Diskriminierungsgrund
MehrfachdiskriminierungDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit bzw. der Religion bei der Begründung des ArbeitsverhältnissesText
Senat II der Gleichbehandlungskommission
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/402/19 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit und der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG und bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GlBG durch die Firma B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Aktenverfahrens erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit bzw. der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich am … auf eine auf …. ausgeschriebene Stelle der Antragsgegnerin betreffend „Bereichsleitung Projektmanagement Akustik“ mit folgendem „motivierendem Kurztext in ordnungsgemäßen deutsch“ (beworben habe):
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Belastbarkeit, Ehrgeiz, Organisation, Professionalität, Selbständigkeit und Sorgfalt sind meine großen Stärken. Die von Ihnen ausgeschriebene Stelle entspricht darüber hinaus auch sehr gut meinem Fachwissen.
Aktuell befinde ich in einem Dienstverhältnis und konnte meine Stärken Tag für Tag unter Beweis stellen.
Es war seit jeher mein Ziel als Bereichsleitung im Projektmanagement Akustik bei einem spannenden Unternehmen zu arbeiten. Ich bin überzeugt, dass ich fachlich und persönlich gut zu Ihrem aktuellen Anforderungsprofil passe.
Ich freue mich auf ein persönliches Kennenlernen!
Auch eine „umfassende Beilage mit allen Bewerbungsunterlagen“ sei angefügt gewesen. Am … sei eine Absage erfolgt. Der Antragsteller habe „sehr stark die Vermutung, dass durch den Zusatz Religion: Islam und/oder durch die Muttersprache Bosnisch, wo eindeutig die Gleichbehandlungsgebote erkenntlich sind, trotz einer solchen Bekanntgabe, dass die Unterlagen“ des Antragstellers die Antragsgegnerin „regelrecht beeindruckt haben, es plausibel und nachvollziehbar (sei) warum es zu keiner Einstellung gekommen (sei).“
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Vorwürfe der Diskriminierung in sämtlichen Punkten zurückgewiesen würden. Der Antragsteller sei ausschließlich aus fachlichen Gründen aufgrund seiner Nichtqualifizierung für die ausgeschriebene Stelle abgelehnt worden.
Vergleiche man die Anforderungen aus dem Stelleninserat „Bereichsleitung Projektmanagement“ mit dem Lebenslauf des Antragstellers, sei dies klar ersichtlich. Insbesondere habe der Antragsteller keine Führungserfahrung, keine Projektleitererfahrung (auch nicht im Automobilbereich) sowie Rechtschreibfehler im Lebenslauf und Anschreiben.
Die Antragsgegnerin stelle als weltweit agierender Konzern Führungskräfte und Mitarbeiter jeden Alters, jeder Religion, verschiedenster ethnischer Zugehörigkeit und Geschlechts etc. ein und verpflichte sich zur Einhaltung des Code of Conducts, der ausdrücklich ein Diskriminierungsverbot enthält. Es sei festzuhalten, dass bei Bewerbern keine Abfrage der Religion vorgenommen werde, da die Antragsgegnerin daran kein Interesse habe.
Die Antragsgegnerin möchte die GBK darauf aufmerksam machen, dass sie davon ausgehe, dass der Antragsteller derartige Verfahren systematisch betreibe und daher vermute, dass bereits andere Verfahren bei der GBK anhängig sind/waren.
Auf ein späteres „ergänzendes Vorbringen“ des Antragstellers wurde seitens des Rechtsvertreters der Antragsgegnerin im Wesentlichen weiters ausgeführt, dass der Antragsteller sich als „Bereichsleitung Projektmanagement Akustik “ beworben habe.
Hierzu sei festgehalten, dass eine Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses sowie bei der Festsetzung des Entgeltes von vornherein ausgeschlossen sei, da mit dem Antragsteller weder ein Arbeitsverhältnis begründet noch mit ihm irgendwelche Entgeltverhandlungen geführt worden seien, sondern dem Antragsteller am … eine nichtdiskriminierende Absage übermittelt worden sei.
Soweit der Antragsteller in seinem Antrag behaupte, er wäre durch die Absage vom … diskriminiert worden, sei dem zu entgegnen, dass aus der Absage eindeutig hervorgehe, dass andere Bewerber in die engere Wahl genommen und zu einem Gespräch eingeladen worden seien, weil diese dem Anforderungsprofil besser entsprochen hätten. Daraus ergebe sich unmissverständlich, dass der Antragsteller deswegen eine Absage erhalten habe, weil es besserqualifizierte Bewerber gegeben habe.
