TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 W278 2243490-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W278 2243490-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien alias Libyen alias Bulgarien, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2021, Zl: XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der BF reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab aus Libyen zu stammen und libyscher Staatsangehöriger zu sein. Gegen den BF wurde durch das Bundesamt, nach Einholung eines Sprachgutachtens, mit Bescheid vom 05.06.2019 der Antrag negativ beschieden und unter anderem eine Rückkehrentscheidung für den Herkunftsstaat Algerien sowie ein befristetes Einreiseverbot in Ausmaß von drei Jahren erlassen. Diese Entscheidung erwuchs erstinstanzlich in Rechtskraft.

Seit 14.11.2019 verfügt der BF im Bundesgebiet über keine aufrechte Meldeadresse und war für die Behörde nicht erreichbar.

Der BF wurde in Österreich dreimal strafrechtlich verurteilt.

Am 11.03.2021 versuchte der BF, sich mit einem gefälschten bulgarischen Personaldokument bei einer Magistratsbeamten auszuweisen und behördlich zu melden. Im Zuge der Erhebungen wurde der BF festgenommen.

Mit verfahrensgegenständlichem Mandatsbescheid vom 11.03.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Von 31.05.2021 - 08.06.2021 befand sich der BF im PAZ im Hungerstreik.

Am 15.06.2021 verhielt sich der BF in der Schubhaft unkooperativ und aggressiv, es kam zu einer erheblichen Belastung von Mithäftlingen. Eine Disziplinierung des BF im PAZ erfolgte.

Gegen den Mandatsbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob die Rechtsvertretung des BF mit Schriftsatz vom 16.06.2021 Beschwerde. Sie beantragte, den Bescheid zu beheben, die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, in der ein Freund des BF zur Wohnmöglichkeit und sozialen Verfestigung des BF befragt werden solle, sowie ein Vertreter der Direktion des BFA zur Durchführbarkeit der Abschiebung befragt werden solle, die Einvernahme des BF zur Kooperationswilligkeit sowie Kosten- und Barauslagenersatz beantragt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass der BF sich sozial im Bundesgebiet verankert habe und das Bundesamt das gelindere Mittel insbesondere der periodischen Meldeverpflichtung zu Unrecht nicht in Betracht gezogen habe. Darüber hinaus bestehen eine Wohnmöglichkeit durch den namentlich genannte Freund, an der er sich problemlos melden könne. Schließlich sei die Verhängung eines gelinderen Mittels im konkreten Falle als ausreichend anzusehen und die Fluchtgefahr im Bescheid nicht hinreichend begründet worden. Des Weiteren sei eine Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen sechsmonatigen Anhaltedauer nicht durchführbar, da Air Algier den Flugverkehr nach COVID zwischen Wien und Algier nicht wiederaufgenommen habe und nicht absehbar ist wann dieser wiederaufgenommen werden soll.

Die Behörde legte die Akten vor, gab eine Stellungnahme im Rahmen des Akteninhalts ab und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Dabei wurde näher ausgeführt, dass der BF nach der negativen Entscheidung seines Asylverfahrens untergetaucht und somit für die ha. Behörde nicht mehr greifbar gewesen sei. Ein weiterer Bescheid mit dem über ihn eine Wohnsitzauflage angeordnet werden sollte, konnte aufgrund seines Untertauchens nicht zugestellt werden. Stattdessen reiste der BF laut eigenen Angaben innerhalb Europas weiter und besorgte sich einen gefälschten bulgarischen Personalausweis, mit dem er versuchte über seinen widerrechtlichen Aufenthalt im Bundesgebiet zu täuschen. Er selbst habe bei der Einvernahme keine tatsächliche Adresse nennen können an welcher er wohnhaft gewesen sei. Außerdem sei entgegen zu halten, dass der BF über ein Jahr unbekannten Aufenthaltes war und nicht anzunehmen sei, dass er einer täglichen Meldeverpflichtung nachkommen würde. Ebenso versuchte der BF sich durch einen Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen und musste auch während seiner Anhaltung aufgrund seines unkooperativen Verhaltens diszipliniert werden. Der BF täuschte bereits im Asylverfahren über seine Herkunft und machte in seiner Einvernahme vor Anordnung der Schubhaft keine konkreten Angaben zu seinem Wohnsitz oder seinem Privatleben. Begehrt werde der Ersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand.

