Index
E000 EU- Recht allgemeinNorm
BVergG 2006 §2 Z8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revisionen der h gmbH in Wien, vertreten durch die Bartlmä Madl Rechtsanwälte OG in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 45a, gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien jeweils vom 14. Dezember 2016, 1) Zlen. VWG-123/060/29733/2014, VGW-123/V/060/7616/2016 (Ra 2017/04/0049) und 2) Zlen. VWG-123/060/4836/2015, VGW-123/V/060/7615/2016 (Ra 2017/04/0050), beide betreffend vergaberechtliche Feststellung nach dem WVRG 2014 (jeweils mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt Wien, Wiener Wohnen, und 2. H & A GmbH, beide vertreten durch die schwartz huber-medek pallitsch rechtsanwälte og in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, 3. N GmbH, vertreten durch die Doralt Seist Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat der Revisionswerberin jeweils Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40, insgesamt somit € 2.692,80, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Vorgeschichte
1 Die vorliegenden Rechtssachen betreffen die Lieferung von Serienmöbeln für das Bürohaus „G“ in W. Dieses Bürohaus soll die neue Zentrale von Wiener Wohnen, einer unselbstständigen Unternehmung der Stadt Wien (erstmitbeteiligte Partei; im Folgenden: Stadt) werden (vgl. aus den vorgelegten Verwaltungsakten Rathauskorrespondenz vom 28.11.2012; vgl. zur Rechtsstellung von Wiener Wohnen das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, 2010/17/0003).
2 Zu den Eigentumsverhältnissen an diesem Bürogebäude stellte das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) fest, Eigentümerin (zum Zeitpunkt der im vergaberechtlichen Feststellungsverfahren behandelten Vorgänge) sei die V GmbH & Co KG in Wien (im Folgenden: Vermieterin) gewesen.
3 Die Vermieterin sei Gesellschaft eines Konzerns, der (zum Zeitpunkt der im vergaberechtlichen Feststellungsverfahren behandelten Vorgänge) - soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant - wie folgt zusammengesetzt gewesen sei: Die I GmbH (I) sei eine 100 %ige - Tochter der E GmbH. Diese sei eine 100 %ige - Tochter der B GmbH (B). Der unbeschränkt haftende Gesellschafter der Vermieterin sei die V GmbH. Die Geschäftsanteile der V GmbH würden von der B gehalten.
4 Zu den im vergaberechtlichen Feststellungsverfahren behandelten Vorgängen traf das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen:
5 Mit Mietvertrag vom 25. Mai 2012 vermietete die Vermieterin näher bezeichnete Gebäude (Bauteil A und B) auf der Liegenschaft EZ 3203 an die Stadt. Mit dem Mietvertrag erfolgte eine pauschale Mietzinsvereinbarung.
6 Mit einem zweiten Nachtrag (unterfertigt von der Stadt am 16. September 2013 und von der Vermieterin am 17. September 2013) wurde der Mietvertrag ergänzt. Darin wurde vereinbart, dass zusätzliche Flächen vermietet werden, der monatliche pauschale Mietzins erhöht und die Ausstattung des Mietgegenstandes um die Büro-Möblierung erweitert wird. In dem zweiten Nachtrag wurde festgelegt, dass die Vermieterin der Stadt die Möblierung als Erstausstattung unentgeltlich zur Verfügung stellt. Ebenso wurde festgeschrieben, dass die Möblierung nicht als mitvermietet gilt. Im Zusammenhang mit dieser im zweiten Nachtrag zum Mietvertrag vereinbarten unentgeltlichen Überlassung der Büromöbel wurde festgelegt, dass die Vermieterin bezüglich der Büromöbel keine Erneuerungs-, Instandhaltungs-, Erhaltungs-, Instandsetzungs-, oder sonstige Verpflichtungen trifft. Allfällige - einzelne - Gewährleistungsansprüche der Vermieterin gegenüber dem Verkäufer der Möblierung werden der Stadt - auf deren Verlangen - unentgeltlich abgetreten.
7 Hinsichtlich der Beschaffung dieser Büromöblierung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die B als ausschreibende Stelle „an Unternehmer“, darunter auch die Revisionswerberin, die Leistungsverzeichnisse „LV Möblierung Serienmöbel gemäß BAB“ und „ LV Möblierung Serienmöbel ohne BAB“ mit der Aufforderung übermittelte, ein Angebot vorzulegen.
8 Mit Schreiben vom 22. Juli 2014 beauftragte die B im Namen und auf Rechnung der I die drittmitbeteiligte Partei mit der Lieferung von Serienmöbeln entsprechend den angeführten Leistungsverzeichnissen. Das Auftragsschreiben wurde von der drittmitbeteiligten Partei am 24. Juli 2014 gegengezeichnet. Ein gesondertes Auftragsschreiben mit allen Vertragsgrundlagen datiert vom 24. Juli 2014 wurde von der B im Namen und auf Rechnung der I als Auftraggeberin erstellt. Die Gegenzeichnung dieses Schriftstückes durch die drittmitbeteiligte Partei erfolgte am 28. Juli 2014.
9 Die Revisionswerberin wurde als im Beschaffungsprozess verbliebenes Unternehmen am 15. Juli 2014 telefonisch darüber verständigt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag einem Mitbewerber zu erteilen.
10 Der zwischen der Vermieterin und der I abgeschlossene Totalunternehmervertrag vom 26. November 2012 wurde mit Nachtrag dahin abgeändert, dass der Auftragsgegenstand um die im zweiten Nachtrag zum Mietvertrag geregelte Ergänzung der Bau- und Ausstattungsbeschreibung erweitert und deshalb der Pauschalpreis erhöht wurde.
11 Mit Schriftsatz vom 7. August 2014 stellte die Revisionswerberin beim Verwaltungsgericht - soweit verfahrungsgegenständlich - näher bezeichnete Feststellungsanträge, darunter den Antrag, festzustellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, sowie den Antrag, den geschlossenen Vertrag für nichtig zu erklären.
12 Am 2. September 2014 stellte die Revisionswerberin nochmals „vorsichtshalber“ - näher bezeichnete Feststellungsanträge, darunter den Antrag, festzustellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, und den Antrag, den geschlossenen Vertrag für nichtig zu erklären.
Angefochtene Beschlüsse
13 Mit dem (zu Ra 2017/04/0049) angefochtenen Beschluss vom 14. Dezember 2016 wurden die Feststellungsanträge der Revisionswerberin sowie ihr Antrag auf Nichtigerklärung des geschlossenen Vertrages jeweils vom 7. August 2014 als unzulässig zurückgewiesen (I. und II.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin ihre Kosten selbst zu tragen habe (III.), und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt (IV.).
