TE Vwgh Beschluss 2021/7/12 Ra 2021/09/0163

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Veröffentlicht am 12.07.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
63/07 Personalvertretung

Norm

B-VG Art133 Abs4
PVG 1967 §28
PVG 1967 §28 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die außerordentliche Revision der Personalvertretungsaufsichtsbehörde beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. April 2021, W213 2233070-1/6E, betreffend Zustimmung nach dem Bundes-Personalvertretungsgesetz zur disziplinären Verfolgung (mitbeteiligte Parteien: 1. Dienststellenausschuss für die Bediensteten des Landeskriminalamts Wien Assistenzdienst, 2. A B, beide vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Schreiben vom 9. und 21. August 2019 ersuchte die Landespolizeidirektion X die erstmitbeteiligte Partei um Zustimmung zur disziplinarrechtlichen Verfolgung des Zweitmitbeteiligten, welcher Mitglied des Dienststellenausschusses ist, im Zusammenhang mit näher genannten Äußerungen in Aussendungen gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG).

2        Die erstmitbeteiligte Partei verweigerte die Zustimmung. Die revisionswerbende Partei hob mit Bescheid vom 5. März 2020, A 27-PVAB/19-9, den die Zustimmung verweigernden Beschluss der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 28 Abs. 2 PVG wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhalts auf.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der von der erstmitbeteiligten Partei dagegen erhobenen Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid ersatzlos (Spruchpunkt A I.). Weiter wies es die vom Zweitmitbeteiligten erhobene Beschwerde zurück (Spruchpunkt A II.). Die Revision erklärte es für nicht zulässig (Spruchpunkt B). Im Kopf des Erkenntnisses wird ausgeführt, dass über „den Bescheid der Personalaufsichtsbehörde vom 30.07.2019, GZ. A 24-PVAB/19-7, [...] zu Recht erkannt wird“.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Dementsprechend erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben. Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. dazu etwa VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007; 25.4.2019, Ra 2019/09/0048).

8        Wird ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dem Sachverhalt der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in entscheidungswesentlicher Hinsicht gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 1.7.2019, Ra 2019/14/0261, mwN). Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/01/0400, mwN).

9        Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zudem voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage „abhängt“. Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/09/0157, mwN). In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/09/0030, mwN). Ohne konkrete Bezugnahme auf den Einzelfall ist die Zulässigkeit einer Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. VwGH 27.2.2020, Ra 2019/10/0121, mwN).

10       In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes behauptet und vorgebracht, dieses habe mit dem bekämpften Erkenntnis den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 30. Juli 2019 zu A 24/19 ersatzlos behoben, den es aber bereits zuvor mit Erkenntnis vom 13. August 2020, W213 2223495-1/8E, ersatzlos behoben habe. Da der Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 30. Juli 2019 nicht mehr der Rechtsordnung angehört habe, sei das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr zuständig gewesen.

11       Dem ist entgegenzuhalten, dass im Kopf des angefochtenen Erkenntnisses zwar ein Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 30. Juli 2019 genannt ist, der sich zwar auch auf einen Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur disziplinären Verfolgung des Zweitmitbeteiligten bezogenen hat, aber einen anderen Sachverhalt betraf. Allerdings geht aus dem Inhalt der gesamten Erledigung zweifelsfrei hervor, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerden gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 5. März 2020 erledigt werden sollen und sich der Spruch auf diese bezieht. So wird in der Darstellung des Verfahrensganges der Spruch des Bescheides vom 5. März 2020 samt dessen Begründung wiedergegeben. Es liegt eine offenbare, auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit vor (vgl. zu berichtigungsfähigen Fehlern etwa VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0484; 25.10.2018, Ra 2018/20/0318; jeweils mwN). Es entspricht weiters der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass solange eine Berichtigung eines berichtigungsfähigen Fehlers nicht erfolgt ist, dieser durch Auslegung der Entscheidung zu klären ist (vgl. VwGH 25.2.2019, Ro 2017/08/0035; 16.10.2019, Ra 2019/07/0095; jeweils mwN).