Am 17.06.2021 wurde die HRZ Abteilung des Bundesamts vom BVwG mittels schriftlichen Parteiengehör zur Stellungnahme betreffend dem Verfahren zur Außerlandesbringung aufgefordert. Diesem wurde mit 18.06.2021 entsprochen.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2021 wurde dem BF sowohl die Stellungnahme der HRZ Abteilung, als auch die Stellungnahme der zuständigen Regionaldirektion zum Parteiengehör zugestellt und eine Frist zur Stellungnahme bis 21.06.2021 gewährt.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2021 brachte der BF sinngemäß vor, dass auch die belangte Behörde zum Schluss komme, dass aktuell keine Flugverbindungen zwischen Wien und Algier verfügbar seien. Das Bundesamt benütze betreffend die Identifizierungsmöglichkeit des BF lediglich vage Begriffe. Des Weiteren stelle eine Verurteilung wegen eines Urkundedelikts keinen Fluchtgrund dar und auch könne dies keine Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 1 begründen. Abermals wurde auf die Wohnmöglichkeit des BF Bezug genommen, sowie dass der namhaft gemachte Freund auch für seinen Unterhalt bis zu seiner Abschiebung sorgen könne.

Am 21.06.2021 langten die medizinischen Unterlagen des PAZ betreffend dem BF samt amtsärztlichen Befund vom 21.06.2021.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und den Vorverfahren:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter der Vorgabe libyscher Staatsagehöriger zu sein am 13.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 05.06.2019, nach Durchführung eines Sprachgutachtens vollinhaltlich abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung nach Algerien sowie ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

1.2. Der BF wurde im Bundesgebiet dreimal strafrechtlich verurteilt:

01) Am 14.06.2017 RK 19.06.2017 wegen § 27 (1) Z 1 8. Fall u (2a) 2. Fall SMG Datum der (letzten) Tat 09.06.2017 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre.

02) Am 08.11.2017 RK 13.11.2017 wegen § 15 StGB § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagsätzen zu je 5,00 EUR (150,00 EUR) im NEF 15 Tage.

03) Am 20.04.2021 RK 24.04.2021 wegen §§ 223 (2), 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren. Dieser Verurteilung wurde folgende erwiesene Tatsache zu Grunde gelegt: der BF hat am 11.03.2021 einen totalgefälschten bulgarischen Personalausweis, somit eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache und eines Rechtes, nämlich seiner Identität und seines legalen Aufenthalts im Bundesgebiet, gebraucht, indem er den falschen Ausweis beim Magistratischen Bezirksamt vorwies.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bestand eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

2.2. Das Bundesamt hat bereits nach Abschluss des Asylverfahrens ein HRZ Verfahren mit Algerien am 09.08.2019 gestartet. Nach dem Untertauchen des BF wurde das HRZ bis zu seinem Aufgriff im März 2021 regelmäßig urgiert. Seit März 2021 wird die HRZ Ausstellung priorisiert, die letzte Urgenz erfolgte am 17.06.2021. Ein Interview mit der Algerischen Botschaft ist geplant. Aufgrund des Lockdowns in Wien und einigen Corona - Fällen in der algerischen Botschaft konnten bis Mai 2021 keine Interviewtermine organisiert werden. Ende der KW 23 fand ein höherrangiges Gespräch zwischen dem BMI und der algerischen Botschaft statt. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass nach höherrangigen Gesprächen, zeitnah wieder Interviewtermine stattfinden werden.

Aufgrund der weltweiten Pandemie und der Einstellung der Flugverbindungen zwischen Wien und Algier, erfolgte die letzte Abschiebung nach Algier im März 2020. Die Wiederaufnahme der Flugverbindungen von Air Algier nach Frankreich und mit anderen Mitgliedstaaten ist bereits erfolgt. Laut der Angabe von Air Algier, dass auch an der Wiederaufnahme der Flugverbindungen von Wien nach Algier mit Hochdruck gearbeitet wird, ist es realistisch, dass mit Juli 2021 die direkte Flugverbindung zwischen Wien und Algier wiederaufgenommen werden kann.

Das Bundesamt hat angemessene Bemühungen für die HRZ Ausstellung gesetzt. Ein Heimreisezertifikat für den BF liegt noch nicht vor. Eine Abschiebung des BF ist zeitnah, nach Identifizierung des BF durch die algerische Botschaft – jedenfalls innerhalb der höchstmöglich Anhaltedauer – möglich.

