TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/28 95/19/1544

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Veröffentlicht am 28.02.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der F in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1995, Zl. 303.259/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß die Beschwerdeführerin keiner Erwerbstätigkeit nachgehe (und daher über keinerlei Eigeneinkommen verfüge). Ihr Unterhalt solle "allein durch Ihren Verpflichter bestritten werden". Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. "Überdies" greife im Fall der Beschwerdeführerin § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG Platz, wonach ein Sichtvermerk zu versagen sei, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt verfüge. Da die Beschwerdeführerin laut Aktenlage über keinerlei eigene Mittel verfüge, liege dieser Sichtvermerksversagungsgrund vor.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Abs. 1 AufG ist im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt. Im Hinblick darauf und nach dem Aufbau der Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde keine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen, sondern sich ausschließlich auf § 5 Abs. 1 AufG (iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG) gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 95/19/1344).

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltengsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Der Lebensunterhalt im Sinne dieser Gesetzesbestimmung kann durch hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen für die Aufenthaltsdauer gesichert erscheinen; ebenso sichert das Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen eine Person, die diesen infolge ausreichenden eigenen Einkommens oder Vermögens in zureichendem Umfang erfüllen kann, den Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung. Aber auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt kann geeignet sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt. Gemäß § 10 Abs. 3 FrG kann die Behörde einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes (unter anderem) gemäß Abs. 1 Z. 2 leg. cit. einen Sichtvermerk in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen (Z. 1) oder dann erteilen, wenn (Z. 2) aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine von der Beschwerdeführerin vorgelegte "Verpflichtungserklärung" Bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich ein Dritter verpflichtet, für den Unterhalt und die Unterkunft der Beschwerdeführerin, die zu einem Besuch in der Dauer von einem Jahr eingeladen sei, aufzukommen. Weiters hat sich dieser Dritte verpflichtet, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgehe - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine Beweisurkunde über eine zwischen dem Dritten und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen (Unterhalts)Vertrag handelt, ergibt sich doch jedenfalls aus der notariell beglaubigt unterfertigten Urkunde nach ihrem Text der Wille des Dritten, den Unterhalt der Beschwerdeführerin (die diese Urkunde vorgelegt hat) zu sichern.

Die belangte Behörde hat diese Erklärung als nicht glaubwürdig und nicht geeignet angesehen, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Sie hat diese Erklärung nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des sich Verpflichtenden nicht als unzureichend beurteilt. Welche Erwägungen der von der belangten Behörde aufgestellten These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Da es sich bei der von der belangten Behörde aufgestellten These jedoch keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995). Dies gilt in gleicher Weise für die Annahme fehlender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG wie für die Annahme des Vorliegens des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG iVm § 5 Abs. 1 AufG.

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Auf die Frage, ob die belangte Behörde eine ausreichende Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK vorgenommen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/19/2037) war nicht mehr näher einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des insgesamt geltend gemachten Begehrens.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191544.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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