TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/12 VGW-021/060/6677/2020

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Veröffentlicht am 12.05.2021
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Entscheidungsdatum

12.05.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §367 Z25

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Neumann über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 20.5.2020, Zl. …, betreffend Gewerbeordnung (GewO), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht:

I. Die Beschwerde wird in Bezug auf Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass den Gesetzeszitaten bezüglich § 367 GewO die Fassung „BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018“ anzufügen ist.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer in Bezug auf Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 42,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

                  

III. Der Beschwerde wird in Bezug auf Spruchpunkt 2. insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von EUR 210,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt werden. Dabei werden die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe wie folgt geteilt:

i. Für die Verletzung der Auflage Nr. 3) des im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Bescheids wird die Geldstrafe mit EUR 60,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Stunde festgelegt.

ii. Für die Verletzung von Nr. 11) des im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Bescheids wird die Geldstrafe mit EUR 60,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Stunde festgelegt.

Im Übrigen wird bezüglich Spruchpunkt 2. das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass als Tatzeit anstatt „26.11.2018 – 19.01.2019“ „26.11.2018 und 19.1.2019“ sowie zu § 367 GewO die Gesetzeszitate „BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018“ anzuführen sind. Schließlich haben die angeführten Auflagen Nr. 4), Nr. 5), Nr. 6). Nr. 7), Nr. 8) und Nr. 9) zu entfallen.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Bezug auf Spruchpunkt 2. bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG für i. mit EUR 10,-- und für ii. ebenfalls mit EUR 10,-- festgesetzt, das ist jeweils der gesetzliche Mindestkostenbeitrag.

IV. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer bezüglich Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang

1.1.     Das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien (MBA …) vom 20.5.2021 enthält folgenden Spruch:

„1.   Datum:     26.11.2018

      Ort:        Wien, C.-gasse

Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39 und 370 Abs.1 Gewerbeordnung 1994) der D. GmbH mit Sitz in Wien, C.-gasse zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Betriebsinhaberin und Inhaberin der Betriebsanlage in Wien, C.-gasse (Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants), am 26.11.2018 die Auflage Nr. 1 des Bescheides vom 22.12.2006, GZ: ..., welche lautet "Die Lautsprecher der Musikanlage sind auf entsprechend dimensionierte Unterlagen körperschallgedämmt aufzustellen (z.B. auf Sylomer, Mafund etc.) oder auf andere Weise körperschallgedämmt zu montieren (z.B. Aufhängen auf entsprechend dimensionierte Gummibänder etc.)." insofern nicht eingehalten hat, als die Lautsprecher augenscheinlich nicht schallentkoppelt aufgestellt waren und ein entsprechender Nachweis auf Verlangen nicht vorgelegt werden konnte.

2.    Datum:     26.11.2018 - 19.01.2019

      Ort:        Wien, C.-gasse

Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39 und 370 Abs.1 Gewerbeordnung 1994) der D. GmbH mit Sitz in Wien, C.-gasse zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Betriebsinhaberin und Inhaberin der Betriebsanlage in Wien, C.-gasse (Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants), von 26.11.2018 bis zumindest 19.01.2019 die nachfolgenden Auflagen des Bescheides vom 22.12.2006, GZ: ...:

-Auflage Nr. 3), welche lautet:

„Zur Sicherstellung der Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzpegel ist in die Musikanlage ein elektronischer Dynamikbegrenzer einzubauen.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 4), welche lautet:

„Die elektrischen Leitungen zwischen Vorverstärker bzw. Mischpult, Dynamikbegrenzer und Leistungsverstärker (Endstufe) sind an beiden Enden fix auszuführen (z.B. Löten, Pressen usw.).“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 5), welche lautet:

„Bei Unterbrechung der Stromzufuhr des elektronischen Dynamikbegrenzers (z.B. durch Ausschalten) darf keine Musikdarbietung mehr erfolgen.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 6), welche lautet:

„Die Einstellung des Grenzpegels (Einmessung) der Musikanlage auf die vorgeschriebenen Grenzpegel hat durch eine befugte Fachfirma, einen Ziviltechniker, einen allgemein gerichtlich beeideten Sachverständigen, eine akkreditierte oder eine staatlich autorisierte Stelle zu erfolgen.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 7), welche lautet:

„Die Bedienungselemente des Dynamikbegrenzers, welche durch Verstellen eine Überschreitung der vorgeschriebenen Grenzpegel zulassen würden, müssen von der beauftragten Stelle gegen unbefugtes Hantieren so gesichert sein (Siegel, Plombe), dass ein Verstellen dieser Bedienungselemente nur nach Beschädigung von Plomben oder Siegeln erfolgen kann.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 8), welche lautet:

„Die Einmessung sowie die "Verplombung" oder "Versiegelung" des elektronischen Dynamikbegrenzers ist zu wiederholen, wenn eine die Lautstärke verändernde Maßnahme an der Musikanlage (z. B. Austausch von Musik- und Beschallungskomponenten, Veränderung des Grenzpegels nach Verletzung der Verplombung oder der Versiegelung) vorgenommen wird.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 9), welche lautet:

„Über jede Einmessung der Musikanlage und die angebrachten Plomben und Siegel ist ein Messbericht durch die beauftragte Stelle erstellen zu lassen, der Folgendes zu beinhalten hat: Beschreibung der Musikanlage, die eingemessen worden ist, mit Liste der vorhandenen Geräte, mit Firmenbezeichnung, Type und technischen Daten; schematischer Schaltplan der Musikanlage mit Legende, woraus die Tonkanäle, die Aus- und Eingänge - auch unbenutzte - und alle Spannungsversorgungen ersichtlich sind; Grundrissplan mit eingezeichneten Lautsprechern und den gewählten Messpunkten, mit Höhenangaben, bezogen auf Fußbodenniveau; Angabe der zur Einmessung verwendeten Tonträger; Angabe der Messergebnisse; Angabe aller Begrenzungseinrichtungen bzw. der gegen Verstellen gesicherten Bedienungselemente und Angabe der eingestellten Skalenwerte; Abbildung oder Beigabe der zur Sicherung gegen Verstellen verwendeten Siegel oder Plomben.“

in Verbindung mit

-Auflage Nr. 11), welche lautet:

„Eine Kopie des Messberichts ist in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme für Behördenvertreter bereitzuhalten.“

insofern nicht eingehalten hat, als sowohl zum Zeitpunkt der schalltechnischen Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage am 26.11.2018 als auch zum Zeitpunkt der schalltechnischen Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage am 19.01.2019 augenscheinlich kein Limiter/Dynamikbegrenzer in die Musikanlage integriert war und kein Messbericht vorgelegt werden konnte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 367 Zif. 25 GewO 1994 i.V.m. dem angeführten Punkt des angeführten Bescheid

2. § 367 Zif. 25 GewO 1994 i.V.m. dem angeführten Punkt des angeführten Bescheid

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von          Gemäß

                  Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 210,00 0 Tage(n) 8 Stunde(n) 0       § 367 GewO 1994

                  Minute(n)

2. € 210,00 0 Tage(n) 8 Stunde(n) 0       § 367 GewO 1994

                  Minute(n)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 15,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 435,00“

1.2.     Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 1.6.2020 Beschwerde und führte darin aus wie folgt:

„Wie sie ja bereits aus meiner Rechtfertigung entnehmen können, Habe ich die gewerberechtliche GF erst mit 10/2018 übernommen bzw. wurde da der Betrieb angemeldet!

Wie ebenfalls bereits erwähnt, habe ich sofort mit dem Eintritt die Geschäftsleitung darauf gedrängt eine ordnungsgemäße Installation der Musikanlage sowie auch das Einmessen eines Limiters zu ordern. Gleichzeitig habe ich selbst die Firma MESS-Elektronik E. KG per E-Mail verständigt. (Kopie vom 12.11.2018 09:52:13)

Also 14 Tage vor der Kontrolle. Abgesehen davon dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist Innerhalb von 14 Tagen die Anschaffung, Einrichtung ect. zu bewerkstelligen. Letztemdes ist es ja von der jeweiligen Firma abhängig, hat mich der Betreiber davon überzeugt dass er gewillt ist alles zu tun was von der Behörde verlangt wird. Hat auch offensichtlich viel Geld in die Hand genommen und eine Schall-isolierte Zwischendecke einziehen lassen. Für mich ein Beweis dass er wirklich gewillt ist, ordnungsgemäß zu agieren.

Leider musste ich aber bald feststellen dass es eben doch nicht so ist. Bin aber nur Angestellter und habe kein Recht in die Buchhaltung oder Unterlagen, ohne die Einwilligung der Geschäftsleitung Einsicht zu nehmen. Muss mich auf deren Aussagen, bzw. was ich sehe verlassen. Doch wurden mir dann aber doch mehrere Missstände bekannt. Da diese trotz drängen von mir, nicht behoben wurden, habe ich die Konsequenzen gezogen und habe mit 02.04.2019 meine gewerberechtliche GF gekündigt.

Es ist für mich unverständlich, dass ich zwar strafrechtlich belangt werde weil ich als GF eben dafür verantwortlich bin, aber ich werde bei Mängel nicht sofort verständigt, sondern erst Monate später. Zu einem Zeitpunkt wo ich schon 5-6 Monate vorher eben aus diesen Gründen ausgeschieden bin. Da habe ich keinerlei Rechte und Möglichkeiten mehr in dem Betrieb Nachschau zu halten was tatsächlich gemacht oder nicht gemacht wurde.

Zudem möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich aufgrund der Covid-19 Quarantäne seit 15. März 2020 in eine finanzielle sehr sehr schwierige Lage geraten bin. Meine Nebeneinkünfte als GF sind weg. Und ich bin mit meinen 74 Jahren gezwungen, auf Kosten meiner Kinder zu leben. Eine etwaige Strafe kann ich beim besten Willen nicht bezahlen.“

1.3.     Am 3.5.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer und der Meldungsleger Ing. F. gehört bzw. einvernommen wurden.

2.   Sachverhalt

2.1.     Die D. GmbH betreibt seit 24.9.2018 in Wien, C.-gasse, ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses. Der Beschwerdeführer war beginnend mit 24.9.2018 gewerberechtlicher Geschäftsführer der D. GmbH.

2.2.     Vom 26.11.2018 auf den 27.11.2018 und vom 19.1.2019 auf den 20.1.2021 fanden in der als Kaffeerestaurant geführten Betriebsanlage der D. GmbH in Wien, C.-gasse, Kontrollen des Magistrats der Stadt Wien (Magistratsabteilung 36) statt.

2.3.     Dabei wurde im Zuge der Kontrolle vom 26.11.2018 auf den 27.11.2018 festgestellt, dass bei Betreten Musik in Hintergrundlautstärke dargeboten wurde. Die Musikanlage bestand aus nachstehenden Geräten: Ein Zuspielgerät, ein Verstärker Pioneer A-503R, ein Verstärker Denon PMA-500AE und ein Lautsprecher. In der Musikanlage war kein Limiter integriert. Eine grenzwertüberschreitende Beschallung mit dieser Anlage wäre möglich gewesen. Auf Verlangen konnte kein Messbericht für die Musikanlage vorgelegt werden. Die Lautsprecher waren nicht schallentkoppelt aufgestellt.

2.4.     Bei der Kontrolle vom 19.1.2019 auf den 20.1.2021 wurde festgestellt, dass bei Betreten der Betriebsanlage Musik dargeboten wurde. Zwischen der Bar und dem Ausgang war ein Tisch mit zwei Mischpulten samt PC (Zuspielgerät) aufgebaut und über zwei Aktivlautsprecher dBTechnologies Cromo 10+ wurde Musik dargeboten. Die Musikanlage war geeignet lauter Musik darzubieten als die (mit Bescheid) festgelegten Grenzwerte. Es war kein Limiter in die Musikanlage integriert.

