TE OGH 2021/6/14 5Ob234/20b

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Veröffentlicht am 14.06.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Dip.-Ing. (FH) M***** S*****, vertreten durch Dr. Christian Muckenhuber, öffentlicher Notar in Linz, wegen Berichtigung der Miteigentumsanteile ob EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs des Einschreiters Dr. H***** S*****, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. September 2020, AZ 32 R 53/20z, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 18. März 2020, TZ 1218/2020, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

         Urkunden

         1        Gutachten vom 31.07.2018

         2        Gutachten gem. § 6 Abs 1 Z 2 WEG 2002 vom   31.07.2018

         Abgewiesen wird

         in EZ ***** KG *****

         1        in B-LNR 7

                  7 ANTEIL: 190/602

                  Dr. H***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5716/2018 Wohnungseigentum an   Wohnung TOP 1

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 190/623

         2        in B-LNR 8

                  8 ANTEIL: 148/602

                  J***** A***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5487/2018 Wohnungseigentum an   Wohnung TOP 2

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 148/623

         3        in B-LNR 9

                  9 ANTEIL: 234/602

                  Dipl.-Ing. (FH) M***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 Wohnungseigentum an Wohnung TOP 3

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 255/623

         4        in B-LNR 10

                  10 ANTEIL: 8/602

                  J***** A***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5487/2018 Wohnungseigentum   an PKW-Stellplatz im Carport TOP 4

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 8/623

         5        in B-LNR 11

                  11 ANTEIL: 8/602

                  Dipl.-Ing. (FH) M***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 Wohnungseigentum an PKW-Stellplatz im   Carport TOP 5

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 8/623

         6        in B-LNR 12

                  12 ANTEIL: 3/602

                  Dr. H***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5716/2018 Wohnungseigentum   an PKW-Stellplatz im Freien TOP 6

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 3/623

         7        in B-LNR 13

                  13 ANTEIL: 3/602

                  Dr. H***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5716/2018 Wohnungseigentum   an PKW-Stellplatz im Freien TOP 7

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 3/623

         8        in B-LNR 14

                  14 ANTEIL: 4/602

                  J***** A***** GEB: *****

                  b 1336/2019 IM RANG 5487/2018 Wohnungseigentum   an PKW-Stellplatz im Freien TOP 8

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 4/623

         9        in B-LNR 15

                  15 ANTEIL: 4/602

                  Dipl.-Ing. (FH) M***** S***** GEB: *****

                  b 1336/2019 Wohnungseigentum an PKW-Stellplatz im   Freien TOP 9

                  die Berichtigung der Anteilsgröße auf 4/623

         Verständigt werden

         1) Dr. Christian Muckenhuber, Notar,

         *****

         2) Dipl.-Ing. (FH) M***** S*****

         3) J***** A*****

         4) Dr. H***** S*****

         5) Finanzamt *****

         6) Magistrat *****

         7) Bezirksgrundverkehrskommission *****

         8) O***** Aktiengesellschaft,  *****

         9) R***** Gesellschaft m.b.H.,

         *****

         10) R***** registrierte  Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****

         11) Mag. W***** C*****

         12) Mag. F***** B*****

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

[1]            Der Antragsteller und der Einschreiter sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft.

[2]            Der Antragsteller beantragte, die jeweiligen Mindestanteile entsprechend einer neuen Ausfertigung des der Wohnungseigentumsbegründung zugrunde liegenden Nutzwertgutachtens gemäß § 10 Abs 3 WEG iVm § 136 GBG zu berichtigen.

[3]            Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.

[4]            Gegen diese Entscheidung erhob der Einschreiter Rekurs. Für die bewilligte Berichtigung gebe es keine Rechtsgrundlage.

[5]            Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Einschreiters nicht Folge. Gemäß § 10 Abs 3 WEG könne, wenn aufgrund einer gerichtlichen oder einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung die Miteigentumsanteile geändert werden, dies bei bereits einverleibtem Wohnungseigentum durch Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG geschehen. Wenn die Berichtigung bei keinem der Miteigentumsanteile zu einer Änderung von mehr als 10 von 100 führe, sei diese Berichtigung auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen Miteigentümer vorzunehmen. Es bedürfe in diesem Fall keiner Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten. Im hier zu beurteilenden Fall bewegten sich diese Änderungen unter der Bagatellgrenze des § 10 Abs 3 WEG, weshalb die diesbezügliche Berichtigung nicht von der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer abhänge.

[6]            Gegen diese Entscheidung richtet sich der – nachträglich zugelassene Revisionsrekurs des Einschreiters mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts abzuändern und den Antrag abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[7]            Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

[8]             1. Grundlage für eine Änderung der Mindestanteile iSd § 2 Abs 9 WEG 2002 ist eine Nutzwertneufestsetzung (5 Ob 229/17p; RS0106054 [T9], RS0106055 [T6], RS0118638 [T1]). Die Nutzwerte können entweder einvernehmlich oder durch das Gericht neu festgesetzt werden. Die einvernehmliche Änderung der Nutzwerte erfolgt auf Basis eines neuen Nutzwertgutachtens eines dazu qualifizierten Sachverständigen. Voraussetzung ist, dass alle Wohnungseigentümer den Ergebnissen dieses Nutzwertgutachtens – schriftlich und öffentlich beglaubigt – zustimmen (§ 9 Abs 6 WEG 2002). Eine Neufestsetzung der Nutzwerte durch das Gericht kommt nur bei gravierenden Unrichtigkeiten der ersten Nutzwertermittlung sowie bei nachträglichen Änderungen der für die Nutzwertermittlung relevanten Umstände in Betracht. § 9 Abs 2 WEG 2002 zählt dabei bestimmte Gründe auf, die zum Teil befristet (§ 10 Abs 2 WEG 2002) und an eine Bagatellgrenze gebunden sind.

[9]             2. Zur Erleichterung der Änderung von Mindestanteilen normiert § 10 Abs 3 WEG 2002 unter bestimmten restriktiven Bedingungen die Möglichkeit, Anteilsverschiebungen im Grundbuch durch bloße Berichtigung vorzunehmen. Sollen die Miteigentumsanteile aufgrund einer gerichtlichen (§ 9 Abs 2 und 3 WEG 2002) oder einvernehmlichen (§ 9 Abs 6 WEG 2002) Nutzwertfestsetzung geändert werden, so kann dies bei bereits einverleibtem Wohnungseigentum durch Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG geschehen. Wenn die Berichtigung bei keinem der Miteigentumsanteile zu einer Änderung von mehr als 10 % führt, ist sie auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen Miteigentümer vorzunehmen; einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten bedarf es in diesem Fall nicht. Wird hingegen ein Miteigentumsanteil durch die Berichtigung um mehr als 10 % geändert, so ist die Berichtigung nur mit Zustimmung aller Miteigentümer und derjenigen Buchberechtigten zulässig, die Rechte an einem Miteigentumsanteil haben, der durch die Berichtigung kleiner wird (5 Ob 229/17p).

[10]           3. Die Änderung der Miteigentumsanteile durch bloße Berichtigung nach § 10 Abs 3 WEG 2002 setzt nach Wortlaut, Systematik und Zweck dieser Bestimmung eine vorangegangene gerichtliche (§ 9 Abs 2 und 3 WEG) oder einvernehmliche (§ 9 Abs 6 WEG) Neufestsetzung der Nutzwerte voraus. Der Antragsteller hat keine dieser alternativen Voraussetzungen behauptet oder urkundlich nachgewiesen. Die bloße Vorlage eines neuen Nutzwertgutachtens ohne gleichzeitigen urkundlichen Nachweis der – schriftlichen und öffentlich beglaubigten – Zustimmung aller Wohnungseigentümer genügt nicht.

[11]           4. In Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen war daher der Antrag auf Berichtigung der Miteigentumsanteile abzuweisen. Eine Auseinandersetzung mit den im Revisionsrekurs behaupteten Unstimmigkeiten des vorgelegten Nutzwertgutachtens erübrigt sich.

Textnummer

E132262

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00234.20B.0614.000

Im RIS seit

07.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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