TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/11 96/07/0099

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.1997
beobachten
merken

Index

L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §316;
ABGB §339;
ABGB §362;
ABGB §372;
AVG §13 Abs3;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfGG §34 Abs5;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs2;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs3;
ZPO §454 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/07/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerden

1) des BR und 2) des MR, beide in L und beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung A) vom 25. März 1996, Zl. Bod - 4367/53 - 1996 (96/07/0099), und B) vom 27. März 1996, Zl. Bod - 4367/55 - 1996 (96/07/0101), jeweils betreffend Besitzstörung (A) Mitbeteiligte Parteien zu 96/07/0099: 1) JG und 2) EG, beide in L und beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, B) Mitbeteiligte Partei zu 96/07/0101: JH in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.130,--, den mitbeteiligten Parteien zu 96/07/0099 zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.740,-- und der mitbeteiligten Partei zu 96/07/0101 Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Parteien zu 96/07/0099 wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte der Beschwerdefälle wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 95/07/0199, 0200 und 0201, verwiesen.

Mit einem am 18. April 1995 bei der Agrarbezirksbehörde Linz (AB) eingelangten Schreiben vom 14. April 1995, welches im Kopf des Schriftstückes beide mitbeteiligte Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) zu 96/07/0099 aufwies, jedoch lediglich von der 2. MP dieses Verfahrens unterschrieben war, wurde der AB mitgeteilt, daß der Zweitbeschwerdeführer am 5. April den Besitz der MP zu 96/07/0099 am Grundstück Nr. 850 KG L dadurch gestört habe, daß er dieses Grundstück mit chemischen Mitteln gespritzt habe, weshalb die beiden Beschwerdeführer schuldig zu erkennen seien, sich weiterer derartiger Störungen bei sonstiger Exekution zu enthalten.

Aus den zum Beschwerdeverfahren 96/07/0100 vorgelegten Verwaltungsakten kann entnommen werden, daß im Zuge einer von der AB auch über diesen Antrag durchgeführten Verhandlung vom 12. Oktober 1995 die in dieser Verhandlung anwesende 1. MP zu 96/07/0099 ausdrücklich mit Unterschrift bestätigte, daß der Besitzstörungsantrag vom 14. April 1995 auch von ihr gestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1995 traf die AB die spruchmäßige Feststellung, daß die MP zu 96/07/0099 in ihrem ruhigen Besitz am Grundstück Nr. 850 KG L dadurch gestört worden seien, daß der Zweitbeschwerdeführer am 5. April 1995 auf diesem Grundstück eine Unkrautbekämpfung in Form einer chemischen Spritzung vorgenommen habe, und erkannte beide Beschwerdeführer schuldig, künftig weitere derartige Besitzstörungen bezüglich des Grundstückes Nr. 850 KG L zu unterlassen.

Die MP zu 96/07/0101 teilte der AB mit einem bei dieser am 29. März 1995 eingelangten Schreiben mit, daß der Erstbeschwerdeführer das Grundstück Nr. 1576, welches sie seit Oktober 1994 von Familie Johann K. gepachtet habe, am 17. März 1995 mit Sommergetreide bebaut habe. In einer bei der AB am 11. April 1995 eingelangten Ergänzung dieses Anbringens führte die MP zu 96/07/0101 aus, die Ehegatten Johann und Anna K. hätten vom Erstbeschwerdeführer und seiner Ehegattin seit 15 Jahren aufgrund einer mündlichen Vereinbarung das Grundstück Nr. 1578 KG L gepachtet, wobei Einigkeit dahin bestanden habe, dieses Pachtverhältnis bis zur Neuordnung des Zusammenlegungsgebietes bestehen zu lassen; es hätten die Ehegatten K. ihrerseits dem Erstbeschwerdeführer und seiner Gattin eine andere, etwa gleich große Fläche zur Bewirtschaftung überlassen. Die beiden Beschwerdeführer hätten das oben genannte Grundstück am 17. März 1995 gemeinsam bebaut. Als die MP zu 96/07/0101 am 4. April 1995 auf diesem Grundstück Feldarbeiten habe durchführen wollen, sei sie daran gehindert worden. Die MP zu 96/07/0101 stelle daher den Antrag, festzustellen, daß die Beschwerdeführer sie durch die eigenmächtige Bebauung des von ihr in Pacht genommenen Grundstückes in ihrem ruhigen Besitz gestört hätten; die Beschwerdeführer seien schuldig zu erkennen, sich weiterer derartiger Störungen bei sonstiger Exekution zu enthalten.

