TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/19 VGW-151/004/12227/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.2021
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Entscheidungsdatum

19.04.2021

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs3
NAG §11 Abs5
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Bachert-Sedlak über die Beschwerde der mj. A. B. (geb.: 2019, StA: Kongo - Demokratische Republik) gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 1.7.2020, Zl. MA35-9/...1-01, betreffend den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Rot-Weiß-Rot - Karte (plus)" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.4.2021

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 1.7.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin vom 30.1.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mit der Begründung ab, dass ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ihr Vater über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG, gültig bis 27.7.2021 verfüge und seit 24.6.2020 bei der C. GmbH beschäftigt sei, wobei keinerlei Einkommensnachweise vorlägen. Der Antragsteller habe jedoch von sich aus initiativ ausreichende Unterhaltsmittel zu belegen. Die Herkunft des Kontoguthabens sei nicht erwiesen worden, ein weiteres Einkommen als X. könne nicht nachvollzogen werden. Die Miete betrage EUR 1049, die monatliche Kreditrückzahlung EUR 14,05. Ein vorgelegter Vorvertrag der Mutter könne nicht berücksichtigt werden. Die Abwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG falle zu Ungunsten der nunmehrigen Beschwerdeführerin aus, da zwar der Vater und eine Schwester über Aufenthaltstitel verfügten, die Mutter und weitere Geschwister jedoch in Ungarn als Schutzsuchende anerkannt seien, weshalb eine Ausreise mit der Mutter nach Ungarn möglich und zumutbar erscheine.

In den dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerden wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass durch das Einkommen des Vaters unter der Berücksichtigung von Mietkosten in Höhe von EUR 700, wobei die freie Station noch abzuziehen sei, der Richtsatz für die Familie zwar um rund EUR 530 nicht erreicht werde, die Familie aber noch nie auf Sozialhilfe angewiesen gewesen sei, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass die Familie auch weiterhin selbsterhaltungsfähig sei. Darüber hinaus sei es im Lichte des Art. 8 EMRK nicht zulässig, die Familie zu trennen. Es sei der Beschwerdeführerin – ohne nähere Ausführungen - nicht zumutbar, den Vater und die Schwester zu verlassen und in Ungarn zu wohnen. Die Kinder seien noch klein und die Entwicklung wäre dauerhaft beeinträchtigt, wenn die Familie nicht gemeinsam wohnen dürfe. Zwingende Versagungsgründe seien nicht gegeben, eine Wohnung, Sozialversicherung und zum Leben notwendige Dinge seien vorhanden.

Mit Schreiben vom 24.9.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss des Bezugsaktes dem Verwaltungsgericht Wien vor, wo diese am 29.9.2020 einlangten.

Das Verwaltungsgericht Wien führte am 7.4.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die belangte Behörde nicht teilnahm.

Der Beschwerdeführervertreter gab Folgendes zu Protokoll:

„Die angeforderten Unterlagen wurden deshalb nicht übermittelt, da sie mir eine Woche vor der MV noch nicht übermittelt wurden.

Vorgelegt werden:

KSV-Auszug des ZF vom 06.04.2021, Lohnzettel von Juni 2020 bis Februar 2021 des ZF, Lohnzettel vom 13.04.2020 der D. GmbH betreffend den ZF, sowie ein solcher für Februar 2020, 4 Seiten des Reisepasses des ZF, AT des ZF, E-card des ZF, E-Card der BF, Schreiben der E. F. vom 07.04.2021 über die Bezahlung eines Mietbeitrages, 2 Seiten des Reisepasses von E. F., Umsatzliste des Kontos des ZF vom 06.04.2021, Mietvertrag der Wohnung des ZF.

Über Vorhalt, dass kein gültiger Reisepass der BF vorlegt wurde: ich dachte, der sei dabei.

Der Nachweis eines rechtmäßigen Aufenthaltes im Inland kann nicht erbracht werden, die BF ist seit ihrer Geburt in Österreich durchgehend aufhältig und zwar bei ihren Eltern. Die Mutter hält sich ebenso nach wie vor, wie die Geschwister, der BF im Inland auf.

Es ist richtig, dass die BF im Inland verblieben ist, über die zulässige Dauer ihres erlaubten Aufenthaltes hinaus.

Die Familie besteht aus dem ZF, der Mutter, der BF und 3 weiteren Geschwistern, wobei 1 Schwester (G.) über eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus verfügt. E. F. dürfte kein Familienmitglied sein, diesbezüglich wird der ZF zu befragen sein. Der Richtsatz ist sohin für ein Ehepaar mit 4 mj. Kindern zu berechnen.

Über Vorhalt, dass die heute vorgelegten Lohnzettel den Richtsatz für die Familie nicht erreichen: das war schon zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung so, die Familie hat aber noch nie Sozialhilfe in Anspruch genommen.

