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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag OberösterreichNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. des Dipl. Ing. (FH) H G und 2. der M G, beide in U, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Poschacherstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. August 2016, Zl. LVwG-151024/3/MK-151025/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Gemeinde U; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. B B und 2. M T, beide in U), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Gemeinde Unterweitersdorf hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 24. November 2015 beantragten die Mitbeteiligten die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Einfamilienhauses auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 432/8, KG U. Die Revisionswerber sind Eigentümer der nordwestlich an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Liegenschaft Grundstück Nr. 432/7.
2 Bei der mündlichen Bauverhandlung am 16. Dezember 2015 hielt der bautechnische Amtssachverständige H unter anderem fest, westlich des Hauptgebäudes sei die Errichtung einer angebauten Garage von 8,4 m x 7,3 m geplant. Deren Attikahöhe betrage 2,95 m, und die Garage werde in einem Abstand von 0,1 m an der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 432/7 errichtet. Die maximale Höhe, gemessen vom Urgelände bei der Grundgrenze, werde gemäß den Planunterlagen mit 6,84 m ausgewiesen. Da sich die Garage im Bauwich befinde, sollte dafür die Ausnahmebestimmung des § 41 Abs. 1 Z 5 des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 (BTG) Anwendung finden.
3 Das Urgelände solle insbesondere im nördlichen Bereich um bis zu 2,98 m angehoben werden, und zum Ausgleich des geschaffenen Höhenunterschiedes würden Natursteinmauern hergestellt. Nach Süden hin verlaufend werde die Stützmauer bis an das nordwestliche Gebäudeeck der Garage herangeführt, wobei an diesem Punkt die Höhe der Stützmauer 0,75 m betrage. Südlich der Garage sei die Schaffung einer weiteren Stützmauer mit einer maximalen Höhe von 2,5 m vorgesehen. Diese werde nach Süden hin verlaufend zum öffentlichen Gut als Garagenzufahrt genutzt und trete keilförmig in Erscheinung.
4 Bei der mündlichen Bauverhandlung erhoben die Revisionswerber Einwendungen dahingehend, dass beim Wohnhaus talseitig drei Geschoße in Erscheinung träten und bei der talseitigen Fassade des Wohnhauses höhenmäßig nicht mindestens ein Geschoß durch Vorsprünge oder Rücksprünge differenziert werde, ferner dass Stützmauern mit einer Höhe von mehr als 2 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände errichtet und Geländeveränderungen mit mehr als 2 m über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände vorgenommen würden. Das Bauvorhaben widerspreche den vom Gemeinderat am 12. Dezember 2013 beschlossenen „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ zur Gleichbehandlung der eingereichten Projekte. Die Unterkellerung der an die Nachbargrenze herangebauten Garage sei unzulässig. Bei der Garage handle es sich um ein bewilligungspflichtiges Gebäude. Die Abstandsbestimmungen zur Grundgrenze der Nachbarn seien einzuhalten, und zwar mindestens 3 m, was entsprechend dem Bauplan nicht geschehe, sodass diesbezüglich ebenfalls ein Einwand erhoben werde.
5 Im Akt befindet sich weiters ein Aktenvermerk vom 20. Jänner 2016, in dem der Sachverständige H. im Wesentlichen festhielt, auf Grund der vorherrschenden Hanglage trete das Gebäude nordostseitig dreigeschossig in Erscheinung. Das Obergeschoß springe gegenüber dem Erdgeschoß an der Nordost- sowie an der Südostseite um 1 m vor, wobei an der Nordostseite der Vorsprung nicht über die gesamte Länge erreicht werde, da das Treppenhaus architektonisch auf eine Flucht mit dem Obergeschoß gebracht werde. Die Breite des Treppenhauses betrage 2,95 m. Grundsätzlich könne unter Rücksichtnahme auf die gesamte Breite des Baukörpers die Breite des Treppenhauses als untergeordnet betrachtet werden. Bestärkt werde dies dadurch, dass neben dem Sprung des Obergeschosses für das Obergeschoß sowie das Treppenhaus eine andere Fassadenfarbe gewählt werde, wodurch eine optische Gliederung festgestellt werden könne. In Bezug auf die Garage sei eine Verletzung der Ausnahmen zu den Abstandsbestimmungen nicht gegeben.