14 Begründend stellte das Verwaltungsgericht (über den oben angeführten Sachverhalt hinaus) fest, der für die gemieteten Büroräume vereinbarte Mietzins sei innerhalb des marktüblichen Bereichs gewesen. Eine Analyse des Verhältnisses zwischen dem ursprünglichen Mietzins und den dazugehörigen Flächen und dem Mietzins samt zusätzlichen Flächen laut dem zweiten Nachtrag zum Mietvertrag lasse eine „Einpreisung“ der gegenständlichen Büromöbel nicht erkennen. Vielmehr gebe es keine nennenswerten Unterschiede.
15 Es gehöre zu den Usancen der Immobilienbranche, Mietern von Büroflächen kostenlos Zusatzleistungen (mietfreie Zeiten für mehrere Monate, die Übernahme von Übersiedlungskosten, Zusatzausstattungen wie Möbel oder Leitungen) anzubieten.
16 Es könne nicht festgestellt werden, dass die I die Büromöbel im Auftrag und auf Rechnung der Stadt oder der zweitmitbeteiligten Partei (im Folgenden: H&AB) beschafft habe. Vielmehr seien die Büromöbel im Laufe der Verhandlungen über den Mietvertrag zur Miete der Büroräume von „G“ als unentgeltliche Zusatzleistung der Vermieterin vorgesehen worden.
17 Die Vermieterin habe das Eigentum an der Möblierung auch wegen der Absicht behalten, die steuerlichen Vorteile aus der Geltendmachung der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu lukrieren.
18 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die Eigentumsverhältnisse ergäben sich aus dem Grundbuch, die Beteiligungsverhältnisse aus dem Firmenbuch. Die Feststellungen betreffend den Mietvertrag und den zweiten Nachtrag zum Mietvertrag sowie über den Nachtrag zum Totalunternehmervertrag ergäben sich aus den vorgelegten Urkunden. Der beschriebene Beschaffungsvorgang ergebe sich aus den von I bzw. B vorgelegten Unterlagen. Es seien keine Anhaltspunkte hervorgetreten, an der Echtheit und Richtigkeit der Urkunden zu zweifeln.
19 Es könne nicht festgestellt werden, dass die Stadt oder die H&AB der B oder I einen Auftrag erteilt habe, die verfahrensgegenständlichen Serienmöbel für das Bürohaus „G“ zu beschaffen. Dies werde auch durch die spezifische Vertragsgestaltung (keine Mitvermietung, fallweise Übertragung der Gewährleistungsansprüche) und die jeweils dahinterstehende und klar nachvollziehbare Absicht der Vertragsparteien (keine Instandhaltungspflicht oder sonstige Aufwendungen des Vermieters, Büromöbel als „Goody“) und die damit im schlüssigen Zusammenhang stehenden Gepflogenheiten bei der Vermietung von Büroflächen bestätigt.
20 Die Hinweise auf „Wiener Wohnen“ in den Leistungsverzeichnissen reichten nicht, um zum Schluss zu gelangen, dass für die Stadt (oder für die H&AB) in deren Auftrag Eigentum oder eine ähnliche Rechtsposition an der Büromöblierung erworben worden wäre. Dies gelte auch für die Stückliste Möblierung. Der Satz in der obersten Zeile dieser Stückliste „Die Stückzahlen entsprechend der aktuellen Planung können je nach definierter Detailplanung mit der ausführenden Firma und Wiener Wohnen geringfügig abweichen bzw. einzelne Positionsinhalte oder Positionen hinzukommen“ sowie die Zeile „Erstellt: Wiener Wohnen - Ing. R, U“ seien ebenfalls kein hinreichender Beweis dafür, dass Eigentum oder eine ähnliche Rechtsposition für die Stadt (oder die H&AB) erworben werden sollte. Die Hinweise auf „Wiener Wohnen“ bedeuteten, dass auf die Belegungsplanung des Mieters in dem Sinn Bedacht genommen worden sei, dass weder zu viel noch zu wenig Möbel bereitgestellt werden sollten. Daraus ergebe sich aber nicht, dass I im Auftrag der Stadt (oder der zweitmitbeteiligten Partei) in dem Sinn gehandelt hätte, die Möbel für diese zu kaufen.
21 Auch dass die Vermieterin bloß „allfällige - einzelne - Gewährleistungsansprüche“ abtrete, spreche gegen einen Erwerb für die Stadt, weil eben nicht sämtliche Gewährleistungsansprüche abgetreten worden seien. Diese Regelung sei nach Aussage der Vermieterin deswegen so getroffen worden, weil die Vermieterin nicht ständig vor Ort sei und es ihr erspart werde, sich ständig an Ort und Stelle befinden zu müssen, um sich um Kleinigkeiten bei Büromöbeln zu kümmern. Damit werde eine lebensnahe und plausible Erklärung gegeben, die nahelege, dass aus der Regelung über die Gewährleistung gerade nicht abzuleiten sei, dass von der Stadt oder der zweitmitbeteiligten Partei Eigentum oder eine ähnliche Rechtsposition erworben worden sei.
22 Dass kein Entgelt für die Überlassung der Büromöbel vereinbart oder tatsächlich geleistet worden sei und somit keine Büromöbelmiete vorliege, sei das Ergebnis der Würdigung näher ausgeführter Beweise. So habe der Zeuge Mag. B in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, es sei üblich, dass Möblierungen zur Verfügung gestellt würden. Der Umstand, dass erst nach Abschluss des Mietvertrages vom 25. Mai 2012 über die Möblierung gesprochen worden sei, liege darin begründet, dass zwischen der Vermieterin und der Stadt unterschiedliche Auffassungen über die Ausstattung der Immobilie bestanden hätten. Es sei davon die Rede gewesen, dass ein schlüsselfertiges Gebäude übergeben hätte werden sollen. Die Stadt hätte darunter auch die Ausstattung mit Büromöbeln verstanden, während die Vermieterin der Auffassung gewesen sei, nur die baulich fertiggestellte Immobilie zu übergeben. Die Vermieterin habe das gute Einvernehmen mit der Stadt nicht zerstören wollen und habe deswegen schließlich für die Büromöbelausstattung gesorgt. Der Wert der Büromöbel habe im Mietzins keine Berücksichtigung gefunden, vielmehr sei die Festlegung des Mietzinses auf kalkulatorischer Basis erfolgt. Auch sei vom Zeugen Mag. B bezeugt worden, dass der Mietzins im Rahmen der marktüblichen Preise für die Miete von Büroflächen gelegen sei. Dies zeige auch ein näher bezeichneter Büromarktbericht für Wien aus Herbst 2012, welcher bezüglich der Lage „Neu Marx/Erdberg/Gasometer“ Mietpreise mit leicht steigender Mietentwicklung ausweise.
