Entscheidungsdatum
26.11.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W247 2179856-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2020, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III., erster Satz, des bekämpften Bescheides wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben, der Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt III., zweiter und dritter Satz, und Spruchpunkt IV. aufgehoben und ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., auf Dauer unzulässig ist.
III.) Gemäß §§ 54, 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 AsylG iVm § 9 Abs. 4 Z 3 Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, idgF., wird eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Ukraine und ukrainischen Volksgruppe, sowie dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig, reiste spätestens am 12.09.2015 legal in das österreichische Bundesgebiet ein, stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am 15.09.2015 vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurde. Nach Zulassung seines Verfahrens wurde der Genannte am 22.09.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Erstaufnahmestelle XXXX und 24.08.2017 vor dem BFA, Außenstelle XXXX , jeweils im Beisein eines dem BF einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen.
2. Der BF brachte im Rahmen seiner Erstbefragung hinsichtlich seiner Fluchtgründe vor, dass er während seiner beruflichen juristischen Tätigkeit als Inspektor beim Finanzamt drei Mal an einer „ XXXX “ (Demo) gegen die jetzige Regierung in XXXX teilgenommen habe. Nach seiner Teilnahme an diesen Demos sei ihm vom Chef des Finanzamts klargemacht worden, dass er seinen jetzigen Job verlassen müsse. Er habe dann in XXXX keinen weiteren Job mehr als Jurist bekommen. Er habe noch an mehreren Demos teilgenommen und illegal als Verkaufsmanager für Elektroartikel gearbeitet. Er habe ca. vier Mal eine Einberufung vom Militär bekommen, die letzte wäre ihm am 27.08.2015 zugestellt worden. Er habe Angst, im Krieg umgebracht zu werden und auch Angst vor der Regierung, wenn er sich nicht melde in den Krieg zu ziehen. Diese könnte ihn ins Gefängnis stecken oder ihn umbringen, weil er gegen die Regierung sei.
3.1. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 22.09.2015 gab der BF auf die Frage nach seinen Fluchtgründen zusammenfassend an, dass er gezwungen gewesen sei, seine Tätigkeit als staatlicher Oberinspektor in XXXX ca. im April 2014 aufzugeben. Seine Leitung habe ihm mitgeteilt, dass er dort nicht mehr arbeiten könne, da er den Machtwechsel in der Ukraine nicht unterstützt habe. Er habe dann, da er keinen Job als Jurist mehr bekommen habe, in einem Callcenter gearbeitet, zuletzt habe er als Verkaufsmanager in einem Elektrowarengeschäft gearbeitet. Er habe noch als Student in XXXX Flugblätter der Regionenpartei in der Vorwahlzeit verteilt. Er habe in XXXX auch unentgeltliche Freiwilligenarbeiten zur Unterstützung der Regionenpartei organisiert und an verschiedenen Wohltätigkeitsaktionen der Regionenpartei teilgenommen. Er habe im Winter 2013/2014 an den Protestaktionen auf der Seite des alten Präsidenten teilgenommen. Diese Aktionen seien später dann als „ XXXX “ bezeichnet worden. Er habe während seiner beruflichen Tätigkeit in der Gemeinde XXXX die Reisen zu diesen Demonstrationen organisiert, später als er in XXXX lebte, sei er normaler Teilnehmer an diesen Demonstrationen gewesen. Ab Februar 2014 sei er politisch nicht mehr aktiv gewesen, da seine politischen Aktivitäten zum Problem für das Finanzamt XXXX geworden seien. Seit Juni 2015 habe er Ladungen zur Staatsanwaltschaft in XXXX erhalten. Er habe von Studienkollegen die Information bekommen, dass die Staatsanwaltschaft Interesse an Personen habe, die am XXXX teilgenommen hätten. Den Großteil des Sommers 2015 habe er bei seiner Schwester verbracht, dann habe er einen Einberufungsbefehl trotz des Endes der Mobilmachung erhalten. In Bezug auf etwaige sonstige Fluchtgründe gab der BF an, dass in der Ukraine Krieg gegen den Osten des Landes geführt werde. Er schließe nicht aus, dass man auch ihn beschuldige, Separatist zu sein, da er auf facebook die Berichte eines Fotografen aus Donezk weitergeleitet und geteilt habe. Die Ladungen zur Staatsanwaltschaft XXXX habe er verbrannt, da er gefürchtet habe, dass man ihn verhaften würde. Seine letzte Ladung zum Militärkommissariat habe der BF aufgehoben, da er da schon die Ausreise geplant habe. Insgesamt habe der BF im Juni und Juli 2015 ganze 4 Ladungen der Staatsanwaltschaft erhalten. Auf den Ladungen habe gestanden, dass der BF zu den Ereignissen von 01./02. 2014 Aussagen machen müsse.
3.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 24.08.2017 gab der BF hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass diese mit seiner politischen Aktivität und der Revolution 2013/2014 zusammenhängen. So sei er Teilnehmer beim XXXX gewesen sei und habe die vorhergehenden Machthaber unterstützt. Zu Beginn der Revolution im Oktober 2013 habe er noch in XXXX gearbeitet. Es habe die Absicht einiger Leute aus ihrer Partei gegeben, Unterstützung für die Regierung nach XXXX zu holen. Er habe in der Administration gearbeitet und einige Leute aus der Administration hätten diese Aktionen organisieren wollen, darunter auch er. Gemeinsam mit einem Arbeitskollegen hätte er Teilnehmer für diese Aktionen gesucht. Gemeinsam mit diesen Teilnehmern seien sie mit dem Zug nach XXXX gefahren, danach habe er nur mehr teilgenommen, weil die Organisatoren in XXXX geblieben seien. Es habe Zusammenstöße zwischen den Teilnehmern des XXXX und des XXXX gegeben. In seinem neuen Job bei der Steuerverwaltung in XXXX sei bekannt gewesen, dass er aus der Krim wäre und dass die Leute aus der Krim die Vorgängerregierung unterstützt hätten und dass der BF ein Mitglied der Partei der Regionen gewesen sei. Als XXXX im Jänner 2014 geflüchtet wäre und die neue Regierung an die Macht gekommen sei, habe eine Umorganisation der Steuerverwaltung begonnen. Da seiner Führungsebene bekannt gewesen sei, dass der BF gegen die neue Regierung sei, seien ihm Arbeitsbedingungen geschaffen worden, die ihn zur Kündigung bewegt hätten. Er habe dann keine berufliche Tätigkeit im Staatsdienst mehr gefunden. Der BF habe den Staatsdienst im Mai 2014 verlassen. Da er mit einigen Kollegen aus der Staatsanwaltschaft in Kontakt gewesen sei, sei ihm bekannt gewesen, dass sie jetzt beginnen würden, Strafprozesse gegen die Unterstützer des XXXX zu initiieren, insbesondere gegen Leute aus der Krim. Im Februar 2015 sei er als Zeuge zur Staatsanwaltschaft geladen worden. Er sei nicht hingegangen und es wären dann weitere solche Ladungen gekommen. Er habe Angst gehabt, dass ein Strafprozess gegen ihn gestartet würde. Die Vorgangsweise sei gewesen, dass man Leute als Zeugen vorgeladen hätte und ihnen dann Papiere vorgehalten habe, die sie zu Beschuldigten gemacht hätten. Er habe dann seine gesamten politischen Aktivitäten eingestellt und aufgehört, seinen facebook-Blogg zu schreiben. Er habe auch alles, was er auf dem Blogg geschrieben habe, gelöscht. Er habe auch einen account bei vkontakte, aber dort habe er auch keine Informationen. Der BF habe alle Informationen präventiv gelöscht. Er fürchte für den Fall seiner Rückkehr strafrechtliche Verfolgung.
Der BF brachte folgende Unterlagen/Dokumente in Vorlage:
? Führerschein, ausgestellt am XXXX ;
? Ukrainischer Reisepass;
? Ukrainischer Einberufungsbefehl, ausgestellt vom Militärkommissar des XXXX samt Übersetzung;
? ÖSD-Zertifikat B2;
? Vereinbarung XXXX über eine gemeinnützige Tätigkeit vom 13.03.2017;
? Bewertung zweier akademischer Grade – Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom XXXX
? Ausweis für Studierende der XXXX ;
? Mittelschulzeugnis samt Übersetzung;
? Baccalaureaus-, und Magister-Universitätsdiplom des BF samt Beilagen und samt Übersetzungen;
? Universität XXXX – Aufnahmetest 2017/2018;
? Arbeitsbuch des BF;
4.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (BFA) vom 03.11.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).
4.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu der Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat und führte aus, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass der BF in der Ukraine asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder er Derartiges im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchten müsste. Der BF hätte in seinem Vorbringen keinen glaubhaften Sachverhalt anführen können, der die Annahme rechtfertigen würde, dass er in seinem Herkunftsstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder unmenschlichen Behandlung im Fall einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Auch aus sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Überzeugung festgestellt werden können. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF an lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes leiden würde und wäre der BF arbeitsfähig. Es sei davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr seinen Lebensunterhalt sichern könnte. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF in der Ukraine einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt wäre bzw. sein Leben auf sonstige Weise gefährdet sei. Er hätte keine Verwandten oder sonstige Angehörigen in Österreich. Er arbeite legal als Dolmetscher und sei in die Universität Wien eingetreten. Er habe diesbezüglich wie auch in Bezug auf seine guten Deutschkenntnisse Dokumente vorgelegt. Er habe weiters glaubwürdig vorgebracht, dass er Mitglied einer Kirche sei. Beweiswürdigend führte das BFA im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen aus, dass das vage und abstrakte Vorbringen des BF nicht glaubwürdig wäre. So habe sich der BF in Widersprüche in chronologischer Hinsicht in Bezug auf die Aktivitäten des XXXX verwickelt. Auch lasse sich sein Vorbringen, wonach die politische Umfärbung der Steuerverwaltung in XXXX nach der Flucht von XXXX im Jänner 2014 begonnen habe, nicht damit in Einklang bringen, dass XXXX erst im Februar 2014 abgesetzt worden sei und vermutlich erst dann das Land verlassen habe. In Bezug auf das Vorbringen des BF, wonach dieser Einberufungsbefehlen nicht gefolgt sei, sei auszuführen, dass auch in Österreich Wehrpflicht bestehe und eine Entziehung vom Einberufungsbefehl strafbar sei. Auch sei das Vorbringen, wonach er nicht wüsste, ob er Probleme bekommen hätte, da er die Einberufungsbefehle ignoriert habe, vor dem Hintergrund, dass es für die Sicherheitsbehörden sehr einfach gewesen wäre, ihn an seiner Adresse ausfindig zu machen, nicht stimmig. Darüber hinaus gebe es wegen Wehrdienstverweigerung in der Ukraine nur wenige Anklagen und Verurteilungen, sodass er kaum diesbezüglich rechtliche Sanktionen zu erwarten hätte. Aus dem Umstand, dass er legal mit einem Touristenvisum in Österreich eingereist sei, lasse sich ableiten, dass er keine Schwierigkeiten mit den Behörden seines Herkunftsstaates gehabt habe. Zusammenfassend zeige die Darstellung seiner Fluchtgründe, dass er bloß einen höchst abstrakten und unkonkreten Sachverhalt behauptet habe und sei aus diesem Grund davon auszugehen, dass sein Vorbringen zu den Fluchtgründen eine gedankliche Konstruktion darstelle. Es habe nicht davon ausgegangen werden können, dass der BF eine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht hätte bzw. eine solche Verfolgung zu erwarten hätte. Der BF hätte nicht darzulegen vermocht, dass ihm im Falle seiner Rückkehr in die Ukraine die Lebensgrundlage entzogen wäre. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätte. Es sei nicht erkennbar, dass der BF im gesamten Staatsgebiet der Ukraine einer realen Gefahr einer Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK ausgeliefert sei. Demnach – so die belangte Behörde – könnten die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus dem Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle seiner Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Es würden keine privaten Bindungen in Österreich bestehen. Im gegenständlichen Fall sei der Aufenthalt des BF in Österreich durch die Stellung von einem letztlich unbegründeten Asylantrag begründet. Da dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt würde und eine Rückkehrentscheidung zulässig sei, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.
5. Mit Verfahrensanordnung vom 07.11.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
6. Mit Schriftsatz vom 11.12.2017 durch seinen gewillkürten Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften eingebracht. Begründend wurde von Beschwerdeseite ausgeführt, dass ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden sei. Der BF habe angegeben, dass er aus wohlbegründeter Furcht vor staatlicher Verfolgung aufgrund seiner politischen Gesinnung, die sich gegen die derzeitige Regierung gerichtet habe und sich insbesondere in seiner Mitorganisation von und Teilnahme an XXXX -Aktionen geäußert habe, sowie aufgrund seiner Weigerung, einem Einberufungsbefehl Folge zu leisten, die Ukraine verlassen habe. Die Behörde habe es zudem verabsäumt, aktuelle und objektive Berichte zur aktuellen Sicherheitslage in der Ukraine, sowie zur Situation des BF bei einer etwaigen Rückkehr in den angefochtenen Bescheid aufzunehmen und seine Feststellungen auf teilweise veraltete Länderfeststellungen gestützt. Auch habe die Behörde nicht berücksichtigt, dass er sich um eine positive Integration in Österreich bemüht habe und strafrechtlich unbescholten sei. Die Beschwerdeseite beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) dem Antrag auf internationalen Schutz Folge geben und dem BF den Status des Asylberechtigten zuerkennen, 2.) in eventu dem BF subsidiären Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gewähren, 3.) in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit beheben und die Angelegenheit zur Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverweisen 4.) in eventu feststellen, dass die erlassene Rückehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus vorliegen und dem BF eine solche zu erteilen ist 5.) jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchführen.
