TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/11 I413 2240403-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2021
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Entscheidungsdatum

11.06.2021

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


I413 2240403-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von (1) XXXX , (2) XXXX , vertreten durch Engljähringer & Fleisch Steuerberater OG, gegen den Bescheid der Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle Vorarlberg (ÖGK-V) vom 21.01.2021, Zl. B/NA/SEV-01-01/2021, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 21.01.2021 stellte die belangte Behörde fest, dass der Zweitbeschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter für die Erstbeschwerdeführerin als Dienstgeberin im Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aufgrund dieses Bundesgesetzes vollversichert und gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG arbeitslosenversichert war.

Gegen diesen der Erstbeschwerdeführerin am 25.01.2021 und dem Zweitbeschwerdeführer zu einem unbekannten Zeitpunkt zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 22.02.2021, in welcher zusammengefasst vorgebracht wird, dass keines der für die Feststellung eines Dienstverhältnisses geforderten Merkmale erfüllt und daher der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.

Am 15.03.2021 (Datum des Einlangens) legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Am 12.04.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in welcher dieses Verfahren mit weiteren dieselbe Sache betreffenden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden und die Beschwerdeführer einvernommen wurden. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sodann das Ermittlungsverfahren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs 2 AVG werden die Verfahren I413 22403-1, I413 2207381-1, I413 2240339-1 und I413 2240338-1 zur Entscheidung wieder getrennt.

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in XXXX . Sie betreibt eine private Krankenanstalt mit mehreren Dialyseplätzen an den Standorten XXXX und XXXX .

Der Zweitbeschwerdeführer ist Facharzt für Nephrologie und war im relevanten Zeitraum als Oberarzt am Landeskrankenhaus XXXX , Abteilung Nephrologie, tätig. Er war zu diesem Zeitpunkt (und ist nach wie vor) in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer als angestellter Arzt eingetragen.

Der Zweitbeschwerdeführer war im Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 als stellvertretender ärztlicher Leiter der Erstbeschwerdeführerin tätig. Insgesamt war der Zweitbeschwerdeführer zwischen 2003 und 2018 für die Erstbeschwerdeführerin als Nephrologe tätig. Seine Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter der Erstbeschwerdeführerin in der Zeit vom 01.08.2007 bis 31.12.2011 erfolgte im Rahmen eines nach dem ASVG und dem AlVG (voll)versicherten Dienstverhältnisses. Seine Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter der Erstbeschwerdeführerin für die XXXX und als zur Vornahme regelmäßiger Visiten verpflichteter Nephrologe im Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2011 unterscheidet sich hinsichtlich seines Tätigkeits-, Aufgaben- und Pflichtenbereich für die Zweitbeschwerdeführerin nicht von der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorgenommenen Tätigkeit für die Zweitbeschwerdeführerin. Es sind auch die Rahmenbedingungen dieser Tätigkeit in den beiden Zeiträumen identisch.

Zwischen der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer wurde eine als Betreuungsvertrag bezeichnete Vereinbarung geschlossen. Sie hat nachstehenden Inhalt:
"I. Ärztliche Leitung und ärztlicher Dienst         
1. OA XXXX wird zum stellvertretenden ärztlichen Leiter der XXXX in XXXX , XXXX , bestellt.          
2. Er übernimmt in Vertretung des ärztlichen Leiters insbesondere folgende Aufgaben         
a) die Leitung des ärztlichen Dienst         
b) die Sorge für die Einhaltung der Anstaltsordnung in ärztlichen Belangen         
c) die Beratung des Anstaltsträgers in medizinischen Fragen der Dialysestation         
3. Weiters übernimmt er die Durchführung regelmäßiger fachnephrologischer Visiten in zwei Dialyseschichten pro Woche in Absprache mit dem ärztlichen Leiter.         
4. Die ärztliche Tätigkeit in der XXXX wird von OA XXXX neben seiner Tätigkeit im LKH XXXX geleistet. Die Vertragsteile gehen davon aus, dass Dr XXXX dadurch an der vollständigen und genauen Erfüllung seiner Dienstpflichten im LKH XXXX nicht beeinträchtigt wird.         
5. Die Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter in der XXXX ist der XXXX KrankenhausbetriebsgmbH bekannt und wurde von dieser genehmigt. Eine entsprechende Bestätigung dieser Genehmigung liegt diesem Vertrag bei.          
6. Die XXXX GmbH ist verpflichtet, auf eigene Kosten einen ärztlichen Dienst einzurichten und entsprechend dem Bedarf Ärzte mit "ius practicandi" zu beschäftigen. Dem ärztlichen Dienst obliegen insbesondere:         
a) die mit der Untersuchung und ärztlichen Behandlung zusammenhängenden Aufgaben;
b) die persönliche Anwesenheit während der Dauer der Dialysebehandlung.         
7. Die Beurteilung und Entscheidung über akut erforderliche Maßnahmen im Rahmen der Dialysebehandlung der Patienten obliegt dem in I.6. beschriebenen ärztlichen Dienst. Weiterreichende und grundlegende Entscheidungen sind dem ärztlichen Leiter bzw. dessen Stellvertreter vorbehalten.         
II. Honorar         
1. Für seine Leistungen gemäß Punkt I. dieser Vereinbarung erhält OA XXXX ein Honorar von € 34.080,00 pro Jahr, aufgeteilt in 12 Monatsbeträge zu € 2.840,00.         
2. Die Vertretung des ärztlichen Leiters bzw. des stv. ärztlichen Leiters im Urlaubs erhöht das Honorar nicht.         
3. Die Vertretung des ärztlichen Leisters im Krankheitsfall im Ausmaß von 09 Visiten pro Jahr erhöht das Honorar nicht. Darüber hinaus vertretende Visiten des ärztlichen Leiters werden mit jeweils € 325,00 vergütet.         
4. Das Honorar wird pro Monat im Nachhinein überwiesen mit einem Zahlungsziel von 35 Tagen.
III. Zusätzliche Leistungen         
1. OA XXXX hat Anspruch auf Vergütung des amtlich festgelegten Kilometergeldes für Fahrten mit dem Privat-PKW zwischen Wohnort und Dialysestation und retour im Rahmen seiner oben genannten Tätigkeit.         
2. Die Abrechnung erfolgt analog der Abrechnung des Honorars (siehe II.3.).         
IV. Vertragsdauer und Kündigung         
1. Der Vertrag beginnt mit 01.11.2020 und ersetzt den bisher gültigen Betreuungsvertrag sowie sonstige getroffene Zusatzvereinbarungen.         
2. Die Dauer des Vertrages ist unbefristet.         
3. Der Vertrag kann von beiden Seiten unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist auf das Ende eines jeden Kalenderjahres mittels eingeschriebenen Briefs gekündigt werden.          
4. Der Vertrag kann von beiden Seiten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sowie eines Kündigungstermines aus wichtigem Grund aufgekündigt werden. Einen wichtigen Grund, welcher die Beendigung des Vertrages berechtigt, stellen etwa nachstehende Gründe dar:
- Säumnis mit der Bezahlung des Honorars trotz entsprechender 14-tägiger Nachfristsetzung,
- grob vertragswidriges Verhalten, welches trotz 14-tägiger Nachfristsetzung aufrechterhalten wird.         
5. Der Vertrag kann von Seiten der XXXX GmbH weiters unter Einhaltung einer 3-monatigen Frist auf Ende eines jeden Kalendermonats mittels eingeschriebenem Brief aus wichtigem Grunde gekündigt werden, sofern Herr OA XXXX aus medizinischen Gründen länger als 3 Monate unfähig ist, seine Tätigkeiten gemäß Punkt I. Abs. 3 dieses Vertrages zu verrichten.          
V. Schlussbestimmungen         
1. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.         
2. Als Gerichtsstand wird das sachlich zuständige Gericht in XXXX vereinbart.          
3. Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrags unwirksam sein oder werden, so wird dadurch die Gültigkeit des übrigen Vertragsinhalts nicht berührt. Die weggefallene Bestimmung ist durch eine Regelung zu ersetzen, die dem Zweck der weggefallenen Bestimmung möglichst nahe kommt.          XXXX , 24.10.2012 
OA XXXX (e.h.)         
XXXX , GF XXXX (e.h.)"