6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde U vom 11. Februar 2016 wurde den Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung gemäß § 35 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO) erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ seien nicht verpflichtend. Sie seien nur eine Richtschnur, ein Bebauungsplan werde dadurch nicht ersetzt. Im Übrigen seien sie in Bezug auf den „Fassadensprung“ erfüllt. Geländeveränderungen über 2 m seien nicht generell untersagt. Bezüglich der Garage werde auf den Aktenvermerk vom 20. Jänner 2016 verwiesen. Die Aufschüttung des Geländes und die Errichtung der Natursteinmauer seien im Bauanzeigeverfahren ohne Parteistellung der Nachbarn erledigt worden.
7 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufung.
8 Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde U vom 21. April 2016 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ seien keine Verordnung und ersetzten keinen Bebauungsplan, sondern seien nur eine „Richtschnur“. Eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde sei nicht erfolgt und auch nicht erforderlich gewesen, da es sich um keine Verordnung im Sinne des Oö. Raumordnungsgesetzes handle. Im Übrigen würde das Bauprojekt überwiegend diesen Bebauungsrichtlinien entsprechen. Auch wenn kein Rücksprung des Stiegenhauses erfolge, führte dies nach einer Stellungnahme des Ortsplaners nicht dazu, dass die grundsätzlichen Ziele der „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ beeinträchtigt würden. Die Garage entspreche eindeutig der Ausnahmebestimmung des § 41 Abs. 1 Z 5 BTG (wurde näher ausgeführt). Die Länge der Garage betrage entlang der Nachbargrenze 8,4 m und somit weniger als 15 m - soweit laut Lageplan tatsächlich keine anderen Bauwerke (Gebäude und Schutzdächer) entlang dieser Grundgrenze bestünden.
9 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
11 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ seien kein Bebauungsplan und keine Verordnung (wurde näher dargelegt). Im Übrigen würden nach einer Stellungnahme des Ortsplaners die grundsätzlichen Ziele der „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ nicht beeinträchtigt und entspreche das Bauvorhaben überwiegend den „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“.
12 Das Garagengebäude sei zweigeschossig, bestehend aus Kellergeschoß und Erdgeschoß, mit einer Traufenhöhe von 2,95 m und einer maximalen Gesamthöhe von 6,84 m. Damit würden die Kriterien für eine Ausnahme gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 lit. d und e BTG eingehalten. Im Übrigen erfülle das Garagengebäude auch die übrigen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Z 5 BTG.
13 In ihrer Berufung an den Gemeinderat hätten die Revisionswerber hinsichtlich der Gesamtlänge von Garagengebäude und Stützmauern im Bauwich nichts vorgebracht. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen sei daher nicht mehr Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, da die Revisionswerber ihre Parteistellung insoweit verloren hätten. Ungeachtet dieser Präklusion sei festzuhalten, dass die gesetzlichen Mindestabstände im Bauwich gemäß § 40 BTG grundsätzlich nur für Gebäude und Schutzdächer gälten. Aus systematischen Erwägungen sei daher davon auszugehen, dass sich die in § 41 BTG vorgesehenen Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen ebenfalls nur auf Gebäude und Schutzdächer bezögen, da bei anderen Bauwerken, die ohnehin auch ohne Einhaltung des Mindestabstandes im Nahebereich der Grundgrenze errichtet werden dürften, kein Erfordernis bestehe, eine diesbezügliche Ausnahme festzulegen. Daraus ergebe sich, dass die in § 41 Abs. 1 Z 5 BTG geregelten Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine Unterschreitung des Mindestabstandes zulässig sei, gleichfalls nur auf Gebäude und Schutzdächer zu beziehen seien, und zwar auch dann, wenn diese Bestimmung selbst undifferenziert von „Bauwerken“ bzw. „Bauwerksteilen“ spreche, wobei diese Begriffe nur den Oberbegriff zu „Gebäude und Schutzdächer“ darstellten. Unter systematischen Gesichtspunkten seien damit zweifellos nur „Gebäude und Schutzdächer“ zu verstehen. Die Subsumtion der Stützmauern unter den in § 41 Abs. 1 Z 5 lit. d BTG verwendeten Begriff „Bauwerk“ sei daher unzulässig. Die Stützmauer sei nicht in die Gesamtlänge der Bauwerke im Bauwich im Sinne der genannten Bestimmung einzubeziehen. Entgegen der Auffassung der Revisionswerber seien daher entlang der Grundgrenze im Bauwich keine Bauwerke mit einer Gesamtlänge von 22,4 m errichtet.
