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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art20 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der Zustimmung zu einem Ausländergrunderwerb; Tribunalcharakter der in erster und letzter Instanz zuständigen Landesgrundverkehrskommission; kein verfassungsrechtliches Gebot der Einrichtung eines Instanzenzuges; keine Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gegen Entscheidungen einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag; kein Erfordernis der Publizierung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung eines LandesgesetzesSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, hatte als Käufer einen Kaufvertrag über das Grundstück Nr. 218/6 in EZ 979 KG Lambach im Ausmaß von 1113 m2 mit einem darauf bestehenden Wohnhaus abgeschlossen, dem die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 22. September 1992 die Genehmigung versagt hatte. In der Folge wurde dieses Grundstück durch eine österreichische Staatsbürgerin käuflich erworben, wobei der Kaufpreis durch ein von der Erwerberin aufgenommenes Bankdarlehen aufgebracht wurde, zu dessen Rückzahlung sich der Beschwerdeführer als Bürge und Zahler verpflichtet hatte. Der Beschwerdeführer erwarb sodann mit Schenkungsvertrag vom 15. Juli 1994 dieses Grundstück.
Die Landesgrundverkehrskommission versagte der vorgesehenen Übertragung des Eigentums mit Bescheid vom 3. November 1994 unter Berufung auf §3 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. 30/1966, die Genehmigung und wies den Antrag des Beschwerdeführers, das Rechtsgeschäft auch nach den Bestimmungen des O.ö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. 53, zu genehmigen, zurück.
2. Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten, nur vom Geschenknehmer erhobenen, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde wird (ausschließlich) die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Der Beschwerdeführer erachtet §5 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes für verfassungswidrig, und zwar zum einen deshalb, weil im Wortlaut des Gesetzes nicht zum Ausdruck komme, ob die Bundesregierung die gemäß Art97 Abs2 B-VG erforderliche Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung des Gesetzes - gemeint ist die gemäß §18 Abs6 dritter Satz des O.ö. Grundverkehrsgesetzes 1975 erforderliche Herstellung des Einvernehmens mit dem Präsidium des Oberlandesgerichtes über die Bestellung eines Richters zum Mitglied der Landesgrundverkehrskommission - gegeben hat. Verfassungswidrig ist §5 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes nach dem Beschwerdevorbringen zum anderen deshalb, weil nach dieser Vorschrift die Landesgrundverkehrskommission als einzige Instanz zuständig sei und überdies im Hinblick auf die Einrichtung der Landesgrundverkehrskommission als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes, da nicht ausdrücklich für zulässig erklärt, gemäß Art133 Z4 B-VG ausgeschlossen sei. Schließlich stehe, so meint der Beschwerdeführer, §5 Abs1 (litb) des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes mit Art6 (Abs1) EMRK in Widerspruch, weil der Landesgrundverkehrskommission ungeachtet der Weisungsfreiheit ihrer Mitglieder Tribunalcharakter mit Rücksicht darauf nicht zukomme, daß ihr auch Interessenvertreter angehörten.
3. Die Landesgrundverkehrskommission als die Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Gemäß §5 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes ist Grundverkehrsbehörde erster und letzter Instanz die Landesgrundverkehrskommission. Die Vorschriften über ihre Organisation finden sich außer in §5 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes in §18 Abs4 des O.ö. Grundverkehrsgesetzes LGBl. 16/1954, das nach mehrfachen Änderungen mit Kundmachung der Landesregierung vom 20. Oktober 1975, LGBl. 53, als O.ö. Grundverkehrsgesetz 1975 wiederverlautbart wurde. Nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Rechtslage (vgl. dazu die Übergangsbestimmung des §37 Abs3 des mit 1. Dezember 1994 in Kraft getretenen O.ö. Grundverkehrsgesetzes 1994, LGBl. 88) war die Organisation der Landesgrundverkehrskommission in §18 Abs4 des O.ö. Grundverkehrsgesetzes 1975 iVm §5 Abs1 litb des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes geregelt.
Die Landesgrundverkehrskommission ist, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8309/1978 ausgesprochen hat, nach den Grundsätzen des Art133 Z4 B-VG (und des Art20 Abs2 B-VG) eingerichtet und zudem ein Tribunal iS des Art6 EMRK (so bereits der EGMR in seinem in diesem Erkenntnis zitierten Urteil vom 16. Juli 1971 im Fall Ringeisen). Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gegen Bescheide der Landesgrundverkehrskommission ist, da nicht durch Gesetz ausdrücklich für zulässig erklärt, gemäß Art133 Z4 B-VG ausgeschlossen.
