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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FG 1993 §26 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des G in I, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. November 1994, Zl. 11/30-10/1994, betreffend vorläufige Beschlagnahme eines Laserwarngerätes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. November 1994 wies die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers betreffend die vorläufige Beschlagnahme eines Laserwarngerätes nach durchgeführter mündlicher Verhandlung als unbegründet ab.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß ein Polizeibeamter der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 23. Jänner 1994 den Beschwerdeführer bei seinem vor dem Flughafengebäude abgestellten PKW angesprochen, den Beschwerdeführer um Vorlage eines Ausweises ersucht und daraufhin das auf der Innenseite der Windschutzscheibe des PKW angebrachte Laserwarngerät Marke "Cobra" entfernt und beschlagnahmt habe. Der Polizeibeamte habe eine Beschlagnahmebestätigung ausgestellt, darauf auch auf Verlangen des Beschwerdeführers seine Dienstnummer vermerkt und auf die Erstattung der Anzeige wegen Verdachtes einer Verwaltungsübertretung hingewiesen.
Zur rechtlichen Beurteilung wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen ausgeführt, daß - unter Heranziehung des als schlüssig befundenen Gutachtens des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 15. Juli 1994 - das Laserwarngerät hinsichtlich Anwendung und grundsätzlicher technischer Funktion mit einem Radarwarngerät gleichzusetzen sei. Beide Geräte seien für den drahtlosen Empfang der von den Geschwindigkeitsmeßgeräten ausgesendeten Signale bestimmt. Physikalisch gesehen seien sowohl die Mikrowellenstrahlung eines Verkehrsradargerätes als auch die Lichtimpulse eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers elektromagnetische Wellen, die sich nur in ihrer Wellenlänge unterschieden. Es handle sich daher bei dem beschlagnahmten Laserwarngerät um eine Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 des Fernmeldegesetzes sowie um eine Privatfernmeldeanlage im Sinne der als Bundesgesetz in Geltung stehenden Verordnung über Privatfernmeldeanlagen, BGBl. Nr. 239/1961, deren Errichtung und Betrieb einer Bewilligung bedürfe. Über die erforderliche Bewilligung habe der Beschwerdeführer nicht verfügt. Das Laserwarngerät sei auch nicht zu den im Post- und Telegraphenverordnungsblatt Nr. 1 Punkt 7 angeführten generell bewilligten Lichtfunkanlagen zu zählen. Für den Polizeibeamten habe daher der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 26 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 des Fernmeldegesetzes vorgelegen. Es sei insbesondere im Hinblick auf eine bestehende Verdunklungsgefahr Gefahr im Verzug im Sinne des § 39 Abs. 2 VStG gegeben gewesen, weshalb die vorläufige Beschlagnahme des Laserwarngerätes des Beschwerdeführers rechtmäßig erfolgt sei.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 39 Abs. 1 VStG kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.
Gemäß § 39 Abs. 2 VStG können bei Gefahr im Verzug auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen. Sie haben darüber dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.
Gemäß § 26 Abs. 1 Fernmeldegesetz, BGBl. Nr. 170/1949, in der anzuwendenden Fassung, BGBl. Nr. 25/1993, macht sich u.a. einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer unbefugt eine Fernmeldeanlage errichtet oder betreibt (Z. 1) oder, wer unbefugt eine Funkeinrichtung besitzt (Z. 2).
Die belangte Behörde ging zu Recht davon aus, daß es sich bei dem beschlagnahmten Laserwarngerät um eine Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG) handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. Juni 1981, Zl. 03/2384/80, die Beschlagnahme eines "Radarwarngerätes" betreffend ausgeführt:
"Ein X-Band Meßempfänger RAWA 2000, wie er im gegenständlichen Fall beschlagnahmt wurde, ist dazu bestimmt, in einem bestimmten Frequenzbereich auf funktechnischem Weg ausgesendete elektromagnetische Strahlen als ein Zeichen dafür aufnehmen zu können und gegebenenfalls aufzunehmen, ob sich in der Nähe ein in Betrieb befindliches Radargerät befindet. Auf das beschlagnahmte Radarwarngerät treffen somit die begrifflichen Merkmale einer Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (elektronische Einrichtungen zum Empfang von Zeichen auf drahtlosem Weg) zu. Im Sinne der Bestimmungen der §§ 1 und 2 der als Bundesgesetz in Geltung stehenden Verordnung über Privatfernmeldeanlagen, BGBl. Nr. 239/1961, handelt es sich um eine Privatfernmeldeanlage."