7. Die Beschwerdevorlage vom 14.12.2017 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 15.12.2017 ein.
8. Mit Schriftsatz jeweils vom 09.04.2018, vom 03.01.2019 und vom 06.10.2020 brachte der BF folgende Unterlagen in Vorlage:
? Teilnahmebestätigung Werte-und Orientierungskurs vom 23.02.2018 und Bestätigungsschreiben vom 05.03.2018;
? Studienblätter der Universität XXXX Wintersemester 2017 und Sommersemester 2018;
? Studienbestätigungen der Universität XXXX betreffend Wintersemester 2017 und das Sommersemester 2018;
? Sammelzeugnis und Bestätigung über die positiv absolvierten Prüfungen der Universität XXXX vom 12.03.2018 und vom 22.07.2020;
? Führerschein der EU vom 20.11.2018;
? Studienbestätigung Universität XXXX vom 25.11.2018 über das ordentliche Bachelorstudium Informatik im WS 2018;
? Studienblatt Universität XXXX vom 25.11.2018 über das ordentliche Bachelorstudium Informatik im WS 2018;
? Studienzeitbestätigung Universität XXXX und Bestätigung der absolvierten Prüfungen vom 25.11.2018 über das ordentliche Bachelorstudium Informatik im WS 2018;
? Vereinbarungen zwischen XXXX GmbH und dem BF vom 13.12.2017, vom 13.07.2017, vom 28.06.2018, vom 05.06.2018; vom 28.12.2018; vom 19.12.2019; vom 22.07.2020;
? ÖSD Zertifikat B2 vom 25.01.2017;
? Arbeitsvorvertrag vom 05.10.2020;
? Empfehlungsschreiben;
? Bibliotheksausweis österr. Nationalbibliothek und WU XXXX ;
? Bestätigungen der XXXX für Übersetzungstätigkeiten vom 01.07.2017 bis 19.10.2017 und 01.10.2017 bis 19.10.2017 und 01.09.2017 bis 30.09.2017; Bestätigungsschreiben vom 14.07.2020 hinsichtlich der Dolmetschtätigkeiten des BF generell;
? Zeugnis zur Integrationsprüfung B1 vom 08.08.2020;
? Bestätigung und Empfehlungsschreiben der Baptistengemeinde in XXXX vom 17.07.2020;
9. Mit Schriftsatz vom 08.10.2020 wurde dem BF die Ladung für die am 30.10.2020 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt. Unter einem wurde ihnen das aktuelle Länderinformationsblatt (LIB) zur Ukraine, Gesamtaktualisierung am 06.07.2020, letzte Kurzinfo eingefügt am 06.07.2020, übermittelt. Hierbei wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen 10 Tagen hg. einlangend Stellung zu nehmen.
10. Am 30.10.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung eines dem BF einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache RUSSISCH eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher der BF ordnungsgemäß geladen wurden und an welcher dieser auch teilnahm.
„[…] Beginn der Befragung des BF:
RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort in der Ukraine an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.
BF: Mein Name ist XXXX , ich wurde am XXXX in der Stadt XXXX in der Ukraine geboren. Ich bin ukrainischer Staatsangehöriger. Zuletzt war ich in der Stadt XXXX wohnhaft.
RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Ich bin russisch - sprachiger Ukrainer.
RI: Welche Sprachen sprechen Sie?
BF: Ich spreche Russisch, Ukrainisch, Polnisch und kann auch Deutsch und Englisch.
RI: Sprechen Sie eine Sprache mit dem Namen „Tagalog“?
BF: Nein.
RI: Meinen Nachforschungen zufolge handelt es sich bei „Tagalog“ um eine Sprache der „Tagalen“ auf den Philippinen. Im Rahmen Ihrer Beschwerdeschrift vom 11.12.2017 wurde auf Seite 19 unter Punkt 5 beantragt, dass das BVwG für die mündliche Beschwerdeverhandlung einen Dolmetscher für „Tagalog“ bestellen solle. Ich gehe also zu Recht davon aus, dass es sich hier um einen beschwerdeseitigen Irrtum handelt und Sie mit der heutigen Russischdolmetscherin vollends zufrieden sind?
BF: Absolut.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?
BF: Ich bin Protestant.
RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt? Ich ersuche um eine möglichst chronologische Auflistung:
BF: Ich habe 11 Klassen in der Mittelschule abgeschlossen, 9 davon in der Stadt XXXX bis 2004. Dann zog meine Familie in die Stadt XXXX . Wo ich die 11 Klassen Mittelschule bis 2005 abgeschlossen habe. 2006 bis 2011 studierte ich an der Universität XXXX , welche ich 2011 mit meinem Magister abgeschlossen habe. Im Jahr 2011 begann ich meine berufliche Tätigkeit in der Staatsanwaltschaft in der Stadt XXXX , das ist im Autonomiegebiet Krim. Im Jahr 2012 wurde ich zur Staatsanwaltschaft in die Stadt XXXX versetzt. Im Jahr 2012 habe ich meinen Dienst bei der Staatsanwaltschaft auf eigenen Wunsch beendet und habe 2012 bis 2013 als stellvertretender Leiter der Verwaltung für Rechtliche Versorgung bei der Stadtverwaltung XXXX gearbeitet. Dort habe ich bis Herbst 2013 gearbeitet. Im Herbst 2013 zog ich nach XXXX wo ich beim Ministerium für Abgaben und Einkommen der Ukraine als XXXX tätig war. Im Frühling 2014 folgte die Kündigung, danach war ich auf Arbeitssuche und seit Beginn 2015 war ich für die XXXX Line tätig. Diese Firma befasste sich mit Großhandel für Elektrogeräte. Im September 2015 kam ich nach Österreich und habe um Asyl angesucht.
RI: Wieso haben Sie zwischen 2011 und 2014 derartig oft den Job gewechselt. Ist das nicht ungewöhnlich für den öffentlichen Dienst?
BF: Das hat mit meinen Karriereleiter zu tun gehabt. Jedes Mal habe ich einen besseren Posten bekommen.
RI: Würden Sie sagen, dass sie in dieser Zeit ein steile Karriere hingelegt haben? Was war für Sie der größte Karrieresprung?
BF: Ja, natürlich waren das bedeutende Schritte in meiner Kariere. Als bedeutendsten Schritt würde ich meinen Umzug und meiner Tätigkeit im Ministerium bezeichnen. Meine Tätigkeit bei der Stadtverwaltung in XXXX hat das ermöglicht.
RI: Waren Sie im Herkunftsstaat Mitglied in einer Partei bzw. Funktionär? Wenn ja, seit wann und welche politischen Tätigkeiten haben Sie ausgeübt?
BF: Ich war zwar kein Mitglied in der politischen Partei in der Ukraine, aber ich habe während meiner Tätigkeit in XXXX mit der Abgeordneten XXXX von der Regionen Partei eng zusammengearbeitet. Ihr Büro befand sich im gleichen Gebäude wie auch meines und ich war in einer hohen Position und habe bei den Veranstaltungen bei der Organisation bei der Regionen Partei mitgewirkt.
RI: Sie waren aber niemals Mitglied bei der Regionen Partei?
BF: Nein, ich wurde öfters eingeladen, aber ich war kein Mitglied.
RI: Ihren jüngsten Unterlagenvorlagen ist zu entnehmen, dass Sie in Österreich studieren. Was studieren Sie, seit wann und wie weit sind Sie bereits in diesem Studium?
BF: Seit 2017 studiere ich Informatik an der Universität in XXXX , zurzeit bin ich im 7. Semester.
RI: Ist das ein Bachelorstudium oder ein Masterstudium?
BF: Es ist ein Bachelorstudium.
RI: Wann werden Sie den Bachelor abgeschlossen haben?
BF: Ich brauche noch 5. Semester.
RI: Haben Sie Ihren ukrainischen Masterabschluss in Rechtswissenschaften in Österreich nostrifizieren lassen?
BF: Ich habe lediglich die Anerkennung des Magister Titels vorgenommen.
RI: Wie lange haben Sie an der von Ihnen oben angegebenen letzten Wohnadresse in der Ukraine gelebt?
BF: Bei dieser Adresse handelt es sich um eine Eigentumswohnung, welche ich im Oktober 2013 erworben habe und praktisch ab diesen Zeitpunkt dort gewohnt habe.
RI: Bis wann haben Sie dort gewohnt?
BF: Bis zum Zeitpunkt meiner Ausreise.
RI: Haben Sie dort alleine gelebt oder mit jemandem zusammen?
BF: Alleine.
RI: Haben Sie sich im Zeitraum Okt. 2013 bis 12.09.2015 durchgehend an dieser Adresse aufgehalten oder auch an anderen Adressen längere Zeit gewohnt?
BF: Es gab Zeiten, da habe ich bei meiner Schwester gelebt, sie ist aber an einer anderen Adresse in der Stadt XXXX wohnhaft.
RI: Haben Sie sich längerer Zeit an dieser Adresse bei ihrer Schwester aufgehalten?
BF: Es gab Zeiten, dass ich dort bis zu einem Monat gewohnt habe.
RI: Gehört Ihnen diese Wohnung immer noch?
BF: Ja, das ist noch immer meine Wohnung.
RI: Wer wohnt dort zur Zeit dort?
BF: Niemand.
RI: Welche Verwandten von Ihnen, leben zur Zeit in der Ukraine und in welcher Stadt?
BF: Meine nähersten Verwandten sind meine Eltern. Sie leben zur Zeit in XXXX meine Schwester lebt auch in XXXX mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern. Ich habe auch viele Cousins, Cousinen, Tanten Onkeln. Ich kann nicht sagen, in welchen ukrainischen Städten leben.
RI: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren in der Ukraine lebenden Verwandten? Und wenn ja, wie oft?
BF: Mit meinen Eltern und meiner Schwester.
RI: Wie oft?
BF: Zwei bis drei Mal in der Woche mit meinen Eltern. Mit meiner Schwester zwei bis drei Mal im Monat.
RI: Wie kommunizieren Sie mit Ihren in der Ukraine lebenden Verwandten?
BF: Über WhatsApp.
RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb der Ukraine leben und haben Sie Kontakt zu diesen?
BF: Hab ich, meine Großeltern vs leben in Tschechien. Ich habe auch eine Tante und einen Onkel vs die zeitweise in Tschechien und in Frankreich leben, dementsprechend auch meine Cousinen und Cousins. Mit denen habe ich auch Kontakt. Ich habe auch einen Cousin der in Polen lebt, aber mit dem habe ich keinen Kontakt. Es gibt auch eine Großtante in Deutschland. Sie lebt in einer kleinen Stadt, ich weiß nicht wie diese Stadt heißt. Mit der habe ich aber selten Kontakt.
RI: Verfügen Sie im Bundesgebiet über Verwandte?
BF: Nein.
RI: Waren Sie im Herkunftsstaat verheiratet oder in einer Partnerschaft?
BF: Auch nicht.
RI: Haben Sie Kinder in der Ukraine?
BF: Nein.
RI: Haben Sie nach Ihrer Ausreise aus der Ukraine geheiratet, sind Sie in einer Partnerschaft oder haben Kinder?
BF: Zurzeit nicht.
RI: Wann haben Sie den Entschluss gefasst Ihren Herkunftsstaat zu verlassen?
BF: Im Sommer 2015.
RI: Wann haben Sie sich um Reisepass, Visum und Tickets zur Ausreise gekümmert?
BF: Das war so ungefähr im August 2015.
RI: Wann sind Sie in das Bundesgebiet eingereist?
BF: Das war im September, falls ich mich nicht irre, war das am 12. September.
RI: Hatten Sie irgendwelche Probleme bei der Beschaffung der Ausreiseunterlagen bzw. bei der Ausreise aus der Ukraine mit den Behörden in Ihrem Herkunftsstaat?
BF: Mein Reisepass habe ich bereits vor längerer Zeit bekomme, falls ich mich nicht irre war das im Jahr 2007 oder 2008. Ich hatte damals keine Probleme und auch keine Probleme meinen Reisepass zu bekommen. Bei der Vorbereitung meiner Ausreise hatte ich Hilfe, die Tickets usw. habe ich nicht selber gekauft, bei der Ausreise hatte ich aber keine Probleme.
RI: Sind Sie seit Ihrer Ausreise aus der Ukraine wieder einmal in der Ukraine gewesen, sei es auf Besuch oder auf Urlaub?
BF: Nein.
RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.
BF: Die Hauptgründe für meine Ausreise waren die, dass ich mit den politischen Ereignissen in der Ukraine im Jahr 2013 und 2014 nicht einverstanden war. Ich war in meiner Funktion als Beamter im öffentlichen Dienst, bei verschiedenen Behörden und Ministerien tätig, in der Ukraine und gleichzeitig, wie ich bereits erwähnt habe, war ich bis zu einem gewissen Grad politisch aktiv. Ich meine damit, meine Zusammenarbeit mit der oben erwähnten Abgeordneten der Regionen Partei, in der Stadt XXXX . Ich war zwar im öffentlichen Dienst 2014 und 2015, die Verbindungen sind aber geblieben. Ich hatte nach wie vor, Kontakte bei der Staatsanwaltschaft. Diese haben mir schließlich geraten, die Ukraine zu verlassen.
RI: Was war der Grund für Ihre Probleme in der Ukraine? Erzählen Sie mir mehr davon.
BF: Im Jahr 2013 und 2014 habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen, von der Stadt XXXX die sogenannten XXXX Maßnahmen organisiert. Dabei handelte es ich um die Protestaktionen gegen die sogenannten XXXX in XXXX und diese Maßnahmen waren zur Unterstützung des Präsidenten XXXX .
RI: Ihr Engagement bei dieser XXXX Bewegung, hatte also mehr mit ihrer beruflichen Tätigkeit und weniger mit ihrer privaten politischen Überzeugung zu tun?