14 In Bezug auf die Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes bestünden im Übrigen keine subjektiven Nachbarrechte.
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
16 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.
17 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Rechtmäßigkeit der Errichtung der Garage im Bauwich zulässig.
20 In der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, der Gemeinderat der Gemeinde U habe am 12. Dezember 2013 die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ beschlossen, und am 13. Dezember 2013 sei die Kundmachung des Beschlusses erfolgt. Die Kundmachungsvorschriften für Verordnungen gemäß § 94 der Oö. Gemeindeordnung 1990 seien eingehalten worden. Die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ seien eine Verordnung. Durch die Unterbrechung des Fassadensprungs sei ein durchgehender Fassadensprung, wie in den „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ gefordert, nicht gegeben.
21 Direkt an der Nachbargrenze werde nicht nur die 8,4 m lange Außenmauer der Garage und des Kellers, sondern auch die mindestens 14 m lange Stützmauer mit der Garagenzufahrt als bauliche Einheit errichtet. Damit werde die Summe aller im jeweiligen Abstand gelegenen, den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke einschließlich allfälliger Dachvorsprünge 7,4 m mehr als 15 m betragen. Die Stützmauer sei ein Bauwerk. Der Gesetzgeber habe auf Bauwerke, nicht aber auf Gebäude und Schutzdächer abgestellt. Ansonsten bestünde auch die Möglichkeit, ohne Erstellung eines Bebauungsplanes direkt an der Nachbargrundgrenze auf der gesamten Länge Bauwerke, nämlich Gebäude und Schutzdächer und Stützmauern, zu errichten, sofern nur die Summe der Länge der Gebäude und der Schutzdächer 15 m nicht überschreite. Damit wäre eine komplette „Umfriedung“ eines Grundstückes möglich. Eine Präklusion betreffend das Vorbringen zur Gesamtlänge des Garagengebäudes und der Stützmauern liege nicht vor. Die Revisionswerber hätten immer vorgebracht, dass die Abstandsbestimmungen von 3 m für die Garage nicht unterschritten werden dürften. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unterschreitung der Abstandsbestimmungen für die Garage seien nicht erfüllt, dies unabhängig davon, ob sich die Einwendungen der Revisionswerber auch auf die Stützmauer bezogen hätten.
22 § 31 der Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (BO), idF LGBl. Nr. 34/2013 lautet auszugsweise:
„§ 31
Einwendungen der Nachbarn
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ...
...“
§ 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013, LGBl. Nr. 35 (BTG), lautet auszugsweise:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
5. Bauwerk: eine Anlage, die mit dem Boden in Verbindung steht und zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind;
...
12. Gebäude: überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke, die von Personen betreten werden können;
...
23. Schutzdach: ein überdachtes, betretbares, nicht allseits umschlossenes Bauwerk, das vorwiegend dem Schutz vor Witterungseinflüssen dient, wie offene Ständerbauten, Flugdächer, Pavillons und dergleichen, soweit es sich nicht um ein Gebäude handelt;
...“
§ 40 BTG lautet auszugsweise:
„§ 40
Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer
Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:
1. Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.
...“
§ 41 BTG lautet auszugsweise:
„§ 41
Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen
(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen nicht für:
...