Die von der Erstbeschwerdeführerin getragene Krankenanstalt verfügt über eine Anstaltsordnung, welche ua Vorschriften zur Organisation und Aufgaben der Erstbeschwerdeführerin, zum ärztlichen Dienst, zum Pflegepersonal und Pflegehilfspersonal, zum Verwalter, eine umfassende Verschwiegenheitsverpflichtung der bei der Erstbeschwerdeführerin beschäftigten oder in Ausbildung stehenden Personen, zum Verhalten des Anstaltspersonals gegenüber den Patienten und zur Verständigung von Angehörigen enthält. Der Zweitbeschwerdeführer unterlag im Rahmen seiner Tätigkeit für die Erstbeschwerdeführerin der Anstaltsordnung und musste deren Bestimmungen einhalten.

Die Patienten der Erstbeschwerdeführerin wurden in sogenannte "Schichten" eingeteilt. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gab es fünf Schichten, und zwar eine Vormittags- und eine Nachmittagsschicht mit einer am Montag oder Dienstag einer Woche beginnenden Behandlung. Jeder Patient erhielt in der Regel dreimal pro Woche in einem zeitlichen Abstand von etwa 48 Stunden eine Dialysebehandlung.

Es gab keine Visite ohne einen Nephrologen bzw. den ärztlichen Leiter oder dessen Stellvertreter (im Jahr 2007 und 2008 gab es einen und ab 2009 zwei Stellvertreter). Der Zweitbeschwerdeführer visitierte jede/n Patientin/en einer Schicht (zumindest) einmal pro Woche in den Räumlichkeiten der Dialysestation. An welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit eine Visite während einer Dialysebehandlung vorzunehmen war, wurde von der ärztlichen Leitung in einem "Visitenplan" jeweils für einen Monat im Voraus festgelegt. Dieser (auch) vom Zweitbeschwerdeführer erstellte Plan wurde aus Gründen des organisatorischen Ablaufs den angestellten Ärzten per Fax oder E-Mail und dem Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin vorab übermittelt. Die bei ihr beschäftigten Ärzte bereiteten für die Visiten die Dialyseprotokolle der Patienten, Befunde etc. vor.

War der Zweitbeschwerdeführer zu einer Visite "eingeteilt", musste er sie durchführen. Er war aber nicht verpflichtet, die für einen bestimmten Termin festgelegte Visite exakt an diesem Tag (und Zeitpunkt) durchzuführen. Es stand ihm frei, die Visite an diesem Tag früher oder später zu beginnen oder auf einen anderen Tag in derselben Woche zu verlegen. Eine Dialysebehandlung erstreckte sich in der Regel über eine Dauer von etwa vier Stunden. Die Dauer der Visiten konnte variieren, je nachdem, ob es bei einer Patientin oder einem Patienten Probleme gab, die zu besprechen waren, oder ob Patienten Rücksprache mit den Nephrologen halten wollten. In der Regel dauerten die Visiten des Zweitbeschwerdeführers zwischen 45 und 60 Minuten, in Ausnahmefällen maximal 1 1/2 Stunden.

Bei den Visiten ging der Zweitbeschwerdeführer zusammen mit der bzw. dem jeweils in der Dialysestation anwesenden Ärztin bzw Arzt zu den Dialysepatienten. Jeder Patient wurde dabei einzeln visitiert, wobei die Behandlung der Patienten besprochen wurde. Der Zweitbeschwerdeführer konnte Anpassungen und Änderungen in der Therapie anordnen. Im Anschluss an die Visite erörterte der Zweitbeschwerdeführer im Besprechungszimmer die Labor- und sonstigen Befunde der Patienten mit den angestellten Ärztinnen oder Ärzten. Der Zweitbeschwerdeführer nahm selbst keine Eintragungen in die Patientenakten vor, vielmehr oblag den angestellten Ärztinnen oder Ärzten die Führung der Patientenakten. Diese hielten die angeordneten Änderungen in der Behandlung zunächst handschriftlich fest und übertrugen die Korrekturen bzw. Anpassungen der Behandlungen nach der Visite in die (elektronischen) Krankenakten der Patienten. Der Zweitbeschwerdeführer überprüfte, ob die von ihm erteilten Anweisungen (zum Beispiel in der Medikation) auch umgesetzt wurden. Für die Umsetzung seiner Vorgaben trug der Zweitbeschwerdeführer die (Letzt-) Verantwortung. Aus dem elektronischen Krankenakt konnte (bzw. kann) gefolgert werden, welcher Nephrologe (und damit auch der Zweitbeschwerdeführer) Anweisungen, Korrekturen oder Anpassungen vorgegeben hat.

Außerdem fanden in Anwesenheit des Zweitbeschwerdeführers einmal pro Monat länger dauernde so genannte "große Visiten" statt, bei welchen die aktuellen Laborwerte und sonstige Untersuchungsergebnisse der behandelten Patienten mit den angestellten Ärztinnen oder Ärzten besprochen und gegebenenfalls von ihm notwendige Änderungen in der Behandlung angeordnet wurden.

Die Visitentätigkeit umfasste ein Ausmaß von ca 90 % der vom Zweitbeschwerdeführer zu erbringenden Tätigkeit.

Neben der Durchführung der "normalen" und "großen" Visiten oblagen ihm keine weiteren Aufgaben.

Während der Öffnungszeiten der von der Erstbeschwerdeführerin getragenen Krankenanstalt war immer ein angestellter (der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG unterliegender) Arzt oder eine angestellte Ärztin anwesend. Die Aufgaben der angestellten Ärzte umfasste die Sicherung der Grundversorgung der Patienten, die Vorbereitung der Visiten, Führung der Krankenakte, Durchführung der Anweisungen der Nephrologen bzw. der ärztlichen Leitung der Krankenanstalt. Für die angestellten Ärzte wurden Dienstpläne erstellt, sie hatten Vorgaben bezüglich ihrer Arbeitskleidung und ihre Anwesenheit wurde (elektronisch) erfasst. Weiters mussten sie an den regelmäßig, ein Mal im Monat stattfindenden Teambesprechungen teilnehmen.

Die Anwesenheit des Zweitbeschwerdeführers wurde, im Gegensatz zu den angestellten Ärzten, nicht (elektronisch) erfasst. Eine Vorgabe bezüglich seiner Arbeitskleidung gab es nicht. Der Zweitbeschwerdeführer verwendete bei den Visiten sein eigenes Stethoskop und zog über seine "Alltagskleidung" seinen eigenen weißen Arztmantel an. Über einen eigenen Dienstausweis der Erstbeschwerdeführerin verfügte er nicht.

Die Beratung der angestellten Ärzte erfolgte in der Regel im Rahmen der Visiten, in Notfällen konnten sich die angestellten Ärzte telefonisch an den Zweitbeschwerdeführer, den ärztlichen, den anderen stellvertretenden ärztlichen Leiter oder einen anderen am Landeskrankenhaus XXXX tätigen Nephrologen wenden.

Es haben ausschließlich die Nephrologen bzw der Zweitbeschwerdeführer die Visiten durchgeführt. Bei ihrer Visitentätigkeit konnten sie sich wechselseitig vertreten. Eine Vertretung kam im Fall einer krankheits- und urlaubsbedingten Abwesenheit vor.

Eine ganz allgemeine ("gewillkürte") Vertretung bei den Visiten durch eine/n anderen Facharzt oder Fachärztin der Nephrologie war weder vereinbart noch wurde sie gelebt und wäre auch durch die Erstbeschwerdeführerin nur akzeptiert worden, wenn sie sich vorher der fachlichen Qualifikation eines allfälligen Vertreters versichert und hernach dieser Vertretung zugestimmt hätte.

Der Zweitbeschwerdeführer hatte Anspruch auf eine monatliche Entlohnung in gleichbleibender Höhe von EUR 2.840.00. Sie wurde zwölf Mal im Jahr ausbezahlt. Zudem hatte er Anspruch auf das "amtlich festgelegte" Kilometergeld für die (Hin- und Rück-) Fahrten zwischen seinem Wohnort und dem Ort der Dialysestation.

Hinsichtlich der Vertretung des ärztlichen Leiters während seines Urlaubs hatte der Zweitbeschwerdeführer ab der zehnten in Vertretung des ärztlichen Leiters durchgeführten Visite pro Jahr einen Anspruch auf eine Vergütung von EUR 325,00 pro Visite.

Der Zweitbeschwerdeführer schloss mit den in der Dialysestation zu behandelnden Personen keinen (gesonderten) Behandlungsvertrag, jedoch für die in der Dialysestation ausgeübte Tätigkeit eine (zusätzliche) Haftpflichtversicherung ab.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, darin einliegend der angefochtene Bescheid, die Beschwerde, die Niederschriften vom 29.01.2013 und vom 24.04.2018, der Betreuungsvertrag, die Anstaltsordnung, der GPLA-Prüfbericht und die Niederschrift über die Schlussbesprechung, ferner durch Einsicht in den Gerichtsakt der Vorverfahren I410 200479-1 bis -3, darin einliegend insbesondere die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2015 und vom 10.07.2015 sowie dem jeweils ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts sowie durch Befragung der Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021.

Die Feststellungen zur Erstbeschwerdeführerin basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben ihres Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021, auf dem eingeholten Firmenbuchauszug sowie auf Basis der Einsicht in die Homepage der Erstbeschwerdeführerin (https://www. XXXX .at)

Die Feststellungen zur Qualifikation des Zweitbeschwerdeführers und beruflichen Tätigkeit neben der hier gegenständlichen basieren auf den Angaben des Zweitbeschwerdeführers vor der belangten Behörde, vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.04.2021 und sind unstrittig. Die Feststellungen zur Eintragung in der Ärzteliste basieren auf einer Auskunft der Ärztekammer. Dass der Zweitbeschwerdeführer zwischen 2003 und 2018 an der XXXX als Nephrologe tätig war, ergibt sich aus dessen glaubhafter Aussage in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021. Seine Tätigkeit als stellvertretender Leiter dieser Dialysestation ergibt sich zweifelsfrei aus dem Betreuungsvertrag (I.1.), aus welchem auch seine Aufgaben und Leistungen, die er für die Zweitbeschwerdeführerin zu erbringen hatte, zweifelsfrei hervorgehen (I.2 ff; III.). Dass der Zweitbeschwerdeführer seine Tätigkeit im Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2011 als nach dem ASVG und dem AlVG vollversicherter Dienstnehmer der Erstbeschwerdeführerin vornahm, ergibt sich zweifelsfrei aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.07.2016, I401 2004979-1/14E, I401 2004079-2/11E. Eine dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss VwGH 27.10.2016, Ra 2016/08/0153 bis 0154, zurückgewiesen. Nach den Feststellungen des vorzitierten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts übte der Zweitbeschwerdeführer im Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2011 ebenfalls die Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter der Erstbeschwerdeführerin für die XXXX aus und war in diesem Rahmen zur Vornahme regelmäßiger Visiten verpflichtet, sodass kein Unterschied im Tätigkeits-, Aufgaben- und Pflichtenbereich des Zweitbeschwerdeführers im Hinblick auf seine Tätigkeit für die Erstbeschwerdeführerin im Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2011 und im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erkennbar ist und festgestellt werden konnte. Dass die Rahmenbedingungen der Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers für die Erstbeschwerdeführerin in beiden Zeiträumen identisch ist, ergibt sich zweifelsfrei aus den Feststellungen des vorzitierten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts im Abgleich mit den Ermittlungsergebnissen des gegenständlichen Verfahrens, insbesondere den Aussagen des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin und jener des Zweitbeschwerdeführers sowie dem Betreuungsvertrag vom 24.10.2012, der im Verwaltungsakt einliegenden Honorarabrechnung, der Niederschrift der Aussage des Zweitbeschwerdeführers vor der belangten Behörde vom 24.04.2018 sowie jener vom 29.01.2013 und der im Akt einliegenden, zum verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Anstaltsordnung. Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse besteht kein Zweifel, dass die Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers für die Erstbeschwerdeführerin in beiden Zeiträumen identisch war und sich in der Tätigkeit als stellvertretender ärztlicher Leiter und regelmäßig visitierender Nephrologe erschöpfte. Dass sich die Tätigkeit in ihrem Ablauf geändert hätte, verneinte der Zweitbeschwerdeführer vor der belangten Behörde am 14.04.2018. Im Ermittlungsverfahren kam auch nichts Gegenteiliges hervor, zumal die Aussagen des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin und jene des Zweitbeschwerdeführers zum Ablauf der Tätigkeit und zur Organisation der von der Erstbeschwerdeführerin getragenen Krankenanstalt, in der der Zweitbeschwerdeführer als Nephrologe und stellvertretender ärztlicher Leiter tätig war, nicht von den Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 27.07.2016, I401 2004979-1/14E, I401 2004079-2/11E, abweicht.

Der Inhalt des Betreuungsvertrages vom 24.10.2012 ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie des Betreuungsvertrages und ist wörtlich wiedergegeben.

Die Feststellungen zur Anstaltsordnung basieren auf der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie der Anstaltsordnung vom 19.06.2006. Diese Anstaltsordnung enthält neben Bestimmungen zum Rechtsträger (§ 1), zur Betriebsform (§ 2 - Ambulatorium zur Vornahme von Hämodialysebehandlungen), zur Organisation (§ 3 – 11 Behandlungsplätze), zu den Aufgaben (§ 4), auch solche über den ärztlichen Dienst (§ 5 – dort ua die Verantwortung und die Leitung des ärztlichen Dienstes durch den Leiter des ärztlichen Dienstes, die Aufsicht über das medizinische Personal, die Durchführung regelmäßiger Visiten [Z 1], das Recht des ärztlichen Leiters sich durch einen Facharzt für Innere Medizin [Nephrologie] vertreten zu lassen [Z 2], die Pflicht zur Wahrnehmung von mit der Untersuchung und ärztlichen Behandlung zusammenhängenden Aufgaben, zur persönlichen Anwesenheit während der Dialysebehandlung im Bereich der Dialysestation [Z 3 lit a und lit b]), zum Pflegepersonal und Pflegehilfspersonal (§ 6), zum Verwalter (§ 7), zum Verwaltungs- und Wirtschaftspersonal (§ 8), zur Verschwiegenheit (§ 9 – Verpflichtung aller in der Dialysestation Beschäftigter zur Verschwiegenheit betreffend alle die Krankheit von Patienten betreffenden Umstände sowie auf deren sonstigen Verhältnisse, die ihnen während der Ausübung ihres Berufes oder im Zusammenhang mit der Ausbildung bekannt geworden ist, sowie die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht) und Bestimmungen zum Verhalten gegenüber Patienten (§ 10), zum Verhalten der Patienten (§ 11), zur Verständigung von Angehörigen (§ 12), zu Medikamenten (§ 13) und zuletzt zur Aushangpflicht der Anstaltsordnung (§ 14). Dass der Zweitbeschwerdeführer diese Anstaltsordnung einhalten musste und ihr somit unterlag, ergibt sich zweifelsfrei aufgrund seiner Tätigkeit als Nephrologe und stellvertretender Leiter an der von der Erstbeschwerdeführerin getragenen Krankenanstalt ( XXXX). Als generelle Norm ist die Anstaltsordnung für alle in der sie betreffenden Krankenanstalt tätigen Personen wirksam, sodass nicht nur die fix vor Ort tätigen Ärztinnen und Ärzte der Erstbeschwerdeführerin, sondern auch der Zweitbeschwerdeführer an die Anstaltsordnung gebunden war.

Was die vom Zweitbeschwerdeführer besorgten Aufgaben betrifft, basieren diese auf den vom Zweitbeschwerdeführer in der aufgenommenen Niederschrift der belangten Behörde vom 29.01.2013 und vom 24.04.2018 (in der Folge: Niederschrift 2013 bzw Niederschrift 2018) getätigten Angaben und seinen sowie den sich mit diesen weitestgehend übereinstimmenden Aussagen des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021. Im Übrigen sind die Aufgaben des Zweitbeschwerdeführers, insbesondere die Visitentätigkeit, auch im Betreuungsvertrag festgelegt. Soweit die Beschwerde ausgeführt, dass die Visitentätigkeit des Zweitbeschwerdeführers nicht verpflichtend gewesen sein soll, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen absolut unglaubhaft ist. Nach dem Betreuungsvertrag besteht die Verpflichtung zur Durchführung regelmäßiger fachnephrologischer Visiten in zwei Dialyseschichten pro Woche in Absprache mit dem ärztlichen Leister (Pkt. I.3. Des Betreuungsvertrages) sowie auch die Übernahme von Visiten in urlaubsbedingter und krankheitsbedingter Vertretung des ärztlichen Leiters – ansonsten gäbe Punkt II.2. und II.3. keinen Sinn. Mit dieser als „Betreuungsvertrag“ bezeichneten Vereinbarung sollten die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Beschwerdeführer im Verhältnis untereinander geregelt werden. Auch wenn der „Betreuungsvertrag“ in Pkt. I.3. die Verpflichtung des Zweitbeschwerdeführers zur regelmäßigen Visiten damit umschreibt, dass festgehalten wird: „Weiters übernimmt er die Durchführung regelmäßiger fachnephrologischer Visiten in zwei Dialyseschichten pro Woche in Absprache mit dem ärztlichen Leiter“, ist damit nicht ein Ermessen des Zweitbeschwerdeführers zur Vornahme oder Nichtvornahme von Visiten nach eigenem Gutdünken gemeint. Vielmehr wird damit eine echte – vom Entgeltsumfang mitumfaßte Verpflichtung des Zweitbeschwerdeführers vereinbart, was aus Pkt. II.2 und II.3. deutlich hervorkommt. Wäre nämlich Pkt. I.3. so zu verstehen, dass keine Verpflichtung zur Visite besteht (und damit die Visite auch nicht als Gegenleistung des vereinbarten Entgelts gilt), dann müsste auch nicht über vertretungsweise übernommene Visiten eine Entgeltsregelung vereinbart werden. Zudem widerspricht das Vorbringen auch den Aussagen des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, der mehrfach auf die Qualitätsvorgaben des ÖSG verwies. Diese Vorgaben im Österreichischen Strukturplan Gesundheit, bei dem es sich um eine gesetzliche Vorgabe handelt, enthalten eine Empfehlung, jede/n Patientin/en einmal in der Woche durch einen Nephrologen anzusehen.

Die Feststellungen zu den Aufgaben der angestellten Ärzte und Ärztinnen beruhen auf der Aussage des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021. Im Verfahren I401 2004979-1, I401 2004979-2 schilderte Dr XXXX als Zeugin eindrücklich ihre Aufgaben als angestellte Ärztin, die durch die Aussagen der beiden Beschwerdeführer bekräftigt werden, sodass keine Zweifel an den festgestellten Aufgaben der angestellten Ärztinnen und Ärzte der Erstbeschwerdeführerin bestehen.