2.3. Der BF steht aktuell in psychiatrischer Behandlung und ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen den BF liegt eine rechtskräftige durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF ist nach Eintritt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung untergetaucht und war während des weiteren Verfahrens für die Behörde nicht greifbar. Er konnte nur durch Zufall aufgegriffen werden als er am 11.03.2021 versuchte, sich bei einer Meldebehörde unter Verwendung einer falschen Identität behördlich zu melden und sich dabei mit einem gefälschten bulgarischen Reisepass ausgewiesen hat, um über seine Identität und widerrechtlichen Aufenthalt zu täuschen (OZ 16 strafgerichtliche Verurteilung sowie Anhalte Protokoll vom 11.03.2021). Der BF scheut nicht vor Begehung von strafrechtlichen Delikten zurück, um seinen widerrechtlichen Aufenthalt im Bundesgebiet zu prolongieren. Der BF bedient sich verschiedener Identitätsangaben und unterschiedliche Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit. Der BF reiste nach Bulgarien, um sich den gefälschten Personalausweis zu besorgen.

3.3. Der BF befand sich vom 31.05. bis 08.06.2021 im Hungerstreik. Der BF wurde aufgrund seines unkooperativen und aggressiven Verhaltens gegen Polizeibeamte am 15.06.2021 diszipliniert. Sein Verhalten stellte eine erhebliche Belastung von Mithäftlingen dar. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.4. Er ist nicht rückreisewillig und nicht kooperativ.

3.5. Er hatte seit 14.11.2019 in Österreich keine Meldeadresse mehr und war unsteten Aufenthalts.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Es leben keine Familienangehörigen des BF in Österreich. Er pflegt in Österreich freundschaftliche Beziehungen.

4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig, nicht im Besitz von Barmitteln.

4.3. Der BF könnte bei einem in der Beschwerde namentlich genannten Freund wohnen, dieser würden ihn auch finanziell unterstützen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.2.):

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellung zu 1.1. ergeben sich aus dem im Gerichtsakt einliegenden Bescheid (OZ 17) und dem Eintrag im IZR. Dieser Feststellung wurde mit der Beschwerde nicht entgegengetreten 1.2. Die rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus einem rezenten Strafregisterauszug und der im Akt einliegenden Urteilskopie (OZ 16). Diese Feststellungen wurden auch in der Beschwerde nicht thematisiert bzw. bestritten.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft ergibt sich aus den rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen (2.1). Die Feststellungen zum laufenden HRZ Verfahrens 2.2. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus der ausführlichen Anfragebeantwortung der HRZ Abteilung vom 18.06.2021 (OZ 14) die dem BF zum schriftlichen Parteiengehör übermittelt wurde und mit der Stellungnahme des BF vom 18.06.2021 nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Aufgrund der umfassenden und glaubhaften Anfragebeantwortung durch die zuständige Referatsleiterin für HRZ des Bundesamts ergibt sich für das Gericht, dass dem Bundesamt keine Verzögerung im HRZ Verfahren zuzurechnen ist und dass, aufgrund des erst kürzlich (KW 23) stattgefundenen Gesprächs zwischen dem BMI und der algerischen Botschaft – gemessen an den bisherigen Erfahrungswerten - in Kürze wieder mit Interviewterminen gerechnet werden kann. Ebenso ist es glaubhaft, dass eine Wiederaufnahme des direkten Flugverkehrs zwischen Algier und Wien mit Juli 2021 als realistisch angesehen wird.

Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Aus den am 21.06.2021 vom PAZ übermittelten medizinischen Unterlagen, insbesondere dem aktuellen amtsärztlichen Befund vom 21.06.2021 ergibt sich, dass der BF wegen Depressionen medikamentös behandelt wird, einen guten Allgemeinzustand aufweist und haftfähig ist.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):

