Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Abtretung der Beschwerde an den VerwaltungsgerichtshofSpruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird Folge gegeben.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit dem am 20. April 1995 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung nach §87 Abs3 VerfGG und stellt unter einem den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
2. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages bringt der Einschreiter im wesentlichen vor:
"Der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28.2.1995, B448/95-3, wurde dem ausgewiesenen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 28.3.1995 zugestellt. Aufgrund eines Versehens wurde jedoch die 14tägige Frist zur Antragstellung gemäß §87 Abs3 VfGG von der Kanzleileiterin nicht in das Fristenbuch eingetragen, so daß der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Die Fristen werden in der Kanzlei des einschreitenden Rechtsanwaltes von der langjährigen Kanzleileiterin, Frau M W, unter Aufsicht des einschreitenden Rechtsanwaltes selbständig im Fristenbuch eingetragen. Diese Fristenverwaltung erfolgt von der Kanzleileiterin nunmehr seit mehr als drei Jahren, ohne daß dieser jemals ein Fehler unterlaufen wäre, bzw. Fristen nicht eingetragen worden wären."
Eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleileiterin wurde vorgelegt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:
1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146ff ZPO sinngemäß anzuwenden.
Nach §146 ZPO ist einer Partei soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10489/1985, 10880/1986).
2. Der glaubwürdige Umstand, daß eine (sonst zuverlässige) Kanzleileiterin einer Rechtsanwaltskanzlei einen Termin unrichtig eingetragen oder die Vormerkung eines Termins unterlassen hat, stellt für den Rechtsanwalt ein unvorhergesehenes Ereignis dieses minderen Versehensgrades iSd §146 Abs1 ZPO dar, weshalb dem Wiedereinsetzungsantrag Folge zu geben war.
III. Dieser Beschluß konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B448.1995Dokumentnummer
JFT_10049387_95B00448_00