12       Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision darüber hinaus zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht sei in Abweichung zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 2012, 2011/09/0131, davon ausgegangen, die Inhalte von Rundschreiben von Personalvertretern seien für die Zustimmungsvoraussetzungen iSd § 28 Abs. 2 PVG in jedem Fall ohne Relevanz. Weiters liege ein die Zulässigkeit begründender Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wonach es nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 28 Abs. 2 PVG auf jede einzelne voneinander trennbare Äußerung oder Handlung des Personalvertreters ankomme (Verweis auf VwGH 10. September 2015, Ra 2015/09/0063). Das Bundesverwaltungsgericht habe hingegen die in Frage stehenden Rundschreiben ohne nähere Prüfung zur Gänze als von der Personalvertretungstätigkeit untrennbare Handlungen bewertet. Überdies habe das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Äußerungen des Zweitmitbeteiligten in seiner „Eigenschaft“ als Personalvertreter getätigt worden seien, nach dem Gesetzeswortlaut des § 28 Abs. 2 PVG komme es aber darauf an, ob diese in Ausübung der „Funktion“ als Personalvertreter getätigt worden seien.

13       Auch mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

14       Soweit die revisionswerbende Partei mit dem Erkenntnis vom 6. September 2012, 2011/09/0131, argumentiert, übersieht sie, dass es in dem dort vom Verwaltungsgerichtshof behandelten Fall um die Verhängung einer Disziplinarstrafe eines Beamten ging und ausdrücklich festgestellt wurde, dass der Dienststellenausschuss vor Einleitung des Disziplinarverfahrens seine Zustimmung gemäß § 28 PVG hinsichtlich der ihm mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen erteilt hatte, weshalb eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht vorliegt. Die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision lässt zudem jede Konkretisierung vermissen, inwiefern bei einer Berücksichtigung des Inhalts der hier in Rede stehenden Aussendungen die vom Verwaltungsgericht im Einzelfall vorgenommene Beurteilung, wonach die Äußerungen im Schutzbereich des § 28 PVG liegen, als unvertretbar zu beurteilen wäre.

15       Die Revision wird den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Anforderungen an die Zulässigkeitsbegründung im Zusammenhang mit der ins Treffen geführten Entscheidung VwGH 10.9.2015, Ra 2015/09/0063 ebenfalls nicht gerecht, weil sie wiederum nur allgemein auf die in der Entscheidung hervorgehobene gebotene getrennte Beurteilung einzelner Äußerungen oder Handlung verweist (siehe dazu Nachweise aus der Rechtsprechung der Personalvertretungs-Aufsichtskommission in Schragel, PVG § 28 Rz 8), ohne jedoch konkret auszuführen, warum das rechtliche Schicksal der Revision davon abhängt.

16       Aus der Entscheidung geht klar hervor, dass das Bundesverwaltungsgericht die Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung deshalb verneinte, weil es unter Anführung der einschlägigen Rechtsprechung, wonach im Verfahren zu prüfen sei, ob das dem Personalvertreter vorgeworfene Verhalten, die Wahrheit dieses Vorwurfes vorausgesetzt, in Ausübung seiner Funktion gesetzt worden wäre, die in Rede stehenden Äußerungen vom Mandatsschutz des Zweitmitbeteiligten umfasst sah. Mit dem in der Zulässigkeitsbegründung pauschal ins Treffen geführten Umstand, dass es dabei ein Verhalten „in seiner Eigenschaft als Personalvertreter“ anführte und nicht den im Gesetz verwendeten Wortlaut des § 28 Abs. 2 PVG („in Ausübung seiner Funktion“), wird eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht dargetan.

17       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 12. Juli 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090163.L00

Im RIS seit

05.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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