Der Ablauf der Visitentätigkeit und die Örtlichkeit, an der die Visiten durchgeführt wurden, finden in der ebenfalls übereinstimmenden Aussage der beiden Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 ihre Deckung.

Dass die Anwesenheit des Zweitbeschwerdeführers nicht erfasst wurde und er damit keine Stundenaufzeichnungen führen musste, legen die Angaben des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 sowie die Aussagen des Zweitbeschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 29.01.2013 und am 24.04.2018 nahe.

Die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer auch an den einmal im Monat abgehaltenen Teambesprechungen bzw "großen" Visiten anwesend zu sein hatte, geht ebenfalls auf die von ihm in der Niederschrift vom 29.01.2013 und vom 24.04.2018 und die von den in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021 einvernommenen Personen gemachten Angaben zurück. Dass es für ihn keine Kleidervorschriften gab und er seine Anwesenheit an der Dialysestation nicht (elektronisch) erfassen musste, verdeutlichen die konformen Aussagen der befragten Personen.

Die wechselseitige Vertretung des Zweitbeschwerdeführers durch die anderen Nephrologen (den ärztlichen Leiter bzw. weiteren Stellvertreter) im Fall eines Urlaubes und einer Krankheit lässt sich auf die Aussagen der einvernommenen Personen in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021, sowie auch auf jene des Zweitbeschwerdeführers vom 29.01.2013 und vom 24.04.2018, zurückführen. Dass es zu keiner Vertretung durch eine/n andere/n Fachärztin bzw Facharzt für Nephrologie tatsächlich gekommen ist, wurde ebenfalls übereinstimmend erklärt. Der Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin erklärte zudem in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021, dass er sich die fachlichen Qualifikationen einer ihm nicht bekannten Vertretung kontrollieren würde. Wenn die fachliche Qualifikation stimme, dann würde er, wenn sich keine andere Möglichkeit ergebe, einen solchen, ihm unbekannten Nephrologen akzeptieren. Damit ergibt sich, dass die Erstbeschwerdeführerin keine allgemeine Vertretung akzeptiert hätte, sondern bei einer solchen Vertretung „ein Wörtchen mitzureden“ gehabt hätte. Nur im Falle eines entsprechenden Qualifikationsnachweises hätte demnach die Erstbeschwerdeführerin einer Vertretung zugestimmt, was ein allgemeines Vertretungsrecht ausschließt.

Die Entlohnung des Zweitbeschwerdeführers ergibt sich aus dem Betreuungsvertrag und wird von den beiden Beschwerdeführern nicht bestritten.

Die Feststellung zur Entlohnung einer Vertretung des ärztlichen Leiters durch den Zweitbeschwerdeführer ergibt sich zweifelsfrei aus dem Betreuungsvertrag.

Dass der Zweitbeschwerdeführer für seine Tätigkeit bei der Zweitbeschwerdeführerin eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, ergibt sich aus seiner Aussage vor der belangten Behörde am 29.01.2013. Dass für die einzelnen Behandlungen der Dialysepatienten und dem Zweitbeschwerdeführer keine Behandlungsverträge abgeschlossen wurden, ergibt sich aus seinen Aussagen vor der belangten Behörde am 20.01.2013 und am 24.04.2018 sowie aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2021, in der keine solchen Behandlungsverträge erwähnt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Strittig ist, ob der Zweitbeschwerdeführer auf Grund seiner bei der Erstbeschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit als "stellvertretender ärztlicher Leiter" im relevanten Zeitraum der Vollversicherungs- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlag oder nicht.

3.2. Rechtslage:

3.2.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 99/2021, sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aufgrund des ASVG versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer.

Gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

3.2.2. Gemäß § 539a ASVG, der die Grundsätze der Sachverhaltsermittlung regelt, ist nach dessen Abs 1 für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (Abs 2 leg cit). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (Abs 3 leg cit). Nach Abs 4 leg cit sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend. Die Grundsätze, nach denen die wirtschaftliche Betrachtungsweise (Z 1), Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit (Z 2) sowie die Zurechnung (Z 3) nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind (Abs 5 leg cit).

3.2.3. Gemäß § 3 lit b iVm § 4 des Vorarlberger Gesetzes über Krankenanstalten, LGBl Nr 54/2005 idF LGBl Nr 91/2020, (im Folgenden SpitalG) sind Krankenanstalten ua auch private Sonderkrankenanstalten, welche nicht öffentliche und nicht private gemeinnützige Krankenanstalten für die Untersuchung und Behandlung von Personen mit bestimmten Krankheiten oder von Personen bestimmter Altersstufen oder für bestimmte Zwecke sind.

Krankenanstalten iSd SpitalG zeichnen sich durch eine bestimmte Organisation aus (vgl §§ 8 ff und § 28 SpitalG).

Ihr innerer Betrieb ist durch eine Anstaltsordnung iSd § 29 SpitalG geregelt. Hierbei hat sich der innere Betrieb der Krankenanstalt am Heil- und Pflegezweck sowie an den Bedürfnissen der Patienten und Patientinnen auszurichten und ist so zu gestalten, dass deren geistig-seelisches und körperliches Wohlbefinden gefördert wird (Abs 1). Die Anstaltsordnung enthält jedenfalls Bestimmungen über den inneren Betrieb der Krankenanstalt, und zwar über:  
a) die Aufgaben, welche die Krankenanstalt nach ihrem Zweck zu erfüllen hat, und die dazu bereitgestellten Einrichtungen einschließlich der Einrichtungen für ambulante Untersuchung und Behandlung; die genaue Abgrenzung allfälliger fachrichtungsbezogener Organisationseinheiten; Regelungen über die Anbindung und Kooperation von reduzierten Organisationseinheiten mit anderen Organisationseinheiten; Regelungen über die funktionell-organisatorische Verbindung bei gänzlicher oder teilweiser örtlich getrennter Unterbringung einer fachrichtungsbezogenen oder sonstigen Organisationseinheit; bei allgemeinen Krankenanstalten und bei Sonderkrankenanstalten eine allfällige Gliederung in Abteilungen für Akutkranke und in Abteilungen für Langzeitbehandlung oder innerhalb von Abteilungen in Pflegegruppen für die Behandlung Akutkranker und für die Langzeitbehandlung innerhalb von Abteilungen;         
b) die Grundzüge der Verwaltung und des Betriebes, insbesondere ob anstatt oder neben der herkömmlichen Art der Betriebsform anstaltsbedürftige Personen einmalig nur über Tag oder nur über Nacht (Tages- bzw. Nachtklinik) oder längerfristig nur über Tag oder nur über Nacht (halbstationärer Bereich) oder in sonstigen Betriebsformen gemäß § 9 aufgenommen werden;         
c) den für die Aufnahme in die Krankenanstalt in Betracht kommenden Personenkreis und die Voraussetzungen für die Aufnahme und Entlassung;         
d) die Verhaltensvorgaben für die Patienten und Patientinnen sowie die Besucher und Besucherinnen;         
e) die Obliegenheiten der in der Krankenanstalt beschäftigten Personen, insbesondere für die Leitung des ärztlichen Dienstes, der fachrichtungsbezogenen Organisationseinheiten einschließlich ihrer Betriebsformen gemäß § 9 und der sonst im § 32 Abs 4 genannten Organisationseinheiten, der Anstaltsapotheke, des Pflegedienstes, des Hygienedienstes, des technischen Sicherheitsdienstes sowie der Verwaltungsdirektion; weiters gruppenweise über die Obliegenheiten aller anderen beschäftigten Personen in dem durch die besonderen Verhältnisse der Krankenanstalt gegebenen Umfang sowie über die regelmäßige Abhaltung von Dienstbesprechungen zwischen den dafür in Betracht kommenden Berufsgruppen;         
f) die Intensivierung des Gesprächs zwischen den Patienten und Patientinnen und dem ärztlichen und pflegenden Personal;         
g) die Festlegung einzelner Räume, in denen das Rauchen gestattet ist, oder eines generellen Rauchverbotes;         
h) Regelungen über den Betrieb von dislozierten Wochenkliniken an Feiertagen;         
i) Regelungen zum Innenverhältnis zwischen Krankenanstalten bei dislozierten oder standortübergreifenden fachrichtungsbezogenen Organisationseinheiten oder bei dislozierten Betriebsformen gemäß §§ 9b und 9c;         
j) die Festlegung von Bereichen, in denen die Mitnahme von Assistenzhunden (Blindenführhunde, Servicehunde und Signalhunde) und Therapiehunden (§ 39a des Bundesbehindertengesetzes) aus hygienischen Gründen nicht zulässig ist.