23 Der Zeuge DI S habe glaubhaft darlegen können, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass von Mietern unterschiedliche Ausstattungs- oder Zusatzpakete dazu verhandelt würden. Es sei zu beachten, dass bei nicht fix verbundener Zusatzausstattung im Fall einer Regelung im Mietvertrag, dass das Eigentum bei der Vermieterin verbleibe, die Zusatzausstattung zum Buchwert des Gebäudes zugeschlagen werde. In diesem Fall bleibe auch die AfA für die Zusatzausstattung beim Vermieter. Anzumerken sei auch, dass die Stadt als Mieter im Hinblick auf die Bonität sowie Wahrscheinlichkeit dauerhafter Miete ein interessanter Vertragspartner gewesen sei. Es sei somit auch aus diesem Grund nachvollziehbar, dass Vertragsverhandlungen darin mündeten, dass die Büromöblierung im Rahmen der Vermietung einer Immobilie kostenlos zur Verfügung gestellt werde.
24 Auch die Regelung des Mietzinses im zweiten Nachtrag zum Mietvertrag ergebe keine Anhaltspunkte, dass durch die Änderungen des Mietvertrages die Büromöbel finanziert worden seien, und damit keine Anhaltspunkte für die Entgeltlichkeit der Beistellung der Büromöbel. Dies sei rechnerisch überprüfbar. Die Vergleichsberechnungen zwischen ursprünglichem Mietzins und Mietzins laut zweitem Nachtrag zum Mietvertrag stützten das Ergebnis, dass zwischen dem Abschluss des Mietvertrags und dem zweiten Nachtrag zum Mietvertrag keine Erhöhung des Mietzinses und damit auch keine verdeckte Finanzierung der Büromöbel stattgefunden habe.
25 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, auf Grund des Vorbringens der Revisionswerberin im Schriftsatz vom 7. August 2014 sei davon auszugehen, dass sich die Feststellungsanträge auf den Beschaffungsvorgang „Lieferung von Serienmöbeln, Bürohaus G, W“ samt den dazu mit der drittmitbeteiligten Partei abgeschlossenen Verträgen bezögen.
26 Das Feststellungsverfahren gemäß § 33 Abs. 1 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014) habe als Voraussetzung, dass eine Unternehmerin oder ein Unternehmer ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG 2006 unterliegenden Vertrages habe. Es müsse die Vergabe eines Auftrags durch einen öffentlichen Auftraggeber vorliegen.
27 Auf Grund des Vertragsabschlusses zwischen der I und der drittmitbeteiligten Partei sei an der Beschaffung der Serienmöbel mittels Kaufvertrag unmittelbar kein öffentlicher Auftraggeber beteiligt. Wie die festgestellten Beteiligungsverhältnisse zeigten, handle es sich bei der in privater Hand liegenden Gesellschaft (I) um keinen öffentlichen Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3 BVergG 2006 vor.
28 Allerdings sei zu beachten, dass das Abstellen auf den zivilrechtlichen Vertragspartner als Kriterium für die Feststellung der Person des öffentlichen Auftraggebers dort auf seine Grenzen stoße, wo es zur Umgehung von Vergaberecht komme. Das schematische Abstellen auf den in den Ausschreibungs- bzw. Vertragsunterlagen genannten Auftraggeber könne nicht nur mit dem funktionellen Auftraggeberbegriff des EU-Vergaberechts in Konflikt geraten, sondern berge auch das Risiko, dass durch das gesteuerte „Vorschieben“ bestimmter Vertragsparteien Vergabenormen umgangen würden.
29 Die Stadt sowie die H&AB seien zwar öffentliche Auftraggeber. Nach Durchführung des Beweisverfahrens habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass der Vertragsschluss zwischen I und der drittmitbeteiligten Partei im Auftrag der Stadt oder der H&AB erfolgt sei und I nur vorgeschoben worden sei. Vielmehr sei mit dem in Rede stehenden Vertragsabschluss (Kaufvertrag als entgeltlicher Vertrag mit Eigentumserwerb) ein Rechtsgeschäft ausschließlich zwischen Privaten abgeschlossen worden. Ein der Stadt oder der H&AB zuzurechnender Lieferauftrag liege somit nicht vor.
30 Werde bei einem Feststellungsverfahren der Abschluss eines Kaufvertrags zum Gegenstand gemacht, so müsse zwischen den zivilrechtlichen Vertragspartnern des Kaufvertrags und dem öffentlichen Auftraggeber eine unmittelbar mit dem Kaufvertrag in Zusammenhang stehende Übertragung von Rechtspositionen erfolgen, um in Bezug auf die Transaktion „Kaufvertrag“ von einem Umgehungsgeschäft sprechen zu können. Nur dann könne der Abschluss des Kaufvertrags die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften bewirken. Sei hingegen dem Erwerb einer Sache mittels Kauf durch einen Privaten ein entgeltliches Schuldverhältnis (etwa ein Bestandvertrag) mit dem öffentlichen Auftraggeber nachgeschaltet und werde erst durch dieses schuldrechtliche Verhältnis die Nutzung einer Sache eingeräumt, so sei allenfalls das nachgeschaltete Schuldverhältnis vergaberechtlich zu prüfen. Dies sei im Zusammenhang zu sehen mit der gesetzlichen Regelung, wonach sich ein Feststellungsverfahren auf einen bestimmten Vertrag zu beziehen habe (Verweis auf § 33 WVRG 2014).
31 Aber auch wenn man zwischen Kaufvertrag und Mietvertrag rechtlich eine Einheit sehen wolle, wonach eine Möbelmiete durch die Stadt auf den Kaufvertrag „durchschlagen“ würde, sodass auch der unter Privaten abgeschlossene Kaufvertrag zum öffentlichen Auftrag werden würde, ändere dies mangels Entgeltlichkeit der der Stadt überlassenen Büromöbel nichts am Ausgang des Verfahrens, da Entgeltlichkeit einer Beschaffung Voraussetzung für die Anwendung des BVergG 2006 und des WVRG 2014 sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die für die Vermieterin maßgebliche AfA unterstreiche, dass auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht von einem entgeltlichen Rechtsgeschäft zwischen der Stadt und der Vermieterin bzw. I ausgegangen werden könne.
