TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/17 W205 2197507-1

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Veröffentlicht am 17.02.2021
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Entscheidungsdatum

17.02.2021

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §34 Abs1 Z1
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs4
AsylG 2005 §35 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a
FPG §26
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W205 2197507-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 09.05.2018, Zl. Damaskus-OB/KONS/0075/2018, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA: XXXX , über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 13.02.2018, zu Recht erkannt:

A) In Erledigung der Beschwerde werden der bekämpfte Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung behoben. Das beantragte Visum ist zu erteilen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 28.01.2016 bei der österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005. Begründend führte sie aus, dass sie die Ehefrau von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , sei. Diesem sei durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.07.2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.

Im Zuge des behördlichen Verfahrens wurden (ua) folgende Dokumente vorgelegt und liegen im Akt:

-        Bescheid der Bezugsperson (Kopie)

-        Foto der Beschwerdeführerin

-        2 beglaubigte Abschriften des Ehevertrages datiert mit 18.04.2015 und mit 16.05.2017, ausgestellt von der Republik Libanon, Ministerpräsidentenschaft, Sunnitische Shariagerichte, Original beglaubigt vom Außenministerium der Republik Libanon, samt beglaubigter Übersetzung, der (ua) Eheschließungsdatum und -ort Beirut, 18.04.2015, ausweist.

-        2 beglaubigte Abschriften der Heiratsurkunde, ausgestellt von der Republik Libanon, Innenministerium, Generaldirektion des Personenstandes, beglaubigte Abschrift vom 08.06.2015 und 11.05.2017 beglaubigt vom Außenministerium der Republik Libanon, samt beglaubigter Übersetzung, die als Eheschließungsdatum – und Ort Beirut, 18.04.2015, ausweist.

-        Reisepass der Beschwerdeführerin (Kopie)

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 04.03.2016 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstückes des AsylG sei.

3. Mit Schreiben vom 08.03.2016 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) gegeben. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2016 verwiesen wurde. Es wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. In der fristgerechten Stellungnahme vom 22.03.2016 machte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die Eheschließung am 18.04.2015 in Beirut stattgefunden habe und es sich um eine offizielle Eheschließung handle. Die Bezugsperson habe sowohl bei seiner Erstbefragung als auch bei seiner Einvernahme angegeben, verheiratet zu sein. Als Beweismittel zu ihrem Einreiseantrag habe die Beschwerdeführerin das Original der Heiratsurkunde vorgelegt. Es handle sich hier um einen Ehevertrag über die traditionelle Eheschließung und die offizielle Heiratsurkunde der registrierten Ehe. Die Übersetzung der Dokumente sei zum Zeitpunkt der Antragstellung ebenfalls vorgelegt worden. Die Ehe sei nach islamischem Gesetz vorm sunnitischen Gericht in Beirut geschlossen worden. Diese Eheschließung sei am 20.04.2015 zur „offizielle standesamtliche Registrierung gemeldet“ worden. Als Beweis dafür sei die Heiratsurkunde, ausgestellt vom Ministerium für Inneres und Ämter in Libanon, vorgelegt worden. Als weiterer Beweis würden auch die Hochzeitsfotos vorgelegt werden. Eine Eintragung der Ehe im syrischen Zivilregister sei zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Um diese durchführen zu können, hätte die Bezugsperson persönlich oder durch einen Vertreter an der syrischen Vertretungsbehörde vorsprechen müssen. Wegen seines bestehenden Einberufungsbefehls habe die Bezugsperson die Eintragung der Ehe nicht beantragen können. Gemäß den Angaben der Bezugsperson in seinem Asylverfahren und jenen der Beschwerdeführerin müsse davon ausgegangen werden, dass die Ehe bereits vor der Flucht der Bezugsperson nach Österreich geschlossen worden sei. Des Weiteren stehe die Bezugsperson im regelmäßigen Kontakt mit der Beschwerdeführerin. Es sei somit unstrittig, dass die Ehe bereits vor der Einreise bestanden habe. Im österreichischen Asylgesetz bestehe mit §°35°Abs. 5 AsylG eine eigene Definition von Familienangehörigen für das Einreiseverfahren gem. § 35 AsylG. Dies werde in den erläuternden Bemerkungen damit begründet, dass dieses Verfahren der Familienzusammenführungsrichtlinie folge. § 35 Abs. 5 AsylG widerspreche allerdings eben dieser Richtlinie, wenn er das Bestehen der Ehe im Herkunftsstaat erfordere. Gem. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie, könne die Anwendung der Bestimmungen für Flüchtlinge auf jene beschränkt werden, deren familiäre Bindungen bereits vor der Einreise bestanden hätten. Eine Beschränkung auf den Herkunftsstaat sei in der Richtlinie nicht vorgesehen. Allen vorgelegten Dokumenten sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin die Familienangehörige der Bezugsperson sei. Deshalb sei sie gem. den Bestimmungen im § 35 Abs. 5 AsylG berechtigt mit ihrem Ehemann zusammengeführt zu werden.