Aus dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegten Gutachten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 15. Juli 1994 folgt zur Funktionsweise von "Laserpistolen":
"Die grundsätzliche Funktionsweise der in Österreich zur Eichung zugelassenen und von der Exekutive für Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr verwendeten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser (Bauarten LR90-235, LR90-235/P, LTI20.20 TS/KM und LTI20.20 TS/KM-E) ist die folgende: Vom Gerät werden sehr kurze, von einer Laserdiode erzeugte, infrarote Lichtimpulse scharf gebündelt ausgesendet. Diese Lichtimpulse werden an einem anvisierten Fahrzeug reflektiert und vom Gerät wieder empfangen. Aus der Laufzeit zwischen der Aussendung und dem Empfang eines solchen Lichtimpulses wird im Gerät unter Einbeziehung der Lichtgeschwindigkeit die Entfernung des Fahrzeuges vom Gerät berechnet. Dieser Vorgang wird in kurzen Abständen oftmals hintereinander wiederholt, und aus der zwischen aufeinanderfolgenden Einzelmessungen festgestellten Entfernungsänderung die Geschwindigkeit des Fahrzeuges ermittelt."
Zur Funktionsweise von "Verkehrsradargeräten" führt das Gutachten aus:
"Vom Gerät wird dauernd ein gebündelter Mikrowellenstrahl schräg zur Bewegungsrichtung der zu messenden Fahrzeuge ausgesendet. Bei der Reflexion dieser Mikrowellenstrahlung am sich bewegenden Fahrzeug wird ihre Frequenz aufgrund des Doppler-Effektes der Geschwindigkeit proportional verändert. Die reflektierte Strahlung wird vom Gerät wieder empfangen und aus dieser Frequenzänderung die Geschwindigkeit des Fahrzeuges ermittelt."
Abschließend wird im Gutachten ausgeführt:
"Physikalisch gesehen sind sowohl die Mikrowellenstrahlung eines Verkehrsradargerätes als auch das infrarote Licht eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers elektromagnetische Wellen, die sich nur in ihrer Wellenlänge unterscheiden (Größenordnung bei Mikrowellen ein Zentimeter, bei infrarotem Licht ein tausendstel Millimeter)."
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde daraus folgerte, es liege in vergleichbarer Weise auch bei dem im vorliegenden Fall beschlagnahmten Gerät eine Privatfernmeldeanlage im Sinne des § 1 der durch BGBl. Nr. 267/1972 als Bundesgesetz in Geltung stehenden Privatfernmeldeanlagenverordnung, BGBl. Nr. 239/1961, vor, deren Errichtung und Betrieb gemäß § 3 Abs. 1 FMG einer Bewilligung bedarf.