2. Die in der Beschwerde vorgetragene Auffassung, daß von Verfassungs wegen ein zweigliedriger Instanzenzug vorgesehen sein müsse, ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, schreibt die Bundesverfassung nicht vor, es müsse eine Mehrzahl von Instanzen eingerichtet werden (zB VfSlg. 5396/1966, 7038/1973, 7329/1974, 7460/1974). Etwas anderes gilt nur, soweit dies verfassungsgesetzlich angeordnet ist (zB in Art2 des 7. ZPEMRK;
s. dazu etwa VfSlg. 13012/1992).
Weder Art20 Abs2 B-VG noch Art133 Z4 B-VG gebieten, daß der Entscheidung einer in diesen verfassungsrechtlichen Bestimmungen geregelten Kollegialbehörde ein administrativer Instanzenzug vorangehen muß (VfSlg. 13012/1992; s. etwa auch VfSlg. 4819/1964). Es ist daher zulässig, daß eine solche Kollegialbehörde in erster und zugleich oberster (letzter) Instanz entscheidet (VfSlg. 4820/1964, 6092/1969, 13012/1992). Vorgeschrieben ist durch die zuletzt genannten Verfassungsvorschriften lediglich, daß die betreffende Kollegialbehörde "in oberster Instanz" zu entscheiden hat, daß gegen ihre Entscheidung sohin nur mehr die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes und - sofern gesetzlich ausdrücklich vorgesehen - des Verwaltungsgerichtshofes zulässig ist (VfSlg. 13012/1992).
3. Der Umstand, daß gegen die Entscheidung der Landesgrundverkehrskommission nicht der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden kann, begründet nicht die Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes oder des O.ö. Grundverkehrsgesetzes 1975.
Zwar trifft es zu, daß es sich bei der Verweigerung der Genehmigung von Rechtsgeschäften durch die Grundverkehrsbehörde um "civil rights" iS des Art6 EMRK handelt, über die jedenfalls dann, wenn gegen deren Entscheidungen - wie hier - keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, ein den Anforderungen dieser Konventionsbestimmung entsprechendes unabhängiges und unparteiisches "Tribunal" zu entscheiden hat (VfSlg. 12074/1989 mit Hinweis auf VfSlg. 7099/1973, 8309/1978, 11131/1986, 11211/1987, 11689/1988; ferner VfSlg. 13209/1992).
Daß jedoch die Landesgrundverkehrskommission ein "Tribunal" iS des Art6 EMRK ist, hat, wie erwähnt, der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 8309/1978 ausgesprochen.
Daß im übrigen am Tribunalcharakter einer Kollegialbehörde der Umstand nichts ändert, daß ihr Vertreter bestimmter Interessen (s. etwa VfSlg. 9887/1983, 12470/1990) und Personen angehören, die von gesetzlichen beruflichen Vertretungen entsandt werden (zB VfSlg. 6061/1969, 9887/1983, 12074/1989, 13245/1992), hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen.
4. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist §5 Abs1 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck kommt, ob die Bundesregierung die Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen iS des Art97 Abs2 B-VG bei der Vollziehung des Gesetzes - durch Erklärung des Einvernehmens durch das Präsidium des Oberlandesgerichtes zu der der Landesregierung obliegenden Bestellung eines Richters des Aktivstandes als Vorsitzenden der Landesgrundverkehrskommission - gegeben hat.
Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 10294/1984, in dem er dahingestellt sein ließ, ob eine derartige Zustimmung erforderlich war, mit näherer Begründung aussprach, verlangt die Verfassung selbst dann, wenn dies der Fall gewesen sein sollte, nicht die Publizierung dieser Zustimmung.
5. Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
6. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Dabei war nicht zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, weil er eine derartige Rechtsverletzung nicht behauptet hatte (s. etwa VfSlg. 9447/1982 mwH).
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Behördenzusammensetzung, Instanzenzug, Ausländergrunderwerb, Gesetz Erlassung, Tribunal, Kollegialbehörde, Zustimmung (der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B352.1995Dokumentnummer
JFT_10049388_95B00352_00