5. Der E-Mail des BFA an die ÖB Damaskus vom 09.05.2017 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin am 23.02.2017 aufgefordert worden sei, die Heiratsurkunde und den Ehevertrag im Original der ÖB Damaskus vorzulegen., lt. Dokumentenberater der ÖB seien sie aber nur in Kopie vorgelegt worden. Es solle von der ÖB das Original überprüft werden. Bei Unbedenklichkeit würde eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose ergehen.

6. Einer E-Mail der Beschwerdevertretung vom 19.01.2018 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin nicht einen neuerlichen Einreiseantrag stellen, sondern ihren Einreiseantrag vom 28.01.2016 aufrechterhalten wolle.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.02.2018 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass das Stattgeben des Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige iSd 4. Hauptstückes des AsylG 2005 sei.

8. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 13.03.2018, in welcher vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführerin als Beweismittel zu ihrem Einreiseantrag das Original der Heiratsurkunde vorgelegt habe. Die Einschätzung des BFA sei unrichtig. Auch wenn sich der Wortlaut der Familienangehörigen-Definition im AsylG zum Zeitpunkt der beabsichtigten Ablehnung vom 08.03.2016 vom aktuellen unterschieden habe, müsse nun die neue geltende Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG angewendet werde. Weiters sei das Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da die Behörde nicht auf die Argumente der Stellungnahme in erkennbarer Weise eingegangen sei und auch den vorgelegten Beweisen, insbesondere den Hochzeitsfotos, keine Beachtung geschenkt habe. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe eindeutig hervor, dass die Bezugsperson und die Beschwerdeführerin verheiratet seien.

9. In einer Mail des BMI-II/3 an die ÖB vom 28.03.2018 ist nach kurzer Darstellung des Verfahrensganges angeführt, da nun seit 2017 im § 35 AsylG stehe, die Ehe müsse vor Einreise bestanden haben, zähle die Beschwerdeführerin somit durch die am 20.04.2015 im Libanon registrierte Ehe zum erfassten Personenkreis des § 35 Abs. 5 AsylG. Es werde um Aktenübermittlung zur Vorlage an das BVwG ersucht.

10. Aufgrund des Einwandes des BFA, wonach die Urkunden nicht im Original vorgelegt worden seien, wurde die Beschwerdeführerin von der ÖB mit Schreiben vom 10.04.2018 aufgefordert, die Originalheiratsurkunde binnen drei (!) Tagen vorzulegen, da sie dies trotz mehrfacher Aufforderung bisher nicht getan habe.

Mit Antwortschreiben der Rechtsvertretung vom 13.04.2018 wurde ausgeführt, das Original der Heiratsurkunde sei bei Antragstellung abgegeben worden. Auf Aufforderung vom 11.11.2017 sei dann ein Duplikat ausgestellt worden, da das Original bereits ausgestellt worden sei. Die Antragstellerin befinde sich in Kamishili und könne nicht so schnell persönlich bei der ÖB vorsprechen kommen, es werde um Fristverlängerung ersucht.