Im Übrigen ergebe sich für die für den Bewerbungsprozess zuständigen Personen bei der Antragsgegnerin schon aus dem mit der Bewerbung vorgelegten Lebenslauf des Antragstellers, dass der Antragsteller über keine bzw zu wenig Führungs- und Projektleitererfahrung für die ausgeschriebene Position (und insbesondere auch nicht die von ihm selbst im Bewerbungsschreiben angeführte mehr als sechsjährige Berufserfahrung) aufgewiesen habe und zum Zeitpunkt der Bewerbung schon nahezu ein Jahr lang nicht beruflich tätig gewesen sei.
Wie sich im Nachhinein herausgestellt habe, habe der Antragsteller selbst in seinen Bewerbungsunterlagen unrichtige Angaben gemacht. Der Antragsteller sei bei seinem vormaligen Arbeitgeber X GmbH in dem von ihm angegebenen Zeitraum … weder Projektleiter – sondern nur Systems Engineer Controls (Systemingenieur) – gewesen, noch habe dieses Unternehmen ihm gegenüber ein rechtswidriges bzw diskriminierendes Verhalten gesetzt. (Was beides vom OGH …. rechtskräftig bestätigt worden sei.)
Woraus sich die vom Antragsteller behauptete Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und/oder Weltanschauung sowie des Alters ergeben solle, sei vom Antragsteller nicht dargelegt worden und sei weder aus den von ihm vorgelegten Unterlagen noch sonst erkennbar.
Im weiteren Verfahrensablauf ist dem Antragsteller vom Senat ein Verbesserungsauftrag hinsichtlich einer möglichst detaillierten Schilderung des Ablaufs des Telefonats zwischen ihm und einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin erteilt und wie folgt vom Antragsteller beantwortet worden:
„In diesem Telefonat wurde folgendes besprochen:
1. Nachfrage bzgl. der Absage Mail für die beworbene Stelle, die ich anschließend nochmals per Mail erhalten habe.
2. Weiters wurde ich durch die Frau C dahingehend verwiesen, dass ich mich für die derzeitigen Stellen als Projektleiter, als auch weiteren Funktion bewerben kann bzw. soll.
Solch eine Aussage Wiederspiegelt nach ständiger europäischer Rechtsprechung eine Diskriminierungsvertuschung durch nochmaliges hinweisen zur neuerlichen Bewerbung, quasi die vorherige Diskriminierung soll dadurch beseitigt werden.
Mehr wurde nicht in diesen Telefonat erwähnt.“
Auf eine daraufhin vom Senat eingeholte Abklärung mit der Antragsgegnerin betreffend den genauen Wortlaut der damals in Rede stehenden Stellenausschreibung wurde von der Antragsgegnerin – nachdem zunächst der Hinweis erfolgt war, dass das Inserat erst intern EDV-mäßig „rekonstruiert“ werden müsse - folgender Text übermittelt:
„Bereichsleitung Projektmanagement Interior
…
Aufgaben:
• Fachliches und diszipiläres Führen eines Teams von 4 bis 8 Projektleiter/innen
• Gesamtverantwortung und Steuerung des Projektgeschäfts für den Bereich Interior
• Koordination, Steuerung und Durchführung von abteilungsübergreifenden Projekten
• Weiterentwicklung des Teams inklusive Prozess- und Schnittstellenoptimierung
• Projektcontrolling und Planung der Ressourcen sowie die Erstellung von Auswertungen und deren Reporting
• Entwicklung der Mitarbeitenden innerhalb des Bereichs Interior
• Beitrag zur Sicherstellung des Wachstums- und Ergebnisziele
Voraussetzungen:
• Technische Grundausbildung (HTL, Uni oder FH) mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen
• Mehrjährige Erfahrung in der Steuerung von automotiven Projekten
• Hohe Sozialkompetenz und selbstsicheres Auftreten
• Unternehmerisches Denken, gepaart mit Kostenbewusstsein
• Hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstorganisation
• selbstständige, strukturierte und eigenverantwortliche Arbeitsweise sowie analytische und lösungsorientierte Denkweise
…“
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin, die von diesen im Zuge der Verbesserung bzw Abklärung gegebenen Informationen sowie das Absageschreiben der Antragsgegnerin.
Die dem Senat nachträglich übermittelte und oben wiedergegebene Stellenausschreibung wurde in dessen Erwägungen nicht miteinbezogen, da diese (Bereichsleitung Projektmanagement Interior) sich offenbar auf eine andere Stelle bezogen hat.
Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde dennoch abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 GlBG genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom/von der AntragstellerIn glaubhaft zu machen ist.
Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers bzw der Antragstellerin sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).
Wesentlich ist dabei, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der/die AntragstellerIn ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Alter, Religion und/oder ethnische Zugehörigkeit) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist. Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).