32 Wegen der darin begründeten Unzulässigkeit der Feststellungsanträge sei auch der Antrag, den geschlossenen Vertrag für nichtig zu erklären, unzulässig.
33 Der Beweisantrag der Revisionswerberin auf Einsichtnahme in sämtliche Unterlagen (von Wiener Wohnen) im Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorgang, sei als unzulässiger Erkundungsbeweis einzustufen. Auf die Befragung des Zeugen Ing. B habe verzichtet werden können, weil der erkennende Senat ohnehin davon ausgehe, dass das Vorbringen der Revisionswerberin zu den Beweisthemen, zu denen der genannte Zeuge beantragt worden sei, den Tatsachen entspreche.
34 Die Gebührenentscheidung wurde vom Verwaltungsgericht mit § 16 Abs. 1 WVRG 2014 begründet.
35 Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision wurde damit begründet, dass die Frage maßgeblich gewesen sei, ob im konkreten Fall ein dem BVergG 2006 unterliegender Beschaffungsvorgang stattgefunden habe. Diese Frage sei anhand aller maßgeblichen Sachverhaltselemente jeweils für den konkreten Einzelfall zu klären. Zur Frage der Beteiligung eines öffentlichen Auftraggebers am Vertrag weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Es fehle auch nicht an einer Rechtsprechung. Auch lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
36 Mit dem (zu Ra 2017/04/0050) angefochtenen Beschluss vom 14. Dezember 2016 wurden die Feststellungsanträge der Revisionswerberin sowie ihr Antrag auf Nichtigerklärung des geschlossenen Vertrages jeweils vom 2. September 2014 als unzulässig zurückgewiesen (I. und II.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin ihre Kosten selbst zu tragen habe (III.), und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt (IV.).
37 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen gleichlautend wie in dem zu Ra 2017/04/0049 angefochtenen Beschluss aus.
38 In rechtlicher Hinsicht legte das Verwaltungsgericht dar, die vorliegend zu behandelnden Feststellungsanträge der Revisionswerberin vom 2. September 2014 bezögen sich auf den Abschluss des zweiten Nachtrags zum Mietvertrag.
39 Da die Überlassung der Büromöblierung (im zweiten Nachtrag zum Mietvertrag) unentgeltlich erfolgt sei, liege kein dem BVergG 2006 unterliegender Beschaffungsvorgang vor.
40 Diese Beschlüsse ergingen an die Revisionswerberin, die Stadt, die H&AB, die drittmitbeteiligte Partei sowie die Vermieterin.
41 Gegen diese Beschlüsse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurden.
42 Die Stadt und die H&AB erstatten gemeinsam eine Revisionsbeantwortung.
43 Der Rechtsvertreter der Vermieterin teilte dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass diese mit 25. November 2016 aus dem Firmenbuch gelöscht worden sei, was durch einen entsprechenden Firmenbuchauszug belegt wurde.
44 Wird ein Bescheid an eine GmbH gerichtet, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits im Firmenbuch (durch Eintragung der Verschmelzung) gelöscht ist, handelt es sich um einen Nichtbescheid, weil der behördliche Akt ins Leere gegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2012, 2009/16/0185, mwN). Folglich gingen auch die angefochtenen Beschlüsse, soweit sie an die (zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existente) Vermieterin gerichtet waren, ins Leere. Diese konnte damit schon aus diesem Grund in den vorliegenden Rechtssachen nicht mitbeteiligt sein.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Zulässigkeit
45 Die Revisionen bringen zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach sich die Auftraggebereigenschaft bei einem Umgehungsgeschäft durch „Vorschieben“ eines privaten Dritten durch den öffentlichen Auftraggeber nicht nach formellen Gesichtspunkten richte, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise entscheidend sei (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2015, Ra 2014/04/0043). Schon dadurch, dass das Verwaltungsgericht darauf abgestellt habe, ob die Beschaffung im Auftrag und auf Rechnung des öffentlichen Auftraggebers erfolgt sei, entferne es sich von dieser Rechtsprechung.
46 Auch sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach der Begriff des „entgeltlichen Auftrags“ europarechtskonform weit auszulegen sei (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, 2005/04/0201). Das Kriterium der Entgeltlichkeit sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen, weshalb auch eine in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleichwertige Abgeltung in Frage komme (Verweis auf das zitierte Erkenntnis Ra 2014/04/0043). Dagegen habe das Verwaltungsgericht eine Gegenleistung in Geld vorausgesetzt und damit den Begriff der Entgeltlichkeit zu eng und europarechtswidrig ausgelegt.
47 Die Stadt und die H&AB bringen dagegen vor, es würde keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, sondern lediglich abweichend von den getroffenen Feststellungen und Beweisergebnissen Behauptungen aufgestellt.
48 Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass die Revisionswerberin (unter anderem) ein Abweichen von der zur Umgehung von Vergaberecht bestehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufzeigt, mit der sich das Verwaltungsgericht - wie im Folgenden aufgezeigt wird - nicht ausreichend beschäftigt hat.
49 Die Revisionen sind zulässig. Sie sind auch berechtigt.
Rechtslage
50 Das Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (WVRG 2014) LGBl. Nr. 37/2013 in der Fassung LGBl. Nr. 43/2016, lautet auszugsweise:
„Nichtigerklärungsverfahren
Antrag
§ 20. (1) Eine Unternehmerin oder ein Unternehmer, die oder der ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG 2006 unterliegenden Vertrages behauptet, kann die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Verfahren zur Vergabe von Aufträgen wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr oder ihm durch eine behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
...
Feststellungsverfahren
Antrag
§ 33. (1) Eine Unternehmerin oder ein Unternehmer, die oder der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG 2006 unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihr oder ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
...
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2006, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
...
Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 7 Abs. 3 Z 1, 3 und 4 beantragen. ... Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 bis 4 kann die Auftraggeberin oder der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung aufzuheben.
...
Inhalt und Zulässigkeit
§ 35. ...
(3) Der Antrag ist in folgenden Fällen unzulässig:
1. wenn er nicht innerhalb der im § 36 genannten Fristen gestellt wird,
2. wenn der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nichtigerklärungsverfahrens gemäß § 20 hätte geltend gemacht werden können oder...
Antragsfristen
§ 36. ...