11. In seiner neuerlichen Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 23.04.2018 führte das BFA erneut aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde, weil die Beschwerdeführerin trotz mehrmaliger Aufforderung bis dato keine Heiratsurkunde im Original habe vorlegen können.

Mit Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) vom 24.04.2018 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gegeben, die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

12. In der Stellungnahme vom 27.04.2018 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie zu ihrem Einreiseantrag das Original der Heiratsurkunde abgegeben habe. Dem Schriftsatz vom 22.03.3016 seien Hochzeitsfotos beigefügt worden, als weiterer Beweis für die Ehe zwischen Beschwerdeführerin und Bezugsperson. Am 18.05.2017 sei erneut eine Heiratsurkunde- diesmal als Duplikat des Originals aus dem Jahr 2015 – ausgestellt und am 20.05.2017 der ÖB Damaskus abgegeben worden. Darauf habe das BFA behauptet, dass lediglich eine Kopie an der Botschaft vorgelegt worden sei. Bis jetzt sei es nicht nachvollziehbar wieso nach zweifacher Vorlage der Heiratsurkunde im Original (bzw. Duplikat) diese nicht beim BFA eingelangt seien. Eine neue Einvernahme in Bezug auf das Familienverfahren mit der Bezugsperson sei bis jetzt unterblieben. Mit der übermittelten Beschwerde seien neue Fotos beigelegt worden. Mit dem vorliegenden Schreiben der ÖB Damaskus werde die Beschwerdeführerin aufgefordert, eine Heiratsurkunde im Original vorzulegen. Da sich die Beschwerdeführerin derzeit in Syrien befinde, werde ihre in Libanon lebende Schwester, um die sehr kurze Frist der Botschaft zu wahren, möglichst schnell eine neue ausgestellte Heiratsurkunde ausstellen lassen und persönlich vorlegen. Grundsätzlich würden die Ermittlungen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson vermissen.

12. Mit Schreiben vom 16.05.2018 teilte das BFA der ÖB Damaskus mit, das die negative Wahrscheinlichkeitsprognose weiterhin aufrecht bleibe. Die Beschwerdeführerin sei mehrmals aufgefordert worden, Originaldokumente vorzulegen bzw. müsse es doch möglich sein, ein Duplikat der Heiratsurkunde ausstellen zu lassen, zumal die Ehe im Libanon geschlossen worden sei. Zu den in der Stellungnahme angeführten Hochzeitsfotos sei anzumerken, dass man sich ein Hochzeitskleid/Anzug jederzeit anziehen könne. Die Fotos würden nicht genügen, um eine Verehelichung glaubhaft darzulegen. Ebenso werde auf eine Einvernahme des angeblichen Ehegatten verzichtet, da Dokumente im Original bzw. beglaubigtes Duplikat und keine Kopie in Vorlage gebracht werden solle/müsse, welche die Verehelichung auch bestätigen könne.

13. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.05.2018, zugestellt am 11.05.2018, wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Es sei seitens der Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine Heiratsurkunde im Original vorgelegt worden. Somit gebe es keinen vollen Beweis, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die tatsächliche Ehefrau der Bezugsperson handle. Soweit in der Stellungnahme vom 25.04.2018 behauptet werde, dass das Original bei der Antragstellung abgegeben worden sei, könne dies nicht stimmen, da eben jene bereits damals vom Dokumentenberater als Kopie erkannt worden sei und somit zu keinem Zeitpunkt ein Original vorgelegt worden sei. Dass es sich bei dem Dokumentenberater um besonders geschulte Experten handle, deren fachkundige Bewertung nicht in Frage gestellt werde, habe auch jüngst das BVwG im Erkenntnis vom 23.08.2017, W242 2153483-1 ausgesprochen. Ebenso werde die Behauptung dadurch widerlegt, dass es nicht der Vorgangsweise der belangten Behörde entspreche, Originale an sich zu nehmen. So stehe wörtlich im Befragungsformular auf Seite 11: „Händigen Sie Ihre Identitätsdokumente sowie alle anderen Unterlagen, die geeignet sind, Ihr Vorbringen zu stützen (z.B. Geburts- und Heiratsurkunde, Partnerschaftsurkunde, allenfalls Bescheid der Bezugsperson), zur Anfertigung von Kopien dem österreichischen Beamten aus! Diese werden Ihnen unverzüglich wieder zurückgegeben.“ Weiters werde angemerkt, dass die Beschwerdeführerin nun seit der Antragstellung am 28.01.2016 Zeit gehabt habe, eine Originalheiratsurkunde zu besorgen.

