Entscheidungsdatum
16.06.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VVG §4 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 17.10.2019, Zahl ***, betreffend eines Kostenvorauszahlungsauftrages für eine forstrechtliche Ersatzvornahme
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren:
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.01.2018, Zahl
***, wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr **1, KG X, gemäß §§ 172 Abs 6 lit a iVm 13 Abs 1 Forstgesetz 1975 (ForstG 1975) aufgetragen, auf Teilflächen dieses Grundstückes 2.600 Fichten, 700 Lärchen und 200 Weißtannen bis spätestens 31.05.2018 zu pflanzen.
Aufgrund eines Gutachtens des forstfachlichen Amtssachverständigen BB vom 31.08.2018, Zahl ***, wonach die erforderlichen Aufforstungsmaßnahmen noch nicht ausreichend umgesetzt waren, hat die Forstbehörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03.09.2018, Zahl ***, gemäß § 4 Abs 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Ersatzvornahme angedroht, sofern die Aufforstung nicht bis zum 30.07.2019 vollständig umgesetzt wird.
Mit Gutachten vom 18.09.2019, Zahl ***, hat der forstfachliche Amtssachverständige BB erklärt, dass die notwendigen Aufforstungen immer noch nicht vollumfänglich umgesetzt waren. Daher wurde der Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 4 Abs 2 VVG zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von Euro 4.472,42 verpflichtet.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.11.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass sein Wohn- und Wirtschaftsgebäude abgebrannt sei. Daher sei die vollständige Aufforstung zeitlich und finanziell nicht möglich gewesen. Er hat beantragt, dass Verfahren ruhend zu stellen, um die Wiederaufforstung im Jahr 2020 abzuschließen.
Am 12.10.2020 hat der Beschwerdeführer dem Landesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Wiederbewaldung nunmehr vollständig umgesetzt sei.
Am 01.10.2020 hat das Landesverwaltungsgericht den Gutachtensauftrag erteilt, die Wiederbewaldung zu kontrollieren. Mit Gutachten vom 15.06.2021, Zahl ***, hat der forstfachliche Amtssachverständige BB erklärt, dass die bescheidmäßig vorgeschriebene Aufforstung nunmehr ordnungsgemäß umgesetzt wurden.
II. Sachverhalt:
Die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.01.2018, Zahl ***, gemäß §§ 172 Abs 6 lit a iVm 13 Abs 1 ForstG 1975 vorgeschriebene Wiederbewaldung des Grundstückes Nr **1, KG X, war am 15.06.2021 (Tag des Lokalaugenscheins) ordnungsgemäß umgesetzt.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem forstfachlichen Gutachten des Amtssachverständigen BB vom 15.06.2021, Zahl ***.
IV. Erwägungen:
Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachkommt, so kann gemäß § 4 Abs 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Nach Abs 2 kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen.
Zum Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, dass mangelndes Verschulden oder eine Verhinderung des Verpflichteten an der Wiederbewaldung kein Hindernis für die Ersatzvornahme bilden. Die Ersatzvornahme ist nämlich gerade für jene Fälle vorgesehen, in denen der Verpflichtete nicht willens ist oder nicht in der Lage ist, die geschuldete Leistung zu erbringen. Einzig entscheidendes Kriterium ist, dass die geschuldete Leistung noch nicht vollständig erbracht wurde (vgl VwGH 2.2.1993, 92/05/0307).
Eine nach Erlassung des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung aber unzulässig machen, wenn bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden könnte (vgl VwGH 28.02.2017, Ro 2014/06/0029). Die Ersatzvornahme ist dann nicht mehr zulässig, wenn der Verpflichtete dem Titelbescheid zur Gänze nachgekommen ist (vgl VwGH 11.01.2012, 2010/06/0272). Auch dem Bescheid zur Kostenvorauszahlung nach § 4 Abs 2 VVG kann der Einwand entgegengesetzt werden, dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung bereits nachgekommen ist (vgl VwGH 16.10.2003, 2003/07/0084).
Im vorliegenden Fall ist die Vollstreckung des forstpolizeilichen Auftrages vom 15.01.2018 nicht mehr zulässig, da dieser Wiederbewaldungsauftrag mittlerweile vom Verpflichteten umgesetzt wurde. Da der Kostenvorauszahlungsbescheid im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens das rechtliche Schicksal der Vollstreckung teilt, ist der angefochtene Bescheid aufgrund der mittlerweile umgesetzten Wiederbewaldung zu beheben (vgl VwGH 21.05.2007, 2004/05/0225).
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
ErsatzvornahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2019.44.2542.5Zuletzt aktualisiert am
04.08.2021