Entscheidungsdatum
25.05.2021Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
COVID-19-MaßnahmenV 2020 §2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Frau AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.01.2021, Zl ***, betreffend Übertretung nach dem Covid-Maßnahmengesetz sowie der Covid-19-Maßnahmenverordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:
„Datum/Zeit: 16.10.2020, 14:10 Uhr - 16.10.2020, 15:18 Uhr
Ort: **** X, Adresse 2, Fa. BB Einkaufszentrum
Sie haben als Kunde die geschlossenen Räume des Kundenbereiches der Betriebsstätte BB X in **** X Adresse 2, betreten und dabei keine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen, obwohl beim Betreten des Kundenbereichs in geschlossenen Räumen von Betriebsstätten gemäß COVID-19-Maßnahmenverordnung - COVID-19-MV i.d.F. BGBl. II Nr. 407/2020 in derzeit von 21.09.2020 bis 31.12.2020 von Kunden eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen ist
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 8 Abs. 2 Z. 1, § 1, § 3 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 COVID-19-MG i.V.m. § 2 Abs. 1a COVID-19-MV, BGBl. II Nr. 197/2020 i.d.g.F.“
Aus diesem Grund wurde über die Beschwerdeführerin auf Grundlage von § 8 Abs 2 Covid-19-Maßnahmengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 360,00, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 9 Stunden, verhängt. Außerdem wurde sie zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verpflichtet.
Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen könne.
Nach Vorlage des Aktes hat das Landesverwaltungsgericht Tirol für den 20.05.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Bei der mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin eine ärztliche Bestätigung über die Freistellung von der Pflicht zur Tragen einer Schutzmaske vorgelegt.
II. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat am 16.10.2020 gegen 14.10 Uhr die geschlossenen Räume des Kundenbereichs der Betriebsstätte BB X betreten und hat dort in weiterer Folge für einen bestimmten Zeitraum verweilt, ohne dass sie eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen hat.
Der Beschwerdeführerin ist das Tragen einer Schutzmaske aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
III. Beweiswürdigung:
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zum angeführten Zeitpunkt den angeführten Kundenbereich in einem geschlossenen Raum betreten hat, ohne dass sie einen Mund- und Nasenschutz getragen hat, ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und ist nicht strittig.
Dass der Beschwerdeführerin ein Tragen einer Schutzmaske aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, ergibt sich aus der ärztlichen Bestätigung von CC, Ärztin in **** X.
IV. Rechtslage:
Covid-19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr 197/2020 idF BGBl II Nr 485/2020
„Kundenbereiche
§ 2 (1) Beim Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.
(1a) Beim Betreten des Kundenbereichs in geschlossenen Räumen von Betriebsstätten ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Die Betreiber sowie deren Mitarbeiter haben bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
…“
§ 11 Abs 3 Covid-19-Maßnahmenverordnung
„Ausnahmen
…
(3) Das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und für Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zugemutet werden kann.
…“
V. Erwägungen:
Die Covid-19-Maßnahmenverordnung in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl II Nr 485/2020 hat grundsätzlich die Verpflichtung beinhaltet, beim Betreten des Kundenbereiches in geschlossenen Räumen und Betriebsstätten eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Allerdings hat § 11 Abs 3 dieser Verordnung eine Ausnahme unter anderem dann vorgesehen, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann.
Die Beschwerdeführerin hat dazu bei der mündlichen Verhandlung eine ärztliche Bestätigung von Frau CC, Ärztin in **** X, vorgelegt. Weiters hat die Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie bereits seit Mai 2020 unter Migräne mit Aura leidet und aus diesem Grund einen Mund-Nasen-Schutz nicht tragen kann. Vor diesem Hintergrund war die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit und war daher der Umstand, dass sie bei ihrem Besuch im BB in X am 16.10.2020 keinen den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutz getragen hat, nicht strafbar. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Covid-Maßnahmenverordnung in der anzuwendenden Fassung auch nicht – etwa wie durch § 19 Abs 4 Covid-19-Öffnungsverordnung normiert – Alternativen zur Pflicht des Tragens einer Maske vorgesehen hat. Zumal die ärztliche Bestätigung, die von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurde, eine Freistellung von der Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske in jeglicher Form beinhaltet, war eine nähere Auseinandersetzung damit allerdings entbehrlich.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
MaskenpflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.0699.4Zuletzt aktualisiert am
04.08.2021