(2) Anträge gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 bis 4 sind binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen.“
51 Das Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 7/2016 (BVergG 2006), lautet auszugsweise:
„Regelungsgegenstand
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt insbesondere
1. die Verfahren zur Beschaffung von Leistungen (Vergabeverfahren) im öffentlichen Bereich, das sind die Vergabe von öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen sowie die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionsverträgen durch öffentliche Auftraggeber, die Durchführung von Wettbewerben durch öffentliche Auftraggeber, die Vergabe von Bauaufträgen an Dritte durch Baukonzessionäre, die nicht öffentliche Auftraggeber sind und die Vergabe von bestimmten Bau- und Dienstleistungsaufträgen, die nicht von öffentlichen Auftraggebern vergeben, aber von diesen subventioniert werden (2. Teil),
...
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
...
8. Auftraggeber ist jeder Rechtsträger, der vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.
9. Auftragnehmer ist jeder Unternehmer, mit dem vertraglich vereinbart wird, dem Auftraggeber eine Leistung gegen Entgelt zu erbringen.
...
Öffentliche Auftraggeber und sonstige zur Anwendung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verpflichtete Auftraggeber
§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz gilt mit Ausnahme seines 3. Teiles für die Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern (im Folgenden: Auftraggeber), das sind
1. der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände,
...
Lieferaufträge
§ 5. Lieferaufträge sind entgeltliche Aufträge, deren Vertragsgegenstand der Kauf, das Leasing, die Miete, die Pacht oder der Ratenkauf, mit oder ohne Kaufoption, von Waren, einschließlich von Nebenarbeiten wie dem Verlegen und der Installation, ist.
...“
Grundsätzlich zur Umgehung von Vergaberecht
52 In den vorliegenden Rechtssachen war ausgehend von den Feststellungsanträgen der Revisionswerberin vom Verwaltungsgericht zu prüfen, ob die gegenständlichen Leistungen (Lieferung von Serienmöbeln betreffend das Bürohaus „G“, die neue Zentrale von Wiener Wohnen) durch die Stadt und die H&AB im Wege eines Umgehungsgeschäftes außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts beschafft worden sind.
53 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis vom 24. Juni 2015, Ra 2014/04/0043, mit der Umgehung von Vergaberecht beschäftigt. In diesem Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof zunächst unter Hinweis auf seine Vorjudikatur (Erkenntnis vom 8. November 2012, 2010/04/0128) und auf Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH; Urteil vom 10. November 2005 in der Rechtssache C-29/04, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich „Abfallentsorgung Stadt Mödling“, Slg. 2005, I-9705) darauf hin, dass zur Beurteilung eines vergaberechtlich relevanten Vorganges nicht alleine auf formelle Gesichtspunkte abzustellen ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH wäre das mit der (dort noch maßgeblichen) Richtlinie 92/50 verfolgte Ziel, nämlich die Dienstleistungsfreiheit und die Öffnung für den unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten, gefährdet, wenn die öffentlichen Auftraggeber eine Verfahrensgestaltung wählen könnten, die die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verschleiern solle (Rn. 42).
54 Das „Vorschieben“ eines privaten Dritten, um der Bindung an vergaberechtliche Bestimmungen zu entgehen, sei unzulässig (Verweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes [OGH] vom 28. März 2000, 1 Ob 201/99m, und das Urteil des EuGH vom 15. Jänner 1998 in der Rechtssache C-44/96, Mannesmann, Rn. 43 und 44).
55 Bei der Prüfung, ob eine Umgehung von Vergaberecht vorliegt, ist darauf abzustellen, welcher Tatbestand des Vergaberechts umgangen werden sollte und ob - nicht abgestellt auf formelle Gesichtspunkte, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise - dieser Tatbestand erfüllt ist.
56 Wenn Leistungen durch ein Umgehungsgeschäft außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts beschaffen werden sollten, soll damit die Eigenschaft als Auftraggeber (§ 2 Z 8 BVergG 2006) vermieden werden. Wie die Prüfung dieser Eigenschaft in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu erfolgen hat, hielt der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis Ra 2014/04/0043 wie folgt fest:
„Eigenschaft als Auftraggeber: Leistungsbeschaffung und Entgeltlichkeit
Gemäß § 2 Z 8 BVergG 2006 ist Auftraggeber jeder Rechtsträger, der vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.
Damit richtet sich die Auftraggebereigenschaft danach, wer zivilrechtlicher Vertragspartner werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2006, 2006/04/0002, mwN). Genau dieses Kriterium soll aber mit einem Umgehungsgeschäft durch ‘Vorschieben’ eines privaten Dritten durch den öffentlichen Auftraggeber vermieden werden. Betrachtet man dieses Kriterium jedoch nicht nach formellen Gesichtspunkten, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise, ist zunächst entscheidend, ob die Beschaffung der Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber nach dessen Vorgaben erfolgt.
...
Jedoch ist die Eigenschaft als Auftraggeber an ein weiteres Kriterium geknüpft: so ist gemäß § 2 Z 8 BVergG 2008 entscheidend, ob der Auftraggeber einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.
Dass dieses Kriterium für die Beurteilung entscheidend ist, zeigt sich schon daran, dass der EuGH im zitierten Urteil ‘Mannesmann’, Rn. 44, ausführt, etwas anderes gelte, ‘wenn das betreffende Vorhaben erweislich von Anfang an in vollem Umfang dem Gesellschaftszweck des fraglichen Unternehmens entsprach und die Bauaufträge für dieses Vorhaben vom öffentlichen Auftraggeber erweislich für Rechnung dieses Unternehmens vergeben wurden’ (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof). Auch der OGH hat es im zitierten Urteil vom 28. März 2000 als entscheidend angesehen, dass der öffentliche Auftraggeber dem privaten Dritten die Abgeltung dieser Leistungen zugesichert hat.
Auch dieses Kriterium der Entgeltlichkeit ist für die Prüfung eines Umgehungsgeschäfts nicht nach formellen Gesichtspunkten, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen. Daher kommt neben einer direkten Abgeltung der beschafften Leistungen durch den öffentlichen Auftraggeber an den privaten Dritten auch eine in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleichwertige Abgeltung in Frage.“
57 In dieser Rechtsprechung kommt auch zum Ausdruck, dass ein (formell) zwischen einem „vorgeschobenen“ privaten Dritten und einem anderen Privaten geschlossener Vertrag, der als Umgehungsgeschäft zu qualifizieren ist und somit (in wirtschaftlicher Betrachtungsweise) dem öffentlichen Auftraggeber zugerechnet werden muss, nach Feststellung des Rechtsverstoßes den Bestimmungen über die Nichtigerklärung (dort: § 334 Abs. 2 bis 8 BVergG 2006) unterliegt.