BF: Umgekehrt. Meine Tätigkeit bei der Staatverwaltung XXXX , war im sozialen Bereich. Meine Teilnahme an der Organisation XXXX , war Folge meiner persönlichen Sympathien für die Partei der Regionen und hatte mit meiner Arbeit als Beamter nichts zu tun. Außerdem habe ich bei der Organisation XXXX mit dem Assistenten der besagten Abgeordneten Frau XXXX zusammengearbeitet und zwar mit dem Herren XXXX von der Staatsanwaltschaft in XXXX , wo ich während meines Studiums mein Praktikum hatte und welchen ich aus dieser Zeit noch persönlich kannte. Während meiner Tätigkeit beim Ministerium in XXXX , habe ich meine politischen Sympathien nicht verheimlicht. Meine Situation hat sich dadurch „erschwert“. Dass ich aus der Republik Krim kam wurde damals in XXXX negativ empfunden, wenn eine Person aus der Krim stammt und die Partei der Regionen unterstützt.
RI: Sie waren niemals Mitglied der Partei der Regionen?
BF: Niemals. Ich habe aber gleichzeitig ganz offiziell mit ihnen zusammengearbeitet.
RI: War diese Zusammenarbeit beruflicher Natur oder rein privater Natur?
BF: Ich meine damit, meine politischen Ansichten. Als Herr XXXX die Ukraine verlassen hat, kam es zur Bildung einer Ukrainischen Regierung. Der stellvertretende Minister aus dem Ministerium, wo ich damals tätig war, wurde als Anwärter auf dem Posten des Finanzministers der Ukraine angesehen. Es kam zu Säuberungen.
RI: Säuberung welcher Art?
BF: Es wurde mir nahegelegt zu kündigen. Ich betrachte das jetzt als Eingriff meiner Rechte und Diskriminierung meiner Person, aufgrund meiner politischen Ansichten. Nach meiner Kündigung, war es nicht mehr möglich irgendwo im öffentlichen Dienst wieder zu arbeiten. Ich war einige Zeit arbeitslos, habe dann diese Anstellung bei der Firma XXXX gefunden. Das war Anfang 2015. Auch Anfang 2015 habe ich Kontakt zu einem Bekannten der Staatsanwaltschaft XXXX namens XXXX gehabt, von dem ich erfahren habe, dass die Staatsanwaltschaft der Ukraine Strafverfahren gegen die Personen, welcher mit der XXXX Bewegung in den Jahren 2013 und 2014 einleiten. Auch hat mir dann später der Atamanchuk geraten, die Ukraine zu verlassen. Es wurde außerdem, gegen die Amtspersonen ermittelt, welche irgendwann zum früheren Zeitpunkt auf der Krim gearbeitet habe und auch nach der Okkupation der Halbinsel Krim durch Russland Kontakte zu den Amtspersonen pflegten, die auf der Krim geblieben sind. Diese Kontakte wurden als Hochverrat betrachtet.
RI: Haben Sie alles erzählt?
BF: Was das Politische betrifft, ja.
RI: Nein, was Ihren Fluchtgrund betrifft. Um das geht es.
BF: Ich war Mitglied der Glaubensgemeinschaft der Protestanten in XXXX . Die Pastoren der Kirche habe die sogenannte Revolution der Würde in XXXX unterstützt und waren gegen die Anitmaydan Bewegung. Ich habe mit weiteren gleichgesinnten einen Club im Rahmen der Kirche organisieren wollen, um dort politische Diskussionen durchzuführen, was die Leitung der Kirche nicht wollte.
RI: Haben Sie alles zu Ihren Fluchtgründen vorgebracht?
BF: Ich habe außerdem die Kampfhandlung die im Osten der Ukraine, die im Jahr 2014 begonnen haben, nicht als Krieg mit Russland, sondern als Bürgerkrieg in der Ukraine gesehen. Im Jahr 2015, bekam ich Ladung vom Militärkommissariat und sollte obwohl ich befreit war zum Militärdienst eingezogen werden. Ich habe diese Ladungen ignoriert, da ich mich an einem Bürgerkrieg in meinem Land nicht beteiligen wollte.
RI: Wann und wie oft haben Sie an politischen Demonstrationen in der Ukraine konkret teilgenommen?
BF: Die erste Unterstützungsreise für Präsident XXXX , haben wir bereits vor dem ersten Mord an Maydan organisiert. Das war etwas Mitte Oktober 2013, es war die Zeit wo das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen werden sollte und wir haben einen friedlichen Protest gegen diese Abkommen organisiert. Damals habe ich noch in XXXX gearbeitet. Unsere zweite Aktion war im Dezember 2013, es war bereits nach dem ersten Mord an Maydan, damals haben wir uns schon als XXXX positioniert. Sozusagen als Gegenkraft dieser Maydan Bewegung. Im Jänner 2014 war ich bereist in XXXX und habe in XXXX mitgeholfen, die Aktionen zu organisieren. Zu mir kamen meine Freunde aus XXXX und ich habe denen geholfen. Bereits im Jänner 2014 haben einige meiner Bekannten aus der Staatsanwaltschaft in der Ukraine aus Mariupol geraten, mit meinen politischen Aktionen aufzuhören. Da damals schon angezweifelt wurde, dass XXXX gewinnen kann.
RI: Wann war die letzte Aktion?
BF: Anfang, Mitte Jänner 2014. Nach der orthodoxen Weihnachtsfeier.
RI: Was geschah dann?
BF: Ich war dann nicht mehr aktiv, habe nicht mehr mitgeholfen. Pflegte aber noch Kontakte zu meinen Freunden in XXXX , die noch immer politische Aktivitäten gesetzt haben.
RI: Haben Sie nur an Demonstrationen teilgenommen oder haben Sie noch auf andere Art und Weise Ihrer politischen Meinung öffentlichkeitswirksam Ausdruck verliehen?
BF: Ja, natürlich habe ich an Demonstrationen und zwar an XXXX Demonstrationen Mariinskiy Park in der Stadt XXXX teilgenommen.
RI wiederholt die Frage.
BF: Ich habe in sozialen Netzwerken und zwar Vkontakte an Diskussionen teilgenommen. Ich hatte meinen eigenen Blog dort in diesem sozialen Netzwerk. Ich war auch in den Diskussionen auf Facebook aktiv, aber Facebook ist bei uns nicht so beliebt wie die Vkontakte.
RI: Wann haben Sie begonnen Ihre Meinung in Blogs kundzutun und wer konnten diese Blogs lesen?
BF: Ich habe im Dezember 2013 damit begonnen. Und zwar habe ich meine Meinung zu dem Abschluss des Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union Kundgetan. Als solcher habe ich auch meine Meinung dazu gepostet. Im Dezember 2013 kam es schon zu Konfrontationen zwischen Gegner und Anhänger des Assoziierungsabkommens. In weiterer Folge wurde auch Unzufriedenheit der Menschen des damaligen Präsidenten XXXX zum Thema dieser Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Ich äußerte meine Meinung zu der Politik von XXXX und seines Premierminister XXXX ich war der Meinung, dass die Politik gut war.