Über Vorhalt, dass eine 74 m² große Wohnung für eine 6-köpfige Familien samt einer weiteren erwachsenen Person, welche nicht Familienangehörige ist, zu klein erscheinen könnte: aus meiner Sicht ist die Wohnung ausreichend, weil die Kinder noch keinen eigenen Schreibtisch brauchen.“

Der Vater der Beschwerdeführerin gab nach Wahrheitserinnerung und nach Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeiten als Zeuge befragt Folgendes zu Protokoll:

„Ich lebe seit 2009 in Österreich, ich bin Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Meiner Meinung nach, hat die BF ebenso die Staatsangehörigkeit der Demokr. Rep. Kongo. Ihre Mutter hat die Staatsangehörigkeit von Angola. Es gibt bis dato keinen Reisepass für die BF. Ich verfüge über einen AT gemäß § 41a/9 NAG , gültig bis 27.7.2021.

Es ist richtig, dass die BF am ...2019 in Wien geboren wurde. Sie hat am 30.01.2020 den gegenständlichen Antrag gestellt. Die BF ist seit ihrer Geburt durchgehend in Österreich aufhältig. Sie wartet auf ihren AT. Meine Gattin reist immer wieder nach Ungarn aus, sie ist dort asylberechtigt. Ebenso sind meine Söhne H. und I. in Ungarn asylberechtigt, sie reisen immer wieder nach Ungarn, sind aber die meiste Zeit in Wien. Derzeit ist meine Gattin in Ungarn. Die BF ist derzeit bei mir, sie war mit ihrer Mutter noch nicht in Ungarn. Die BF geht nicht in den Kindergarten, ich habe eine Nichte, die sich um sie kümmert und außerdem auch die Kirchgengemeinde, wo ich X. bin. Ich kann nicht angeben, wann genau und für welche Dauer meine Gattin in Ungarn aufhältig ist.

Ich habe meine Gattin in Österreich kennengelernt, wir haben auch in Wien geheiratet. Meine Gattin hatte bis dato noch keinen AT für Österreich.

Meine 4 Kinder sind bei mir, H. besucht ein Gymnasium, I. eine Privatschule und G. einen Privatkindergarten. Wenn ich in der Arbeit bin, kümmert sich meine Nichte um die Kinder sowie Mitglieder der Kirchengemeinde, wenn ich etwa G. nicht selbst in den Kindergarten bringen oder abholen kann. Mit Ausnahme der BF haben meine anderen 3 Kinder sowohl in Ungarn als auch in Österreich gelebt. Ich habe noch eine weitere Tochter in Afrika. Sie ist 12 oder 13 Jahre alt, ich habe keinen Kontakt zu ihr, ich zahle keinen Unterhalt.

Ich finanziere den Unterhalt für meine Familie durch mein unselbständiges Einkommen, meine Tätigkeit als X. und durch die Unterstützung meiner Nichte, welche 700,00 Euro monatlich an mich überweist.

Meine Gattin verfügt in Ungarn, J., über eine Wohnung, sie wohnt dort bei einer Dame. Sie ist in Ungarn nicht berufstätig. Auch die Kinder leben dort, wenn sie in Ungarn sind. Wie groß die Wohnung ist, kann ich nicht sagen. Ich kenne nur den Vornamen der Dame, K..

Ich bin als Lagerarbeiter tätig, bei der C. GmbH. Ich verdiene zwischen 1500,00 und 2000,00 Euro netto monatlich, abhängig von meinen Überstunden. Ich bin dort seit Ende Juni 2020 beschäftigt. Zuvor war ich von 2016 bis 2020 als Hilfskoch beschäftigt. Ich bin außerdem als X. tätig und verdiene dabei ca. 400,00 bis 500,00 Euro monatlich. Es handelt sich um eine ... Freigemeindekirche. Der Zeuge legt vor, eine Amtsbestätigung des BKA vom 23.12.2020 über die Freikirchen in Österreich und verweist darauf, dass darin eine freie Christengemeinde genannt ist, welche unter anderem durch den ZF vertreten wird. Einen Nachweis über meinen behaupteten Verdienst habe ich heute nicht mit.

Ich habe keine Schulden, ich hatte einmal einen Kredit, der ist ausbezahlt.

Ich wohne in der L.-Straße. Ich bin der Mieter dieser Wohnung, diese hat 74m². Sie besteht aus einer Wohnküche (25m²) sowie 2 Zimmern (knappe 12 m² bzw. 13,7m²). Ich lebe dort mit meiner Gattin, wenn sie hier ist und meinen Kindern, außerdem lebt dort E. F., sie ist meine Nichte. Ich glaube E. ist 30 Jahre alt, sie arbeitet in Wien. Die Miete beträgt 1.049,00 Euro. E. lebt seit mehr als 5 Jahren bei mir. Das größere der beiden Schlafzimmer benützen die 3 größeren Kinder, die BF schläft bei mir. Die BF hat ihr Kinderbett im kleineren Schlafzimmer, welches ich mit meiner Gattin bewohne. E. bewohnt ebenso wie die 3 größeren Kinder das größere Zimmer. Sie hat dort ihr eigenes Bett, die 3 größeren Kinder haben ein Stockbett. Dort ist außerdem der Schreibtisch von H.. I. hat keinen eigenen Schreibtisch, er benützt denjenigen von H. und hat auch im Eingangsbereich eine Möglichkeit zum Arbeiten, mit einem eigenen Tisch.

Die BF ist bei mir in der Krankenversicherung mitversichert.

