TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/1 W154 2238813-4

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Veröffentlicht am 01.07.2021
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Entscheidungsdatum

01.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W154 2238813-4/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im Verfahren des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Algerien alias Tunesien alias Libyen, BFA-Zahl 1140345310-210017935, betreffend die weitere Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.01.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG, zwecks Sicherung des Verfahrens, die Schubhaft angeordnet.

Der Beschwerdeführer (BF) befindet sich seit 07.01.2021, 14:00 Uhr, durchgehend in Schubhaft.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.01.2021, Zahl W117 2238813-1/17Z, wurde die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen und wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Die Entscheidung wurde wie folgt begründet:

„Zu Spruchpunkt I: (Schubhaftbescheid und bisherige Anhaltung)

Die Verwaltungsbehörde ging in ihrem Schubhaftbescheid auf der Tatsachenebene vom Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung/eines Einreiseverbotes in der Dauer von zehn Jahren, der massiven/gehäuften Straffälligkeit, des unsteten Aufenthaltes nach der letzten Strafinhaftierung, dem Untertauchen während des ersten Asylverfahrens und der neuerlichen missbräuchlichen Asylantragstellung aus.

Sie unterstellte diese Parameter den Bestimmungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG sowie den § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG.

Die Beschwerdeausführungen vermögen – unabhängig von der Durchführung einer Verhandlung – die Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht einmal ansatzweise zu entkräften:

So erweist sich die vom Beschwerdeführer monierte Rüge des Vorliegens eines Mangels der Begründungspflicht im Zusammenhang mit der Abgabe einer Gefährdungsprognose – der Beschwerdeführer vermeinte, dass die Verwaltungsbehörde lediglich auf das Vorliegen von Strafurteilen verwies, sich aber mit denselben nicht auseinandergesetzt habe – als nichtzutreffend:

Die Behörde hatte sich nämlich in ihrem Schubhaftbescheid nicht nur mit dem Hinweis auf das Vorliegen von Verurteilungen begnügt, sondern auch mit den einzelnen Verurteilungen auseinandergesetzt und die Verurteilungen auch im Kontext zueinander als Basis der Gefährdungsprognose betrachtet:

So wies die Behörde eigens darauf hin, dass der Beschwerdeführer zweimal wegen der gleichen schädlichen Neigung – Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz – und insbesondere auf den für die Bevölkerung dadurch entstehenden Schaden („Volksgesundheit“). Sie berücksichtigte auch, dass der Beschwerdeführer zweimal innerhalb eines Jahres verurteilt wurde. Alleine dadurch ist sie ihrer Begründungspflicht schon ausreichend nachgekommen, um die entsprechende Schlussfolgerung einer vom Beschwerdeführer massiv ausgehenden Gefährdung zu stützen.

Auch die heutige Verhandlung hat diesbezüglich kein anderes Ergebnis hervorgebracht. Dem BF fehlt es, wie bereits in der Stellungnahme der Verwaltungsbehörde festgehalten, gänzlich an einem Unrechtsbewusstsein. Es klingt völlig unglaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer angibt, wegen einer geringeren Haftstrafe den Drogenhandel im großen Umfang zugestanden zu haben.

In Bezug auf das (sonstige) Bestehen von Fluchtgefahr hat die Verwaltungsbehörde wiederum zutreffend auf die Verurteilung vom 07.10.2019, Hv 113/19w hingewiesen, der zufolge der Beschwerdeführer das sogenannte Streckgitter im Haftraum N120 in der JA Graz-Jakomini dadurch vorsätzlich beschädigte, dass er dieses teilweise unter Verwendung eines Holzstückes gewaltsam aufbog bzw. zu entfernen versuchte.

Die Erklärung des Beschwerdeführers in der heutigen Verhandlung zu diesem Vorfall lässt den Beschwerdeführer weiter vertrauensunwürdig erscheinen: So beging er diese massive Sachbeschädigung lt. seiner heutigen Rechtfertigung nur deshalb, weil ihm der Justizwachebeamte keinen unmittelbaren Zugriff auf seine Zigaretten, die in einem anderen Stockwerk und einem anderen Raum waren, erlaubt hätte.

Auch der Beschwerdevorwurf die Verwaltungsbehörde hätte in Wahrheit feststellen müssen, dass „keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit“ gegeben sei, ist nichtzutreffend, denn ist seit der letzten Haftentlassung und dem neuerlichen Aufgriff erst ein Zeitraum von lediglich zwei Wochen vergangen, also eine wesentlich zu kurze Zeitspanne, um sich in Wohlverhalten zu üben.

Auch das von der Erstbehörde im Mandatsbescheid aufgezeigte Verhalten während der Strafhaft – siehe vorhin – lässt keine wie der Beschwerde vorschwebende positive Prognose auch nur in Ansätzen zu; hinzu kommt, dass dasselbe Verhaltensmuster auch während der Anhaltung in Schubhaft, gemeint: der von 07.01.2021 bis 22.01.2021 währende Hungerstreik, zu beobachten ist – immer wenn etwas nicht nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers läuft, lässt er die Situation im Sinne einer Fremd- oder Eigengefährdung eskalieren.

Das gesamte, vom Beschwerdeführer in Österreich an den Tag gelegte Verhalten zeigt also, dass er, abgesehen von den Drogendelikten, offensichtlich häufig die Kontrolle verliert; in diesem Sinne daher einzig und allein überzeugend die entsprechende Angabe des Beschwerdeführers in der heutigen Verhandlung: „Ich war von Sinnen“.

Die weitere Beschwerderüge, die Behörde führe nicht näher aus, warum sie aktuell von einer rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung ausgehe, trifft auch in diesem Maße nicht zu, hatte die Verwaltungsbehörde doch die Asylantragstellung im Zusammenhalt mit dem unsteten Aufenthalt und dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer eben nicht den Behörden zur Verfügung stellte, gesehen.

Zusätzlich ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer im ersten von ihm initiierten Asylverfahren ausdrücklich Libyen als Herkunftsstaat bezeichnete und anführte, dass er wegen des Krieges und der Armut dort nicht leben könne. Im gegenständlichen Asylverfahren jedoch bezog er sich auf Tunesien und gab eine ganz andere Geschichte zum Besten.

Die Verwaltungsbehörde hat daher im Ergebnis völlig zu Recht eine rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung angenommen.

Diese Diskrepanz vermochte der Beschwerdeführer mit dem Rechtfertigungsversuch, er hätte im Grenzgebiet Tunesien/Algerien gewohnt schon evidenter Maßen nicht zu entkräften.

Im Übrigen hätte es dieses Begründungselementes gar nicht bedurft, ist doch bereits aus den übrigen Parametern erhebliche Fluchtgefahr abzuleiten: unsteter Aufenthalt, massive und gehäufte Straffälligkeit. Die Verwaltungsbehörde stützte außerdem in diesem Zusammenhang ihre Entscheidung gar nicht auf § 76 Abs. 6 FPG, weil der Beschwerdeführer den Asylantrag bereits im Rahmen seiner Festnahmeanhaltung stellte und insofern der entsprechende Tatbestand der § 40 FPG, wie die Behörde zutreffend angibt, maßgeblich ist.

Auch der Vorwurf, dass die Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer nicht familiär bzw. sozial verankert sei, weil er ja eine Lebensgefährtin habe, geht ins Leere, zumal der Beschwerdeführer in seiner Schubhafteinvernahme nicht einmal den Nachnamen und das exakte Geburtsdatum sowie die Wohnanschrift kannte.

Auch diesbezüglich vermochte der Beschwerdeführer heute keine entsprechende Erklärung abzugeben, wonach seine ursprünglichen Angaben in der Schubhafteinvernahme doch noch an Glaubwürdigkeit gewinnen könnten.

Was seine übrigen sozialen Bezugspunkte in Österreich anbelangt, blieb das Vorbringen in der heutigen Verhandlung völlig im Dunklen: Der Beschwerdeführer sprach von einflussreichen Freunden in Italien und einem einflussreichen Freund in Österreich und dass er entsprechend mit Geld Unterstützung erhalte; konkrete Angaben dazu blieb er aber schuldig.

Die Verwaltungsbehörde hatte aufgrund der erheblichen Fluchtgefahr zu Recht kein gelinderes Mittel zur Anwendung gebracht; in diesem Zusammenhang ist auch nochmals auf den unsteten Aufenthalt kurz vor seiner Inschubhaftnahme hinzuweisen: Der Beschwerdeführer hatte sich 2 Wochen lang ohne entsprechend polizeiliche Meldung oder Bekanntgabe seines Wohnortes in Graz und Wien aufgehalten.

Auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Behörde, vor allem unter dem Aspekt der massiven Straffälligkeit, stößt nicht einmal ansatzweise auf Bedenken.

In diesem Sinne war daher der Schubhaftbescheid und die darauf basierende Anhaltung zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt II: (Fortsetzung der Anhaltung)

All das soeben Gesagte gilt auch für den Ausspruch der Fortsetzung der Haft. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer durch die missbräuchliche Stellung des aktuellen Asylantrages selbst zur Verzögerung des Verfahrens beiträgt; der Beschwerdeführer hätte sich, wie in der Stellungnahme der Verwaltungsbehörde ausgeführt, auch um eine freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat kümmern können und sohin seine Inhaftierung verkürzen können; dies hat er aber bis dato unterlassen.

Weiterhin ist also das Verfahren selbst zu sichern und die Schubhaft insofern auch aufrecht zu erhalten, als sich der Beschwerdeführer bereits dem ersten Asylverfahren entzogen hatte. Im Falle einer Freilassung würde er sich daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem gegenständlichen Verfahren entziehen. Indem der Beschwerdeführer in der heutigen Verhandlung seine starken italienischen Bezugspunkte ins Treffen führte, wäre zu befürchten, dass er sich nach Italien absetzen würde.

Da das bisherige Asylverfahren zu sichern ist, stößt auch die weitere Anhaltung der Sicherung dieses Verfahrens, welches in absehbarer Zeit, finalisiert sein wird, auf keine Bedenken.

Nochmals ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund seiner Unstetheit, seiner massiven Straffälligkeit und hier insbesondere wegen des Drogenhandels im großen Umfang (§ 28 a SMG) eine große Gefahr für Österreich darstellte und darstellt; es ist also jedenfalls eine negative Gefährdungsprognose auch in Bezug auf die Fortsetzung der Schubhaft abzugeben, zumal der Beschwerdeführer, wie schon oben angemerkt, viel zu kurz seit der letzten Strafhaft im Freiheit war (knappe zwei Wochen), als dass man von einem (nachhaltigen) Wohlverhalten ausgehen könnte.

Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer sich nicht einmal in diesen zwei Wochen wohlverhalten, war er doch auch in diesem Zeitraum untergetaucht. Der schnelle Wechsel zwischen den Orten Graz und Wien mit potentieller Reisetätigkeit nach Italien zeigt die hohe Mobilität des Beschwerdeführers – in der Schubhafteinvernahme vom 07.01.2021, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Beschwerdeführer in der heutigen Verhandlung bestätigte, gab er auch an, nach Spanien mit seiner zukünftigen Gattin, deren Familienname und Geburtsdatum und Wohnort er nicht genau kannte, fahren zu wollen.

Da sich der Beschwerdeführer nach dem medizinischen Befund/Gutachten guter Gesundheit erfreut, bestehen auch unter diesem Aspekt keine Bedenken in der Frage der Verhältnismäßigkeit. Es war daher die Fortsetzung der Anhaltung auszusprechen und konsequenterweise von einem gelinderen Mittel Abstand zu nehmen.“

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2021 wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 07.01.2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs in Folge in Rechtskraft.

Mit mündlich verkündeten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021, G306 2238813-2/10Z, und vom 28.05.2021, G307 2238813-3/12Z, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 25.06.2021 erfolgte seitens des BFA die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Der Aktenvorlage wurde die seitens des BFA erstattete Stellungnahme vom 21.05.2021 zugrunde gelegt.

Die Stellungnahme des BFA wurde dem BF am 29.06.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Der BF sah von der Erstattung einer Stellungnahme ab.

Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine Anfrage an die für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA zum bisher geführten Verfahren und zur Wahrscheinlichkeit einer baldigen Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gerichtet.

In der Anfragebeantwortung vom 30.06.2021 teilte die für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA wie folgt mit:

„Bzgl. dem HRZ – Verfahren Algerien, kann mitgeteilt werden, dass sich seit der Anfragebeantwortung vom 04.05.2021 diesbezüglich keine Neuerungen ergeben haben. Die Daten wurden an die Botschaft übermittelt. Die letzte Urgenz erfolgte am 28.06.2021 diesbezüglich.

Der o.G befindet sich auf einer prioritären Liste mit Personen, welche zur algerischen Delegation vorgeführt werden müssen.

Aufgrund des Lockdowns in Wien und einigen Corona - Fällen in der algerischen Botschaft konnten bis Mai keine Interviewtermine organisiert werden. Ende der KW 23 fand ein höherrangiges Gespräch mit dem BMI und der alg. Botschaft statt. Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass nach höherrangigen Gesprächen, zeitnah wieder Interviewtermine stattfinden werden.

Bzgl. dem HRZ – Verfahren mit Tunesien, kann mitgeteilt werden, dass alle uns zur Verfügung stehenden Unterlagen, vor allem wichtig, sind die Fingerabdrücke, im Mai 2021 an die tunesischen Behörden übermittelt wurden. Der Fall wurde von BII/1 heute am 30.06.2021 erneut mündlich mit dem Konsulat besprochen und auf die Dringlichkeit hingewiesen. Sobald eine Antwort (ob positive oder negative Identifizierung) aus Tunis einlangt, wird BII/1 von der tun. Botschaft diesbezüglich umgehend informiert. Zwar sei angemerkt, dass HRZ - Verfahren mit Tunesien im Jahr 2020, aufgrund der weltweiten Pandemie, etwas sich verzögert hatten, jedoch kann mitgeteilt werden, dass mittlerweile ein HRZ – Verfahren Tunesien vom Antrag bis zur Antwort aus Tunis bei ca. 3 Monaten sich eingependelt hat.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die Entscheidungsgründe der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA übermittelte Stellungnahme vom 30.06.2021.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Festgestellt wird, dass das Bundesamt angemessene Anstrengungen zur Erlangung eines HRZ für den Beschwerdeführer unternommen hat und noch immer unternimmt. Die Ausstellung eines HRZ für den Beschwerdeführer ist im höchsten Maße wahrscheinlich.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere der zitierten Vorentscheidungen.

Die Feststellungen zur Erlangung des Heimreisezertifikates ergeben sich aus der Stellungnahme der für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA vom 30.06.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A. – Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des §76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf das Vorerkenntnis zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft keine Änderung ergeben, sodass aufgrund unveränderter Lage auf die dortigen Ausführungen verwiesen und diese auch zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben werden.

Die Schubhaft ist also weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers – siehe Darstellung im Rahmen des Verfahrensganges und der Feststellungen – mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht
vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen
oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

Gegenständlich ist jedenfalls der Tatbestand der Z.1 verwirklicht. Somit erweist sich die bisherige Anhaltung am soeben angeführten Maßstab als verhältnismäßig, da sie sich immer noch im unteren Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich die Behörde nach wie vor zügig um ein Heimreisezertifikat bemüht, auch verhältnismäßig.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren (immer noch) zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.4. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Heimreisezertifikat öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W154.2238813.4.00

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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