RI: War dieser Blog auf Facebook oder auf Vkontakte, oder außerhalb davon?
BF: Die meisten Aktivitäten waren auf Vkontakte.
RI: Was stand in diesen Blogs die Sie geschrieben haben?
BF: Ich habe in diesen Netzwerken meine Meinung dazu geäußert, dass Maydan den Interessen der westlichen Länder und nicht den Interessen der Ukraine dient. Das Maydan Aktivitäten aus den westlichen Länder finanziert werden. Ich habe auch geschrieben, dass das Assoziierungsabkommen mit der EU der ukrainischen Wirtschaft schaden wird, was sich dann in weitere Folge auch bestätigt hat.
RI: Wann haben Sie damit aufgehört in diesen Blogs bzw. in diesen Netzwerken Ihre politische Meinung zu schreiben und was ist mit diesen Bloginhalten geschehen? Sind diese noch abrufbar, einsehbar bzw. irgendwo gespeichert?
BF: Ich war in Vkontakte und auf Facebook bis Mitte Dezember 2013 aktiv. Dann hatte ich mich auf meine Tätigkeit in XXXX konzentriert. Ich habe meine Seite also meinen Blog, und meine sozialen Kontakte bereits im Jahr 2014, im Mai gelöscht. Das war nach der Kündigung im Ministerium. Auf Facebook habe ich noch meinen Account, ich habe aber die Posts gelöscht, im Mai 2014.
RI: Wann haben Sie ihre politischen Aktivitäten im Herkunftsstaat eingestellt?
BF: Meine letzten Versuche waren bei meiner Kirche im Herbst 2014. Was ich bereits erzählt habe und eigentlich seit Herbst 2014 war ich nicht mehr politisch aktiv.
RI: Wurden Sie aufgrund Ihrer politischen Tätigkeiten im Herkunftsstaat jemals persönlich bedroht, misshandelt oder verfolgt?
BF: Körperlicher Druck wurde auf mich nicht ausgeübt. Ich habe versucht, eine körperliche Auseinandersetzung mit meinen politischen Gegnern so gut wie möglich zu vermeiden. Es gab schon verbale Drohungen, es war damals ganz normal. Es war alles so aufgeheizt die Atmosphäre im politischen Diskurs.
RI: Haben Sie irgendeinen Nachweis Ihrer politischen Tätigkeit im Herkunftsstaat? Unterlagen, Fotos, etc?
BF: Bei meiner Tätigkeit war das nicht mein Ziel, Bestätigung meiner Tätigkeit zu sammeln, sondern die Tätigkeit auszuüben. Daher kann ich keine Fotos vorlegen. Das wichtigste haben wir telefonisch geregelt, dafür habe ich auch keine Bestätigungen und Belege. Ich kann also nichts Schriftliches vorlegen.
RI: Sind Sie aufgrund Ihrer politischen Betätigung im Herkunftsstaat jemals verhaften, verhört oder angezeigt worden?
BF: Ich persönlich nein, aber meine Bekannten, die mit mir zusammengearbeitet haben schon.
RI: Haben Sie keine Ladungen von der Staatsanwaltschaft bekommen?
BF: Nein.
RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 22.09.2015 haben Sie auf Seite 11 des Protokolls angegeben, dass Sie Ladungen von der Staatsanwaltschaft XXXX erhalten hätten, welche Sie allerdings aus Angst vor einer Hausdurchsuchung verbrannt hätten. Können Sie sich an diese Angaben vor dem BFA nicht mehr erinnern?
BF: Ich bitte um Entschuldigung, ich habe damals von den Ladungen gesprochen, die ich vom Militärkommando erhalten habe. Ich habe nicht von der Staatsanwaltschaft gesprochen. Ich habe diese Ladungen tatsächlich vernichtet, weil ich Angst gehabt hatte, weil es geheißen hat, dass Strafverfahren gegen die Personen eingeleitete werden, die sich an der XXXX Bewegung beteiligt haben.
RI: Was haben die Einberufungsbefehle vom Militär mit dem Strafverfahren der Staatsanwaltschaft zu tun?
BF: Die Personen, die Ihre Teilnahme an diesem Krieg verweigert haben, wurden als Personen angesehen, die Gegner der neuen Regierung sind. In meinem Fall habe ich mich außerdem tatsächlich mit meiner Mitwirkung an der XXXX Bewegung als Gegner positioniert.
RI: Das heißt, Sie haben keine Ladungen von der Staatsanwaltschaft bekommen?
BF: Nein, die Staatsanwaltschaft hat keine Ladung geschickt, es kam zuerst eine Ladung von dem Militärkommissariat und dann eine Ladung von der Miliz (Polizei in der Ukraine).
Die Verhandlung wurde um 11:07 Uhr unterbrochen.
Die Verhandlung wird um 11:18 Uhr fortgeführt.
RI: Sie haben vor dem BFA angegeben, dass Sie Einberufungsbefehle bekommen haben? Wie viele waren es und haben Sie diese erhalten?
BF: Ich weiß es nicht mehr so genau, es waren drei oder vier. Bekommen habe ich diese im Jahr 2015.
RI: In welchem Zeitraum?
BF: Etwas zwischen März und Juni.
RI: VORHALTUNG: Nach Ihren Angaben haben Sie in der Zeit, in welcher Sie in der Ukraine noch gelebt haben, 3 oder 4 Einberufungsbefehle erhalten, welchen Sie keine Folge geleistet hätten. Gleichzeitig haben Sie im bisherigen Verfahren angegeben im Zeitraum zwischen Okt. 2013 bis zu Ihrer Ausreise am 12.09.2015 durchgehend an einer Adresse in XXXX gewohnt zu haben. Wie erklären Sie sich, dass Sie nicht im Auftrag des Militärs an dieser Adresse verhaftet und zwangsweise der Einberufungsbehörde vorgeführt worden sind?
BF: Erstens einmal war ich viel in der Arbeit, ich meine damit, dass ich oft auf Dienstreisen war. Außerdem habe ich im Frühling/Sommer 2015 sehr viel Zeit bei meiner Schwester verbracht und wohnte auch dort öfters.
RI: Die Behörden haben auch gewusst, dass Sie eine Schwester in XXXX haben?
BF: Ich weiß es nicht, ich bezweifel das.
RI: VORHALTUNG: Vor dem BFA am 22.09.2015 haben Sie auf Seite 10 des Prot u.a. Folgendes angegeben: „In der Ukraine wird Krieg geführt und zwar gegen den Osten des Landes. Die Bevölkerung dort wird als Separatisten bezeichnet, aber das sind sie nicht, es sind Ukrainer, die einfach gegen die jetzige Regierung sind. Ich verstehe diese Menschen und unterstütze sie auch geistig…“ Würden Sie sich als Sympathisant der separatistischen Politik in der Ostukraine bezeichnen bzw. der Abspaltung der Ostukraine von der Restukraine?