Mit Ausnahme der Kernfamilie hat die BF keine weiteren familiären Verbindungen zu Österreich. In der Demokr. Rep. Kongo leben meine Mutter und meine 9 Geschwister. Ich und meine größeren Kinder haben fam. Kontakt zu meinen afrikanischen Familienmitgliedern, die BF ist dafür noch zu klein. Ich selbst habe im Kongo Elektromechaniker gelernt und war dort berufstätig, auch als X..

Über Befragung durch den BFV:

Das Wohnzimmer ist in der Nacht nicht benutzt.

Über Befragung durch die VL:

E. überweist seit Mitte August 2020 monatlich 700,00 Euro als Beitrag, davor hat sie es mir bar gegeben. Seit wir in der L.-Straße leben, leistet sie einen Beitrag von 700,00 Euro.

Übe Vorhalt der Bestätigung vom 30.01.2020 von E., wonach sie die Hälfte der Miete bezahle, dies aber nicht 700,00 Euro sind, gebe ich an: diese Bestätigung bezieht sich nur auf den Mietbeitrag, nicht aber auf den Beitrag zum Leben.

Über Befragung durch den BFV:

E. ist Teil unserer Familie. Alle Familienmitglieder erfreuen sich guter Gesundheit.

Sollte die BF keine AT erhalten, befürchte ich das Auseinanderbrechen der Familie, wir brauchen keine Unterstützung durch den österreichischen Staat, wir wollen bloß als Familie leben.

Für Kinder ist ein Aufwachsen mit dem Vater äußerst wichtig, um diese Möglichkeit ersuche ich auch für meine Kinder. Ich ersuche meiner Familie die Chance eines gemeinsamen Lebens in Österreich zu ermöglichen. Als X. begleite ich auch Familien und unterstütze sie in schwierigen Situationen. Seit ich in Österreich bin, war ich berufstätig und auf keinerlei finanzielle Hilfen angewiesen.“

In seinen Schlussausführungen betonte der Beschwerdeführervertreter, dass mit Ausnahme des fehlenden Reisepasses gegenständlich keine zwingenden Versagungsgründe vorlägen. Das Nichtvorhandensein des Reisepasses gründe daher, weil es von der Dem. Rep. Kongo keine Botschaft in Österreich gebe. Die Bemühungen des Zusammenführenden seien bislang nicht erfolgreich gewesen. Ein ausreichender Lebensunterhalt sei durch die glaubwürdige Aussage des Zusammenführenden belegt. Die Wohnsituation sei ortsüblich und ausreichend. Aus Gründen des Art. 8 des EMRK wäre jedenfalls ein Aufenthaltstitel zu erteilen. Der Beschwerdeführervertreter verzichtete auf die Verkündung der Entscheidung.

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Akten der belangten Behörde, die Beschwerden, die nachgereichten Unterlagen, durch Einsicht in öffentliche Register sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden entscheidungs-wesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Die Beschwerdeführerin, A. B., Staatsangehörigkeit: Demokratische Republik Kongo, wurde am ...2019 in Wien geboren und stellte am 30.1.2020 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Sie hat bislang das Bundesgebiet noch nie verlassen und ist seit ihrer Geburt durchgehend im Inland aufhältig. Sie verfügt über keinen Reisepass.

Der zusammenführende Vater, M. B., geb. 1977, Staatsangehörigkeit: Demokratische Republik Kongo, lebt seit 2009 in Österreich und verfügt über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG, gültig bis 27.7.2021.

Die Mutter der Beschwerdeführerin, K. N. B., geb. 1983, Staatsangehörigkeit Angola, verfügt über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und ehelichte am ...2016 in Wien den Zusammenführenden.

Die beiden haben vier Kinder, wobei eines davon, nämlich G. B., geb. ...2016, über einen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt. Die beiden Brüder der Beschwerdeführerin, H. B., geb. ...2010, und I. B., geb. ...2013, verfügen ebenso wie die Mutter über keine Aufenthaltstitel im Bundesgebiet. Die Mutter und die Brüder der Beschwerdeführerin sind in Ungarn asylberechtigt und verfügen über eine dortige Unterkunft.

Die sechsköpfige Familie wohnt in einer 74 m² großen Mietwohnung in Wien, L.-Straße, welche über eine Wohnküche und zwei Zimmer (11,89 m² und 13,69 m²) samt Nebenräumen verfügt, wobei der Zusammenführende Hauptmieter ist. In dieser Wohnung wohnt zudem G. F., geb. ...1991, und zwar seit 15.2.2018. Diese bewohnt gemeinsam mit den drei Geschwistern der Beschwerdeführerin das 13,69 m² Zimmer, wobei G. F. ein eigenes Bett hat und die drei Geschwister der Beschwerdeführerin in Stockbetten nächtigen. In diesem Zimmer befindet sich zudem der Schreibtisch von H.. I. hat keinen eigenen Schreibtisch, er benützt denjenigen von H. und hat auch im Eingangsbereich eine Möglichkeit zum Arbeiten, mit einem eigenen Tisch. Die Eltern schlafen mit der Beschwerdeführerin im 11,89 m² großen Zimmer, wobei die Beschwerdeführerin ein eigenes Kinderbett hat.