58 Die Grundsätze dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind für die vorliegenden Rechtssachen maßgeblich.
Revisionsvorbringen
59 In den Revisionsgründen bringt die Revisionswerberin vor, im vorliegenden Fall spiele es keine Rolle, ob die Beschaffung der Büromöbel „im Auftrag und auf Rechnung“ der Stadt oder der H&AB erfolgt sei. Vielmehr komme es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise darauf an, ob die Büromöbel nach deren Vorgaben beschafft worden seien. Dafür gebe es ausreichende Anhaltspunkte.
60 Das Verwaltungsgericht gehe selbst davon aus, dass die Stadt an der Ermittlung der Zahl und Art der zu beschaffenden Büromöbel beteiligt gewesen sei. Auch sei die Planung und Errichtung des Bürogebäudes auf die Stadt (Wiener Wohnen) als den einzigen Mieter vollständig abgestimmt gewesen.
61 Die Revision weist auf ihr Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht hin, wonach es sich beim gegenständlichen Bürogebäude nicht um eine Standardimmobilie handle. Erst 2010, als die Stadt (Wiener Wohnen) als alleinige Mieterin für das zu errichtende Bürogebäude habe gefunden werden können, sei mit der Bauausführung begonnen worden. Dabei seien auch die individuellen Vorstellungen der Stadt bei der Planung berücksichtigt worden, insbesondere sei die Stadt (Wiener Wohnen) auch beim Auslobungsverfahren betreffend die Planung des Gebäudes beteiligt gewesen.
62 Weiters habe die Revisionswerberin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht unter anderem eine Projektbeschreibung einer näher bezeichneten Ziviltechnikergesellschaft vorgelegt, wonach unter „Ziele des Projekts“ wortwörtlich zu lesen gewesen sei, dass die Planung und Errichtung des Bürohauses auf die Anforderungen des einzigen Mieters Wiener Wohnen vollständig abgestimmt sei.
63 Es sei daher zu berücksichtigen, dass die Büromöbel als Einrichtungsgegenstände (Ausstattung) für die neue Zentrale von Wiener Wohnen angeschafft worden seien, die von der Stadt (Wiener Wohnen) als Mieterin nunmehr alleine gebraucht würden. Außerdem hätten sämtliche Positionen den Qualitätsanforderungen der MA 54 (zentraler Einkauf der Stadt) entsprechen müssen und es seien die Stücklisten und Einrichtungspläne von der Stadt (Wiener Wohnen) erstellt worden, weshalb die zu liefernden Büromöbel vom tatsächlichen Bedarf von Wiener Wohnen abhängig gewesen seien.
64 Das Verwaltungsgericht verkenne die Rechtslage, wenn es aus § 33 WVRG 2014 ableite, dass sich ein Feststellungsverfahren nur „auf einen bestimmten Vertrag“ zu beziehen habe. Damit werde der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht entsprochen. Ein „Vorschieben“ von privaten Dritten, um vergaberechtliche Bestimmungen zu umgehen, müsse unabhängig davon unzulässig seien, ob nur ein einziger oder mehrere Private zwischengeschaltet würden.
65 Es könne keine Rolle spielen, dass von der Stadt ein solcher Auftrag nicht direkt dem Unternehmer erteilt worden sei, der die Ware tatsächlich geliefert habe (drittmitbeteiligte Partei), sondern mehrere Private als Vermieterin und Totalunternehmer (I) zwischengeschaltet worden seien. Da es um die Beschaffung von Waren gehe und die - von wem auch immer - gelieferten Büromöbel von Anfang an für die neue Zentrale von Wiener Wohnen bestimmt gewesen seien und von Wiener Wohnen im Rahmen eines Mietverhältnisses benutzt würden, komme es nicht darauf an, ob im Mietvertrag nur ein Recht zum Gebrauch oder auch das Eigentumsrecht übertragen worden sei.
66 Der Auffassung des Verwaltungsgerichtes, zwischen den zivilrechtlichen Vertragspartnern des Kaufvertrags und dem öffentlichen Auftragnehmer müsse eine unmittelbar mit dem Kaufvertrag in Zusammenhang stehende Übertragung von Rechtspositionen erfolgen, sei § 5 BVergG 2006 entgegenzuhalten. Danach könne nicht nur der Kauf von Waren Vertragsgegenstand eines Lieferauftrags sein, sondern auch die Miete, also die Überlassung von Waren nur zum Gebrauch. Gerade aus der Nennung der Miete folge daher, dass für die Qualifikation als Lieferauftrag weder der Vertragstypus noch die Eigentumsübertragung der Leistung, sondern die Beschaffung von Waren entscheidend sei.
67 Weiters sei mit dem zweiten Nachtrag zum Mietvertrag vereinbart worden, dass Gewährleistungsansprüche der Vermieterin der Stadt unentgeltlich abgetreten würden. Somit sei die Übertragung einer Rechtsposition versprochen worden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag stehe.
68 Zur Frage der Entgeltlichkeit bringt die Revisionswerberin vor, der Mietzins möge durch die Erweiterung der Ausstattung und die Büromöbel nicht höher gewesen sein, weil die Büromöbel nach den Feststellungen nicht eingepreist worden seien. Dies ändere jedoch nichts daran, dass von der Stadt mit der Zahlung des Mietzinses selbstverständlich auch die Überlassung der Büromöbel bezahlt würde. Lediglich die Gewinnspanne der Vermieterin reduziere sich.
69 Davon abgesehen sei von der Stadt eine sonstige Gegenleistung für die Überlassung der Büromöbel versprochen worden. Dazu habe das Verwaltungsgericht keine bzw. nur unzureichende Feststellungen getroffen und auch jede Ermittlungstätigkeit in diese Richtung unterlassen. Der Revisionswerberin sei im Rahmen ihrer Akteneinsicht die Auskunft erteilt worden, dass der Mietvertrag zunächst unbefristet abgeschlossen worden sei und dann mit dem zweiten Nachtrag zum Mietvertrag eine Befristungsregelung eingeführt worden sei. Somit sei aktenkundig, dass sich die Stadt im Gegenzug für die Überlassung der Büromöbel dazu verpflichtet habe, das Bürogebäude für die Dauer der Befristung zu mieten. Selbst wenn es sich um einen bloßen Kündigungsverzicht handeln sollte, habe die Vermieterin damit einen geldwerten Vorteil erhalten, weil sich die Stadt vertraglich länger gebunden habe. Wenn sich die Stadt verpflichtete, das Bürogebäude Jahre - bzw. jahrzehntelang zu behalten, habe die Vermieterin einen geldwerten Vorteil erhalten, weil sie für längere Zeit mit fixen Einnahmen aus diesem Mietverhältnis kalkulieren könne.
70 Das gegenständliche Bürogebäude, das nicht nur vollständig, sondern auch über mehrere Jahre bzw. Jahrzehnte an die Stadt als einzigen Mieter unkündbar vermietet sei, ließe sich daher auch unmittelbar nach Fertigstellung um einen näher bezeichneten Millionenbetrag an einen Investmentfonds verkaufen.
71 Auch die Feststellung, dass es zu den Usancen der Immobilienbranche gehöre, Mietern von Büroflächen kostenlos Zusatzleistungen anzubieten, führe nicht dazu, dass die Büromöblierung „unentgeltlich“ überlassen worden sei. Solche Zusatzleistungen würden von Vermietern für gewöhnlich schon bei Vertragsabschluss versprochen werden, um einen neuen Mieter zu gewinnen, nicht aber wie hier erst lange nach Abschluss des Mietvertrags. Auch wenn die Büromöbel als „Erstausstattung“ zur Verfügung gestellt worden seien, spreche der Umstand, dass es sich bei den gegenständlichen Möbeln um Standardmöbel (aus dem Katalog bestellbare Ware, etwa Tische, Stühle, Regale, Schränke, Kästen usw.) handle, dafür, dass es sich um mobile und selbstständige Einrichtungsgegenstände, nicht aber um individuell geplante und fest mit der Gebäudesubstanz verbundene Einbauten handle. Es liege daher ein Lieferauftrag über Büromöbel vor.
72 Die Europäische Kommission habe zum vorliegenden Sachverhalt (unter der Zl. 2016/4074) entschieden, wegen unzulässiger Direktvergabe nicht nur des Bauauftrags, sondern auch des Lieferauftrags ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik einzuleiten.
Vorbringen der Revisionsbeantwortung
73 Die Stadt und die H&AB bringen in der gemeinsam erstatteten Revisionsbeantwortung vor, die Behauptungen der Revisionswerberin seien „nicht nur tendenziös, sondern zum Gutteil auch nachweisbar (und auch nachgewiesen) falsch“. So werde nach wie vor die H&AB als vermeintliche Auftraggeberin genannt, obwohl die Revisionswerberin wisse, dass lediglich die Stadt (Wiener Wohnen), mit der damaligen Liegenschaftseigentümerin, der Vermieterin, einen Mietvertrag über Büroräumlichkeiten im Bürokomplex „G“ abgeschlossen habe. Die H&AB sei lediglich ein Untermieter der Stadt (Wiener Wohnen). Auch nach der durchgeführten Korrespondenz habe die Revisionswerberin schon vor Einleitung des Feststellungsverfahrens gewusst, dass nur die Stadt (Wiener Wohnen), nicht aber die H&AB einen Mietvertrag über die Anmietung von Büroräumlichkeiten abgeschlossen habe.
74 In den Leistungsverzeichnissen sei als Auftraggeber explizit die I genannt worden und der Revisionswerberin sei auch bewusst bzw. habe diese zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, dass es sich um einen rein privaten Beschaffungsvorgang (nach ÖNORM A 2050) gehandelt habe. Wäre die Revisionswerberin tatsächlich der Ansicht gewesen, dass der Beschaffungsvorgang durch I/B ein solcher nach BVergG 2006 sei und nur die Revisionswerberin in der Lage sei, diese Leistungen auf Grund einer aufrechten Rahmenvereinbarung zu erbringen, so hätte die Revisionswerberin die Ausschreibungsunterlagen der I jedenfalls beim Verwaltungsgericht anfechten müssen.
75 „Schlichtweg tendenziös“ seien die Behauptungen der Revisionswerberin, die Stadt hätte die Büroflächen in Umgehung des BVergG 2006 errichten lassen und angemietet. Dies sei falsch. Es sei der Stadt ein Anliegen klarzustellen, dass die Anmietung von einzelnen - und gerade nicht allen - Büroflächen im Bürokomplex „G“ kein dem BVergG 2006 unterliegender Beschaffungsvorgang gewesen sei (neben der Stadt und der H&AB habe etwa die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten Büroflächen angemietet). Es sei schlichtweg falsch, wenn die Revisionswerberin unterstelle, dass das „G“ nach den Wünschen und Vorstellungen der Stadt (Wiener Wohnen) errichtet worden sei. Vielmehr handle es sich bei „G“ um eine zum Zeitpunkt der Anmietung bereits fertig entwickelte Standardimmobilie. Die Stadt (Wiener Wohnen) habe keinen Einfluss auf die Gestaltung sowie funktionale oder architektonische Anforderung des Bürogebäudes „G“ gehabt.
76 Die Flächen in der Standardbüroimmobilie seien, wie vom Verwaltungsgericht festgestellt, zu einem marktüblichen Mietentgelt angemietet worden. Die „Milchmädchenrechnung“ der Revisionswerberin sei „einerseits rechnerisch falsch und andererseits (Bewusst?) verkürzt“.
77 „Tendenziös, irreführend“ und im gegenständlichen Revisionsverfahren „rechtlich völlig irrelevant“ sei der Hinweis der Revisionswerberin, dass die Kommission wegen unzulässiger Direktvergabe ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet hätte. Hiezu müsse richtiggestellt werden, dass die Kommission auf Grund einer „anonymen“ (ganz offensichtlich aber von der Revisionswerberin selbst erstatteten „Anzeige“) eingeschritten sei und die Anmietung von Büroflächen im Bürokomplex „G“ hinterfragt habe. Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin sei es bis dato zu keiner Klageerhebung der Kommission an den EuGH gekommen.
78 Sodann folgt das Vorbringen, wonach die einzelnen Verfahrensparteien in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zwischenzeitig nicht mehr existierten bzw. infolge von Verkäufen gewechselt hätten bzw. unbenannt worden seien (der Firmenname der B sei geändert worden, die I stehe im Eigentum eines anderen Rechtsträgers). Die Vermieterin habe die Liegenschaft samt den darauf befindlichen Bürokomplex „G“ an eine näher bezeichnete Investmentfonds GmbH verkauft. Der Mietvertrag sei auf die neue Liegenschaftseigentümerin übergegangen.
79 Das durchgeführte Beweisverfahren habe keinerlei Anhaltspunkte für eine Umgehungskonstruktion gebracht. Das Verwaltungsgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die Büromöbel schon im Laufe der Verhandlungen über den Mietvertrag zur Anmietung der Büroräumlichkeiten als unumgängliche Zusatzleistung vorgesehen gewesen seien. Eine derartige Vermietung von möblierten Büros sei auch - wie das Verwaltungsgericht festgestellt habe - branchenüblich. Auch sei das Verwaltungsgericht nicht von der Rechtsprechung zur Entgeltlichkeit abgewichen, da es festgestellt habe, dass die Büromöbel als unentgeltliche Zusatzleistung der damaligen Vermieterin vorgesehen gewesen seien.
80 Die Feststellungsanträge der Revisionswerberin vor dem Verwaltungsgericht seien aus mehrfachen Gründen unzulässig. So bestehe keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes für private Beschaffungsprozesse und unentgeltliche Rechtsgeschäfte. Darüber hinaus liege Unzulässigkeit nach § 35 Abs. 3 Z 2 WVRG 2014 vor, da die Revisionswerberin, die sich an dem „Vergabeverfahren“ aktiv durch Angebotslegung beteiligt habe, ihre Bedenken schon im Rahmen eines Nichtigerklärungsverfahrens hätte geltend machen können und müssen. Darüber hinaus habe die Revisionswerberin eine unvollständiges und zwingend gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 auszuscheidendes Angebot gelegt und hätte ihr daher schon aus diesem Grund niemals ein Schaden entstehen können. Auch seien die Feststellungsanträge verfristet, da sie mehr als sechs Monate nach Zuschlagserteilung gestellt worden seien (Verweis auf § 30 Abs. 3 Z 1 WVRG 2014). Die Rechtsprechung des EuGH, wonach diese absolute Sechsmonatsfrist unionsrechtswidrig sei, gelte vorliegend nicht, da Schadenersatzansprüche der Revisionswerberin wie angeführt auch theoretisch ausgeschlossen seien.
Fallbezogene Anwendung der Rechtsprechung zur Umgehung von Vergaberecht
Allgemein
81 Fallbezogen ist das Verwaltungsgericht zur Auffassung gelangt, dass keine Umgehung von Vergaberecht vorlag, und hat die Feststellungsanträge aus diesem Grund als unzulässig zurückgewiesen.
82 Bei dieser Beurteilung hat sich das Verwaltungsgericht mit der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hinreichend auseinandergesetzt.
83 Zunächst führt das Verwaltungsgericht - zum Umstand, dass an dem Kaufvertrag unmittelbar kein öffentlicher Auftraggeber (iSd § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3 BVergG 2006) beteiligt ist - zutreffend aus, dass das Abstellen auf den zivilrechtlichen Vertragspartner als Kriterium für die Feststellung des öffentlichen Auftraggebers dort auf seine Grenzen stoße, wo es zur Umgehung von Vergaberecht komme. Das schematische Abstellen auf den in den Ausschreibungs- bzw. Vertragsunterlagen genannten Auftraggeber könne nicht nur mit dem funktionellen Auftraggeberbegriff des EU-Vergaberechts in Konflikt geraten, sondern berge auch das Risiko, dass durch das gesteuerte „Vorschieben“ bestimmter Vertragsparteien Vergabenormen umgangen würden.
84 Sodann vertritt das Verwaltungsgericht jedoch die Auffassung, werde bei einem Feststellungsverfahren der Abschluss eines Kaufvertrags zum Gegenstand gemacht, so müsse zwischen den zivilrechtlichen Vertragspartnern des Kaufvertrags und dem öffentlichen Auftraggeber eine unmittelbar mit dem Kaufvertrag in Zusammenhang stehende Übertragung von Rechtspositionen erfolgen, um in Bezug auf die Transaktion „Kaufvertrag“ von einem Umgehungsgeschäft sprechen zu können. Nur dann könne der Abschluss des Kaufvertrags die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften bewirken. Sei hingegen dem Erwerb einer Sache mittels Kauf durch einen Privaten ein entgeltliches Schuldverhältnis (etwa ein Bestandvertrag) mit dem öffentlichen Auftraggeber nachgeschaltet und werde erst durch dieses schuldrechtliche Verhältnis die Nutzung einer Sache eingeräumt, so sei allenfalls das nachgeschaltete Schuldverhältnis vergaberechtlich zu prüfen. Dies sei im Zusammenhang mit § 33 WVRG 2014 zu sehen.
85 Diese Auffassung weicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Umgehung von Vergaberecht schon deshalb ab, weil nach dieser nicht auf formelle Gesichtspunkte abzustellen ist, sondern der Vergabevorgang in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu prüfen ist.
86 § 33 WVRG 2014 bietet keinen Anhaltspunkt, von dieser Rechtsprechung im Anwendungsbereich des WVRG 2014 abzugehen, zumal es - wie ausgeführt - schon unionsrechtlich geboten ist, zur Beurteilung eines vergaberechtlich relevanten Vorganges nicht alleine auf formelle Gesichtspunkte abzustellen.
87 Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise findet sich in den angefochtenen Beschlüssen nur insoweit, als das Verwaltungsgericht - eventualiter - ausführt, „auch wenn man zwischen Kaufvertrag und Mietvertrag rechtlich eine Einheit sehen wollte, wonach eine Möbelmiete durch Wiener Wohnen auf den Kaufvertrag ‚durchschlagen‘ würde, sodass auch der unter Privaten abgeschlossene Kaufvertrag zum öffentlichen Auftrag werden würde“, komme man zu keinem anderen Ergebnis, da keine Entgeltlichkeit vorliege.
88 Auch mit dieser Eventualbegründung hat das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung zur Umgehung von Vergaberecht jedenfalls aus nachstehenden Erwägungen nicht ausreichend berücksichtigt:
89 Wenn Leistungen durch ein Umgehungsgeschäft außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts beschafft werden, soll damit die Eigenschaft als Auftraggeber (§ 2 Z 8 BVergG 2006) vermieden werden. Bei der Prüfung dieser Eigenschaft sind in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die beiden Kriterien der Leistungsbeschaffung und der Entgeltlichkeit zu prüfen.
Kriterium der Leistungsbeschaffung
9