Für das Verfahren vor der GBK müssen dabei für eine gesetzeskonforme Glaubhaftmachung einer von einer Person behaupteten Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses bereits ein oder mehrere Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, die über eine bloße und nicht weiter belegte Vermutung, dass z.B. das Alter, die ethnische Zugehörigkeit, die Religion oder die Weltanschauung im Auswahlverfahren eine Rolle spielen könnten, hinausgehen. So beispielsweise durch eine auf einen Diskriminierungsgrund des § 17 GlBG gerichtete konkrete Bezugnahme im Bewerbungsgespräch oder im Absageschreiben.
Als keine ausreichende Glaubhaftmachung ist es hingegen anzusehen, wenn ein/e AntragstellerIn versucht, erst aus der Stellungnahme des/der Antragsgegners/in überhaupt das Substrat für das von ihm/ihr behauptete Vorliegen einer Diskriminierung zu gewinnen.
Da auf Grund der Verfahrensregeln der GBK eine sofortige Abweisung von Anträgen mangels ausreichender Glaubhaftmachung im Antrag nicht möglich ist, war daher das Verfahren mit Zustellung des Antrags an den/die AntragsgegnerIn einzuleiten.
Zum Vorbringen der Antragsgegnerin, dass sie vermute, dass der Antragsteller systematisch Verfahren vor der GBK betreibe, ist anzumerken, dass die GBK jeden ihr vorgelegten Sachverhalt einzeln überprüft und allfällig in anderen ein und dieselbe Person betreffenden Verfahren gewonnene Erkenntnisse nicht zur Beurteilung des jeweils geprüften Falles herangezogen werden.
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses
2. bei der Festsetzung des Entgelts
…
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter bzw. der ethnischen Zugehörigkeit oder der Religion herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.
2. Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:
Der Antragsteller hat sich unstrittig auf ein Stellenangebot bei der Antragsgegnerin beworben und von dieser eine Absage erhalten.
Auch wenn von keiner der beiden Seiten die konkrete Stellenausschreibung mehr vorgelegt werden konnte, erscheint es im Hinblick auf die dem Senat aus seiner langjährigen Tätigkeit bekannte Anforderungen an Leitungsfunktionen in technischen Bereichen dem Senat glaubwürdig und bereits aus der Lebenserfahrung nachvollziehbar, dass für solche Stellen Anforderungen wie Führungserfahrung bzw Projektleitererfahrung von BewerberInnen verlangt werden.
Ebenso nachvollziehbar ist aus Sicht des Senates auch der Umstand, dass eine Bewerbung zu einem wesentlichen Teil immer auch eine Gesamtpräsentation der sich bewerbenden Person darstellt, weshalb gerade Rechtschreibfehler in Lebenslauf und Anschreiben bei dem/der prospektiven ArbeitgeberIn selbstredend einen negativen Eindruck des/r Bewerbers/in zu generieren vermögen, was sich gerade im Bereich einer technischen Produktion – in dem den Erfahrungen der GBK gemäß persönliche Eigenschaften wie Genauigkeit, Sorgfalt und Zuverlässigkeit ein sehr hoher Stellenwert zukommt – nachvollziehbar negativ auf die weitere Behandlung der in Rede stehenden Bewerbung auswirken wird.
Die Argumentation der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller auf Grund fehlender Führungserfahrung, keiner Projektleitererfahrung sowie Rechtschreibfehlern im Lebenslauf und Anschreiben nachfolgend nicht mehr in der weiteren Auswahl für die zu besetzende Stelle berücksichtigt worden ist und daher eine Absage erhalten hat, erschien dem Senat daher lebensnah und aus Sicht eines/r künftigen Arbeitsgebers/in sachlich gerechtfertigt.
Diese Darstellung erschien dem Senat daher glaubwürdiger als die Behauptung des Antragstellers, dass er auf Grund seiner Religion bzw. seiner ethnischen Zugehörigkeit abgelehnt worden sei. Auf eine Begründung, warum der Antragsteller glaube, auf Grund seines Alters diskriminiert worden zu sein, hat er im Übrigen vollständig verzichtet.
Wenn sich bereits anhand des Lebenslaufs des Antragstellers die Nichterfüllung der Ausschreibungsvoraussetzungen ergibt, ist ein Abbruch des konkreten Bewerbungsverfahrens an diesem Punkt für den Senat jedenfalls nachvollziehbar und auch den der GBK bekannten Gepflogenheiten in der Personalrekrutierung völlig entsprechend.
Keinem/r ArbeitgeberIn ist es nämlich zumutbar – wenn diese/r gemäß den Anforderungen an eine Position entsprechend qualifizierte Bewerbungen übermittelt bekommt – auch jenen Bewerbungen, die bereits die Ausschreibungsvoraussetzungen (hier eben keine Führungserfahrung und Projektleitererfahrung) nicht erfüllen – näherzutreten, da eine solche Vorgangsweise jeglichem betriebswirtschaftlichen Vorgehen bei der Arbeitskräftesuche widersprechen würde.