Die Miete für die Wohnung beträgt EUR 1049 und wird vom Zusammenführenden getragen. Dass G. F. dem Zusammenführenden einen Beitrag in Höhe monatlich EUR 700 leistet, konnte nicht festgestellt werden.

Die durchschnittliche Wohnfläche im ... Wiener Gemeindebezirk betrug im Jahr 2019 pro Bewohner 36 m², in ganz Wien 35 m².

In Wien bestand laut Mikrozensus im Jahr 2019 in 9,4 Prozent der Haushalte und österreichweit in 4,1 Prozent der Haushalte, österreichweit in Hauptmietwohnungen in 8,3 Prozent der Haushalte ein Überbelag. Laut EU-SILC bestand in Wien im Jahr 2019 bei österreichischen Staatsangehörigen in 4 Prozent der Haushalte ein Überbelag.

Der Zusammenführende ist seit 30.6.2020 bei der C. GmbH als Lagerarbeiter beschäftigt. Er brachte dabei folgendes Nettoeinkommen ins Verdienen:

Juni 2020: EUR 59,58, Juli 2020: EUR 1535,33, August 2020: EUR1706,73, September 2020: 1866,30, Oktober 2020: 2024,33, November 2020: EUR 1728,48, Dezember 2020: EUR 1887,39, Jänner 2021: 1519,38, Februar 2021 EUR 1498,07. Die Sonderzahlungen sind dabei mitberücksichtigt.

Ein weiteres Einkommen konnte nicht festgestellt werden. Der Zusammenführende hat keine Kreditschulden zu bedienen.

Der Zusammenführende bestreitet den Lebensunterhalt für die gesamte Familie alleine.

Mit Ausnahme ihrer Kernfamilie hat die Beschwerdeführerin keine weiteren familiären Bindungen zu Österreich. In der Demokratischen Republik Kongo leben ihre Großmutter väterlicherseits sowie neun Geschwister ihres Vaters, welcher ebenso wie ihre älteren Geschwister familiären Kontakt zu den afrikanischen Familienmitgliedern pflegen; die Beschwerdeführerin ist dafür noch zu klein.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin über keinen Reisepass verfügt, ergibt sich aus der fehlenden Vorlage eines solchen trotz Aufforderung durch das erkennende Gericht und wurde von der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch zugestanden.

Die Feststellungen zum Einkommen des Zusammenführenden gründen sich auf die in der mündlichen Verhandlung nachgereichten unbedenklichen Lohnzettel. Ein weiteres Einkommen des Zusammenführenden konnte jedoch nicht festgestellt werden, da ein solches als X. zwar behauptet, aber in keinster Weise belegt wurde. Die belangte Behörde bemängelte bereits in ihrem abweisenden Bescheid die diesbezüglich fehlenden Nachweise, weshalb für die Beschwerdeführerin ausreichend Zeit vorhanden war, entsprechende Belege im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachzureichen, was allerdings ohne Angabe von Gründen und trotz entsprechender Aufforderung mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung unterlassen wurde. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegte Amtsbestätigung des Bundeskanzleramtes vom 23.12.2020 über u.a. die Vertretung der „Y. – Freie Christengemeinde – …“ durch den Zusammenführenden und eine weitere Person, enthält keinerlei Ausführungen über einen monetären Bezug des Zusammenführenden und kann daher nicht zum Nachweis eines diesbezüglichen Einkommens dienen.

Dass der Zusammenführende den gesamten Lebensunterhalt für die Familie allein bestreitet, hat er selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugestanden und entspricht auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zur Wohnung des Zusammenführenden gründen sich auf den nachgereichten Mietvertrag, den im Akt der Behörde die Mutter der Beschwerdeführerin betreffend (Zl. MA 35-9/...2-01) erliegenden Plan der Wohnung sowie dem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen des Zusammenführenden im Rahmen seiner Befragung vor dem erkennenden Gericht. Die Feststellung, dass an dieser Adresse auch E. F. wohnhaft ist, ergibt sich aus der eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten und vom Zusammenführenden in seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Höhe der Miete ergibt sich aus dem Mietvertrag sowie den nachgereichten Kontodaten des Zusammenführenden.

