TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/12 95/21/0500

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Veröffentlicht am 12.03.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/21/0494 E 12. März 1997 95/21/0499 E 12. März 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1995, Zl. 100.933/4-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Februar 1995 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung (nach dem Akteninhalt auf Verlängerung) einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz (FrG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, § 5 Abs. 1 AufG besage, daß Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden dürfe, bei denen ein Grund für die Versagung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 FrG vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt oder nicht über eine alle Risken abdeckende Krankenversicherung verfüge. Dem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz habe die Beschwerdeführerin lediglich eine Verpflichtungserklärung des D beigelegt, welche jedoch nicht tragfähig genug erscheine, den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin für die Dauer ihres Aufenthaltes zu sichern. Sie habe bis dato keine Beweise erbracht, daß sie über die für ihren Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Deshalb ergebe sich der Ausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, die Behörde erster Instanz habe die Aufenthaltsbewilligung mit der Begründung versagt, daß die Wohnfläche nur 33 m2 betrage und dies nicht einer ortsüblichen Unterkunft entspreche. Vor der ersten Instanz sei niemals die Fragestellung aufgetaucht, ob die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Verpflichtungserklärung tragfähig sei. Die belangte Behörde stütze die Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung auf einen völlig anderen Sachverhalt als die Behörde erster Instanz und habe dadurch das Recht der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör verletzt. Andernfalls hätte die Beschwerdeführerin eine weitere Verpflichtungserklärung nachreichen können. Im übrigen sei der dem Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt weder fehlerfrei noch vollständig festgestellt worden. Die belangte Behörde habe nicht begründet, weshalb der Unterhalt der Beschwerdeführerin als nicht gewährleistet anzusehen sei und inwieweit die Verpflichtungserklärung des Bürgen nicht geeignet sei, "Tragfähigkeit nach sich zu ziehen".

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die belangte Behörde kann zwar ihre rechtliche Beurteilung an die Stelle jener der Unterbehörde setzen und die Abweisung der begehrten Aufenthaltsbewilligung nicht mit dem von der Behörde erster Instanz herangezogenen Versagungsgrund des Fehlens einer ortsüblichen Unterkunft, sondern mit dem Versagungsgrund des Fehlens eines gesicherten Unterhaltes begründen; wenn sie aber neue Sachverhaltselemente einbezieht und darauf aufbauend ergänzende Feststellungen trifft, hat sie das Parteiengehör zu gewähren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0188). Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs und Vorlage der in der Beschwerde angeführten weiteren Verpflichtungserklärung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Wegen der Verletzung des Parteiengehörs steht dem Vorbringen in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde das Neuerungsverbot nicht entgegen (vgl. auch dazu das bereits genannte Erkenntnis Zl. 95/21/0188).

Im übrigen verletzte die belangte Behörde ihre Begründungspflicht, indem sie in keiner Weise darstellte, warum die Verpflichtungserklärung des D nicht "tragfähig genug erscheint", den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin für die Dauer ihres Aufenthaltes zu sichern.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebühren lediglich S 270,-- aufliefen und die Vollmacht nicht vorgelegt wurde.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995210500.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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