5. Gebäude und Schutzdächer sowie Teile davon, auch wenn sie unterkellert sind, unter folgenden Voraussetzungen:
a) die im Abstand gelegenen Räume und Teile von Schutzdächern dürfen nicht für betriebliche Zwecke oder zur Haltung von Tieren genutzt werden;
b) soweit die den Nachbargrundgrenzen zugewandten Außenwände einen Abstand von weniger als 2 m zur Nachbargrundgrenze aufweisen, sind in diesen Türen und Fenster unzulässig; in Außenwänden, die an solche Außenwände anschließen, müssen Türen und Fenster von der Nachbargrundgrenze einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen, soweit es sich nicht um Einfahrten, Garagentore, Loggien und dergleichen handelt;
c) die Summe aller im jeweiligen Abstand gelegenen, den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke einschließlich allfälliger Dachvorsprünge darf 15 m nicht überschreiten;
d) die Traufenhöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen darf 3 m über dem Erdgeschoßfußboden nicht überschreiten; reicht der einzige Fußboden unter das künftige Gelände, ist die Traufenhöhe über dem höchsten angeschnittenen künftigen Gelände zu messen;
e) die Gesamthöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen (wie Dachgiebeln) darf 7 m nicht überschreiten; § 40 Z 6 gilt sinngemäß; Mansarddächer sind in diesem Bereich unzulässig;
f) bei Pultdächern mit einem dem Nachbargrundstück zugewandten First darf dessen Höhe 3 m über dem Erdgeschoßniveau nicht überschreiten;
...“
In den „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien für die Wohnbebauung in jenen Bereichen der Gemeinde Unterweitersdorf, die nicht durch einen Bebauungsplan erfasst sind“, Stand vom 12. Dezember 2013, wird unter Z 6. unter anderem Folgendes ausgeführt:
„...
Unabhängig von der Fassadenhöhe, sowie der Anzahl der oberirdischen Geschoße dürfen talseitig max. 3 Gesamtgeschoße in Erscheinung treten (oberirdische und unterirdische Geschoße). Falls talseitig drei Gesamtgeschoße in Erscheinung treten, gelten folgende zusätzliche Bestimmungen: Eine über das technische Erfordernis hinausragende Übermauerung bzw. ein Dachraumausbau ist unzulässig; Die talseitige Fassade ist höhenmäßig (mind. 1 Geschoß) durch Vor- bzw. Rücksprünge zu differenzieren; ...
...“
23 Soweit die Revision vorbringt, dass die „Allgemeinen Bebauungsrichtlinien“ durch die fehlende höhenmäßige Differenzierung der talseitigen Fassade des dreigeschoßigen Wohnhauses durch Vor- bzw. Rücksprünge mindestens bei einem Geschoß verletzt seien, ist zu bemerken, dass diese Festlegung dem öffentlichen Interesse des Ortsbildschutzes dient, was auch schon daraus erhellt, dass es um das „in Erscheinung treten“ von Bauteilen geht. Weshalb und inwieweit sie auch dem Interesse der Nachbarschaft im Sinne des § 31 Abs. 4 BO dienen sollte, wird in der Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes besteht aber kein subjektiv-öffentliches Recht der Revisionswerber als Nachbarn (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2017, Zl. Ra 2014/05/0059, mwN). Das Vorbringen der Revision betreffend die Verletzung der „Allgemeinen Bebauungsbestimmungen“ geht daher schon deshalb ins Leere, sodass es sich erübrigt, auf die Rechtsqualität der „Allgemeinen Bebauungsbestimmungen“ näher einzugehen.
24 Die Ausnahmebestimmung von den Abstandsregelungen des § 41 Abs. 1 Z 5 lit. c BTG spricht ihrem Wortlaut nach ausdrücklich von „den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke“. Ausnahmebestimmungen sind grundsätzlich restriktiv zu interpretieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2016, Zl. Ro 2014/05/0078, mwN).
25 Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die gegenständliche Stützmauer ein Bauwerk im Sinne des § 2 Z 5 BTG darstellt. Ihre Länge ist daher in die Berechnung gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 lit. c BTG - eine Ausnahmebestimmung von den Abstandsbestimmungen - einzubeziehen. Dies hat das Landesverwaltungsgericht verkannt.
26 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.
Wien, am 26. September 2017
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016050110.L00Im RIS seit
09.08.2021Zuletzt aktualisiert am
09.08.2021