TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/6 95/09/0008

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Veröffentlicht am 06.03.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §11 Abs1;
AuslBG §11 Abs2 Z1;
AuslBG §21;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde 1. der B-Gesellschaft m.b.H. in W, und 2. des D, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. November 1994, Zl. IIc/6703 B, betreffend Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 16. Mai 1994 den Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "jugoslawischen" Staatsangehörigen D (das ist der Zweitbeschwerdeführer) für die berufliche Tätigkeit als Kraftfahrer.

Mit Bescheid vom 18. August 1994 lehnte die Behörde erster Instanz die Ausstellung der Sicherungsbescheinigung gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 AuslBG ab. In der Begründung hiezu wurde ausgeführt, nach § 4 Abs. 1 AuslBG sei eine Beschäftigungsbewilligung nur zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Der gegenständliche Antrag sei wegen "Nichtvorliegens eines unter Bedachtnahme auf die öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen bestehenden besonderen Bedürfnisses der inländischen Wirtschaft abzulehnen".

Gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Sie machten geltend, die Begründung des Bescheides sei "lediglich global und floskelhaft". Die Behörde vermöge nicht anzugeben, aus welchem konkreten Grund der Antrag abgewiesen worden sei. Tatsache sei, daß die Erstbeschwerdeführerin den Zweitbeschwerdeführer als LKW-Fahrer beschäftigt hätte. Auch sei es der Erstbeschwerdeführerin unmöglich, einen LKW-Fahrer für ihr Unternehmen auf dem inländischen Markt "zu beschäftigen". Die Begründung des Bescheides sei "ganz allgemein verfehlt".

Mit Vorhalt vom 21. Oktober 1994 gab die belangte Behörde die Tatsache der Überziehung der mit Verordnung BGBl. Nr. 794/1993 für Wien festgesetzten Landeshöchstzahl (91.000) - unter näherer Erläuterung des hiezu angeschlossenen Zahlenmaterials - bekannt. Weiters führte die belangte Behörde aus, welche Erteilungsvoraussetzungen im "Überziehungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG" zur Erteilung der Bewilligung erforderlich seien. Dazu enthält der Vorhalt auch den Hinweis, daß der zuständige Regionalbeirat die Ausstellung der Sicherungsbescheinigung nicht befürwortet habe. Es werde die "Gelegenheit zum Parteiengehör" innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Vorhaltes eingeräumt.

Nachdem dieser Vorhalt unbeantwortet geblieben war, gab die belangte Behörde der Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 11 Abs. 2 Z. 1 sowie § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG keine Folge. In der Begründung wird nochmals die Überschreitung der Landeshöchstzahl 1994 dargestellt und ausgeführt, daß der Zweitbeschwerdeführer für die Beschäftigung als Kraftfahrer beantragt werde. Der im Verfahren anzuhörende Ausländerausschuß des Landesdirektoriums des Arbeitsmarktservice Wien habe die Erteilung der Sicherungsbescheinigung nicht befürwortet. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG erfüllt werde.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen fehlender Beschwerdeberechtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 412, angeführte Judikatur).

Im Beschwerdefall fehlte dem Zweitbeschwerdeführer das grundsätzlich dem Arbeitgeber vorbehaltene Recht auf Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Sicherungsbescheinigung nach dem AuslBG. Er hat auch nicht auf andere Weise im Verwaltungsverfahren Parteistellung erlangt, zumal eine solche dem nach § 11 Abs. 1 AuslBG beantragten ausländischen Arbeitnehmer gemäß § 21 AuslBG (nur) in den Verfahren zukommt, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 AuslBG vorhanden ist. Ein Recht auf Erteilung der beantragten Sicherungsbescheinigung stand dem Zweitbeschwerdeführer nicht zu; für die Versagung der Sicherungsbescheinigung waren nach der Aktenlage auch keine Gründe maßgebend, die persönliche Umstände des Zweitbeschwerdeführers im Sinn des § 21 AuslBG betreffen. Der Zweitbeschwerdeführer konnte damit durch die die erstinstanzliche Abweisung des Antrages bestätigende angefochtene Berufungsentscheidung der belangten Behörde in keinem Recht verletzt sein (vgl. dazu beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 94/09/0177, m.w.N., und vom 16. November 1995, 94/09/0330).

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die belangte Behörde offenbar übersehen hat, daß die Berufung von beiden Beschwerdeführern erhoben worden war, und dieser Berufung undifferenziert keine Folge gegeben hat. Denn allein der Umstand, daß die belangte Behörde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers meritorisch abgewiesen hat, anstatt sie mangels Parteistellung dieses Berufungswerbers zurückzuweisen, stellt noch keine Verletzung subjektiver Rechte des Zweitbeschwerdeführers dar (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1989, 88/09/0161).

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers war daher infolge Fehlens der Legitimation zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der ab 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen i. d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde hat im Vorhalt vom 21. Oktober 1994 auf die Notwendigkeit der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG hingewiesen, die im § 4 Abs. 6 AuslBG normierten Voraussetzungen konkret genannt und auch ausgeführt, daß der Regionalbeirat die Ausstellung der Sicherungsbescheinigung nicht befürwortet habe.

Obwohl damit die Erstbeschwerdeführerin von der Notwendigkeit des Vorbringens von Gründen im Sinne des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG Kenntnis haben mußte, ließ sie den erwähnten Vorhalt unbeantwortet. Wenn die Erstbeschwerdeführerin erstmals in der Beschwerde - ohnedies auch nicht weiters substantiiert - ein Vorbringen erstattet, das den Tatbeständen des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a (Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer) oder lit. c AuslBG (dringender Ersatzbedarf für einen ausgeschiedenen Ausländer) zugeordnet werden könnte, muß dieses bereits an dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot scheitern (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1995, 94/09/0286, m.w.N.). Der Beschwerde kann auch nicht darin gefolgt werden, daß aus dem Berufungsvorbringen abzuleiten gewesen wäre, daß der Zweitbeschwerdeführer für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes benötigt werde. Derartige Anhaltspunkte ergeben sich aus der Berufungsschrift nicht, und es ist für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG auch nicht ausreichend, daß laut Beschwerde "bei Bauunternehmen ohnedies regelmäßig Ausländer zur Beschäftigung gelangen".

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher nicht als rechtswidrig. Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers insbesondere auch auf § 51 VwGG. Der zuerkannte Aufwandersatz hat dem Arbeitsmarktservice als Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG zuzufließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1996, 95/09/0261).

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995090008.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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