BF: Nein, ich bin dafür, dass die Ukraine nicht gespalten wird. Ich bin lediglich der Meinung, dass die jetzige Regierung und die frühere Regierung nach XXXX , nicht legitim sind. Man soll die legitime Regierung der Ukraine wieder in die Ukraine einsetzen und diese legitime Regierung soll dann weitere Schritte unternehmen. Was den Osten der Ukraine betriff so versteh ich, warum dort Wiederstand gegen die jetzige Regierung ist. Osten der Ukraine hat diese sogenannte Revolution 2014 nicht unterstützt und ich verstehe die Bewegung dieser Menschen.
RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die von Ihnen Geschilderten?
BF: Ich kann nichts mehr dazu sagen.
RI: Hatten Sie in der Ukraine – abgesehen von dem eben Geschilderten - sonst Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie sonst Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?
BF: Außer dem Vorgebrachten, nichts.
RI: Was befürchten Sie konkret im Fall einer Rückkehr in die Ukraine?
BF: Ich befürchte, dass im Falle meiner Rückkehr in die Ukraine ein Strafverfahren wegen meiner Beteiligung an den Aktivitäten von XXXX eingeleitet wird und ich als Mittäter bei den Straftaten von der Abgeordneten XXXX angeklagt werde, wegen der Aktivitäten dieser Abgeordneten die jetzt als Straftaten angesehen werden. Ich meinte damit die XXXX Bewegung.
RI: Warum sind Sie nicht zurück in die Krim geflüchtet, wenn Sie die derzeitige Regierung in der Ukraine ablehnen? Dort wären Sie doch sicher gewesen?
BF: Das ist nicht ganz korrekt. Zurzeit ist Krim okkupiertes Gebiet und für den Fall, dass dieses Gebiet an die Ukraine wieder zurück kommt wäre ich Repressalien ausgesetzt, wenn ich jetzt auf die Krim zurückkehre.
RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?
BF: Als ich beschlossen habe, das Land zu verlassen, stand bei mir die Frage wohin jetzt genau. So habe ich nach reifer Überlegung beschlossen nach Österreich zu gehen, weil mein Vater hier studiert hat.
RI: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder einem Klub in Österreich?
BF: Ich bin Mitglied bei der Baptistengemeinde in der Kirche.
RI: Haben Sie österreichische Freunde?
BF: Ja, natürlich.
RI: Haben Sie in Österreich Sprachkurse besucht?
BF: Ja, habe ich.
RI: Welches Sprachniveau haben Sie bisher abgeschlossen?
BF: Zurzeit habe ich B2.
RI: Wie stellen Sie sich die Zukunft in Österreich vor?
BF: Also eindeutig werde ich Arbeit, ich habe bereits jetzt Einladungen von verschiedenen Firmen aus dem IT Bereich. Ich möchte auch Familie gründen.
RI: Was gefällt Ihnen an Österreich?
BF: Ich habe schon gesagt, das die Kultur in Österreich mir gefällt und ich finde es immer wichtig, dass ich noch eine Chance habe wieder zu arbeiten. In diesem Bereich wo ich will, als Programmierer und ich schätze sehr hoch, dass ich viele gute Menschen in Österreich kennengelernt habe.
RI (ohne Übersetzung): Was machen Sie in Ihre freien Zeit? Was sind Ihre Hobbies?
BF (ohne Übersetzung): Erstens ich laufe gerne, ich lese unglaublich viel Bücher und ich mache aus Sportaktivitäten wie Tennis und naja …
RI (ohne Übersetzung): Was haben Sie vergangenes Wochenende gemacht?
BF (ohne Übersetzung): Ich habe ein Kurs angeschaut, über eine Programmiersprache die heißt PGP ich lese gerade ein Buch von Victor Hugo, das heißt die Elenden. Natürlich ich studiere an der Uni.
RI: Haben Sie in Österreich einen Beruf legal ausgeübt?
BF: Ich war bei einer Firma als Dolmetscher tätig, es galt als gemeinnützig. Das war mit einem Minimumlohn mit 5 Euro pro Stunde, ich durfte bis zu 40 Stunden im Monat arbeiten.
RI: Das war das Aus- und Weiterbildungszentrum XXXX ?
BF: Ja.
RI: Haben Sie sich im Bundesgebiet ehrenamtlich betätigt?
BF: Nein, nur bei dieser Firma gearbeitet.
RI: Haben Sie in Österreich sonst eine Fort-, Aus- oder Weiterbildung betrieben? Wenn ja, welcher Art?
BF: Also zu Beginn war das ein Deutschkurs, dann Integrationskurs. Zuerst habe ich einen Kurs absolviert und vor kurzem auch eine Prüfung absolviert zu diesem Kurs und auch wenn das zur Sache spricht, habe ich auch verschieden Kurse belegt in Programmiersprachen. Das war online.
RI: Gibt es Nachweise dafür?
BF: Das ist so, es gibt keine Belege dafür. Man kauf so einen Kurs online. Man tut es downloaden und man muss es dann selber bearbeiten und anschauen.
RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie gesund?
BF: Ja.
RI: Nehmen Sie Medikamente?
BF: Nein.
RI: Sind Sie in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung?
BF: Nein.
RI: Sind Sie arbeitsfähig?
BF: Ja.
RI an BFV: Haben Sie Fragen an den BF?
BFV: Nein.
RI: Ihnen wurden gemeinsam mit der Ladung zur heutigen Verhandlung Länderfeststellungen zur Ukraine mit Stand 06.07.2020 übermittelt. Sie haben bis dato keine Stellungnahme dazu abgegeben. Mittlerweile liegen Länderfeststellung zur Ukraine mit Stand 16.10.2020 vor. Diese Feststellung werden der Entscheidung in casu zu Grunde gelegt. Sie haben 1 Woche Zeit dazu eine allfällige Stellungnahme abzugeben.
BFV: Danke.
RI: Ihnen wird das Sitzungsprotokoll nun rückübersetzt.[...]“.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrags des BF auf internationalen Schutz vom 12.09.2015, der polizeilichen Erstbefragung des BF vor der Landespolizeidirektion XXXX am 15.09.2015, der niederschriftlichen Einvernahmen des BF am 22.09.2015 und am 24.08.2017 vor dem BFA, der eingebrachten Beschwerde vom 11.12.2017 gegen den angefochtenen Bescheid des BFA vom 03.11.2017, der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den vom BF vorgelegten Unterlagen, der Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Fremden- und Grundversorgungsinformationssystems, des Strafregisters der Republik Österreich und des AJ-Web, sowie nach mündlicher Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.10.2020 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF ist Staatsangehöriger der Ukraine und der ukrainischen Volksgruppe, sowie dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig. Der BF hat die Ukraine am 12.09.2015 verlassen und ist am selben Tag legal ins Bundesgebiet eingereist.