In einer Stellungnahme zu diesem Anbringen der MP zu 96/07/0101 führten die Beschwerdeführer unter anderem aus, nicht Eigentümer des Grundstückes Nr. 1578 KG L zu sein; von der MP sei offensichtlich das Grundstück Nr. 1576 gemeint, an welchem die MP aber aus mehreren Gründen keinen ruhigen Besitz haben könne. In einer weiteren Stellungnahme brachten die Beschwerdeführer vor, daß nach einer ihnen von Johann K. erteilten Information "das klagsgegenständliche Grundstück 1576 KG L" im Pachtvertrag zwischen den Ehegatten K. und der MP zu 96/07/0101 nicht enthalten sei.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1995 traf die AB die spruchmäßige Feststellung, daß die MP zu 96/07/0101 in ihrem ruhigen Besitz am Grundstück Nr. 1576 KG L dadurch gestört worden sei, daß die Beschwerdeführer dieses Grundstück am 17. März 1995 bebaut hätten, und erkannte die Beschwerdeführer schuldig, künftig weitere derartige Besitzstörungen bezüglich des Grundstückes Nr. 1576 KG L zu unterlassen.

Den gegen die beiden Bescheide der AB vom 19. Oktober 1995 von den Beschwerdeführern erhobenen Berufungen blieb mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde ein Erfolg versagt.

In der Begründung des zu 96/07/0099 angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde im hier noch interessierenden Umfang fest, daß der Vater der 2. MP dieses Verfahrens, welchem das im Eigentum des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehegattin stehende Grundstück Nr. 850 KG L im Ergebnis seinerzeitiger Bewirtschaftungsvereinbarungen zur Bewirtschaftung übergeben worden war, seinen landwirtschaftlichen Betrieb beiden MP zu 96/07/0099 mit Notariatsakt vom 5. April 1993 je zur Hälfte übergeben habe. Der Eigentumsübergang habe sich auf alle Rechte und Pflichten erstreckt, mit denen der Übergeber das Übergabeobjekt bisher besessen und benützt habe oder doch zu besitzen oder zu benützen berechtigt gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer und seine Gattin hätten die mit dem Vater der 2. MP zu 96/07/0099 abgeschlossene seinerzeitige Bewirtschaftungsvereinbarung auch gegenüber dessen Rechtsnachfolgern, den MP, zunächst eingehalten und erst im Sommer/Herbst 1994 als nicht mehr gültig betrachtet. Dem Einwand, daß es dem Erstbeschwerdeführer an der Passivlegitimation fehle, sei entgegenzuhalten, daß im Besitzstörungsverfahren nicht nur der unmittelbare Störer, sondern ganz allgemein jeder belangt werden könne, von dem Abhilfe erwartet werden könne oder dessen Hilfsperson der Störer oder in dessen Interesse die Störungshandlung vorgenommen worden sei. Unter diesen Gesichtspunkten sei die Haftung des Erstbeschwerdeführers für die Besitzstörungshandlungen des Zweitbeschwerdeführers eindeutig zu bejahen, weil diese Akte der Interessenssphäre des Erstbeschwerdeführers zuzurechnen seien.

In der Begründung des zu 96/07/0101 angefochtenen Bescheides traf die belangte Behörde die Feststellung, daß Johann und Anna K. mit Pachtvertrag vom 27. September 1994 aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb eine Reihe von Grundstücken an die MP dieses Verfahrens mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1994 verpachtet hätten, wobei die im schriftlichen Vertrag bezeichneten Parzellen das Pachtobjekt nicht vollständig wiedergäben, weil zu diesem auch Grundflächen gehörten, welche auf dem Wege der seinerzeitigen Bewirtschaftungsvereinbarungen in den Besitz der Verpächter gelangt seien, was auf das im Eigentum des Erstbeschwerdeführers und seiner Gattin stehende Grundstück Nr. 1576 KG L zutreffe. Aus der Überbindung der aus den Bewirtschaftungsvereinbarungen für Johann und Anna K. resultierenden Rechte auf die MP zu 96/07/0101 sei diese zur Bewirtschaftung des Grundstücks Nr. 1576 KG L berechtigt. Bei der Anführung des Grundstückes Nr. 1578 statt 1576 im Besitzstörungsantrag handle es sich um ein offenkundiges Schreibversehen der MP, welches einer Beurteilung des Besitzstörungsantrages als rechtzeitig gestellt nicht entgegenstehe. Ein von den Ehegatten Johann und Anna K. wegen einer Besitzstörungshandlung der Beschwerdeführer im Oktober 1994 gestellter Besitzstörungsantrag sei nur deswegen rechtskräftig abgewiesen worden, weil die Behörde die Auffassung vertreten habe, daß zufolge Verpachtung des Grundstückes Nr. 1576 KG L an die MP des Verfahrens zu 96/07/0101 mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1994 bereits die MP Besitzer dieses Grundstücks gewesen sei und nicht mehr die Ehegatten Johann und Anna K.; das Fehlen eines Besitzes der Ehegatten Johann und Anna K., den sie an die MP zu 96/07/0101 hätten übertragen können, lasse sich aus dem betroffenen Abweisungsbescheid keineswegs entnehmen.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden begründen die Beschwerdeführer ihre Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zusammengefaßt mit folgenden Argumenten:

Die erstinstanzlichen Bescheide seien trotz gestellten Ablehnungsantrages von einem befangenen Organwalter erlassen worden. Den MP beider Verfahren fehle es am ruhigen Besitz deswegen, weil die seinerzeitigen Bewirtschaftungsvereinbarungen keinen Rechtsbesitz hätten verschaffen können, weil die MP beider Verfahren den Erwerb eines Rechtsbesitzes an den betroffenen Flächen von den behaupteten Rechtsvorgängern weder nach dem Inhalt des Übergabevertrages (96/07/0099) noch nach dem Inhalt des Pachtvertrages (96/07/0101) erwiesen hätten und sich auch nicht auf eine Einräumung des Besitzes durch die Eigentümer der Grundstücke stützen könnten und weil schließlich die MP beider Verfahren zudem vom Erstbeschwerdeführer und seiner Ehegattin zeitlich schon vor den behaupteten Besitzstörungshandlungen bei der AB mit Anträgen auf Unterlassung von Eingriffen in ihre Eigentumsrechte an den betroffenen Flächen belangt worden seien. Die MP zu 96/07/0099 hätten durch ihr in der Verhandlung vor der AB vom 12. Oktober 1995 dokumentiertes Verhalten den Besitz des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehegattin am Grundstück Nr. 850 KG L "anerkannt". Die 1. MP dieses Verfahrens habe den Besitzstörungsantrag nicht unterschrieben. Die in diesem Verfahren geltend gemachten Besitzstörungshandlungen könnten dem Erstbeschwerdeführer nicht zugerechnet werden. Der Besitzstörungsantrag der MP zu 96/07/0101 sei außerhalb der Frist des § 454 Abs. 1 ZPO gestellt worden, weil diese MP die im seinerzeitigen Antrag mit dem Grundstück Nr. 1578 KG L als von der Besitzstörung betroffen genannte Fläche erst in der Verhandlung vor der AB am 12. Oktober 1995 durch nunmehrige Angabe des Grundstückes Nr. 1576 KG L ausgewechselt habe. Daß die Ehegatten Johann und Anna K., auf deren Rechtsbesitz die MP zu 96/07/0101 sich berufen habe, einen solchen Rechtsbesitz am Grundstück Nr. 1576 KG L nicht gehabt hätten, habe die AB mit rechtskräftigem Bescheid vom 9. März 1995 festgestellt.

Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und in ihren Gegenschriften ebenso wie die jeweiligen MP die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und erwogen:

Zu den Rechtswirkungen der in Siebzigerjahren von den Abwindener Landwirten abgeschlossenen Bewirtschaftungsvereinbarungen hat der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, 95/07/0199, 0200 und 0201, bereits dahin Stellung genommen, daß diese Bewirtschaftungsvereinbarungen geeignet waren, ihren Partnern Rechtsbesitz an jenen Grundflächen zu verschaffen, welche sie sich wechselseitig ohne Übertragung des Eigentums zur Bewirtschaftung bis zur Wirksamkeit der Neuordnung des Gebietes im Zusammenlegungsverfahren überlassen hatten.

