TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/3 W105 2239860-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch


W105 2239860-1/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2021, Zl. 132761201/200780289, betreffend den Spruchpunkt IV., die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erließ den oben genannten Bescheid, mit dem gegen die Beschwerdeführerin (BF) gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen wird (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wird, dass ihre Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wird (Spruchpunkt V) und gegen sie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wird (Spruchpunkt VI.).

Das BFA begründete in diesem Bescheid vom 27.01.2021 die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass der Verbleib der BF in Österreich aufgrund ihres schweren Fehlverhalten (mehrfache Straffälligkeit, zuletzt verurteilt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe wegen des Tatbestandes des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls) in Verbindung mit ihrem Gesamtverhalten und ihrer Lebensumstände (vorhandene familiäre Anknüpfungspunkte, jedoch keine Obsorge für die leiblichen Kinder sowie Bestreitung des Lebensunterhalts durch Sozialhilfe, Abweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Angehöriger“, , bereits bestehendes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot im Jahre 2010 erlassen), eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle und seine sofortige Ausreise (nach Verbüßung der Strafhaft) daher erforderlich sei.

Gegen den Bescheid erhob die Antragstellerin Beschwerde.

1. Feststellungen:

Die BF, eine serbische Staatsangehörige, wurde am XXXX in Serbien geboren und ist bereits unter Verwendungen mehrerer Alias-Identitäten in Österreich in Erscheinung getreten ( XXXX .).

Sie ist im Besitz eines serbischen Reisepasses XXXX , ausgestellt am 04.10.2017, gültig bis 04.10.2027.

Die Antragstellerin verfügt im österreichischen Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer leiblichen Eltern sowie zweier leiblicher Kinder, deren Obsorge jedoch ihrer Mutter übertragen wurde. Gegen die Antragstellerin wurde aufgrund von Vorverurteilungen bereits zum vormaligen Zeitpunkt ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, gültig bis 17.01.2018 erlassen. Sie wurde im Jahr 2010 in ihren Heimatstaat abgeschoben und befand sich acht Jahre dort. Am 18.01.2019 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin bei der Magistratsabteilung 35 die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Angehöriger“ und wurde dieser Antrag mit Bescheid vom 03.05.2019 abgewiesen.

Die Antragstellerin ist gesund.

Strafregisterauskunft:

01) XXXX RK 07.06.2004
PAR 15 127 StGB

Geldstrafe von 40 Tags zu je 3,00 EUR (120,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 21.06.2007

02) XXXX RK 07.04.2005

PAR 142/1 StGB

Freiheitsstrafe 2 Jahre

Vollzugsdatum 18.01.2018

zu XXXX RK 07.04.2005

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 5 Jahre, Beginn der Probezeit 17.10.2005

Gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom XXXX Erlass des XXXX

XXXX vom 17.10.2005

zu XXXX

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

XXXX vom XXXX

03) XXXX RK 10.04.2007

PAR 127 129/1 StGB

Freiheitsstrafe 1 Jahr

Vollzugsdatum 18.01.2018

04) XXXX RK 17.11.2008

PAR 127 130 (1. FALL) StGB

Freiheitsstrafe 2 Jahre

Vollzugsdatum 18.01.2018

zu XXXX

zu XXXX

zu XXXX

Vom Strafvollzug vorläufig abgesehen gemäß § 133a StVG

XXXX

05) XXXX RK 22.09.2020

§§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 03.08.2019

Freiheitsstrafe 17 Monate

Zum Privat- und Familienleben der BF wird festgestellt, dass die Antragstellerin im österreichischen Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer Eltern sowie insbesondere ihrer beiden leiblichen Kinder verfügt. Das Sorgerecht der beiden Kinder wurde auf die Mutter der Antragstellerin übertragen. Die Antragstellerin lebte in der Zeit von 2010 bis 2018 im Heimatland. Die Antragstellerin hat sich nach Erfüllung des Aufenthaltsverbotes mit 17.01.2018 wieder in das österreichische Bundesgebiet begeben. Gemäß dem Bescheid des Amtes der Landesregierung der XXXX , wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für diesen Zweck „Angehöriger“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz abgewiesen. Der negativen Entscheidung wurde insbesondere auch die Tatsache zugrunde gelegt, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit wiederholt Straftaten im österreichischen Bundesgebiet begangen hat.

Es liegen vor dem Hintergrund der vom BFA beleuchteten allgemeinen Lage in Serbien keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen gewesen wäre, dass eine Rückkehr oder Rückführung des BF in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, zumal der BF solche Umstände auch nicht aus eigenem dargelegt hat.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Fremdenregister.

Die getroffenen Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die in der Beschwerde allein vorgebrachten Gründe, dass bei der Bemessung des Einreiseverbotes das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen sei, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, beziehen sich auf die familiären Anknüpfungspunkte der Antragstellerin in Form ihrer beiden minderjährigen Töchter. So sei es richtig, dass die Mutter der Beschwerdeführerin die Obsorge über die beiden Enkelkinder habe. Aufgrund des Alters der Mutter sowie ihres nicht optimalen Gesundheitszustandes würde es dem Kindeswohl entsprechend, als unbedingt notwendig erachtet, dass die Beschwerdeführerin sich in der Nähe der Kinder weiter aufhalte. Die Behörde hätte diesen Umstand zu berücksichtigen gehabt. Des Weiteren beherrsche die Beschwerdeführerin die deutsche Sprache sehr gut, lebe seit langer Zeit in Österreich und habe hier die Schule besucht. Sie bereue ihre Taten zutiefst und bemühe sich um eine dauerhafte Beschäftigung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung, der seitens des BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG von Amts wegen binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde. Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die belangte Behörde hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 2 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass der Verbleib des BF im Bundesgebiet – aus den bereits zum Einreiseverbot dargelegten Erwägungen – eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, welche eine sofortige Ausreise erforderlich mache.

Die Beschwerdebegründung, welche ausschließlich das Einreiseverbot bzw. dessen Dauer thematisiert, kann vor diesem Hintergrund anhand der vorerst durchgeführten Grobprüfung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention für den Fall seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat aufzeigen.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Sie hat durch ihre Delinquenz in Verbindung mit dem Umstand, dass sie unter diversen Alias-Identitäten aufgetreten ist, unzweifelhaft gezeigt, dass sie bislang beharrlich nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.

Die Gesamtbetrachtung des Verhaltens der Beschwerdeführerin, nämlich erfolgte fünfmalige strafrechtliche Verurteilungen und zuletzt Entziehung von der Strafrechtspflege sowie Aufgreifung ihrer Person in Ungarn und Überstellung an die österreichische Strafjustiz am 25.08.2020 zeigt deutlich, dass die familiäre Tangente und insbesondere auch das Kindeswohl der beiden minderjährigen Kinder gegenüber dem Verhalten der Antragstellerin in den Hintergrund tritt.

Der Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch die belangte Behörde erscheint jedenfalls nicht ungerechtfertigt. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aus diesem Grund ist somit zu Recht erfolgt.

Der Beschwerde war die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der hier maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Kindeswohl öffentliche Interessen strafrechtliche Verurteilung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W105.2239860.1.01

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten