TE Bvwg Beschluss 2021/6/23 W250 2222047-4

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Veröffentlicht am 23.06.2021
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Entscheidungsdatum

23.06.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W250 2222047-4/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Algerien alias Tunesien, in Schubhaft:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Algeriens, stellte am 18.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) mit Bescheid vom 22.02.2017 vollinhaltlich abwies; unter einem sprach das Bundesamt aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 - AsylG nicht erteilt werde. Das Bundesamt erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei. Gleichzeitig wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und festgestellt, dass er ab 28.10.2015 sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2017 mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf sieben Jahre herabgesetzt wurde. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.07.2017 zurückgewiesen.

2. Der BF wurde mehrfach strafgerichtlich verurteilt und bis 19.07.2019 in Strafhaft angehalten. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.07.2019 wurde gegen den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet, dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 19.07.2019 in Vollzug gesetzt. Die gegen den Schubhaftbescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 08.08.2019 abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Am 27.11.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und auf Grund einer neuerlichen strafgerichtlichen Verurteilung wiederum in gerichtliche Strafhaft überstellt.

3. Am XXXX stimmte die algerische Vertretungsbehörde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zu.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2020 wurde über den BF neuerlich gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde nach Entlassung des BF aus der Strafhaft am 26.02.2021 in Vollzug gesetzt. Die gegen diesen Schubhaftbescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.05.2021 abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

5. Am 17.06.2021 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG vor.

6. Am 17.06.2021 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und gegen ihn eine Wohnsitzauflage erlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I.1. bis I.6. dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Insbesondere festgestellt wird, dass sich der BF seit 26.02.2021 durchgehend in Schubhaft befunden hat, die Schubhaft am 17.06.2021 geendet hat und die gesetzliche Frist zur Überprüfung der Schubhaft am 26.06.2021 geendet hätte.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des BF betreffend sowie durch Einsichtnahme in die Anhaltedatei.

Die Feststellung über die Beendigung der mit Bescheid vom 22.09.2020 angeordneten Schubhaft am 17.06.2021 ergibt sich aus der diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes vom 18.06.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A.

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen, wenn ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll.

Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Beschwerdeführers durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung im Nachhinein wegfällt (vgl. zB VwGH 17.12.2007, 2005/12/0153, mwN).

Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben.

Der BF befand sich von 26.02.2021 bis 17.06.2021 in Schubhaft. Durch die Beendigung der Schubhaft ist das Rechtsschutzinteresse des BF im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG weggefallen. Seine Rechtsstellung würde sich durch die Feststellung, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht zulässig ist, nicht ändern.

Eine bloß formlose Beendigung – etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk – eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 VwGVG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da das Rechtsschutzinteresse des BF an der Prüfung der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in der mit Bescheid vom 22.09.2021 angeordneten Schubhaft durch Beendigung der Schubhaft weggefallen ist, war das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im gegenständlichen Verfahren findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Entlassung Gegenstandslosigkeit Klaglosstellung Schubhaft Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W250.2222047.4.00

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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