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KFG 1967 §103 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des GG in G, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. April 1984, Zl. 11-75 Gu 4-83, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sprach mit Straferkenntnis vom 30. März 1983 aus, der Beschwerdeführer habe am 8. Dezember 1981 um 02.30 Uhr in Graz vor dem Hause Mandellstraße Nr. 16 seiner Gattin CG seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw zur Fahrt überlassen, obwohl am Fahrzeug der linke Vorderreifen (Michelin, Nr. unleserlich) auf der Innenseite der Lauffläche in einer Breite von ca. 6 cm vollkommen glattgefahren gewesen sei. Der rechte Vorderreifen sei auf der Innenseite der Lauffläche in einer Breite von ca. 4 cm vollkommen glattgefahren gewesen. Der übrige Reifenumfang sei stellenweise glattgefahren gewesen. Weiters habe die linke Schlußleuchte und die linke Bremsleuchte nicht funktioniert. Als Zulassungsbesitzer trage der Beschwerdeführer die volle Verantwortung für das Fahrzeug und habe er durch die Überlassung des Fahrzeuges seiner Gattin zur Lenkung auf öffentlichen Straßen eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 1.300,-- (Ersatzarreststrafe 60 Stunden) verhängt.
Die gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wies der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 19. April 1984 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 ab. Gemäß den angeführten Gesetzesstellen wurde die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung vom Landeshauptmann dem § 103 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967, § 14 Abs. 4 KFG 1967 und § 18 Abs. 1 KFG 1967 und der Ausspruch über die Geld- und Ersatzarreststrafe dem § 134 Abs. 1 KFG 1967 unterstellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß dem angefochtenen Bescheid sich keine Feststellung entnehmen lasse, weshalb dem Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 1 KFG zur Last gelegt wurde.
Der Beschwerdeführer ist schon mit diesem Beschwerdeeinwand im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 103 Abs. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Er hat bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, daß für Fahrten das in § 102 Abs. 10 angeführte Verbandzeug sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine Warneinrichtung bereitgestellt ist. Nach der Anordnung des § 103 Abs. 2 erster Satz KFG darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung, bei Kraftfahrzeugen, für deren Lenken keine Lenkerberechtigung vorgeschrieben ist, das erforderliche Mindestalter besitzen.
Das Überlassen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges durch den Zulassungsbesitzer an eine andere Person ist zwar bei Vorliegen der in § 103 Abs. 2 erster Satz KFG angeführten Voraussetzungen strafbar, stellt hingegen kein Tatbestandsmerkmal des § 103 Abs. 1 KFG dar. Mit dem von der belangten Behörde insoweit bestätigten Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz wurde dem Beschwerdeführer das Überlassen seines, nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechendes Kraftfahrzeug seiner Gattin zum Lenken angelastet und damit ein Verhalten vorgeworfen, das vom Tatbestand des § 103 Abs. 1 KFG nicht erfaßt und daher nach dieser Gesetzesstelle auch nicht strafbar ist, weshalb dieses Verhalten auch nicht die Tat im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 darstellen kann.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das über den Betrag von S 540,-- hinausgehende Begehren auf Ersatz der Stempelgebühren (je S 120,-- für die in dreifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde, S 120,-- für die Vollmacht und S 60,-- für den nur in zweifacher Ausfertigung beizubringenden angefochtenen Bescheid) war abzuweisen.
Wien, am 26. Juni 1985
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1984030182.X00Im RIS seit
10.08.2021Zuletzt aktualisiert am
10.08.2021