Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 1996, Zl. UVS-01/28/00157/96, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. November 1996 wurde die vom Beschwerdeführer an diese gerichtete Beschwerde unter Berufung auf § 52 Abs. 2 und 4 Fremdengesetz (FrG) in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, die belangte Behörde gehe in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Unrecht vom Vorliegen eines rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes auf Grund des Bescheides der Sicherheitsdirektion Wien vom 18. Juni 1996 (offenbar gemeint: vom 7. Juni 1996) aus. Insbesondere vermöge die Ansicht der belangten Behörde, die Sicherheitsdirektion habe als Berufungsbehörde über beide vom Beschwerdeführer im Gegenstand durch jeweils verschiedene Rechtsanwälte eingebrachten Berufungen entschieden, nicht zu überzeugen. Es sei aktenkundig, daß die Berufungsentscheidung nur an Rechtsanwalt Dr. W., nicht jedoch (auch) an Rechtsanwalt Dr. R. zugestellt worden sei. Es werde in der Berufungsentscheidung (gemeint: der Sicherheitsdirektion Wien) auch nicht erwähnt, daß über beide Berufungsschriftsätze entschieden worden sei. Es liege daher kein rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot vor. Daraus resultiere die Rechtswidrigkeit der Anhaltung und der über den Beschwerdeführer verhängten Schubhaft.
Wie aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, wurde die von der Bundespolizeidirektion Wien über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 13. August 1996 verhängte Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 36 FrG) angeordnet. Nach § 36 Abs. 1 FrG ist unter anderem Voraussetzung für die Abschiebung, daß ein gegen Fremde erlassenes Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist. Gemäß § 22 Abs. 1 erster Teilsatz FrG werden die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. und das Aufenthaltsverbot mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer jeweils mit getrennten Schriftsätzen vom 23. Jänner 1996 je eine Berufung durch Rechtsanwalt Dr. W. und Rechtsanwalt Dr. R. gegen das von der Bundespolizeidirektion Wien verhängte, für die Dauer von fünf Jahren befristete Aufenthaltsverbot eingebracht hat. Ferner ist unbestritten, daß die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 7. Juni 1996 bezüglich des Aufenthaltsverbotes eine Berufungsentscheidung traf, die nur Rechtsanwalt Dr. W. zugestellt worden ist.
Bringt eine Partei innerhalb offener Berufungsfrist mehrere Schriftsätze ein, mit denen Berufung gegen denselben Bescheid erhoben wird, dann sind diese als EINE Berufung anzusehen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 518, unter E 15b zu § 63 Abs. 5 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Auch wenn die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion Wien vom 7. Juni 1996 nur einem der beiden vom Beschwerdeführer bevollmächtigten Rechtsanwälte zugestellt wurde, konnte diese Behörde den Bescheid wirksam zu Handen dieses (einen) Vertreters zustellen, weil ein Rechtsanspruch der Partei, daß im Falle der Bestellung mehrerer Bevollmächtigter alle dem Verfahren beizuziehen seien, aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden kann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1990, Zl. 90/19/0436).
Da sachverhaltsbezogen nicht hervorgekommen ist, daß die Sicherheitsdirektion Wien im Berufungsverfahren betreffend das Aufenthaltsverbot nur hinsichtlich einzelner, im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG trennbarer Punkte, entschieden hätte (gemäß der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die Sicherheitsdirektion Wien der gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 2. Jänner 1996 erhobenen Berufung betreffend das befristete Aufenthaltsverbot keine Folge, bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid und bezog sich in der Begründung auch auf jene Einwendungen, die nur von Rechtsanwalt Dr. R. vorgebracht wurden), konnte daher die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum vom Bestand eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes im Beschwerdefall ausgehen.
Ferner rügt der Beschwerdeführer unter dem Aspekt eines wesentlichen Begründungsmangels des angefochtenen Bescheides, die belangte Behörde habe ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet nicht zustehe, weil er über einen Sichtvermerk nicht verfüge und ihm eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verwehrt worden sei. Sollte diese Behauptung eine "Begründung" für die Rechtmäßigkeit der Anhaltung und Erlassung des Schubhaftbescheides sein, fehle jegliche Konkretisierung hinsichtlich des Sachverhaltes.
Gemäß § 41 Abs. 1 FrG ist die Festnahme und Anhaltung (Schubhaft) eines Fremden möglich, sofern dies notwendig ist, um unter anderem die Abschiebung zu sichern. Die Notwendigkeit der Schubhaft wird von der belangten Behörde mit dem Vorliegen eines rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes begründet, wobei der Beschwerdeführer (bis zu seiner Festnahme am 29. Oktober 1996) seiner sich daraus ergebenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war. Auf die gerügte Unterlassung der Begründung für die Annahme der belangten Behörde bezüglich eines Fehlens eines sonstigen Titels für einen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet kam es sohin nicht an, sodaß eine Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht vorliegt.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020601.X00Im RIS seit
20.11.2000