TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/30 I405 2237522-1

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Veröffentlicht am 30.12.2020
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Entscheidungsdatum

30.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I405 2237522-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte erstmals nach illegaler Einreise am 15.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 28.07.2017, Zl. 1094871004-151776999, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab. Zugleich erteilte es dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2019 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.08.2019 zur Zl. I415 2168671-1 als unbegründet abgewiesen.

4. Am 21.08.2019 stellte der BF einen weiteren (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.01.2020, Zl 1094871004/190854567, hinsichtlich der Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Des Weiteren wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Es wurde auch festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Gegen den BF wurde ein Einreiseverbot auf die Dauer von fünf Jahren erlassen sowie schließlich aufgetragen, eine vorgegebene Unterkunft zu nehmen.

5. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3, insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wurde.

6. Am 23.09.2020 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs 1 AsylG.

7. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 14.10.2020 wurde der Antrag gem. § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen.

8. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF reiste unrechtmäßig in Österreich ein und stellte erstmals am 15.11.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig negativ abgewiesen wurde. Auch sein am 21.08.2019 gestellter zweiter Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtkräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2020 rechtskräftig abgewiesen.

In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach, verfügt jedoch über eine Einstellungszusage vom 21.09.2020. Der BF bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat lediglich einen A1/1 Kurs besucht, eine qualifizierte Sprachprüfung hat er auch nicht abgelegt. Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der BF ist in Österreich vorbestraft. Er wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX mit Urteil vom 21.11.2018, Zl. XXXX , wegen § 27 (2a) SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Der BF ist trotz aufrechter Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des BF gem. § 55 AsylG geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 12.06.2020 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gem. § 9 Abs 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I geführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seinem fehlenden Familienleben in Österreich, seiner Glaubenszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit, seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3, und dem Verhandlungsprotokoll vom 17.12.2019 zur Zl. I415 2168671-1. Dass es diesbezüglich bis zur gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Änderungen gekommen wäre, wurde nicht behauptet. Sowohl in einer dem Antrag beiliegenden Stellungnahme wie auch in der Beschwerde wurde nur auf Umstände Bezug genommen, die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag am 12.06.2020 vorgelegen waren. Die bloße Verlängerung seines Aufenthaltes in Österreich um vier Monate und die Vorlage einer Einstellungszusage (die zwischen der Entscheidung vom 12.06.2020 und dem gegenständlichen Bescheid vom 14.10.2020 liegen) stellen keine wesentliche Sachverhaltsänderung dar, zumal der BF verpflichtet gewesen wäre, Österreich zu verlassen.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Identität des BF steht mangels Vorlage unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3.

Das im nunmehrigen Verfahren geltend gemachte Vorbringen wurde bereits im Verfahren, welches zur letztmalig ergangenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung führte, berücksichtigt. Ergänzend wurde nur die Einstellungszusage vorgelegt. Damit wurde aber keine wesentliche Änderung im Privat- und Familienleben des BF aufgezeigt.

Weder aus der Antragsbegründung des nunmehr begehrten Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG, noch aus den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt gewonnen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Anwendbare Rechtsnormen:

§ 58 Abs. 10 AsylG bestimmt:
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß §9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. […]

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs 10 AsylG Folgendes dar:

„Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass – im Rahmen einer Neubewertung – wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird.“

§ 10 Abs. 3 AsylG lautet:

„(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 52 Abs. 3 FPG lautet:

„(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.“

Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Anwendung im Beschwerdefall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Aus diesem Grund war auf den in der Beschwerde gestellten Antrag des BF, das Bundesverwaltungsgericht möge „dem BF ein Bleiberecht erteilen“ nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde.

Der BF bringt in der Beschwerde vor, dass die belangte Behörde die nunmehr vorgelegte Einstellungszusage nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt habe, welche für ein starkes Indiz für eine gelungene Integration sei. Zudem sei aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs Nigerias und den schlechten Überlebenschancen im Falle einer Rückkehr von verstärkten Rechten des BF nach Art. 8 EMRK auszugehen. Hinsichtlich der Einstellungszusage hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass einer etwaigen Einstellungs- oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323; 15.09.2010, 2007/18/0612; 29.06.2010, 2010/18/0195). Was die Rückkehrsituation des BF anbelangt, wurde diese bereits im Erkenntnis vom 12.06.2020 eingehend geprüft und festgestellt, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in keine ausweglose Lage geraten würde.

Somit konnte der BF mit seinem Vorbringen keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom 12.06.2020 zugrundegelegt worden war, aufzeigen. Es wurde in keiner Weise dargelegt, welche entscheidungsrelevante Änderung in den vier Monaten, die zwischen den beiden Entscheidungen liegen, eingetreten sein sollte.

Im Übrigen hat der BF sein bereits in der rechtskräftigen Entscheidung vom Juni 2020 berücksichtigtes Privat- und Familienleben in Österreich während der folgenden Monate einfach fortgesetzt, dies obwohl ihm gegenüber nunmehr eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung bestand; dies erfolgte insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des BF mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung“ stattgefunden hat. Die geltend gemachten Umstände weisen von vornherein keine solche Bedeutung auf, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde bzw. wurden gegenständlich gar keine neuen Umstände vorgebracht.

Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom BF unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die - unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als von der belangten Behörde. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Bindungswirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit geänderte Verhältnisse Identität der Sache Integration Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Suchtmitteldelikt unzulässiger Antrag Vergleich wesentliche Änderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2237522.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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