Entscheidungsdatum
22.06.2021Norm
AVG §53bSpruch
W181 2242458-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Perl als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 14.12.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX dem die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Wien vom 10.12.2020 im Verfahren zur XXXX zu Grunde liegt, beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit
€ 164,60 (inkl. USt.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 04.12.2020, XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 10.12.2020 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen und in dessen Rahmen er auch als Dolmetscher fungierte.
2. Am 14.12.2020 brachte der Antragsteller die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme an der Verhandlung vom 10.12.2020, XXXX , im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs ein:
Gebührennote XXXX
€
I. Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
a) § 32 (1) 2 begonnene Stunde(n) à € 22,70
45,40
III. Mühewaltung: § 54 (1)
3. Teilnahme an Verhandlung(en) oder Vernehmung(en)
a) für die erste halbe Stunde € 24,50
30,70
b) für weitere 5 halbe Stunde(n) € 12,40
62,00
c) bei besonders schwieriger Dolmetschtätigkeit erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. € 15,40
IV. Reisekosten: § 27 ff
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und zurück
5,20
Zwischensumme
143,30
§ 31 Z. 6 20 % Umsatzsteuer
28,67
Endsumme
172,00
3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 18.05.2021 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach Zustellung kurz zusammengefasst vor, dass die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergangene Verpflichtung, während der gerichtlichen Verhandlung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, keine besondere Schwierigkeit der Übersetzung im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG darstelle und daher eine Verzeichnung des erhöhten Mühewaltungssatzes gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG nicht möglich sei. Darüber hinaus seien auch nach Durchsicht der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020 keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonders schwierigen Übersetzung ersichtlich.
4. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller nachweislich am 19.05.2021 zugestellt.
5. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 04.12.2020, XXXX , zu der für den 10.12.2020 anberaumten Verhandlung als Dolmetscher geladen wurde und in dessen Rahmen auch als Dolmetscher fungierte. Die Honorarnote betreffend seine Übersetzungstätigkeit im Rahmen der Verhandlung übermittelte der Antragsteller im Zuge des ERV am 14.12.2020.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren XXXX , beinhaltend insbesondere die Ladung des Dolmetschers zur Verhandlung vom 10.12.2020 und die Niederschrift derselben, die vom Antragsteller im Weg des ERV übermittelte Honorarnote vom 14.12.2020, die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.05.2021 sowie dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscherin) herangezogen hat.
Zu A)
Zu der beantragten Mühewaltung für besonders schwierige Dolmetschtätigkeit
für die erste halbe Stunde iSd § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG:
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40; handelt es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit, so erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. € 15,40.
Laut Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020, XXXX , hat die Verhandlung um 13:15 Uhr begonnen und um 17:15 Uhr geendet. Der Antragsteller war in der Zeit von 13:15 Uhr bis 16:15 Uhr als Dolmetscher in der gegenständlichen Verhandlung tätig. Die Gesamtdauer seiner Übersetzungstätigkeit im Rahmen der Verhandlung betrug somit sechs halbe Stunden.
In der gegenständlichen Gebührennote beantragte er aufgrund einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit für die erste halbe Stunde eine Gebühr von € 30,70 und für weitere fünf halbe Stunden die Zuerkennung von € 62,00 (€ 12,40 pro halbe Stunde). Als Begründung führte er an, dass die besonders schwierige Dolmetschtätigkeit den Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie geschuldet und mit dem Tragen der Maske für die Dauer der Verhandlung verbunden sei.
Eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit ist anzunehmen, wenn beispielsweise eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen ist. Auch damit wird eine besondere Leistung erbracht, die eine höhere Gebühr rechtfertigt. Dabei muss sich der Dolmetscher meist besonders auf die Verhandlung vorbereiten. Es muss sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, Anm. 6. zu § 54 Abs. 1. Z 3 GebAG).
Vergleichsweise ist noch darauf hinzuweisen, dass gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit c GebAG, der die Vergütung von besonderen sprachlichen oder fachlichen Schwierigkeiten bei schriftlichen Übersetzungen gewährt, der Zuschlag dann gerechtfertigt ist, wenn die Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert. Hinsichtlich der Schwierigkeiten nach lit c wurde entschieden: „Der Zuschlag nach § 54 Abs. 1 lit c gebührt dann, wenn eine Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert. Hier ist etwa an Gesetze oder technische Werke zu denken (vgl OLG Wien 34 R 95/86 SVSlg 31.974; OLG Wien 22 BS 464/12i, vgl Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 5 zu § 54 GebAG).
