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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des H in Z, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. Oktober 1996, Zl. 512.390/01-I5/96, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: K, Architekt in Z), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die der Beschwerde zugrunde liegende Verwaltungsangelegenheit war bereits Gegenstand des hg. Erkenntnissses vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0027-6, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Mit diesem Erkenntnis wurde der Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 1989 über Beschwerde des Beschwerdeführers deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde trotz eingetretener Präklusion die Berufung der - Parteistellung in dem der Beschwerde zugrundeliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 genießenden - mitbeteiligten Partei zum Anlaß genommen hat, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Dezember 1988 dem Beschwerdeführer erteilten wasserrechtlichen Bewilligung für eine Grundwasserwärmepumpe "zusätzliche Bewilligungsbedingungen" hinzuzufügen.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 16. Oktober 1996 hat die belangte Behörde aufgrund der Berufung der mitbeteiligten Partei dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Dezember 1988 "zusätzliche" - im Bescheid näher konkretisierte - "Bewilligungsbedingungen" hinzugefügt und die Bauvollendungsfrist gemäß § 112 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 neu festgesetzt. Entscheidungswesentlich führte die belangte Behörde in der Begründung hiezu aus, durch das hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0027, sei die Rechtssache in die Lage zurückgetreten, in der sie sich vor Erlassung des behobenen Bescheides befunden habe. Die Verfahrensangelegenheit sei nunmehr nach der derzeit geltenden Rechtslage zu entscheiden und es sei daher zu prüfen gewesen, inwiefern die Einwendungen der mitbeteiligten Partei noch zu beachten seien. Der Mitbeteiligte sei zur mündlichen Verhandlung in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit nachweislich geladen worden; der erstinstanzliche Bewilligungsbescheid sei ihm am 24. Jänner 1989 zugestellt worden. Spätestens mit Zustellung dieses Bescheides sei der Mitbeteiligte über die Sach- und Rechtslage informiert worden und habe er innerhalb von 14 Tagen dagegen Einwendungen erhoben. Die Berufung sei am 2. Februar 1989 beim Amt der Tiroler Landesregierung eingelangt. Seine Einwendungen seien daher noch rechtzeitig im Sinne des "§ 107 WRG" erhoben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem aus § 10 WRG erfließenden Recht auf Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Grundwasserwärmepumpenanlage unter Abstandnahme von der Vorschreibung weiterer Nebenbedingungen verletzt". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt der Beschwerdeführer vor, infolge eingetretener Präklusion hätte die belangte Behörde auf die Einwendungen der mitbeteiligten Partei im Berufungsverfahren nicht mehr Bedacht nehmen dürfen, sondern deren gegen den erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid erhobenes Rechtsmittel infolge Präklusion bezüglich der erst in der Berufung erhobenen Einwendungen abweisen müssen. Insofern sei gegenüber jener Sach- und Rechtslage, welche bereits dem in der gegenständlichen Wasserrechtssache ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0027, zugrunde gelegen sei, keine maßgebende Änderung eingetreten.
Schon mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus folgenden Gründen auf:
Im hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0027, hatte der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Erlassung des (damals) angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 18. Dezember 1989 § 107 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, anzuwenden. Da die mitbeteiligte Partei zur mündlichen Verhandlung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Grundwasserwärmepumpe am 9. November 1988 persönlich geladen worden, zu dieser Verhandlung jedoch nicht erschienen ist und rechtzeitig auch keine Einwendungen erhoben hat, ist der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gekommen, daß die mitbeteiligte Partei in dem der Beschwerde zugrunde liegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren präkludiert ist. Wegen eingetretener Präklusion hat die mitbeteiligte Partei ihren Anspruch verloren und wäre daher die Berufung von der belangten Behörde aus diesem Grund abzuweisen gewesen.
Der mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, diesbezüglich ohne Übergangsbestimmung mit 1. Juli 1990 in Kraft getretene § 107 Abs. 2 WRG 1959 hat nunmehr folgenden Wortlaut:
"(2) Eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung ohne ihr Verschulden versäumt hat, kann ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden."
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß im allgemeinen die Rechtsmittelbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Eine andere Betrachtungsweise wird nur dann geboten sein, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung anderes anordnet oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. NF Nr. 9.315/A, und die daran anschließende Judikatur). Auf diese Rechtsprechung vermag sich jedoch die belangte Behörde im gegenständlichen Beschwerdefall deshalb nicht erfolgreich zu stützen, weil die vom Verwaltungsgerichtshof in für die belangte Behörde bindender Weise (vgl. hiezu Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 186 f) festgestellte - im zeitlichen Anwendungsbereich des § 107 Abs. 2 WRG 1959 alte Fassung eingetretene - Präklusion der mitbeteiligten Partei durch die seit 1. Juli 1990 geltende Fassung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 im vorliegenden Fall keine Änderung erfahren hat. § 107 Abs. 2 WRG 1959 alte Fassung hat nämlich - wie im hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 90/07/0027, näher ausgeführt - die Möglichkeit der Erhebung nachträglicher Einwendungen von der Tatbestandsvoraussetzung abhängig gemacht, daß die vom Bewilligungswerber verschiedene Partei im Sinne des § 102 Abs. 1 WRG 1959 "nicht persönlich verständigt worden war". Die mitbeteiligte Partei, welche persönlich zur mündlichen Verhandlung am 9. November 1988 geladen worden war, konnte für sich daher nie die Begünstigung des § 107 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung vor der WRG-Novelle 1990 in Anspruch nehmen und war auch nicht berechtigt, in ihrer im Jahre 1989 eingebrachten Berufung Einwendungen gegen das Projekt des Beschwerdeführers zu erheben. Infolge der mit Schluß der mündlichen Verhandlung vom 9. November 1988 eingetretenen Präklusion der mitbeteiligten Partei, die gemäß § 42 Abs. 1 AVG darin besteht, daß verspätete Einwendungen keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen, ist der Anwendbarkeit des mit 1. Juli 1990 in Kraft getretenen § 107 Abs. 2 WRG 1959 die Grundlage mangels Vorliegens der tatbestandsbezogen erforderlichen Sachverhaltsvoraussetzungen entzogen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996070230.X00Im RIS seit
12.11.2001