Das Vorliegen einer rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt (3.1.). Ebenso lässt sich den Behördenakten sowie dem gerichtlichen Akt entnehmen, dass der BF nach Erlassung der verfahrensbeendenden Entscheidung des BVwG vom 05.06.2019 sodann – nach weiteren Versuchen der Behörde den BF zu erreichen – 14.11.2019 abgemeldet wurde und für die Behörde nicht mehr greifbar war. Er selbst gibt im Zuge seiner Einvernahme am 11.03.2021 an, dass er versucht habe sich bei der Behörde anzumelden und dabei von der Polizei festgenommen wurde. Es würde nur ein wenig dauern, bis die Meldung aufscheinen werde und es sich um einen echten Ausweis gehandelt habe, da er dafür in Bulgarien Geld bezahlt habe und bereits mit diesem Ausweis nach Spanien gereist sei. Auf Nachfrage der Behörde betreffend seine bisherige Unterkunft antwortete der BF „ich vergesse alles, vielleicht vergesse ich meinen Namen in zwei Minuten“. Der BF zeigte sich im Zuge der Einvernahme somit nicht kooperativ. Dass sich der BF am 11.03.2021 bei einer Magistratsabteilung, durch das Vorweisen von einem totalgefälschten bulgarischen Personalausweis - unter einer anderen Identität - als bulgarischer Staatsangehöriger behördlich melden wollte, ergibt sich aus dem Polizeibericht in Zusammenschau mit der rechtkräftigen strafrechtlichen Verurteilung des BF. Der BF schreckt nicht vor der Begehung von strafrechtlichen Delikten zurück, um seinen widerrechtlichen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern. Sofern hier in der Beschwerde vorgebracht wird, dass dieses Verhalten keine Fluchtgefahr begründet und das strafrechtliche Fehlverhalten lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung herangezogenen werden könne ist dies nicht nachvollziehbar. Das konkrete strafrechtliche Verhalten des BF zielt genau auf ein Leben in im Verborgenen unter falscher Identität ab. Ebenso ist das Vorbringen der Beschwerde nicht nachvollziehbar, dass der Aktenvermerk nach § 76 Abs 6 FPG rechtswidrig sei, zumal der BF bis dato keinen Folgeantrag im Stande der Schubhaft gestellt hat und folglich auch die Schubhaft vom Bundesamt nicht mit Aktenvermerk aufrechterhalten wurde. Dieses Beschwerdevorbringen ist somit aktenwidrig. (3.2.).

Die Feststellungen zum Hungerstreik des BF und zu seiner Beanstandung bezüglich seines aggressiven Verhaltens gegenüber der im PAZ tätigen Polizeibeamten ergeben sich aus der Anhaltedatei und dem diesbezüglich vorliegenden Polizeibericht. Aus dem Gesamtverhalten des BF – sowohl vor als auch während seiner Anhaltung - ergibt sich, dass dieser nicht als vertrauenswürdig anzusehen ist (3.3.). Die fehlende Rückreisewilligkeit lässt sich aus dem Gesamtverhalten des BF klar entnehmen und auch daraus, dass der BF auch bisher der Behörde gegenüber keinerlei Schritte unternommen hatte, die auf eine gewollte Ausreise in sein Herkunftsland schließen lassen würden. Hingegen besorgte er sich gefälschte bulgarischen Personalausweis um über seinen widerrechtlichen Aufenthalt zu täuschen und reiste laut eigenen Angaben nach Spanien und Bulgarien (3.4.). Für den BF bestand laut ZMR seit dem 14.11.2019 keine Meldeadresse mehr. Er gab selbst in der Einvernahme zunächst eine Adresse an, die nicht verifiziert werden konnte und auf Nachfrage führte er aus: „alles zu vergessen, vielleicht auch in zwei Minuten meinen eigenen Namen“ ( 3.5.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Aufgrund der Aktenlage (behördlicher und gerichtlicher Schubhaftakt, sowie aus den Asylakten) ergibt sich, dass der BF über keinerlei familiäre oder anderweitige wesentliche soziale Kontakte in Österreich verfügt. Er gibt dies auch selbst in der aktuellen Einvernahme vom 11.03.2021 an. In der Beschwerdeschrift werden zwar unsubstantiiert soziale Kontakte behauptet, doch reicht diese Behauptung aufgrund der aktuellen eigenen Angaben unmittelbar vor Anordnung der Schubhaft nicht hin, nunmehr von einer sozialen Integration ausgehen zu können, die ihn von abermaligen untertauchen abhalten würden. Er hat auch keine finanziellen Mittel zur Existenzsicherung (€ 0,-- per 16.06.2021) und war nicht legal erwerbstätig. Ein diesbezüglich konträres Vorbringen enthält die Beschwerde nicht.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde nunmehr eine Wohnmöglichkeit und die finanzielle Unterstützungsmöglichkeit durch einen Freund vorgebracht. Das Gericht geht nach Überprüfung durch Abfrage des Melderegisters diesbezüglich von einer glaubwürdigen Angabe in der Beschwerdeschrift aus.