Gemäß § 32 SpitalG ist ein ärztlicher Dienst eingerichtet, der nur von Personen versehen werden, die nach den bundesrechtlichen Vorschriften über den ärztlichen Beruf zur Ausübung der in Betracht kommenden Tätigkeit berechtigt sind (Abs 1). Zudem muss gemäß § 32 Abs 2 SpitalG für jede Krankenanstalt ein fachlich geeigneter Arzt oder eine fachlich geeignete Ärztin zur verantwortlichen Leitung des ärztlichen Dienstes und für die mit der ärztlichen Behandlung zusammenhängenden Aufgaben bestellt werden. Bei Sonderkrankenanstalten für bestimmte Krankheiten muss die Leitung des ärztlichen Dienstes durch eine fachärztlich qualifizierte Person des betreffenden Sonderfaches, wenn aber ein solches nicht besteht, durch einen sonst fachlich geeigneten Arzt oder eine entsprechende Ärztin gewährleistet sein. In Krankenanstalten, deren Größe dies erfordert, ist die Leitung des ärztlichen Dienstes hauptberuflich auszuüben. Nach § 32 Abs 2 SpitalG obliegt der Leitung des ärztlichen Dienstes die Erteilung allgemeiner Weisungen über die Durchführung des ärztlichen Dienstes und ihre Überwachung, die Koordinierung der Tätigkeit des fachärztlichen Personals, die Sorge für die Einhaltung der Anstaltsordnung in ärztlichen Belangen und die Beratung des Rechtsträgers der Krankenanstalt in medizinischen Fragen der Krankenanstalt. Wenn es zur Einhaltung der Bestimmungen des § 32 Abs 5 SpitalG erforderlich ist, hat die Leitung des ärztlichen Dienstes das Recht, auch im Einzelfall Weisungen über die Durchführung des ärztlichen Dienstes zu erteilen. Das Verfügungsrecht des Rechtsträgers der Krankenanstalt in wirtschaftlichen Angelegenheiten bleibt unberührt.

Gemäß § 32 Abs 3 SpitalG müssen mit der Leitung von Abteilungen fachlich qualifizierte Ärzte und Ärztinnen betraut werden. Neben den mit der Abteilungsleitung betrauten Personen können vom Rechtsträger der Krankenanstalt andere in der Krankenanstalt beschäftigte fachärztlich qualifizierte Personen sowie Konsiliarärzte oder Konsiliarärztinnen zur Untersuchung und Behandlung der Kranken in den Abteilungen tätig sein. Bei Bedarf können auch Ärzte und Ärztinnen für Allgemeinmedizin eingesetzt werden. Den mit der Abteilungsleitung betrauten Personen obliegt die Erteilung von Weisungen über die Durchführung des ärztlichen Dienstes in Einzelfällen, der Einsatz und die Ausbildung der zugeteilten Ärzte und Ärztinnen sowie des Pflegepersonals - hinsichtlich des Pflegepersonals allerdings nur im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung im Einzelfall - sowie die Unterstützung der Leitung des ärztlichen Dienstes bei Erfüllung ihrer Obliegenheiten. Sofern Abteilungen nicht bestehen, sind diese Aufgaben - soweit die Voraussetzungen des Abs 1 gegeben sind - von der Leitung des ärztlichen Dienstes wahrzunehmen.

Gemäß § 32 Abs 5 SpitalG muss, wenn für ein nach dem Anstaltszweck und dem Leistungsangebot in Betracht kommendes medizinisches Sonderfach keine eigene fachrichtungsbezogene oder sonstige Organisationseinheit besteht, dann für dieses Sonderfach eine fachärztliche Betreuung durch Konsiliarärzte oder Konsiliarärztinnen sichergestellt sein. In dislozierten Tageskliniken ist auch die Heranziehung von Belegärzten oder Belegärztinnen zulässig.

Gemäß § 32 Abs 7 SpitalG muss die mit der Leitung des ärztlichen Dienstes betraute Person bei Verhinderung durch einen geeigneten Arzt oder eine geeignete Ärztin, in Sonderkrankenanstalten für bestimmte Krankheiten durch eine in gleicher Weise fachärztlich qualifizierte Person vertreten werden. Die Personen, die mit der Leitung einer Abteilung oder einer sonst im § 32 Abs 3 leg cit erwähnten Einrichtung betraut sind, müssen im Falle der Verhinderung durch in gleicher Weise qualifizierte Ärzte oder Ärztinnen vertreten werden.

Neben dem ärztlichen Dienst hat eine Krankenanstalt auch einen Krankernpflegedienst (§ 37 SpitalG) und eine Verwaltungsdirektion (§ 40 SpitalG) aufzuweisen. Für die ärztliche Behandlung, die Erreichbarkeit bzw Anwesenheitspflicht von Ärzten trifft § 36 SpitalG detaillierte Regelungen. Abgestuft nach der Art der Krankenanstalt bestehen Anwesenheitspflichten oder die Notwendigkeit der Einrichtung einer Rufbereitschaft entsprechend den Betriebszeiten und den Zeiten außerhalb der Betriebszeiten (Wochenend- und Nachtdienste).

Gemäß § 48 SpitalG sind Krankenanstalten zu umfassender Dokumentation, zur Aufzeichnung von Krankengeschichten, Operationsberichten und sonstigen Aufzeichnungen verpflichtet. Hierbei ist ua der Status der Patienten bei Aufnahme, der Krankheitsverlauf, angeordnete und erbrachte ärztliche Leistungen und der Status der Patienten bei Entlassung zu dokumentieren (§ 48 Abs 1 lit b, lit d, lit d und f SpitalG).

Ärztlicher Leiter, Pflegeleiter und Verwaltungsleiter bilden zusammen die kollegiale Führung der Krankenanstalt. Sie sind formal gleichrangig jeweils für ihre Aufgaben verantwortlich, wobei dem ärztlichen Leiter die Verantwortung bezüglich aller medizinischen Belange in der Krankenanstalt zukommt. Im Rahmen seiner Aufgaben hat der ärztliche Leiter für seinen Bereich ein Aufsichtsrecht über die in der Krankenanstalt tätigen Ärzte und ist auch befugt, Weisungen an diese Ärzte zu erteilen (vgl Resch, Handbuch Medizinrecht, 2011, XI Rz 82 ff, 84).

Zwar bestimmt § 3 Abs 2 ÄrzteG (BGBl I Nr 169/1998 idF BGBl I Nr 50/2021), dass Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten gemäß Abs 1 leg cit exklusiv vorbehaltene selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes in der eigenverantwortlichen Ausführung der im § 2 Abs. 2 und 3 ÄrzteG umschriebenen Tätigkeiten besteht, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Jedoch wird diese fachliche Weisungsungebundenheit krankenanstaltenrechtlich stark beschränkt.

Dem Rechtsträger steht in allen wirtschaftlichen Fragen, sowie in organisatorisch-dienstlichen Fragen ein Weisungsrecht gegenüber allen Ärzten der Krankenanstalt einschließlich des ärztlichen Leiters zu. Der ärztliche Leiter kann den Abteilungsleitern und sonstigen nachgeordneten Ärzten in jenen Angelegenheiten Weisungen erteilten, für die ihm krankenanstaltenrechtlich eine Leitungsfunktion zugeordnet ist. Für Fragen der konkreten Patientenbehandlung kommen dem Abteilungsleiter das Recht fachlicher Weisungen gegenüber nachgeordneten Ärzten, bzw auch dem Ärztlichen Leiter in bestimmten medizinisch-fachlichen Fragen, für die ihm krankenanstaltenrechtliche Verantwortung zugeschrieben wird, zu (ausführlich Wallner, Kompetenzen der ärztlichen Leitung von Krankenanstalten II, RdM 2016, 287 ff).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne bei der steuerrechtlichen Beurteilung der von Ärzten ausgeübten Tätigkeiten ausgeführt, dass das gesetzliche Merkmal der Weisungsgebundenheit in den Hintergrund tritt, da Ärzte aufgrund ihres Wissens und Könnens die Art der Behandlung selber bestimmen und dabei keinen Weisungen unterliegen. Dieser Umstand spricht aber noch nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, da es sich beim Arztberuf um eine Berufstätigkeit handelt, der ein hohes Maß an tatsächlicher Selbständigkeit innewohnt (VwGH 16.09.1982, 81/15/0118; 19.01.1984, 83/15/0114). Wesentlich ist nach dieser Rechtsprechung die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Die Eingliederung in den Visitenplan unter ausschließlicher wechselseitiger Vertretungsmöglichkeit, die Weisungsbefugnisse an das ärztliche Personal der Station und die vertraglich festgelegte Leitung des ärztlichen Dienstes samt Sorgetragung für die Einhaltung der Anstaltsordnung sprechen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs 2 EStG (VwGH 18.12.2017, Ra 2016/15/0079).

3.3. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

3.3.1. Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe für die Annahme einer Ausnahme von der Vollversicherung iSd ASVG vor. Der Zweitbeschwerdeführer gehört nicht dem Personenkreis des § 5 ASVG an und war auch nicht geringfügig beschäftigt. Auch eine Teilversicherung im Sinne des § 7 ASVG liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da der Zweitbeschwerdeführer nicht dem in § 7 ASVG genannten Personenkreis angehört.

3.3.2. Für die Prüfung, ob die Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers für die Erstbeschwerdeführerin eine selbständige oder eine unselbständige Tätigkeit war, ist nach § 539a Abs 1 ASVG der wahre wirtschaftliche Gehalt, nicht aber die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts oder der Wille der Parteien untereinander, eine selbständige Tätigkeit begründen zu wollen, maßgeblich.

Wie sich im Folgenden zeigen wird, ist iSd der Auslegungskriterien des § 539a Abs 1 ASVG von einem Dienstvertrag iSd § 4 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG auszugehen:

3.3.3. Werk- oder Dienstvertrag:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024) liegt ein Werkvertrag dann vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Der Werkvertrag begründet grundsätzlich ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können.

Ein solches individualisiertes und konkretisiertes Werk ist bei den erbrachten Tätigkeiten des Zweitbeschwerdeführers nicht ersichtlich. Als stellvertretender ärztlicher Leiter führte er überwiegend Visitentätigkeiten durch.

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Zweitbeschwerdeführer verpflichtet war, eine konkrete, im Vorhinein individualisierte und der "Erfolgshaftung" unterliegende Leistung zu erbringen bzw ein bestimmtes "Werk" herzustellen.

Im relevanten Zeitraum lag somit ein Dauerschuldverhältnis vor.

3.3.4. "Echtes" oder "freies" Dienstverhältnis:

Gemäß § 4 Abs 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 1 ASVG für dieselbe Tätigkeit eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 4 ASVG aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs legt § 4 Abs 6 ASVG nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG fest, sondern macht diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens. Diese Bestimmung verknüpft nämlich die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs 1 und § 4 Abs 4 ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Abs 1 gilt, dass eine solche nach Abs 4 ausgeschlossen ist (vgl VwGH 03.07.2002, 2000/08/0161; 19.12.2012, 2012/08/0279; uva).

Daher bedarf es zunächst der Beurteilung, ob ein "abhängiges bzw echtes" Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs 1 und Abs 2 ASVG vorlag.

Persönliche Arbeitspflicht:

Dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten grundsätzlich auch im Rahmen eines die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 ASVG erfüllenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgen kann, sofern die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, ist nicht zweifelhaft (vgl VwGH 21.11.2001, 97/08/0169; 17.10.2012, 2009/08/0188, jeweils mwN; vgl auch Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz 19983, § 3 Anm. 2, wonach "Selbständigkeit" im Sinne des § 3 ÄrzteG nicht dem gleichlautenden arbeitsrechtlichen Begriff gleichzusetzen sei). Die - wenngleich mit einem hohen Maß an tatsächlicher Selbständigkeit verbundene (vgl VwGH 27.06.2018, Ra 2017/15/0057; 18.12.2017, Ra 2016/15/0079) - Ausübung ärztlicher Tätigkeiten kann grundsätzlich auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen, sofern die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen (VwGH 07.10.2019, Ra 2019/08/0138; vgl auch VwGH 20.01.2016, 2012/13/0095, betreffend die Tätigkeit von Ärzten im chef- und kontrollärztlichen Bewilligungsdienst eines Sozialversicherungsträgers).

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl VwGH 17.10.2012, 2009/08/0188).

Bereits die unter 3.2.2. dargestellte Rechtslage zeigt deutlich auf, dass die Annahme, der Zweitbeschwerdeführer unterliege nicht den Ordnungsvorschriften der Erstbeschwerdeführerin in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten, anfechtbar ist. Allein schon die krankenanstaltenrechtlichen Regelungen, die für den Zweitbeschwerdeführer selbstverständlich galten, stehen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, der Zweitbeschwerdeführer sei nicht an Ordnungsvorschriften der Erstbeschwerdeführerin über Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten gebunden gewesen, grundsätzlich entgegen, da die spezifische krankenanstaltenrechtlich vorgegebene Organisation und ebenfalls gesetzlich determinierte und von der Erstbeschwerdeführerin als Krankenanstaltsträgerin zu gewährleistende innere Dienst ein entgeltliches, in persönlicher und wirtschaftlich Abhängigkeit erbrachtes Dienstverhältnis voraussetzen. Eine mangelnde persönliche Abhängigkeit, wie sie Kennzeichen freier Dienstverhältnisse sind, würde den krankenanstaltenrechtlich vorgeschriebenen Weisungszusammenhang zwischen ärztlichem Dienst und ärztlicher Leitung unterbrechen, was krankenanstaltenrechtlich unzulässig erscheint.

Es ist allerdings nicht allein auf die - eine Weisungsgebundenheit der Mitarbeiter des ärztlichen Dienstes gegenüber den jeweiligen leitenden Vorgesetzten vorsehenden - krankenanstaltenrechtlichen Vorgaben (durch das SpitalG und die darauf beruhende Anstaltsordnung) abzustellen, sondern es sind – im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung (vgl etwa VwGH 07.05.2008, 2007/08/0003; 28.09.2018, Ra 2015/08/0080; 07.10.2019, Ra 2019/08/0138; uva) – die als unterscheidungskräftige Kriterien für die Abgrenzung von einem freien Dienstverhältnis die Bindungen des Zweitbeschwerdeführers an die Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse bei persönlicher Arbeitspflicht (Fehlen eines generellen Vertretungsrechts) heranzuziehen, um zu prüfen, ob im gegenständlichen Einzelfall von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Zweitbeschwerdeführers und damit vom Vorliegen eines abhängigen (echten) Beschäftigungsverhältnisses auszugehen ist oder nicht.

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl VwGH 25.06.2013, 2013/08/0093).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt unter anderem dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt hingegen die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, zB im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl VwGH 15.07.2013, 2013/08/0124; 26.08.2014, 2012/08/0100; 15.10.2015, 2013/08/0175, jeweils mwN).

Ein solches generelles Vertretungsrecht kam dem Zweitbeschwerdeführer nicht zu. Aus der im besonderen Interesse der Erstbeschwerdeführerin liegenden Übertragung der Verantwortung für den medizinischen Bereich und der Aufsicht über die (ärztliche) Behandlung der Dialysepatienten an den ärztlichen Dienst kann eine Befugnis des Zweitbeschwerdeführers, sich jederzeit und nach seinem Gutdünken, dh ohne einen bestimmten Grund, bei der Erfüllung der von ihm übernommenen Aufgaben als ärztlicher Leiter durch irgendeine geeignete Person (Nephrologin/Nephrologe) vertreten zu lassen, nicht abgeleitet werden. Dem Argument der Beschwerdeführer, es wäre jederzeit eine generelle Vertretung durch eine Nephrologin oder Nephrologen möglich gewesen, ist die in der Anstaltsordnung auch gegenüber dem ärztlichen Dienst auferlegte Verpflichtung (vgl § 5 Z 3 lit b), während der Dialysebehandlungen im Bereich der Dialysestation persönlich anwesend zu sein, entgegen zu halten. Die persönliche Anwesenheit des Zweitbeschwerdeführers war (bzw ist) ist für die Erstbeschwerdeführerin von wesentlicher Bedeutung, um ihrem Hauptanliegen der bestmöglichen Diagnoseerstellung und der der damit verbundenen Therapien ihrer Patienten gerecht zu werden. Zum anderen ist einzuwenden, dass eine (wechselseitige) Vertretung des Zweitbeschwerdeführers nur durch den ärztlichen Leiter oder anderen Stellvertreter vorkam und eine Vertretung des Zweitbeschwerdeführers durch eine andere Fachärztin oder einen anderen Facharzt für Nephrologie während des relevanten Zeitraumes nicht erfolgt ist. Darüber hinaus erfolgte die (jederzeitige) Vertretung, von der der Zweitbeschwerdeführer in der Praxis auch Gebrauch machte, nur im Fall seiner urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheiten.

Die in der Anstaltsordnung (vgl § 9) enthaltene, für alle in der Dialysestation beschäftigten oder in Ausbildung stehenden Personen geltende Verpflichtung zur Verschwiegenheit schließt ebenfalls ein generelles Vertretungsrecht, welches zur Verneinung der persönlichen Abhängigkeit führen würde, aus. Die Geheimhaltung allfälliger den Beschäftigten zur Kenntnis gelangender, insbesondere die Krankheit der behandelten Patienten betreffender Umstände, gegenüber jedermann ist ein deutliches Indiz für die persönliche Arbeitspflicht des Zweitbeschwerdeführers, woran die weit gefasste Formulierung in der Anstaltsordnung "Alle in der Dialysestation beschäftigten Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet" nichts ändern kann.

Ein generelles Vertretungsrecht kam dem Zweitbeschwerdeführer somit nicht zu und bestand somit für ihn persönliche Arbeitspflicht.

Persönliche Abhängigkeit:

Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist zu klären, ob bei deren Erfüllung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen der persönlichen Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG gegeben ist.

Dies hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl VwGH 26.08.2014, 2012/08/0100).

Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein .

In der als Betreuungsvertrag bezeichneten Vereinbarung sind insbesondere die Aufgaben und der Honoraranspruch des Zweitbeschwerdeführers festgelegt. Wie die Erbringung dieser Aufgaben zu erfolgen hat, wird im Vertrag jedoch nicht näher geregelt.

Im gegenständlichen Fall hat die genannte Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung und den für die Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhäng

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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