Entscheidungsdatum
04.06.2021Norm
AVG §38Spruch
W282 2234807-1/20Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA.: Kosovo, vertreten durch RA Dr. Peter PHILIPP gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg vom XXXX .2020, Zl. XXXX ,
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens des Bezirksgerichts Hernals zur GZ XXXX und des derzeit im Stadium der Anklage stehenden Strafverfahrens der StA Wien gegen den Beschwerdeführer zur GZ XXXX ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer (BF) ist kosovarischer Staatsangehöriger und aufgrund einer früheren Ehe mit einer in Österreich freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerin begünstigter Drittstaatsangehöriger. Er lebt seit ungefähr 5 Jahren im Bundesgebiet. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder BFA), Regionaldirektion Salzburg, vom wurde ggü. dem BF aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung nach dem SMG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen. Der BF hat gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben, am 29.10.2020 fand in dieser Sache eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
Schon während des Verhandlung stellte sich heraus, dass gegen den BF noch ein weiteres Strafverfahren wegen § 83 StGB und § 50 WaffG der StA Wien vor dem BG Hernals anhängig ist. Auf Nachfragen, letztmals vom 29.04.2021, teilte das BG Hernals mit, dass die Hauptverhandlung in diesem Strafverfahren GZ XXXX am XXXX .2021 stattfinde (OZ 17, 18). Mit heutigem Tage ist keine rk. Entscheidung in diesem Verfahren ersichtlich.
Über Mitteilung des Bundesamts vom 02.06.2021 hat das Bundesverwaltungsgericht weiters davon Kenntnis erlangt, dass die StA Wien dem Bundesamt am 26.05.2021 mitteilte, dass gegen den BF zur GZ XXXX erneut Anklage wegen §§ 125, 15 und 83 StGB erhoben worden ist (OZ 19).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum den angefochtenen Bescheid und der dagegen erhobenen Beschwerde ergeben sich aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichts zu den oben angeführten Geschäftszahlen und den bezughabenden Verwaltungsakten des Bundesamtes in den ggst. Verfahren, sowie aus den dort einliegenden Beschwerdeschriftsätzen.
Die Feststellungen, der anhängen aber nicht rk. abgeschlossenen Strafverfahren ergeben sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug, der Nachfrage des BVwG beim BG Hernals (OZ 17, 18) und der Mitteilung des Bundesamtes über die erneute Anklageerhebung gegen den BF (OZ 19).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A):
Maßgeblich für die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes iSd § 67 Abs. 1 FPG gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist, ob ihr persönliches Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Relevant sind daher neben der Frage des Vorliegens von strafrechtlichen Verurteilungen selbst deren konkrete Umstände der Tatbegehung und des sich hieraus ergebenen Persönlichkeits- bzw. Charakterbilds im Hinblick auf die Achtung der österr. Rechtsordnung.
Weiters ist im Rahmen der in einem Aufenthaltsverbot enthaltenen Ausweisungskomponente iSd § 9 BFA-VG zu prüfen, ob die öffentlichen Interessen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. des geordneten Vollzugs fremdenrechtlicher Vorschriften iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK, durch vom Fremden begangene Straftaten deutlich erhöht ist (vgl. auch § 9 Abs. 2 Z 6 BFA-VG).
Die Frage, ob der BF jene Straftaten, wegen derer die im Spruch genannten Strafverfahren gegen ihn geführt werden, die noch nicht rk. abgeschlossen sind, tatsächlich begangen hat, stellt somit eine Vorfrage iSd § 38 AVG im ggst. Beschwerdeverfahren dar.
Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG liegt im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes. Da ein im Spruch genanntes Strafverfahren gegen den BF beim BG Hernals anhängig ist bzw. ein weiteres durch die Anklageerhebung der StA Wien anhängig gemacht wurde und die Frage der tatsächlichen Tatbegehung dieser Straftaten durch den BF eine Vorfrage im ggst. Verfahren darstellt, wird das ggst. Beschwerdeverfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluss der im Spruch genannten Strafverfahren gegen den BF ausgesetzt.
Zu C):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.
Schlagworte
Aussetzung Strafverfahren VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2234807.1.00Im RIS seit
05.08.2021Zuletzt aktualisiert am
05.08.2021