Der Rechtsbesitz der Partner der seinerzeitigen Bewirtschaftungsvereinbarungen erstreckt seine Wirkungen auf alle Personen, welche die Sachinhabung aus diesem Rechtsbesitz mit Zustimmung des Rechtsbesitzers ausüben; auch dem mittelbaren Besitzer kommt Besitzschutz zu (vgl. Spielbüchler in Rummel I2 RZ 1 zu § 339 ABGB). Daß diese Voraussetzung für die MP beider Verfahren zutrifft, hat die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden festgestellt, ohne daß die Beschwerdeführer eine der Behörde mit diesen Feststellungen unterlaufene Rechtswidrigkeit ihrer Tatsachenermittlung aufzeigen könnten. Daß die vom vorliegenden Streit betroffenen Grundflächen in den jeweiligen Vertragsurkunden (Übergabevertrag zu 96/07/0099 und Pachtvertrag zu 96/07/0101) nicht aufscheinen, findet eine naheliegende Erklärung in dem Umstand, daß diese Flächen nicht im Eigentum der Personen standen, welche die Bewirtschaftungsrechte an den Flächen an die MP übertrugen.

Daß der ruhige Besitz der MP beider Verfahren dadurch hätte verloren gehen können, daß der Erstbeschwerdeführer und seine Gattin ihre auf das Eigentum an den betroffenen Flächen gestützten Besitzrechte zuvor mit Unterlassungsanträgen bei der AB geltend gemacht hatten, ist eine von den Beschwerdeführern vorgetragene Rechtsauffassung, mit der sie das Wesen des possessorischen Rechtsschutzes verkennen. Dieser besteht gerade auch jenem gegenüber, der in den Besitz eines anderen eingreift, ohne das Ergebnis eines gegen den anderen angestrengten petitorischen Verfahrens abzuwarten.

Zum Beschwerdevorbringen über die Befangenheit des Verfassers des erstinstanzlichen Bescheides genügt es gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG, die Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 96/07/0077, zu verweisen.

Daß das den Besitzstreit zu 96/07/0099 betreffende einleitende Anbringen deswegen der 1. MP dieses Verfahrens nicht zugerechnet werden dürfe, weil sie es nicht unterschrieben hatte, trifft nicht zu. Die 1. MP zu 96/07/0099 war im Briefkopf des Schreibens als Antragsteller angeführt, von einer ausdrücklichen Bevollmächtigung konnte die Behörde angesichts der Vertretung der 1. MP durch die amtsbekannte Ehefrau aus dem Grunde des § 10 Abs. 4 AVG Abstand nehmen, darüber hinaus hat die Behörde im vorliegenden Fall auch von der Bestimmung des § 13 Abs. 4 AVG insofern Gebrauch gemacht, als sie die 1. MP in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 1995 ausdrücklich mit Unterschrift bestätigen ließ, daß der Besitzstörungsantrag vom 14. April 1995 auch von ihr gestellt worden sei.

Weshalb die MP zu 96/07/0099 durch ihr in der Verhandlung vor der AB vom 12. Oktober 1995 dokumentiertes Verhalten den Besitz des Erstbeschwerdeführers am Grundstück Nr. 850 KG L hätten "anerkennen" sollen, kann der Gerichtshof nicht nachvollziehen. Aus den Aussagen der MP in dieser Verhandlung geht hervor, daß die vom Streit betroffene Fläche von ihnen im November 1994 nicht mehr bewirtschaftet wurde, weil sie abwarten wollten, wie der Besitzstreit im vorangegangenen Verfahren (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 95/07/0199, 0200 und 0201) durch die AB geregelt werden würde. Der das vorliegende Verfahren einleitende Antrag wurde am 14. April 1995, somit bereits 11 Tage nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Vorverfahren verfaßt. Schon unter diesem Aspekt scheidet die Annahme eines Verzichtes der MP zu 96/07/0099 auf die aus den Bewirtschaftungsvereinbarungen mit dem Vater der 2. MP erwachsenen Rechte sachverhaltsbezogen völlig aus. Daß die MP zunächst den Ausgang des ersten Besitzstörungsverfahrens abwarten wollten, konnte ihnen den aus der Rechtsstellung des Vaters der 2. MP abgeleiteten Rechtsbesitz am Grundstück Nr. 850 KG L nicht nehmen.