2.5.     Die Auflage Nr. 1 des Bescheids vom 22.12.2006 (GZ: …) für den Betriebsstandort Wien, C.-gasse lautet: „Die Lautsprecher der Musikanlage sind auf entsprechend dimensionierte Unterlagen körperschallgedämmt aufzustellen (z.B. auf Sylomer, Mafund etc.) oder auf eine andere Weise körperschallgedämmt zu montieren (z.B. Aufhängen auf entsprechend dimensionierte Gummibänder etc.)“

Die Auflage Nr. 3 des o. a. Bescheids lautet: „Zur Sicherstellung der Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzpegel ist in die Musikanlage ein elektronischer Dynamikbegrenzer einzubauen.“

Die Auflage Nr. 11 des o. a. Bescheids lautet: „Eine Kopie des Messberichts ist in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme für Behördenvertreter bereitzuhalten.“

Beweiswürdigend ist auszuführen:

Aus dem GISA-Auszug ergeben sich die unter 2.1. angeführten Tatsachen. Der Beschwerdeführer räumt die Möglichkeit ein, dass er bereits seit 24.9.2018 gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen sein könnte. Die Feststellungen unter 2.2. bis 2.4. ergeben sich aus der Dokumentation der Kontrollen der Magistratsabteilung 36 sowie den ergänzenden und glaubhaft wirkenden Angaben des Meldungslegers in seiner Befragung vor Gericht und sind bei dessen Befragung keinerlei Zweifel an der korrekten Vorgangsweise zur Erfassung der Beobachtung bei den Kontrollen hervorgekommen. Eine durchgehende Verwendung einer Musikanlage ohne Dynamikbegrenzer zwischen 26.11.2018 und 19.1.2019 lässt sich aus den vorliegenden Beweisen allerdings nicht ableiten. Die Feststellungen zu 2.5. (Auflagen Nr. 1), 3) und 11)) ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Bescheid vom 22.12.2006.

3.   Rechtliche Beurteilung

3.1.     Maßgebliche Rechtsvorschriften:

§ 39 Abs. 1 und 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2018, lauten:

„(1) Der Gewerbeinhaber kann für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn

         1.       die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen durch Übereinkommen sichergestellt sind, oder

         2.       es sich um Staatsangehörige eines Vertragsstaates des EWR handelt, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR haben, oder

         3.       es sich um Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt, die ihren Wohnsitz in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des EWR haben.

(2) Der Geschäftsführer muss den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs. 1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muß der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muß der gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

         1.       dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

         2.       ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Diese Bestimmung gilt nicht für die im § 7 Abs. 5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden. Innerhalb eines Konzerns kann eine Bestellung zum Geschäftsführer auch für mehrere Konzernunternehmen erfolgen, wenn der Geschäftsführer Arbeitnehmer im Sinne des dritten Satzes zumindest bei einem der Konzernunternehmen ist. Der gemäß Abs. 1 für die Ausübung eines Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, zu bestellende Geschäftsführer muß ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs. 2 gelten für Personen, die am 1. Juli 1993 als Geschäftsführer bestellt waren, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 weiter.“

§ 367 Z 25 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 45/2018, lautet:

„Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, begeht, wer

25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 84m erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;

…“

3.2.     Rechtlich folgt daraus:

3.2.1.       Wie sich aus 2.3. ergibt, wurde wie in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheids festgehalten gegen die Auflage Nr. 1) des do. genannten Auflagenbescheids verstoßen. Wie sich aus 2.3. und 2.4. ergibt, wurde wie in Spruchpunkt 2. (allerdings entgegen der Tatanlastung im Spruch mangels Feststellbarkeit mit zeitlicher Unterbrechung) gegen die Auflagen Nr. 3) und 11) verstoßen. Die Auflage Nr. 3) (elektronischer Dynamikbegrenzer) war für sämtliche Musikanlagen zu erfüllen. Deswegen wurde zweimal gegen die Auflage Nr. 3) verstoßen. Da die Auflage Nr. 11) eine gesonderte Auflage ist, konnte nicht eine Gesamtstrafe verhängt werden. Bereits aufgrund der nachweisbar kürzeren Dauer der Verletzung von Auflage Nr. 3) war die Strafe herabzusetzen. Um einen Verstoß gegen das Verbot der reformation in peius und deswegen eine falsche Gewichtung der beiden Strafen zu verhindern, war die aufgeteilte Strafe deutlich herabzusetzen. Aus dem Spruchpunkt 2. war die Bezugnahme auf die Auflagen Nr. 4), Nr. 5), Nr. 6). Nr. 7), Nr. 8) und Nr. 9) herauszunehmen, weil sich deren Verletzung bereits durch die nicht erfüllte Auflage Nr. 3) ergibt, folglich die angeführten Auflagenpunkte von der Verletzung von Auflage Nr. 3) konsumiert werden.

3.2.2.       Der Beschwerdeführer haftet als gewerberechtlicher Geschäftsführer. Er hätte bis zur ersten Kontrolle bereits knapp zwei Monate Zeit gehabt die Verstöße gegen die Auflagen zu beheben. Das Drängen des Beschwerdeführers gegenüber der Geschäftsführung der GmbH auf eine ordnungsgemäße Installation der Musikanlage sowie auf das „Einmessen eines Limiters“ reichen ebenso wenig wie die gleichzeitige Verständigung der Firma MESS-Elektronik E. KG per E-Mail Mitte November (also zumindest sechs Wochen nach Antritt der Geschäftsführertätigkeit), weil die Akzeptanz eines solchen Zeitraums eine bedenklich lange Zeitspanne für einen rechtswidrigen Zustand der Betriebsanlage bedeuten würde, zumal die Mängel leicht überprüfbar waren. Zur selbstverantwortlichen Anordnungsbefugnis wird auf § 39 Abs. 2 GewO 1994 verwiesen.

-    Strafbemessung

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 84d Abs 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die angelasteten Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen. Der objektive Unrechtsgehalt der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten war zumindest durchschnittlich.

Dass die Einhaltung der gegenständlichen Bescheidauflagen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Übertretungen aus besonderen Gründen nur schwer hätten vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, weshalb auch das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig angesehen werden kann, wenngleich eingeräumt werden muss, dass dem Beschwerdeführer keine auffallende Sorglosigkeit vorzuwerfen ist. Er hat aber für seine Anordnungsbefugnis einzutreten, andernfalls seine Funktion zurückzulegen (eine Zurücklegung der Funktion Anfang April 2019, also mehrere Monate nach der behördlichen Beanstandung reicht nicht aus).

Bei der Strafbemessung ist kein gesetzlicher Milderungsgrund hervorgekommen, insbesondere liegt verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit nicht vor. Die Herabsetzung der Strafen zur Spruchpunkt 2. ergibt sich aus der Teilung einer Gesamtstrafe in Einzelstrafen (siehe obige Ausführungen). Die belangte Behörde ging beim Beschwerdeführer von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen aus. In der mündlichen Verhandlung sind allerdings unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse zutage getreten. Aus spezial- und generalpräventiven Gründen wird allerdings an der unter Spruchpunkt 1. verhängten Höhe der Strafe festgehalten (die ohnedies unter 10% der Strafobergrenze liegt), weil der Beschwerdeführer die Verantwortlichkeit bis zum Schluss an die Geschäftsführung der GmbH abschieben wollte und seine Rolle und Verantwortung als gewerberechtlicher Geschäftsführer (siehe die selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1994) verkannte, was einer effektiven Beseitigung von Auflagenverstößen hinderlich ist. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er könne sich mit seinem Einkommen die Geldstrafe nicht leisten, ist schließlich anzumerken, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte überhaupt kein Einkommen bezieht (siehe VwGH 30.1.2014, 2013/03/0129). Aus diesem Grund ist gesetzlich für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen.

-    Zur Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Betriebsanlage; Auflage; Auflagenbescheid; Nichteinhaltung von Bescheidauflagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.021.060.6677.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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