Die Feststellung zur Mietbelastung des Zusammenführenden gründet sich auf nachstehende Überlegungen: Richtig ist zwar, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung Überweisungsbelege seit Ende August 2020 über einen Betrag von EUR 700 monatlich von E. F. an den Zusammenführenden vorgelegt wurden, das Gericht geht aber vielmehr davon aus, dass diese Überweisungen nur zum Zweck des Nachweises ausreichender Unterhaltsmittel des Zusammenführenden getätigt werden. Zum einen deshalb, da die belegten Überweisungen erst Ende August 2020 begannen, sohin zu einem Zeitpunkt, in dem der negative Bescheid der Behörde dem Zusammenführenden bereits bekannt war und diesem sohin aufgrund der Begründung des Bescheides bewusst sein musste, dass sein Einkommen den erforderlichen Richtsatz nicht erreicht. E. F. bewohnt diese Adresse aber bereits seit 15.2.2018. Darüber hinaus wurde im behördlichen Verfahren eine schriftliche Bestätigung von E. F. vorgelegt, wonach diese die Hälfte der Miete trage. Konfrontiert damit, dass anstatt rund EUR 500 nunmehr EUR 700 durch E. F. getragen würden, gab der Zusammenführende nicht überzeugend an, dass die Bestätigung im behördlichen Verfahren sich nur auf die Miete bezogen habe, die überwiesene Summe aber auch Unterhaltskosten beinhalte. Ebenso nicht glaubhaft erschien, dass E. F. diese Summe vor den belegten Überweisungen dem Zusammenführenden in bar gezahlt hätte. Dies auch deshalb, da bereits ein Entgelt in Höhe von EUR 500 für die Mitbenützung eines 13,69 m² großen Zimmers durch eine 30jährige Frau, in welchem bereits drei Kinder im Alter von fünf, sieben und elf Jahren leben, völlig überzogen erscheint, was umso mehr für ein Entgelt in Höhe von EUR 700 zu gelten hat, bedenkt man nämlich, dass selbst in Wien Garconnieren bzw. Einzimmerwohnungen ab ca. EUR 430 Miete am Immobilienmarkt zur Verfügung stehen. Das Gericht geht daher davon aus, dass diese Zahlungen nur pro forma erfolgen, um ein höheres Einkommen des Zusammenführenden erweisen zu können.

Die Feststellung zur durchschnittlichen Wohnfläche im ... Wiener Gemeindebezirk stützt sich auf die Publikation „Die … in Zahlen 2020 … Bezirk“ der Stadt Wien und der Statistik Austria. Die Feststellungen zu den übrigen statistischen Wohn-Daten ergibt sich aus der Publikation der Statistik Austria unter dem Titel „Wohnen 2019, Mikrozensus – Wohnungserhebung und EU-SILC“ vom 10.6.2020.

Die Feststellung, dass die Mutter der Beschwerdeführerin über eine Unterkunft in Ungarn verfügt sowie die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen in der Heimat des Zusammenführenden, gründen sich auf die entsprechenden Angaben des Zusammenführenden im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin das Bundesgebiet Zeit ihres Lebens nicht verlassen hat, gründet sich auf die eigene Angabe des Beschwerdeführervertreters im Rahmen der mündlichen Verhandlung und wurde auch vom Zusammenführenden bestätigt.

Die übrigen Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt, der nicht in Zweifel zu ziehen war. Insbesondere ergaben sich weder aus der Beschwerde noch aus dem sonstigen Vorbringen im behördlichen Verfahren irgendwelche Anhaltspunkte, die es erlaubt hätten, die Echtheit des Akteninhalts in Frage zu ziehen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) lauten:

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.   gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.   gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.   gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.   eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.   eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.   er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.   der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.   der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.   der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.   der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.   durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.   der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.   in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.   die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.   das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.   die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.   der Grad der Integration;

5.   die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.   die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.   Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.   die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.   die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.   sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.   der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. f und i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,

1a. der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,

2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

a) einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,

b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,

c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder

d) als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 304,45 €.

Gemäß § 293 Abs. 1 ASVG beträgt der Richtsatz

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,  

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der

eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1578,36 €

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 154,37 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

Rechtlich folgt daraus:

Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführerin auf die fehlenden finanziellen Mittel und dadurch auf die Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft.

Dem kann aus folgenden Erwägungen nicht entgegengetreten werden:

Zu den einschlägigen Normen des § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG führte der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.10.2010, Zl. B 1462/06, aus, dass dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden könne, wenn er zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft durch einen Fremden die Höhe der von diesem nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG knüpft. Vermag demnach ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG iVm Abs. 5 leg. cit. erfüllt (VwGH 30.1.2007, 2006/18/0448).

Zur konkreten Berechnung der notwendigen Mittel führte der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen ist, ob das Haushaltsnettoeinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a EO ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Aus § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa und Abs. 4 ASVG sowie § 292 Abs. 2 ASVG ist abzuleiten, dass der Berechnung, ob der in § 293 ASVG genannte Richtsatz erreicht wird und in welchem Ausmaß die Ausgleichszulage zusteht, das Haushaltsnettoeinkommen zu Grunde zu legen ist, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner im gemeinsamen Haushalt lebt. Dadurch hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass es zur Existenzsicherung im Falle des Bestehens bestimmter familiärer Bande nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz bedarf. Hingegen nehmen die Bestimmungen der §§ 291a ff EO über den unpfändbaren Freibetrag (das "Existenzminimum") keinen Bedacht darauf, ob der Verpflichtete in einem Mehrpersonenhaushalt lebt und somit die Gesamtbedürfnisse eines Ehepaares geringer wären als die verdoppelten Freibeträge. Schon aus diesem Grund kann das Existenzminimum des § 291a EO nicht auf alle Fälle einer Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG 2005 - die ausdrücklich anhand des § 293 ASVG vorzunehmen ist - angewendet werden. Der Zweck des § 11 Abs. 5 NAG 2005, die notwendigen Kosten der Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu gewährleisten, gibt keine Veranlassung zu der Annahme, dem Verpflichteten müsse darüber hinaus noch ein Existenzminimum für eine Einzelperson zur Verfügung stehen. Des Weiteren wird im Regelfall der Unterhalt dann, wenn Verpflichteter und Berechtigter im selben Haushalt wohnen, in Naturalleistungen erbracht. Dem gegenüber legen die §§ 291a ff EO den pfändungsfreien Teil bei einer Exekution auf Geldforderungen zur Hereinbringung eines in Geld bestehenden Anspruchs fest (VwGH 22.3.2011, 2007/18/0689).

Weiters judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der nach § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG zu fordernde Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes des Fremden gesichert sein muss und diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 31.5.2011, 2008/22/0709). Bei der Berechnung des vorhandenen Einkommens im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG sind auch die anteiligen Sonderzahlungen zu berücksichtigen (VwGH 15.12.2011, 2008/18/0629).

Jene Beträge, welche dem erforderlichen Einkommen in Richtsatzhöhe hinzuzurechnen sind, werden ebenso in § 11 Abs. 5 NAG demonstrativ aufgezählt. Der Zweck des Verweises des § 11 Abs. 5 auf § 292 Abs. 3 ASVG ist, einen ziffernmäßig bestimmten Betrag zu fixieren, bei dessen Erreichung von einer Deckung der üblicherweise notwendigen Kosten der Lebensführung ausgegangen werden kann. Nicht beinhaltet in diesem Betrag sind jedoch jene Kosten und Belastungen, die über die gewöhnliche Lebensführung im Einzelfall hinausgehen, womit unterschiedlichen Lebenssachverhalten Rechnung getragen wird. § 11 Abs. 5 2. Satz stellt klar, dass diese außergewöhnlichen Kosten dem gemäß § 293 ASVG erforderlichen Betrag hinzuzählen sind.

Durch die demonstrative Aufzählung verschiedener Passiva soll verdeutlicht werden, dass die individuelle Situation des Antragstellers oder des im Falle einer Familienzusammenführung für ihn Aufkommenden die Höhe der erforderlichen Unterhaltsmittel beeinflusst, weshalb die tatsächliche Höhe der Lebensführungskosten als relevanter Faktor mit zu berücksichtigen ist. Diese Ausgaben sind daher vom Nettoeinkommen in Abzug zu bringen. Dadurch bleibt gewährleistet, dass beispielsweise mit besonders hoher Miete belastete Fremde von vornherein nachweisen müssen, dass sie sich die von ihnen beabsichtigte Lebensführung im Hinblick auf ihr Einkommen auch tatsächlich leisten können.

Auch wurde ausdrücklich festgelegt, dass bei der Feststellung der über die gewöhnliche Lebensführung hinausgehenden Kosten der Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt zu bleiben hat und dass dieser Betrag zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes des Abs. 5 führt. Diese in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannte Größe entspricht dem ziffernmäßigen Betrag der freien 'Station'. Infolge dessen, dass nun Mietbelastungen als regelmäßige Aufwendung das feste und regelmäßige Einkommen des Antragstellers schmälern, hat der Wert der freien Station einmalig unberücksichtigt zu bleiben. Dies bedeutet, dass letztlich nur jene Mietbelastungen oder andere in der beispielhaften Aufzählung des zweiten Satzes des Abs. 5 genannte Posten, vom im Abs. 5 genannten Einkommen in Abzug zu bringen sind, welche über dem in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannten Betrag liegen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Betrag des § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG die notwendigen Unterhaltsmittel in Höhe der in Betracht kommenden Richtsätze des § 293 ASVG dann schmälert, wenn etwa gar kein Mietaufwand anfällt. Konkret zum anfallenden Mietaufwand sprach der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass die Berücksichtigung der den "Freibetrag" nach § 292 Abs. 3 ASVG übersteigenden monatlichen Mietbelastungen als einkommensmindernd grundsätzlich der Rechtslage nach den Änderungen im § 11 Abs. 5 NAG 2005 durch das FrÄG 2009 entspricht. Nach der sich aus den Materialien ergebenden Intention des Gesetzgebers kann es aber auch keinem Zweifel unterliegen, dass vom Begriff "Mietbelastungen" nicht nur der Hauptmietzins, sondern auch die - im vereinbarten Pauschalmietzins enthaltenen - Betriebskosten umfasst sind (VwGH 26.1.2012, 2010/21/0346).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ergibt sich bei der Beurteilung der Frage ausreichender finanzieller Mittel im gegenständlichen Fall nachstehendes Bild:

Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, zu ihrem Vater nach Österreich nachzuziehen, der den gesamten Lebensunterhalt für die gesamte sechsköpfige Familie allein bestreitet. Demnach ist zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Familie ein Betrag in Höhe von EUR 2195,84 zu veranschlagen.

Das festgestellte Einkommen des Zusammenführenden (durchschnittlich etwa EUR 1720 netto monatlich), welches er bei der C. GmbH erwirtschaftet, erreicht bei Weitem nicht den erforderlichen o.g. Richtsatz. Ein weiteres Einkommen als X. wurde zwar behauptet, jedoch in keinster Weise belegt, weshalb ein solches auch nicht berücksichtigt werden konnte. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach Fremde im Rahmen ihrer verstärkten Mitwirkungspflicht das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel initiativ und untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen haben. Dies trifft ebenso regelmäßig für den Nachweis des Bestehens einer alle Risiken abdeckenden und in Österreich leistungspflichtigen Krankenversicherung sowie eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft zu (VwGH 25.3.2010, 2010/21/0088; 29.4.2010, 2010/21/0109).

Dieses Einkommen des Zusammenführenden wird darüber hinaus durch Mietkosten in Höhe von EUR 1049 monatlich geschmälert, welche vermindert um den Betrag der freien Station mit EUR 744,55 zu veranschlagen sind. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Überweisungen der E. F. an den Zusammenführenden seit August 2020 unberücksichtigt bleiben mussten, wobei auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen wird, um Wiederholungen zu vermeiden. Der erforderliche Richtsatz wird sohin bei Weitem nicht erreicht, was im Übrigen sowohl in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung durch die Beschwerdeführerin bzw. deren Vertreter zugestanden wurde. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass selbst unter Berücksichtigung von monatlichen Zahlungen in Höhe von EUR 700 durch E. F. an den Zusammenführenden, welche seine Mietbelastung entsprechend minimieren würden, der erforderliche Richtsatz dennoch nicht annähernd erreicht werden würde, weshalb für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen wäre, weil bereits das Einkommen des Zusammenführenden zu gering ist. Daran ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nichts, dass die Familie bislang ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfen ausgekommen sei.

Damit liegt das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG vor.

Hinzu kommt, dass gegenständlich auch der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG vorliegt. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt. Gegenständlich hat die Beschwerdeführerin ihre erlaubte Aufenthaltsdauer massiv überschritten, da sie seit ihrer Geburt im Bundesgebiet verblieben ist, womit das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG gegeben ist.

Darüber hinaus kann auch die Unterkunft der Beschwerdeführerin keinesfalls als ortsüblich im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG angesehen werden. Gegenständlich leben bereits – unabhängig von der Beschwerdeführerin - drei erwachsene Personen sowie drei Kinder im Alter von fünf, sieben und elf Jahren, in einer 74 m² großen Wohnung, welche aus einer Wohnküche und zwei Zimmern besteht. Eine erwachsene Person, nämlich E. F., teilt sich dabei mit den drei Geschwistern der Beschwerdeführerin im Alter von fünf, sieben und elf Jahren ein 13,69 m² großes Zimmer. Dass dabei nicht genug Rückzugsmöglichkeiten, Platz und Ruhe für Schularbeiten für die schulpflichtigen Kinder gegeben ist und E. F. über gar keine Privatsphäre verfügt, liegt auf der Hand. Eine solche Wohnsituation kann aber nicht, und zwar bereits unabhängig vom Zuzug der Beschwerdeführerin, als ortsüblich angesehen werden.

Laut den statistischen Daten für den ... Wiener Gemeindebezirk betrug im Jahr 2019 die durchschnittliche Nutzfläche je Bewohner 36 m². Im Vergleich dazu stellt sich die Wohnung des Zusammenführenden mit einer Gesamtnutzfläche von 74 m² für drei erwachsene Personen und drei Kinder (unabhängig vom Zuzug der Beschwerdeführerin) bereits eindeutig als unterdurchschnittlich dar.

Darüber hinaus wird bei den Kriterien der Richtlinien für die Vergabe von Gemeindewohnungen in Wien (basierend auf EU-SILC, „Community Statistics on Income and Living Conditions“) bei weniger als drei Wohnräumen (ohne Nebenräume) für drei oder vier Personen von einem Überbelag, welcher bei der Zuteilung von Wohnungen berücksichtigt wird, ausgegangen (VwGH 5.5.2000, 99/19/0010; vgl. zu EU-SILC 2014 und der Definition von „Überbelag“ auch http://www.statistik.at/web_de/frageboegen/private_haushalte/eu_silc/index.html). Dabei wird die Anzahl der Wohnräume ins Verhältnis zur Anzahl der Personen im Haushalt gesetzt, wobei die Küche nicht als Wohnraum gezählt wird.

Damit ist bereits ohne Zuzug der Beschwerdeführerin zweifelsfrei ein Überbelag gegeben, da sich drei erwachsene Personen und drei Kinder zwei Zimmer und eine Wohnküche teilen müssen.

Unter Zugrundelegung des von der Statistik Austria unter dem Titel „Wohnen 2019, Mikrozensus – Wohnungserhebung und EU-SILC“ publizierten Berichts bestand in Wien im Jahr 2019 in 9,4 Prozent der Haushalte und österreichweit in 4,1 Prozent der Haushalte ein Überbelag, wobei in Hauptmietwohnungen österreichweit in 8,3 Prozent der Haushalte ein Überbelag bestand. Laut EU-SILC bestand in Wien im Jahr 2019 bei österreichischen Staatsangehörigen in 4 Prozent der Haushalte ein Überbelag.

Es ist somit im Beschwerdefall mit Blick auf die in Rede stehende Wohnung davon auszugehen, dass in vergleichbaren Wohngegenden andere Bewohner zu einem noch ins Gewicht fallenden Anteil (nämlich ca. 90,6 Prozent bis 95,9 bzw. 96 Prozent der Haushalte) vergleichbare Wohnungen so nutzen, dass entsprechend den dem Bericht der Statistik Austria zugrunde gelegten Kriterien kein Überbelag besteht und die gegenständliche Unterkunft daher keine ortsübliche Unterkunft für die Beschwerdeführerin wäre.

In vergleichbaren inländischen Familien kann zudem davon ausgegangen werden, dass jede erwachsene Einzelperson über einen eigenen privaten Bereich, sohin ein eigenes Zimmer verfügt, was sich etwa auch aus der o.g. Statistik ergibt, wonach die durchschnittliche Nutzfläche je Bewohner im ... Wiener Gemeindebezirk 36 m² beträgt. Es entspricht vielmehr der Lebenserfahrung, dass sich auch in vergleichbaren inländischen Familien bloß minderjährige und zudem etwa ab dem Schulalter nur mehr gleichgeschlechtliche Geschwister ein Zimmer teilen, nicht aber verschiedengeschlechtliche oder erwachsene Personen, und zwar unabhängig davon, ob sie miteinander verwandt sind oder nicht.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert jedoch ausdrücklich, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 1 bis 7 NAG erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK geboten ist.

Art. 8 EMRK verlangt eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des besagten persönlichen Interesses ist aber auch auf die Auswirkungen, die die fremdenpolizeiliche Maßnahme auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 27.9.2010, 2009/22/0036 mwN). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass (…) humanitäre Gründe (…) zu bejahen sind. Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert; sowie die Bindungen zum Heimatstaat. Aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sind bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VwGH 18.6.2009, 2008/22/0387).

Weiters erfordert die nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmende Interessensabwägung eine fallbezogene Auseinandersetzung mit den konkreten Lebensumständen des Fremden und dem daraus ableitbaren Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens in Österreich (VwGH 22.12.2009, 2008/21/0379). Somit ist für die Beurteilung, ob die Versagung eines Aufenthaltstitels einen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellt an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles und unter Bedachtnahme auf die in § 11 Abs. 3 Z 1 bis 8 genannten Kriterien eine gewichtende Gegenüberstellung des Interesses des Fremden an der Erteilung des Aufenthaltstitels und dem öffentlichen Interesse an der Versagung vorzunehmen (VwGH 20.10.2011, 2009/21/0182).

Eine wie vom Gerichtshof geforderte Abwägung öffentlicher und privater Interessen führt zu nachstehenden Erwägungen:

Wesentlich erscheinen bei der Beurteilung der öffentlichen Interessen an der Versagung des beantragten Aufenthaltstitels, dass es im gegenständlichen Fall gleich an mehreren Voraussetzungen mangelt (fehlende ausreichende liquide Mittel zur Finanzierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich, unrechtmäßiger Verbleib im Inland sowie fehlende ortsübliche Unterkunft für die Beschwerdeführerin). Auf die dadurch beeinträchtigten öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sowie an der Hintanhaltung finanzieller Belastungen der Gebietskörperschaft wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Dem steht der Umstand gegenüber, dass die Beschwerdeführerin bei ihrem in Österreich aufenthaltsberechtigten Vater, gemeinsam mit ihrer ebenfalls aufenthaltsberechtigten Schwester, leben möchte. Die Mutter der Beschwerdeführerin und ihre beiden Brüder sind in Ungarn asylberechtigt, halten sich aber den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu Folge im Bundesgebiet auf.

Art. 8 EMRK enthält keine generelle Pflicht für die Vertragsstaaten, die Wohnortwahl von Immigranten zu respektieren und auf ihrem Staatsgebiet Familienzusammenführungen zuzulassen. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Thematik der Zuwanderung betreffen, wird das Maß an Verpflichtung, Verwandte von rechtmäßig aufhältigen Personen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen, je nach den Umständen des Einzelfalls der betroffenen Personen und des Allgemeininteresses variieren. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört wird, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat sind, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gibt, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben, ob konkrete Umstände im Hinblick auf die Einreisekontrolle (z.B. Verstöße gegen die Einreisebestimmungen) oder Überlegungen im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit eher für eine Ausweisung sprechen und auch ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart gewesen ist, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist (VwGH 19.2.2009, 2008/18/0721).

Die einjährige Beschwerdeführerin wurde in Wien geboren und hat das Bundegebiet seither nicht verlassen.

Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK zu (VwGH vom 23.6.2015, Ra 2015/22/0026 und 0027).

Das Verwaltungsgericht Wien übersieht nicht, dass die Verweigerung eines Aufenthaltstitels einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin darstellt, da ihr Vater und ihre Schwester, die über Aufenthaltstitel verfügen, in Österreich leben. Dem steht allerdings einerseits der Umstand entgegen, dass der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin nach den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung bei Weitem nicht gesichert ist sowie andererseits der rechtswidrige Verbleib der Beschwerdeführerin nach der an sich zulässigen Inlandsantragstellung ebenso wie der Umstand, dass sich die Eltern der Beschwerdeführerin als ihre gesetzliche Vertreter unstrittig deren unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und somit nicht damit rechnen durften, dass die Beschwerdeführerin dauerhaft in Österreich bleiben konnt

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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