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die durch die schriftliche Parteiengehöre geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

§ 80 FPG Dauer der Schubhaft lautet:

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint, kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Nach § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr „der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes“ zu berücksichtigen. Um Fluchtgefahr bejahen zu können, darf keine maßgebliche - der Annahme einer Entziehungsabsicht entgegen stehende - soziale Verankerung des Fremden in Österreich vorliegen, was an Hand der genannten Parameter zu beurteilen ist (vgl. etwa VwGH 11.5.2017, Ro 2016/21/0021, Rn. 31 und VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0004).

In jüngster Rechtsprechung betonte der VwGH, dass bei der Beurteilung eines – ohne vorherigem Ermittlungsverfahren ergangenen – Mandatsbescheides, Wertungen und etwaige Begründungsmängel aus der Perspektive der Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu betrachten seien. Der Verwaltungsgerichtshof verwies dabei darauf, dass schon mehrfach in der Judikatur des Gerichtshofes zum Ausdruck gebracht worden sei, dass unzureichend begründete Schubhaftbescheide zwar rechtswidrig und demzufolge nach Maßgabe der erhobenen Schubhaftbeschwerde für rechtswidrig zu erklären seien. Das heiße jedoch nicht, dass jeder Begründungsmangel eine solche Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bewirke, sondern nur ein wesentlicher Mangel, also ein solcher, der zur Folge habe, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermochte (vgl. VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007, Rn. 10 und 13, mwN). Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliege, sei stets eine Frage des Einzelfalls, daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. nochmals VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007, Rn. 14). Es stellt daher ein Verkennen der Rechtslage dar, wenn übersehen wird, dass ein nach § 76 Abs. 4 FPG im Mandatsverfahren erlassener Schubhaftbescheid definitionsgemäß iSd 57 Abs. 1 AVG „ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren“ ergeht. Ein Schubhaftbescheid wäre nur dann rechtswidrig, wenn es bei seiner Erlassung aus damaliger Sicht nicht rechtens war, über eine Person Schubhaft nach dem in Anspruch genommenen Tatbestand und zu dem genannten Sicherungszweck zu verhängen (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2018/21/0122, Rn. 9, mwN); sei es, weil die im Schubhaftbescheid genannten Gründe die Schubhaft nicht zu tragen vermochten, sei es, weil die entscheidungswesentlichen Gründe auf ihrerseits unschlüssig begründeten oder - in für das BFA erkennbarer Weise - tatsachenwidrigen Annahmen beruhten. Ist jedoch die Wertung des BFA aus dessen Perspektive zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht zu beanstanden, so kann demnach diesbezüglich nicht von einem Begründungsmangel bzw. einer Rechtswidrigkeit des Bescheides ausgegangen werden (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0004)

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an, da der BF nicht rechtmäßig im Inland aufhältig ist und gegen ihn zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestand. Der BF hatte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, jedoch keinen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten. Die Behörde konnte den BF seit der Durchsetzbarkeit Rückkehrentscheidung nicht auffinden und ihn nur im Rahmen eines Zufallsaufgriffes habhaft werden. Er lebte seit 14.11.2019 ohne behördliche Meldung und war unsteten Aufenthalts. Er hat sich selbst – abgesehen von der Besorgung von gefälschten bulgarischen Identitätsdokumenten - bisher in keiner Weise bemüht, seine Ausreise vorzubereiten. Er kann daher nach Ansicht des Gerichtes nicht als kooperativ, ausreisewillig oder auch vertrauenswürdig angesehen werden.

Darüber hinaus manifestierte sich die bestehende Fluchtgefahr klar durch die Verwendung der gefälschten Ausweisdokumente im Zuge seiner versuchten Wohnsitzmeldung beim Magistratischen Bezirksamt. Es ist aus dem Beschwerdeverfahren in keiner Weise hervorgekommen, weshalb der BF nunmehr kooperativ, ausreisewillig und nicht mehr fluchtgefährdet sein sollte.

