TE Vwgh Beschluss 2017/9/29 Fr 2017/10/0007

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Veröffentlicht am 29.09.2017
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
B-VG Art132
B-VG Art133 Abs1 Z2 idF 2012/I/051
VwGG §27
VwGG §38 Abs1
VwGG §38 Abs2 Z1
VwGG §38 Abs4
VwGG §43 Abs2
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §34 Abs1
VwGVG 2014 §34 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über den Fristsetzungsantrag der K GmbH in K, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Landesverwaltungsgericht Kärntnen iA. ForstG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 2015, Zl. 2013/10/0214, vom 25. Mai 2016, Zl. Ra 2016/10/0006, sowie vom 23. Mai 2017, Zl. Ra 2016/10/0148, verwiesen.

2        Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. September 2012 wurden der Antragstellerin die forstrechtlichen Bewilligungen für die Errichtung und den Betrieb des Umspannwerkes V und der 110-kV-Freileitung V erteilt.

3        Infolge dagegen (von den zu den obgenannten hg. Verfahren mitbeteiligten Parteien) erhobener Berufungen wurden mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 22. August 2013 die Bewilligungen in zum Teil abgeänderter Form erteilt, die Berufungen im Übrigen aber ab- bzw. zurückgewiesen.

4        Der letztgenannte Bescheid wurde mit dem erwähnten hg. Erkenntnis Zl. 2013/10/0214 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

5        Im fortgesetzten Verfahren hob das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Beschluss vom 23. Dezember 2015 den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. September 2012 gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurück.

6        Dieser Beschluss wurde mit dem erwähnten hg. Erkenntnis Zl. Ra 2016/10/0006 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Das Erkenntnis wurde dem Landesverwaltungsgericht Kärnten am 10. Juni 2016 zugestellt.

7        Mit Beschluss vom 21. November 2016 setzte das Landesverwaltungsgericht die Entscheidung über die demnach wieder offenen Beschwerden (dh. die vormaligen, unter Rz. 3 genannten Berufungen) bis zum Abschluss eines näher genannten hg. Revisionsverfahrens gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG aus.

8        Dieser Beschluss wurde - infolge der dagegen von der Antragstellerin erhobenen außerordentlichen Revision - mit dem erwähnten hg. Erkenntnis Zl. Ra 2016/10/0148 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde dem Landesverwaltungsgericht Kärnten am 9. Juni 2017 zugestellt.

9        Mit dem gegenständlichen Fristsetzungsantrag vom 26. Juli 2017, beim Landesverwaltungsgericht Kärnten eingelangt am 28. Juli 2017, begehrt die Antragstellerin, der Verwaltungsgerichtshof möge dem Landesverwaltungsgericht Kärnten auftragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten das gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Kärnten vom 25. September 2012 anhängige Beschwerdeverfahren „durch Erkenntnis“ abzuschließen.

10       Zur Zulässigkeit des Fristsetzungsantrages führt die Antragstellerin aus, das Landesverwaltungsgericht sei gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG verpflichtet, über anhängige Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dem Einlangen zu entscheiden. Die Entscheidungspflicht hätte - aufgrund der am 10. Juni 2016 erfolgten Zustellung des hg. Erkenntnisses Zl. Ra 2016/10/0006 - am 10. Dezember 2016 geendet. Infolge des Aussetzungsbeschlusses des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 21. November 2016 habe diese Entscheidungsfrist vorerst nicht ablaufen können. Mit der Aufhebung dieses Beschlusses durch das hg. Erkenntnis Zl. Ra 2016/10/0148 sei aber das Verfahren des Landesverwaltungsgerichts Kärnten gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in jene Lage zurückgetreten, in der es sich zuvor befunden habe. Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses habe die Entscheidungsfrist des Landesverwaltungsgerichts nicht neu zu laufen begonnen, sondern sei dem Verwaltungsgericht nur noch der bei Zustellung (am 9. Juni 2017) dieses Erkenntnisses offene Rest der Frist zur Verfügung gestanden. Die vor Erlassung des Aussetzungsbeschlusses vom 21. November 2016 verstrichene Zeit sei voll einzurechnen. Das Verwaltungsgericht hätte daher nach dem 9. Juni 2017 binnen weiterer 16 Tage eine Sachentscheidung zu treffen gehabt. Da dies nicht erfolgt sei, sei das Verwaltungsgericht seit dem 26. Juni 2017 säumig.

11       Der Fristsetzungsantrag ist unzulässig.

12       Gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, verpflichtet, über verfahrenseinleitende Anträge von Parteien und Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. wird die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist, in die Frist nicht eingerechnet.

13       Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist, nicht binnen dieser entschieden hat.

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat zum vormaligen Säumnisbeschwerdeverfahren (Art. 132 B-VG aF) in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass die in § 27 VwGG aF vorgesehene (sechsmonatige) Entscheidungsfrist der Behörde mit der Behebung eines Bescheides, durch die der Weg zu einer Sachentscheidung über das anhängige Rechtsmittel eröffnet wird, erneut zu laufen beginnt. Das gilt auch für den Fall, dass die Behörde zunächst das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt hat, und der diesbezügliche Bescheid in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde; in diesem Fall wird neuerlich erst durch das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes der Weg zu einer - bisher ausgesetzten - Sachentscheidung eröffnet (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1994, Zl. 93/06/0261, und vom 21. September 2007, Zl. 2007/05/0145, jeweils mwN; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0226). Dass durch die Aufhebung des Aussetzungsbescheides die Rechtssache gemäß § 43 Abs. 2 VwGG in die Lage zurück tritt, in der sie sich vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte, ändert daran nichts, da diese Bestimmung im konkreten Verfahrenszusammenhang nur bedeutet, dass in diesem Verfahren eine Entscheidung noch aussteht, sie aber nicht die Berechnung der (sechsmonatigen) Wartefrist als Prozessvoraussetzung des Säumnisbeschwerdeverfahrens betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 92/10/0082).

15       Diese Rechtsprechung ist auf die Frage der Zulässigkeit eines Fristsetzungsantrags nach § 38 Abs. 1 VwGG übertragbar.

16       Hat das Verwaltungsgericht daher das bei ihm anhängige (Beschwerde-) Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG mit Beschluss ausgesetzt und wird dieser Beschluss durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben, beginnt für das Verwaltungsgericht die Entscheidungsfrist des § 34 Abs. 1 VwGVG iVm § 38 Abs. 1 VwGG mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses erneut zu laufen.

17       Entgegen dem Vorbringen ändert die Bestimmung des § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG (bzw. die gleichlautende Bestimmung des § 38 Abs. 2 Z 1 VwGG) daran nichts, weil damit lediglich angeordnet wird, dass das Verwaltungsgericht nicht gegen seine Entscheidungspflicht verstoßen kann, solange die Aussetzung des Verfahrens andauert.

18       Im vorliegenden Fall war daher für das Landesverwaltungsgericht Kärnten die sechsmonatige Entscheidungsfrist, deren Lauf mit der am 9. Juni 2017 erfolgten Zustellung des hg. Erkenntnisses Zl. Ra 2016/10/0148, begonnen hat, im Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Fristsetzungsantrags noch nicht abgelaufen.

19       Der gegenständliche Fristsetzungsantrag erweist sich somit als verfrüht, weshalb er gemäß § 38 Abs. 4 iVm § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 29. September 2017

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:FR2017100007.F00

Im RIS seit

06.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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