In einer derartigen – nach Meinung des Senates gerechtfertigten – Vorgangsweise kann daher auch keine den Antragsteller diskriminierende Vorgangsweise der Antragstellerin erblickt werden.
Die allfällige Überprüfung der von einem/r BewerberIn selbst gemachten Angaben in Bezug auf frühere ArbeitgeberInnen durch eine/n künftigen ArbeitgeberIn entspricht ebenfalls den Gepflogenheiten einer effizienten und betriebswirtschaftlich sinnvollen Personalrekrutierung, weshalb sich ein daraus ergebender Erkenntnisgewinn in Bezug auf eine konkrete Person ebenfalls in der Gesamtbeurteilung einer Bewerbung widerspiegeln wird, was jedoch per se noch keine Gleichbehandlungsgesetzwidrigkeit indiziert. Für eine solche müssten weitere Indizien betreffend die vom GlBG geschützten Merkmale hinzukommen, wofür es im konkreten Fall jedoch aus Sicht des Senates keinerlei Anhaltspunkte gibt.
3. In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt folgendermaßen zu beurteilen:
Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – sind hiervon umfasst.
In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war, wenn der/der BewerberIn eine Glaubhaftmachung der Diskriminierung iSd § 26 Abs 12 GlBG gelungen ist.
Nach dieser Bestimmung obliegt es nämlich nur bei einer Glaubhaftmachung durch den/die AntragstellerIn dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war (vgl Windisch-Graetz, in ZellKomm3 § 15 GlBG Rz 1 ff).
Nach dem gestuften Beweislastmodell des GlBG obliegt es nämlich dem/der AntragstellerIn, den Senat der GBK von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier: Alter, Religion und/oder ethnische Zugehörigkeit) mit einer Benachteiligung (hier: die mangelnde Anstellung) so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist.
Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).
Der Antragsteller hat selbst angegeben lediglich zu vermuten, dass die von ihm im Antrag an die GBK genannten Kriterien Alter, Religion und ethnische Zugehörigkeit bei der Ablehnung seiner Bewerbung gespielt haben könnten, konnte dem Senat jedoch außer dieser Vermutung nicht nachvollziehbar darlegen, wie die Absage in irgendeinem Zusammenhang mit seinem Alter, seiner ethnischen Zugehörigkeit bzw. seiner Religion oder seiner Weltanschauung stehen würde.
Dem Senat wurde kein Bezug zwischen dem Bewerbungsverlauf samt der mangels Erfüllung der Ausschreibungsvoraussetzung in Verbindung mit dem u.a. auf Grund der im Schriftverkehr enthaltenen Rechtschreibfehler bei der Antragsgegnerin entstandenen negativen Gesamteindrucks vom Antragsteller zu Recht erfolgten Absage dargelegt, sondern der Antragsteller hat lediglich unsubstantiiert eine Diskriminierung auf Grund der genannten Merkmale behauptet.
Diesem Argument konnte der Senat jedoch nicht folgen, da in Österreich bekanntermaßen MitarbeiterInnen in technischen Bereichen gesucht werden und sich aus einer Absage mangels Erfüllung der Ausschreibungserfordernisse auch keinerlei Hinweise auf allfällig diskriminierende Motive der Antragsgegnerin ergeben.
Die Vorgangsweise der Antragsgegnerin, einen Recruitingvorgang nur mit jenen KandidatInnen, die die Ausschreibungserfordernisse erfüllen, fortzusetzen und Bewerbungen, die bereits bei der ersten Sichtung das Fehlen der Erfüllung dieser Voraussetzungen erkennen lassen, aus dem weiteren Recruitingprozess auszusondern, war für den Senat glaubwürdig, weil eine solche Vorgangsweise lebensnah und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.
Deshalb ist der Senat unter diesem Gesichtspunkt zum Ergebnis gekommen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass dieses von der Antragsgegnerin glaubhaft gemachte Motiv der Nichterfüllung der Ausschreibungsvoraussetzungen – und nicht das Alter, die ethnische Zugehörigkeit oder die Religion des Antragstellers – für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend gewesen war.
Der – an sich zu kritisierende - Umstand, dass die konkrete Stellenausschreibung nicht mehr vorgelegt werden konnte, hatte auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Antragsgegnerin jedoch keinen wesentlichen Einfluss, da das Vorliegen von Führungserfahrung für eine Leitungsposition begründet und plausibel erscheint.
Damit war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit bzw. der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.
Die Frage einer möglichen Diskriminierung beim Entgelt war vom Senat nicht zu prüfen, da es zu keiner Anstellung des Antragstellers durch die Antragsgegnerin gekommen ist.
Zuletzt aktualisiert am
24.06.2021