Es teilt der Gerichtshof auch die Auffassung der Beschwerdeführer nicht, daß der Erlassung des zu 96/07/0099 angefochtenen Bescheides auch dem Erstbeschwerdeführer gegenüber der Umstand entgegenstünde, daß diesem die von seinem Sohn durchgeführte Unkrautbekämpfung auf dem Grundstück Nr. 850 KG L nicht zugerechnet werden dürfe. Daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auch gegenüber dem Erstbeschwerdeführer getroffen hat, hat sie unter Übernahme der in der zivilgerichtlichen Judikatur zu dieser Frage entwickelten Grundsätze mit Argumenten begründet, denen im Beschwerdefall nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann. Die Besitzstörung nicht nur dem in den Besitz unmittelbar eingreifenden Zweitbeschwerdeführer, sondern auch dem Grundnachbarn und Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes zuzurechnen, in dessen Rahmen der Zweitbeschwerdeführer die Unkrautbekämpfung auf der strittigen Fläche durchgeführt hatte, war nicht rechtswidrig.

Daß die MP des Verfahrens zu 96/07/0101 deswegen die Frist des § 454 Abs. 1 ZPO versäumt hätte, weil sie in ihrem bei der AB am 11. April 1995 eingelangten Anbringen das von der Besitzstörung betroffene Grundstück mit einer unrichtigen Grundstücksnummer bezeichnet hatte, trifft nicht zu. Daß es sich bei der Anführung der Grundstücksnummer 1578 anstatt 1576 in dem betroffenen Anbringen um ein offensichtliches Schreibversehen gehandelt hatte, haben die Beschwerdeführer in ihren Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren ausdrücklich zugestanden, indem sie unter anderem das Grundstück Nr. 1576 KG L auch ausdrücklich als "klagsgegenständlich" bezeichneten. War die Identität der im Anbringen unrichtig bezeichneten Fläche der Störungshandlungen zwischen den Streitparteien nie strittig, dann konnte die falsch gewählte Bezeichnung auch außerhalb der Frist des § 454 Abs. 1 ZPO noch richtiggestellt werden (vgl. hiezu MGA 614 E 34 zu § 454 ZPO). Hinzu kommt noch, daß das betroffene Grundstück in der ersten, bei der AB schon am 29. März 1995 eingelangten und auf die Besitzstörung bezugnehmenden Eingabe der MP zu 96/07/0101 ohnehin richtig mit der Nummer 1576 bezeichnet worden war.

Soweit sich die Beschwerdeführer schließlich noch auf den Bescheid der AB vom 9. März 1995 berufen, mit welchem ein Besitzstörungsantrag der Ehegatten Johann und Anna K. gegen die Beschwerdeführer mit der Begründung abgewiesen worden war, daß die Ehegatten Johann und Anna K. deswegen nicht ruhige Besitzer des Grundstückes Nr. 1576 KG L seien, weil sie dieses Grundstück zum Zeitpunkt der damals geltend gemachten Besitzstörungshandlungen schon an die MP des Verfahrens zu 96/07/0101 verpachtet hatten, sind die Beschwerdeführer zu diesem Argument auf die Begründung des zu 96/07/0101 angefochtenen Bescheides zu verweisen. Die Gründe des von den Beschwerdeführern im vorliegenden Verfahren ins Treffen geführten Bescheides der AB vom 9. März 1995 sprechen gegen und nicht für den von den Beschwerdeführern eingenommenen Standpunkt.

Die sich insgesamt als unbegründet erweisenden Beschwerden waren demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der MP zu 96/07/0099 gründet sich hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes auf § 49 Abs. 6 VwGG und hinsichtlich des Stempelgebührenaufwandes auf die gebotene sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 53 Abs. 2 VwGG auch auf mitbeteiligte Parteien, die in getrennten, jedoch die Unterschrift desselben Rechtsanwaltes ausweisenden Gegenvorschriften einer Beschwerde entgegentreten. An Stempelgebührenaufwand entstand für die Gegenschrift nur ein Betrag von S 240,--.

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Angaben fehlerhafte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070099.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten