten Fragen ausführlich schriftlich Stellung zu nehmen. Siehe Ersuchen des BPK N.N.
Der Beamte gab in seiner Persönlichen Meldung den Sachverhalt grundsätzlich zu, schränkte allerdings ein, dass die Postings und Kommentare im privaten, persönlichen, abgeschlossenen Raum erfolgten und ihm nicht bewusst war, dass er damit einer dienst- und disziplinarrechtlichen Verantwortung unterliegen könnte.
Mit Bescheid wurde aufgrund des im Spruch bezeichneten Vorwurfs gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Hinsichtlich der anderen Postings wurde kein Disziplinarverfahren eingeleitet.
In weiterer Folge wurde für den 12.07.2021 eine Verhandlung anberaumt und in Anwesenheit des Beamten durchgeführt.
Der Senat hat dazu erwogen:
Rechtsvorschriften:
§ 43 Abs. 2 BDG zufolge hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der Beamte zeigte sich in der Sache geständig, wies jedoch -wie auch schon in seiner gegenüber dem Bezirkspolizeikommandanten abgegebene Stellungnahme- darauf hin, die Postings im Wissen verfasst zu haben, dass diese nicht nach außen, also außerhalb des abgeschlossenen Kreises seiner Freunde gelangen könnten.
Mit diesem Argument ist für ihn nichts gewonnen, hat doch das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 03.04.2014 eine disziplinäre Bestrafung einer Beamtin bestätigt, der während eines Chats in der Social Media Plattform FACEBOOK die Meldung eines anderen Facebook Teilnehmers zu einer Vorstellung eines neuen N.N. Kandidaten mit Migrationshintergrund auf der Kandidatenliste der N.N. mit dem schriftlichen Kommentar "Ganz einfach zum Kotzen" kommentierte. Auch diese erklärte, dass gegenständliche Aussagen (diese kritisierte darüber hinaus unter anderem auch die eigene Behörde in beleidigender und unsachlicher Art und Weise) nur "Freunden" vorbehalten und eine Weiterverbreitung nicht vorgesehen gewesen wäre.Der Beamte übersieht auch bei seiner Verantwortung, dass selbst, wenn er seine Beiträge nur Freunden und Bekannten zugänglich macht, nicht absehbar ist, dass seine Kommentare von diesen Personen nicht dennoch weitergegeben werden, noch dazu bei einem so großen Personenkreis, wie ihn der Beamte damals hatte, was dazu führt, dass seine Kommentare einem immer größer werdenden Personenkreis zur Kenntnis gelangen könnte.
Dazu kommt, dass neben dem vollständigen Namen des Beamten auch sein Beruf erkennbar war. Zwar verweist er darauf, dass gegenständliches Profilbild nur kurzfristig gewählt zu haben, doch vermag ihm dies nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es reicht zumindest, dass in diesem Zeitraum jedem, mit dem er via Facebook kommunizierte, bekannt geworden ist, dass er Exekutivbeamter ist.
Auch sein Hinweis, dass er aufgrund der Auswirkungen der Pandemie -wie zunehmende Aggressivität der Bevölkerung, zunehmendes Denunziantentum- frustriert aber auch gestresst gewesen ist, zumal er in der Freizeit als Ausfluss der Corona Maßnahmen mit den sich daraus ergebenden Einschränkungen konfrontiert gewesen ist, vermag ihn nicht zu exkulpieren.
Angesichts der Tatsache, dass Facebook Einträge aber auch per WhatsApp geführte Chatinhalte immer wieder Gegenstand medialer Berichtserstattung sind, kann seine Ansicht, die Kommentare mit dem Wissen verfasst zu haben, dass nichts nach außen dringt, nur als lebensfremd bezeichnet werden.
Was den Inhalt seines Eintrages anbelangt, stellt die Beschreibung der Politiker als „hirnverbrannt“ eindeutig eine Beleidigung dar.
Seinem Unverständnis und Frust über die verordneten Reisebeschränkungen hätte er auch in sachlicher Weise Ausdruck verleihen können, ohne Politiker pauschal als „hirnverbrannt“ zu qualifizieren, welche depperte Verordnungen erlassen. Wenn er vom damaligen Gesundheitsminister als Herrn Volksschullehrer spricht, stellt dies eine Schmähung desselben dar, zumal er diesem damit die Kompetenz abspricht, als Gesundheitsminister der Problematik adäquate Verordnungen zu erlassen.
Einem VwGH Judikat vom 11.12.1985 (SlgNF 11.996A) zufolge sind bei schriftlichen Äußerungen ein strengerer Maßstab anzulegen als an spontane mündliche Äußerungen, an welche geringere Anforderungen zu stellen sind und einer verständlichen Erregung billigenderweise Rechnung zu tragen ist (VwGH 11.12.1985, SlgNF 11.966A.)