Lediglich einen möglichen Wohnsitz und eine mögliche finanzielle Unterstützung durch einen Freund konnte der BF im Beschwerdeverfahren vorweisen. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dennoch nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der BF tatsächlich an der Adresse des Freundes für eine baldige Abschiebung bereithalten und für die Behörde greifbar sein würde. Wie die Vergangenheit zeigt, zog es der BF vor, unsteten Aufenthalts zu sein und für die Behörde nicht greifbar zu bleiben und schreckte auch nicht davor zurück seinen widerrechtlichen Aufenthalt durch gefälschte Dokumente prologieren zu wollen. Die nunmehr glaubhaft dargelegte Möglichkeit der Unterkunftnahme ist daher aufgrund dem Vorverhalten des BF nicht geeignet, die Beurteilung des Sicherungsbedarfes zu Gunsten des BF zu verändern. Darüber hinaus kamen im Zuge des Verfahrens auch keinerlei weitere nennenswerten sozialen Kontakte des BF ans Tageslicht. Der BF ist haftfähig. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft durfte das Bundesamt auch davon ausgehen, dass eine Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Anhaltedauer umsetzbar war. Die Identität des BF konnte durch die evidente Angabe von verschiedenen Nationalitäten und Namen des BF und durch sein untertauchen nicht geklärt werden, obwohl das Bundesamt nach Abschluss seines Asylverfahrens ein HRZ Verfahren gestartet hat. Der BF hat durch sein Untertauchen dieses Verfahren verzögert.

Das Gericht geht daher in einer Gesamtsicht des Verhaltens unter den oben angeführten und festgestellten Tatbeständen des § 76 Abs. 3 FPG jedenfalls vom Bestehen erheblichen Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Person des BF aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als weiterhin zutreffend erwiesen. Das Gericht sieht daher ebenso die Tatbestandsmerkmale der Zif. 1 und 9 als erfüllt an. Zusätzlich begründet die belangte Behörde im gegenständlichen Bescheid das Tatbestandmerkmal der Z 3 nachvollziehbar. Den Tatbestandmerkmalen der Z 1 und Z 3 wurde mit verfahrensgegenständlicher Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Ein Aktenvermerk nach § 76 Abs. 6 FPG existiert Mangels Folgeantragstellung nicht.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar nunmehr eine Wohnmöglichkeit ins Treffen führen konnte, aber sonst keinerlei familiäre oder nennenswerte soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch seine Ignoranz seiner Ausreiseverpflichtung gegen geltende Gesetze des Landes verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Nationalität gestellt und wurden über ihn eine aufenthaltsbeendende Entscheidung getroffen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF bekundet. Der BF wurde zudem in Österreich strafrechtlich verurteilt und schreckt auch nicht vor der Begehung von strafrechtlichen Delikten zurück um seinen Aufenthalt im Verborgenen fortzusetzen. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA ein Heimreisezertifikat für den BF zu erlangen, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind.

Für den BF wurde rechtzeitig ein Heimreisezertifikat beantragt. Die Behörde durfte bei Beantragung eines Heimreisezertifikates von einer realistischen Möglichkeit der Ausstellung eines Zertifikates ausgehen. Die Ausstellung eins HRZ in naher Zukunft ist, wie beweiswürdigend ausgeführt, nach einer Vorführung vor die algerische Botschaft realistisch möglich. Aufgrund der hochrangigen Gespräche zwischen BMI und der algerischen Botschaft ist ein Vorführtermin in naher Zukunft sehr wahrscheinlich. Wie sich den Ausführungen der behördlichen Stellungnahme entnehmen ist, ist die Wiederaufnahme der Flugverbindung Wien – Algier in naher Zukunft wahrscheinlich. Die laufende Schubhaft ist daher auch aus diesem Gesichtspunkt weiter verhältnismäßig. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit einigen Monaten einzustufen.

3.1.6. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass der BF nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel eine ausreichende Sicherung der Abschiebung des BF bedeuten würde. Er konnte im gerichtlichen Verfahren zwar einen möglichen Wohnsitz vorweisen. Dies reicht jedoch nicht hin annehmen zu können, dass er nicht wieder untertauchen würde. Dazu kommt noch, dass sich der BF mit gefälschten Dokumenten ausgewiesen hat um über seine Identität und seinen widerrechtlichen Aufenthalt zu täuschen. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.7. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.8. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßig verhängten Schubhaft.