Im gegenständlichen Fall ist jedoch nach Durchsicht der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020, XXXX , nicht von der Übersetzung einer komplizierten Fachsprache auszugehen. In der Sache selbst handelte es sich um ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. um die Beschwerde gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen, bei denen die Beschwerdeführerin zu ihrer Identität, Herkunft und ihren persönlichen Lebensumständen befragt wurde. Weiters war Thema der Verhandlung die derzeitigen Lebensumstände in Österreich und die Situation im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat.
Bei den im Rahmen der mündlichen Verhandlung gedolmetschten Begrifflichkeiten handelte es sich um für Juristen und Gerichtsdolmetscher geläufige Fachausdrücke der Rechtswissenschaft, die keine besonderen sprachlichen oder fachlichen Schwierigkeiten aufweisen und damit einhergehend auch keinen erhöhten Zeitaufwand erfordern.
In diesem Zusammenhang ist ebenso auf die Entscheidung der Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 15.09.2020, 11 Os 87/20h, hinzuweisen: „Die beantragte Erhöhung des Betrags, der dem Dolmetsch für seine Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung gebührt setzt nach § 54 Abs 1 Z 3 GebAG voraus, dass es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit handelt. Schon auf Basis des Gesetzeswortlauts ist auf eine besondere Schwierigkeit der Dolmetschtätigkeit als solcher abzustellen [..]. Dieser Befund wird durch die Materialien zur GebAG-Novelle 1994, BGBl 1994/623 (mit der die in Rede stehende Bestimmung neu gefasst wurde), gestützt. Danach soll die Erhöhung […] zum Tragen kommen, wenn gewisse „besondere Leistungen“ erbracht werden. Es müsse sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln; als Beispiel wird das Erfordernis genannt, eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen (RV 1554 BlgNR 18. GP 16; folgend Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 § 54 GebAG Anm 6). Dagegen findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt für die Sicht, bei der betreffenden Beurteilung seien – über Aspekte fachlicher Natur hinaus – auch äußere Umstände zu berücksichtigen, die (bloß) die Ausübung einer (nicht schon an sich besonders schwierigen) Dolmetschtätigkeit erschweren. Das (sich aus zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergangenen Vorschriften ergebende) Erfordernis, dabei Schutzmasken zu tragen, stellt demnach keine besondere Schwierigkeit im Sinn des § 54 Abs 1 Z 3 GebAG dar.“
Eine besondere fachliche Schwierigkeit iSd § 54 Abs. 1. Z 3 GebAG kann sohin im konkreten Fall nicht festgestellt werden, da auch der Tatbestand des Tragens einer Maske zur Minimierung des Ansteckungsrisikos mit COVID-19 gemäß zitierter Judikatur nicht als fachliche Schwierigkeit einzustufen ist. Des Weiteren konnten darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte ermittelt werden, die eine besondere Vorbereitung des Antragstellers als Dolmetscher auf diese Verhandlung rechtfertigen würden.
Vor dem Hintergrund der obzitierten Judikatur und mangels Vorliegens einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit ist somit der erhöhte Stundensatz für die erste halbe Stunde iHv € 30,70 nicht zu vergüten. Die Verzeichnung der Gebühr für Mühewaltung hat gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG für die erste halbe Stunde mit € 24,50 zu erfolgen.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
EURO
Entschädigung für Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
2 begonnene Stunde(n) à 22,70
45,40
Reisekosten §§ 27, 28 GebAG
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (hin und retour)
5,20
Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG
für die erste halbe Stunde(n) à € 24,50
24,50
für weitere 5 halbe Stunde(n) à € 12,40
62,00
Zwischensumme
137,10
20 % USt.
27,42
Gesamtsumme
164,52
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
164,60
Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 164,60 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
besondere Erschwernis Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührenzuschlag Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung PandemieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W181.2242458.1.00Im RIS seit
05.08.2021Zuletzt aktualisiert am
05.08.2021