Der Beamte selbst gibt in seiner gegenüber dem Bezirkspolizeikommandanten abgegebene Stellungnahme an, dass er sich Luft machen wollte über die von ihm als einschränkend empfundenen Corona Maßnahmen und auch Sympathie erheischen wollte, zumal seine Facebook Freunde Gegner der Maßnahmen seien.
Er verkennt aber, welches Bild er damit vermittelt, wenn nämlich ein Polizeibeamter, zu dessen Agenden es zählt, Gesetze und Verordnungen zu vollziehen bzw. Sorge dafür zu tragen, dass sich die Bevölkerung auch an diese hält, diejenigen, die im Endeffekt an der Erarbeitung derselben beteiligt sind, als genau genommen unzurechnungsfähig (denn nichts Anderes bedeutet es, wenn jemand als „hirnverbrannt“ eingestuft wird, nicht in der Lage, vernünftig zu denken und zu agieren) abqualifiziert.
Wie schon im Beschluss vom N.N. ausgeführt wurde, ist zwar nach der gängigen Verwaltungsgerichtshofjudikatur die von einem Beamten an der eigenen Behörde, an der ganzen Beamtenschaft, an der Bundesregierung oder einem Bundesminister geübte Kritik durch die Meinungsfreiheit geschützt (VwGH 03.09.2002, 99/09/0212). Eine scharfe Kritik, bei der es deutlich darum geht, systembedingte Missstände zu bekämpfen, dürfe aber, wenn diese sachlich ist, gemäß Art. 10 EMRK in einer freien, demokratischen Gesellschaft nicht disziplinär bestraft werden. Allerdings darf der Rahmen sachlicher Kritik nicht durch eine bedenkliche Wortwahl, Beleidigung, Schmähung oder massiven Vorwurf gesprengt werden (VwGH 03.09.2002, 99/09/0212).
Mit dem votierten Kommentar hat der Beamte eindeutig den Boden sachlicher Kritik verlassen und kann auch nicht mehr von einer „scharfen“ Kritik gesprochen werden. Sein Eintrag ist getragen von Beleidigungen und Schmähungen, weshalb eine disziplinäre Verantwortung für den selben bejaht wurde.
Nachdem er den Eintrag im Glauben, dass derselbe den Kreis derjenigen, denen er das Lesen des Inhalts gestattet hat, nicht verlassen wird, getätigt hat, ist -was die Publizität anbelangt- von fahrlässigem Handeln auszugehen.
Mildernd wurden die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit sowie das Geständnis gewertet, erschwerend kein Umstand.
Aufgrund der Tatsache, dass der Beamte 32 Jahre unbeanstandet Dienst versehen hatte und eine Mehrzahl von Milderungsgründen einem Erschwerungsgrund gegenübersteht, erachtete der Senat -im Gegensatz zur Disziplinaranwaltschaft- die Verhängung eines Verweises für tat- und schuldangemessen.
Dem Antrag auf Verhängung eines Schuldspruches ohne Strafe konnte jedoch keine Folge gegeben werden.
Gemäß § 115 BDG kann im Falle eines Schuldspruches von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn
1. dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und
2. nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten von weiteren Verfehlung abzuhalten.
Die erläuternden Bemerkungen verweisen darauf, dass ein Absehen von der Strafe dann möglich sein solle, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind,
Die Beurteilung einer Verletzung dienstlicher Interessen hat alle Folgen für Funktionsfähigkeit und Ansehen des Beamtentums in Betracht zu ziehen, mit denen die Dienstpflichtverletzung verbunden war. Sind die Folgen als unbedeutend zu erachten, so erscheinen die dienstlichen Interessen nicht verletzt.
Damit können generalpräventive Erwägungen die Anwendbarkeit der Bestimmung ausschließen.
Für das Ausmaß der Verletzung dienstlicher Interessen ist mittelbar auch die Schwere der Dienstpflichtverletzung, dh Unrechtsgehalt und Verschulden des Beamten maßgeblich, wobei davon auszugehen ist, dass insbesondere mit dem Ausmaß der Schuld auch die Bedenken dafür zunehmen, dass die Funktionsfähigkeit des Beamtenapparates auch in Zukunft durch den betreffenden Beamten beeinträchtigt werden wird.
Die zweite Voraussetzung für das Absehen von der Strafe bilden spezialpräventive Erwägungen, wobei die fehlende spezialpräventive Notwendigkeit einer Strafe kumulativ zu den erwähnten Voraussetzungen vorliegen muss.
Die Verhängung der Strafe erschien jedenfalls aus generalpräventiven Gründen für angebracht, sodass die Verhängung eines Schuldspruches ohne Strafe nicht mehr in Betracht kam.
Zuletzt aktualisiert am
09.08.2021