Überdies ist im Hinblick auf die angeführte Judikatur des VwGH anzumerken, dass es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer mit Mandatsbescheid angeordneten Schubhaft darauf ankommt, ob die Behörde im Zeitpunkt der Erlassung schlüssig davon ausgehen konnte, dass die Verhängung der Schubhaft notwendig war. Aufgrund der Meldevergehen und damit einhergehenden Nichterreichbarkeit für das BFA und seinem strafrechtlich relevanten Verhalten im Zuge der Festnahme war jedenfalls im entscheidenden Zeitpunkt von der Rechtmäßigkeit der Schubhaftverhängung ausgehen.

Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Des Weiteren versuchte der BF durch einen Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen und musste wegen einer Ordnungswidrigkeit diszipliniert werden. Der BF setzt somit auch während seiner Anhaltung in Schubhaft weiterhin Schritte, die seine festgestellte fehlende Vertrauenswürdigkeit bestätigen. Es kann daher – auch durch die glaubhaft vorgebrachte Wohnmöglichkeit und Unterstützungsmöglichkeit durch einen Freund – nicht mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden. Der BF befindet sich seit etwas mehr als drei Monaten in Schubhaft. In Anbetracht der zu erwartenden weiteren Schubhaftdauer von wenigen Monaten – sofern der BF im HRZ Verfahren kooperativ ist - ist die weitere Anhaltung des haftfähigen BF jedenfalls verhältnismäßig.

Dem Beschwerdevorbringen, dass die höchstzulässige Anhaltedauer gemäß § 80 Abs. 2 Z 2 FPG mit sechs Monaten begrenzt sei, ist entgegenzuhalten, dass im gegenständlichen Fall zweifelsfrei Anwendungsfälle des § 80 Abs. 4 Z 1 und 2 FPG vorliegen. Weder konnte die Identität, noch die Staatsangehörigkeit des BF festgestellt werden, oder liegt die Einreisebewilligung des Herkunftsstaates vor. Somit beträgt die höchstzulässige Anhaltedauer 18 Monate. Der BF hat bereits bei Asylantragstellung eine falsche Staatangehörigkeit behauptet und sich später auch einer bulgarischen Identität bedient. Er wurde mehrmals straffällig und ist nicht kooperativ. Aufgrund der zeitnah zu erwartenden Vorführung zur algerischen Botschaft und der realistisch bevorstehenden Wiederaufnahme des Flugverkehrs zwischen Wien und Algier, in Zusammenschau mit der erst drei Monate andauernden Schubhaft und der höchstmöglichen Anhaltedauer von 18 Monaten ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, auch unter Berücksichtigung des relevanten strafrechtlichen Fehlverhaltens (evidenter Gebrauch von gefälschten Ausweisen, um den widerrechtlichen Aufenthalt zu prolongieren) nach § 76 Abs. 2a FPG, nach wie vor verhältnismäßig.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (Behördenakt und gerichtliche Vorakte) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist. Eine Einvernahme des BF zur Abklärung einer behaupteten Kooperationsbereitschaft bedurfte es schon aufgrund der bisherigen Verhaltensweise des BF nicht, da auch in diesem Verfahren keine Gründe behauptet worden, oder hervorgekommen sind, weshalb der BF seine bisherige Vorgehensweise des Untertauchens gerade jetzt ändern und für die Behörde nun greifbar bleiben sollte. Die Einvernahme des beantragten Zeugen zur möglichen Unterkunftnahme und Unterstützungsmöglichkeit des BF konnte unterbleiben, da die Wohnmöglichkeit und finanzielle Unterstützungsmöglichkeit den Feststellungen ohnehin zu Grunde gelegt wurde. Die beantragte Einvernahme eines sachkundigen Vertreters des Bundesamts zum Beweis, ob eine Abschiebung realistisch möglich sei, konnte unterbleiben, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch eine ausführliche schriftliche Anfragebeantwortung der zuständigen Referatsleiterin geklärt werden konnte. Die Ausführungen der Fachabteilung wurden dem BF im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelt. Die Stellungnahme des BF vom 18.06.2021 wurde beweiswürdigend berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. VwGH 10.8.2020, Ra 2018/19/0228, mwN). Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 21.5.2019, Ra 2018/19/0141, mwN).

Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Kostenersatz öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Staatsangehörigkeit Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Täuschung Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W278.2243490.1.00

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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