Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §76 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 26. August 1996, Zl. KUVS-215/2/96, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 11. Juni 1995 gegen 17.20 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kombinationskraftfahrzeug auf der Seeuferstraße im Ortsgebiet von Pörtschach am Wörthersee an einer näher bezeichneten Örtlichkeit vor der Wiederausfolgung seines am 8. Mai 1995 vorläufig abgenommenen Führerscheines gelenkt. Er habe hiedurch die Rechtsvorschrift des § 76 Abs. 5 KFG 1967 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 1.500,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen davon aus, daß dem Beschwerdeführer am 8. Mai 1995 von einem Beamten des Gendarmeriepostens Pörtschach am Wörthersee der am 4. Jänner 1990 von der Bundespolizeidirektion Klagenfurt für Kraftfahrzeuge der Gruppe B ausgestellte Führerschein wegen des Verdachtes einer Übertretung "nach § 5 StVO 1960" vorläufig abgenommen worden sei. Das "Führerscheinentzugsverfahren" sei noch anhängig. Der Führerschein sei dem Beschwerdeführer bisher nicht wieder ausgefolgt worden. Dem Antrag des Beschwerdeführers, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens betreffend Übertretung "nach § 5 StVO 1960" bzw. des "Führerscheinentzugsverfahrens" auszusetzen, sei nicht Folge zu geben, weil das Ergebnis dieser beiden Verfahren für den gegenständlichen Übertretungstatbestand ohne Belang sei. Der Beschwerdeführer habe durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges am 11. Juni 1995 auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr das Tatbild des § 76 Abs. 5 KFG 1967 verwirklicht.
Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber im wesentlichen ein, daß die belangte Behörde in rechtswidriger Weise von der Tatsache einer rechtmäßigen vorläufigen Abnahme des Führerscheines ausgegangen sei. Die belangte Behörde habe übersehen, daß die Frage der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Führerscheinabnahme gemäß § 76 Abs. 5 KFG 1967 notwendige Grundlage der Entscheidung bilde. Die belangte Behörde hätte daher diese Frage als Vorfrage lösen müssen und nicht die Untersuchung der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Führerscheinabnahme ablehnen dürfen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer vom Vorwurf der Verweigerung des "Alko-Tests" entlastet worden sei, sei selbst bei Verweigerung des Alko-Tests die Führerscheinabnahme unzulässig.
Damit vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß ihm der Führerschein vorläufig abgenommen worden sei und er zu einem Zeitpunkt, bevor ihm der Führerschein wieder ausgefolgt wurde, ein Kraftfahrzeug gelenkt habe.
Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 KFG 1967 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. Gemäß § 76 Abs. 5 leg. cit. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkerberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1990, Zl. 89/11/0238) stellt die vorläufige Abnahme des Führerscheines eine Sicherungsmaßnahme dar, die im Interesse der Verkehrssicherheit gesetzt wird. Sie soll verhindern, daß eine Person als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl sie sich in einem Zustand befindet, in dem sie das Fahrzeug zu beherrschen nicht imstande ist.
Mit dieser Bestimmung des § 76 Abs. 5 KFG 1967 in der Fassung der 12. Novelle, BGBl. Nr. 375/1988, wurde ein eigenes - unbedingtes - Lenkverbot für die Zeit vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins geschaffen. Sie bietet Sicherheitsorganen die Möglichkeit, wenn sie situationsbedingt auf Grund des Verhaltens einer Person den Eindruck haben, ihr fehle (insbesondere durch Alkoholgenuß) die Fähigkeit zum Lenken eines Kraftfahrzeuges, und sie Grund zur Befürchtung haben müssen, der Betroffene würde in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug lenken, ihn durch Abnahme des Dokuments vom Lenken auszuschließen. Für die Rechtswirksamkeit dieser Maßnahme kommt es nicht darauf an, ob die genannten Voraussetzungen ex post betrachtet objektiv vorgelegen sind (vgl. die in Grundtner/Stratil, Das Kraftfahrgesetz 19674, auf Seite 476 genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die Verletzung dieser Sicherungsmaßnahme an sich und damit der Verstoß gegen das Lenkverbot bei abgenommenem Führerschein (vor dessen Wiederausfolgung) erfüllt bereits das Tatbild des § 76 Abs. 5 KFG 1967, und zwar selbst dann, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, daß eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 durch den Beschwerdeführer nicht begangen wurde oder ein von der Behörde eingeleitetes Administrativverfahren betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung ohne Entziehung abgeschlossen wurde.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996030382.X00Im RIS seit
19.03.2001