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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, in der Revisionssache der M B in K, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/2/28, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Mai 2021, LVwG-AV-932/001-2020, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schriftsatz vom 21. November 2019 brachte die Revisionswerberin beim Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages eine von mehreren weiteren Personen unterstützte Petition mit dem Titel und Inhalt „Ausbaustopp des vom BMVIT geplanten flächendeckenden 5G Mobilfunknetzes im Bundesland NÖ, bis durch eine strategische Umweltprüfung im Sinne des § 1 (1) Lit 15 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) LGBl. Nr. 3/2015 festgestellt wurde, ob die Planung des BMVIT, betreffend den flächendeckenden Einsatz der Mobilfunktechnik 5G, mit den generellen Leitzielen im Sinne des §1 (2) 1. i) des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 vereinbar ist“ ein. Begehrt wurde „die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung zum bereits begonnenen flächendeckenden Ausbau des 5G Mobilfunknetzes in Niederösterreich, unter Zugrundelegung des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014“. Die „politisch Verantwortlichen im Lande Niederösterreich“ würden dazu aufgefordert, „dafür zu sorgen, dass die von der Bundesregierung bereits beschlossene ‚Breitbandinitiative 2030‘ rückgängig gemacht wird und dass der flächendeckende Breitbandausbau auf Basis eines strahlungsfreien Glasfasernetzes erfolgen soll, um die Bevölkerung nicht zusätzlich mit der gesundheitsschädlichen Mobilfunkstrahlung zu belasten“.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juli 2020 wurde dem Begehren der Antragstellerin nicht stattgegeben. Das NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (in der Folge: NÖ ROG 2014) regle die in die Kompetenz des Landes Niederösterreich fallende überörtliche und örtliche Raumordnung, d.h. die Voraussetzungen für die überörtlichen Raumordnungsprogramme des Landes und die örtlichen Raumordnungsprogramme der Gemeinden, wie z.B. die Leitziele und Verfahren zu deren Erstellung bzw. Änderung. Im Rahmen dieser genannten Raumordnungsverfahren sei unter bestimmen Voraussetzungen auch eine strategische Umweltprüfung durchzuführen und lege das NÖ ROG 2014 dafür Regelungen fest. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass außerhalb dieser Verfahren zu überörtlichen und örtlichen Raumordnungsprogrammen von der Landesregierung ein Verfahren im Hinblick auf eine strategische Umweltprüfung zu ausschließlich im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegenden Materien auf Landesebene durchgeführt werden könne bzw. dürfe, enthalte das NÖ ROG 2014 nicht. Gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG sei der Kompetenztatbestand des Fernmeldewesens Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung; die Zuständigkeiten für Fernmeldeangelegenheiten ergäben sich aus den §§ 112 ff Telekommunikationsgesetz 2003. Versorgungsanlagen von überörtlicher Bedeutung, wozu auch Funk- und Sendestationen gehörten, seien lediglich in örtlichen Raumordnungsprogrammen kenntlich zu machen (Verweis auf § 15 Abs. 2 Z 1 NÖ ROG 2014 bzw. § 11 Abs. 1 Z 10 iVm Anl. 3 Abb. 10 der NÖ Planzeichenverordnung). Eine inhaltliche Einflussnahme auf derartige Anlagen im Rahmen des Flächenwidmungsplanes sei weder durch eine Gemeinde, noch durch die NÖ Landesregierung möglich.
3 Die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (in der Folge: LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass das Begehren der Revisionswerberin zurückgewiesen wurde. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis erklärte das LVwG für unzulässig. Aus den näher genannten landesgesetzlichen Regelungen ergebe sich, dass auf Basis des NÖ ROG 2014 keine Rechtsgrundlage dafür bestehe, eine Kompetenz für eine strategische Umweltprüfung für den flächendeckenden 5G Mobilfunkausbau im Bundesland Niederösterreich in Anspruch nehmen zu können; die Zuständigkeit für den flächendeckenden 5G Mobilfunkausbau liege vielmehr bei den im Telekommunikationsgesetz 2003 genannten Behörden.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 2.3.2021, Ra 2019/06/0022, oder auch 13.1.2021, Ra 2020/05/0239, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0189, oder auch 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, jeweils mwN).
8 Die vorliegende außerordentliche Revision gibt in ihrem Abschnitt „IV. Lösung einer Rechtsfrage der grundsätzliche Bedeutung zukommt.“ im Wesentlichen Auszüge aus dem angefochtenen Erkenntnis wieder und stellt diesen Rechtsansichten der Revisionswerberin gegenüber; weiters werden in unübersichtlicher Art und Weise Textpassagen aus unterschiedlichen, der Revision angeschlossenen Beilagen zitiert. Eine konkrete, klar formulierte Rechtsfrage, die bei der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre, enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht, sodass sie sich insofern nicht als gesetzmäßig ausgeführt erweist (vgl. dazu etwa, eine Revision durch denselben Rechtsvertreter wie vorliegend eingebracht betreffend, VwGH 21.12.2020, Ra 2020/03/0156 bis 0160).
9 Soweit darüber hinaus allgemein ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, genügt dieses Vorbringen schon mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht, zumal nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberin abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 25.2.2021, Ra 2018/06/0168, oder auch 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN). Dabei wäre konkret darzulegen gewesen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. dazu etwa VwGH 14.5.2021, Ra 2021/05/0074, oder nochmals 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN).
10 Wenn die Revisionswerberin weiters in den Zulässigkeitsgründen der Revision vorbringt, sie schließe „aus der rechtlichen Begründung des LVwG“, „dass es im Bereich der Telekommunikation noch keine Rechtsprechung bezüglich einer Umweltprüfung auf Basis der NÖ Gesetze iVm. der SUP Richtlinie 2001/42/EG“ gebe, übergeht sie damit völlig die rechtliche Begründung des angefochtenen Erkenntnisses (sowie des durch dieses im Ergebnis bestätigten Bescheides der belangten Behörde), wonach nach der eindeutigen Rechtslage nach dem NÖ ROG 2014 für die Landesregierung (bzw. die Gemeindebehörden) außerhalb von Verfahren zur Erlassung von überörtlichen bzw. örtlichen Raumordnungsprogrammen eine Rechtsgrundlage zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung nicht besteht (vgl. § 1 Abs. 1 Z 15 NÖ ROG 2014; vgl. weiters die Gesetzesmaterialien zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme [SUP-Richtlinie] bereits in der Novelle 2004 zum NÖ ROG 1976, LGBl. 8000-19, Ltg.-359/A-1/25-2004 bzw. die Gesetzesmaterialien zum NÖ ROG 2014, LGBl. Nr. 3/2015, Ltg.-507/R-3-2014) und gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG der Kompetenztatbestand des Fernmeldewesens Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung ist (vgl. VwGH 24.2.2021, Ra 2021/06/0032). Dass sich das angefochtene Erkenntnis mit dieser Begründung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte, zeigt die Revision weder auf, noch ist dies ersichtlich (vgl. in diesem Sinne auch VwGH 3.5.2021, Ra 2021/07/0029).
11 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 14. Juli 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050122.L00Im RIS seit
09.08.2021Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021