Der BF stammt aus XXXX , hat für 11 Jahre die Mittelschule besucht und sodann eine Universitätsausbildung zwischen 2006 bis 2011, nämlich das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität XXXX , absolviert. 2001 begann der BF in der Staatsanwaltschaft in der Stadt XXXX , das ist im Autonomiegebiet XXXX . Im Jahr 2012 hat der BF dann in der Staatsanwaltschaft in XXXX , sodann von 2012 bis Herbst 2013 als Verwaltungsjurist der Stadtverwaltung in XXXX und schließlich beim Ministerium für Abgaben und Einkommen in XXXX als staatlicher Oberinspektor gearbeitet. Zuletzt im Jahr 2015 war der BF als Verkaufsmanager in einem Großhandel für Elektrogeräte tätig.
Im Herkunftsland in XXXX leben noch die Eltern des BF, sowie die Schwester des BF mit deren Familie. Weiters vefügt der BF noch über Cousins und Cousinen, sowie Tanten und Onkeln in der Ukraine. Er steht nach eigenen Angaben mit seinen Eltern und seiner Schwester in regelmäßigem Kontakt.
Der BF verfügt nicht über Familienangehörige in Österreich. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer aktuellen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit, noch an einer schweren psychischen Störung, welche bei einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat eine unzumutbare Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bewirken würde. Der BF ist unbescholten, arbeitsfähig und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der BF hat Deutschkurse bis zum Niveau B2 erfolgreich absolviert und verfügt über hervorragende Kenntnisse der deutschen Sprache. Er ist seit dem WS 2017 an der Universität XXXX für das Bachelorstudium der Informatik inskribiert und weist einen guten Studienerfolg auf. Der BF ist seit April 2017 Mitglied der XXXX Er verfügt über einen Führerschein B, der am 20.11.2018 von der LPD XXXX ausgestellt wurde. Weiter kann der BF eine Einstellungszusage als Programmierer für ein österreichisches Unternehmen in der Werbebranche vorweisen. Der BF hat einen Werte- und Orientierungskurs absolviert und wiederholt ehrenamtlich gegen einen lediglich geringen Anerkennungsbeitrag beim XXXX als Dolmetscher gearbeitet. Der BF liest in seiner Freizeit und betätigt sich sportlich. Der BF verfügt in Österreich über einen große und Bekannten- und Freundeskreis.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Das Vorbringen der Beschwerdeseite betreffend die Furcht des BF vor Verfolgung wird den Feststellungen mangels Glaubhaftmachung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF in der Ukraine eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat
Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Ukraine
1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 06.07.2020, letzte Kurzinformation eingefügt am 06.07.2020:
„Politische Lage
Letzte Änderung: 27.5.2020
Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist seit 20. Mai 2019 Präsident Wolodymyr Selenskyj (AA 6.3.2020). Beobachtern zufolge verlief die Präsidentschaftswahl am 21. April 2019 im Großen und Ganzen frei und fair und entsprach generell den Regeln des demokratischen Wettstreits. Kritisiert wurden unter anderem die unklare Wahlkampffinanzierung und die Medienberichterstattung in der Wahlauseinandersetzung (KP 22.4.2019). Auf der russisch besetzten Halbinsel Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten im Donbas fanden keine Wahlen statt (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
2019 war ein Superwahljahr in der Ukraine. Am 31. März fanden die Präsidentschaftswahlen statt; Parlamentswahlen waren ursprünglich für den 27. Oktober 2019 angesetzt. Nach der Inauguration des Präsidenten Selenskyj wurde das Parlament aufgelöst. Die vorgezogenen Parlamentswahlen fanden am 21. Juli 2019 statt (GIZ 3.2020a). Selenskyjs Partei „Sluha Narodu“ (Diener des Volkes) gewann 254 von 450 Sitzen. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 50% geringer als vor fünf Jahren. Die OSZE sprach trotz des klaren Ergebnisses von einer fairen Konkurrenz. Zwar bemängelte sie fehlende Transparenz bei der Finanzierung des Wahlkampfs, insgesamt registrierten die Wahlbeobachter bei der Abstimmung allerdings keine gröberen Verstöße (FH 4.3.2020; vgl. BAMF 22.7.2019, DS 22.7.2019). Es wurden sechs Fraktionen gebildet: „Diener des Volkes“ mit 254 Sitzen, die Oppositionsplattform „Für das Leben“ mit 44 Sitzen, Europäische Solidarität (Ex-Block Poroschenko) mit 27 Sitzen, Batkivshchyna (Julia Timoschenkos Partei) mit 25 Sitzen, Holos (Stimme) mit 17 Sitzen und schließlich die aus unabhängigen Abgeordneten bestehende Fraktion „Für die Zukunft“ mit 23 Sitzen (KP 29.8.2019). Auf der Krim und in den von Separatisten kontrollierten Teilen des Donbas konnten die Wahlen nicht stattfinden; folglich wurden nur 424 der 450 Sitze im Parlament besetzt. Darüber hinaus sind rund eine Million ukrainische Bürger nicht wahlberechtigt, weil sie keine registrierte Adresse haben (FH 4.3.2020).
Die nach der „Revolution der Würde“auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch von Präsident Poroschenko verfolgte europafreundliche Reformpolitik wird durch Präsident Selenskyj verstärkt fortgesetzt. Grundlage bildet ein ambitioniertes Programm für fast alle Lebensbereiche. Schwerpunkte liegen u.a. auf Korruptionsbekämpfung, Digitalisierung, Bildung und Stimulierung des Wirtschaftswachstums. Selenskyj kann sich dabei auf eine absolute Mehrheit im Parlament stützen. Diese Politik, maßgeblich von der internationalen Gemeinschaft unterstützt, hat über eine Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren zu einer Annäherung an europäische Verhältnisse geführt (AA 29.2.2020).
Während des ersten Jahres seiner Amtszeit war Präsident Selenskyj mit einigen Herausforderungen konfrontiert (RFE/RL 20.4.2020; vgl. Brookings 20.5.2020). Zwar liegt seine Popularität nicht mehr bei den historischen 70% Unterstützung, die er einst genoss; Umfragen zeigen jedoch, dass seine Zustimmungswerte immer noch höher sind als die aller seiner Vorgänger (RFE/RL 25.4.2020). Im März 2020 gestaltete er die Regierung um, nachdem Ministerpräsident Hon?aruk seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte (DW 3.3.2020; vgl. Brookings 20.5.2020). Seit 4. März 2020 ist Denys Schmyhal neuer Ministerpräsident und somit Regierungschef (AA 6.3.2020). Dem neuen Kabinett fehlt jedoch die Glaubwürdigkeit in Bezug auf die Reformen und Mitglieder der alten Eliten sind in Machtpositionen zurückgekehrt. Ob und wie stark das Kabinett Veränderungen durchsetzen wird, muss sich erst zeigen (Brookings 20.5.2020).
Das ukrainische Parlament (Verkhovna Rada) wurde bisher über ein Mischsystem zur Hälfte nach Verhältniswahlrecht und zur anderen Hälfte nach Mehrheitswahl in Direktwahlkreisen gewählt. Das gemischte Wahlsy