Als elektrische Einrichtung zum Empfang von Zeichen auf drahtlosem Weg stellt das Laserwarngerät auch eine Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 FMG - als Unterart der Privatfernmeldeanlagen - dar, deren Besitz nach § 4 Abs. 2 FMG einer Bewilligung des Bundes bedarf.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, daß das Gutachten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 15. Juli 1994 deshalb unbrauchbar sei, weil der Gutachter rechtliche Qualifikationen vorgenommen habe und ihm die Funktionsweise des gegenständlichen Laserwarngerätes nicht im Detail bekannt gewesen sei. Im Lichte der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren selbst vorgelegten Beschreibung des gegenständlichen "Laserpistolen-Warngerätes", woraus hervorgeht, daß dieses für den Empfang der "Strahlen" der "Laserpistolen" eingerichtet ist, vermag er damit jedoch nicht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Der Gutachter des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen stellt - auch wenn er nicht detailliert die Funktionsweise des Gerätes der Marke "Cobra" beschreibt - allgemein klar, wie grundsätzlich Laserwarngeräte, also auch unbestrittenermaßen das verfahrensgegenständliche Gerät, funktionieren, zieht aus dieser Tatsache aufgrund seiner Sachkenntnis den Schluß, daß hinsichtlich der grundsätzlichen Funktionsweise ein Laserwarngerät mit einem Radarwarngerät gleichzusetzen sei, und begründet dies wie oben ausgeführt eingehend. Dem hat der Beschwerdeführer keine stichhältigen, von gleicher fachlicher Ebene getragenen Argumente entgegengesetzt. Das Argument, der "Laserdetektor" sei "kein nachrichtentechnisches Gerät", weil es nur zur "Indikation" von Infrarotlicht diene, ist schon deshalb verfehlt, weil auch diese "Indikation" den Empfang der vom Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser ausgesendeten Infrarotlichtimpulse voraussetzt.
Dergestalt bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Schlüssigkeit des Gutachtens. Die allenfalls als juristische Wertung zu qualifizierenden Ausführungen des Sachverständigen zum hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1981, Zl. 03/02384/80, haben keinen Einfluß auf die Schlüssigkeit des vorliegenden Gutachtens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0068).
Daher durfte das einschreitende Organ zu Recht vom Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 26 FMG ausgehen. Aber auch die vom Beschwerdeführer bestrittene weitere Voraussetzung der "Gefahr im Verzug" war gegeben. Der Beamte konnte vertretbarerweise damit rechnen, daß der Beschwerdeführer das Laserwarngerät weiterhin betreiben würde. Es war daher für den Fall der Nichtbeschlagnahme die Fortsetzung der strafbaren Handlung wahrscheinlich. Es kann auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß die Beschlagnahme eine drohende Verbringung des Gerätes und damit den Entzug vor dem Zugriff der Behörde verhindern sollte. Auch eine Verdunklungsgefahr vermag die "Gefahr im Verzug" zu rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1997, Zl. 94/03/0290).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist ein Auftrag zur Beschlagnahme durch das zuständige Fernmeldebüro keine Voraussetzung für eine Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG. Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, daß die Organe der öffentlichen Aufsicht "aus eigener Macht" Gegenstände gemäß § 39 Abs. 1 VStG bei Gefahr im Verzug vorläufig in Beschlag nehmen können.
Es ergibt sich somit, daß die vorläufige Beschlagnahme vom 23. Jänner 1994 zu Recht erfolgt ist.
Der Beschwerdeführer bekämpft darüber hinaus eine Verletzung seines "Rechtes auf Tatsachenfeststellung" und seines "Informationsrechtes" im Zuge der Amtshandlung. Der einschreitende Beamte habe ihm keine Möglichkeit gegeben, den Anlaß der Amtshandlung zu erfragen oder bedeutsame Tatsachen vorzubringen. Daraus läßt sich für den Standpunkt des Beschwerdeführers jedoch schon deshalb nichts gewinnen, weil - wie dies auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat - das betroffene Organ nicht in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung eingeschritten ist und daher auch nicht die vom Beschwerdeführer bereits in seiner Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat relevierte Bestimmung des § 30 Sicherheitspolizeigesetz zur Anwendung kommt.
Der Beamte hat dem Beschwerdeführer sofort eine Beschlagnahmebestätigung gemäß § 39 Abs. 2 VStG ausgestellt und somit auch diese Verpflichtung erfüllt. Er war nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer im Zuge der vorläufigen Beschlagnahme zunächst über das Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen im gegebenen Fall aufzuklären. Es liegt daher keine diesbezügliche Rechtsverletzung des Beschwerdeführers vor.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995030012.X00Im RIS seit
07.06.2001