14. Am 23.05.2018 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

15. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.06.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 07.06.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

16. Das BVwG holte die Niederschriften der im Asylverfahren durchgeführten Einvernahmen der genannten Bezugsperson vom 10.05.2015 und 20.07.2015 ein und legte die von der Beschwerdeführerin im Einreiseverfahren übermittelten, im Akt der ÖB einliegenden Dokumente (Ehevertrag und Heiratsurkunde) der Abteilung 6/Büro 6.2-Kriminaltechnik/Referat 6.2.3.-Urkunden und Handschriften im BMI-Bundeskriminalamt zur Beurteilung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 28.01.2016 bei der österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §°35 AsylG 2005.

Die Beschwerdeführerin ist die Ehegattin von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX Diesem wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2015, Zl.1067857908-150480153, der Status des Asylberechtigten zuerkannt, es ist kein Aberkennungsverfahren anhängig. Er ist am 09.05.2015 in Österreich eingereist, die Eheschließung zwischen Beschwerdeführerin und Bezugsperson erfolgte am 18.04.2015 in Beirut traditionell und wurde mit diesem Datum staatlich registriert.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Antragstellung sowie zur Bezugsperson und dessen Asylstatus ergeben sich aus den im Akt der ÖB aufliegenden Unterlagen, dass kein Aberkennungsverfahren anhängig ist, ist aus dem IZR ersichtlich.

Dass Beschwerdeführerin und Bezugsperson am 18.04.2015 im Libanon geheiratet haben, ergibt sich einerseits aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden und andererseits aus den Aussagen der Bezugsperson im Asylverfahren: Zwar liegen im Akt Ehevertrag und Heiratsurkunde nicht im Original auf und es ist im Beschwerdefall vom BVwG nicht feststellbar, ob die Unterlagen bei Antragstellung tatsächlich – wie von der Beschwerdeführerin behauptet – je im Original beigebracht worden sind oder nicht. Doch handelt es sich bei den im Akt befindlichen Dokumenten nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes – Kriminaltechnik um beglaubigte Abschriften, die dem Stand der im Libanon ausgegebenen behördlichen Schriftstücke entsprechen. Die im Akt befindliche Abschrift des Ehevertrages vom 18.04.2015 und der Heiratsurkunde vom 08.06.2015 sind inhaltlich ident mit den im Jahr 2017 über Aufforderung der ÖB neuerlich vorgelegten Unterlagen (beglaubigte Abschrift des Ehevertrages vom 16.05.2017 und beglaubigte Abschrift der Heiratsurkunde vom 11.05.2017), sie enthalten jedoch zur Beglaubigung unterschiedliche Stempelabdrucke und Unterschriften. Dieser Umstand spricht aus Sicht der Dokumentenprüfstelle dafür, dass das Original ident ist und jeweils eine (neuerlich beglaubigte) Abschrift eingeholt wurde. Hinsichtlich der angebrachten Stempelabdrucke und – marken fehlt in der Dokumentenprüfstelle zwar konkretes Vergleichsmaterial, doch scheinen diese aus Sicht der Dokumentenberaterin von den sonst als echt zu qualifizierenden Merkmalen libanesischer Dokumente nicht abzuweichen. Vor dem Hintergrund der gleichbleibenden Aussagen der Bezugsperson im Asylverfahren, in dem die Beschwerdeführerin (neben den anderen Familienmitgliedern) durchgängig namentlich genannt wurde und vor dem Hintergrund der konkreten – vom BFA für glaubwürdig qualifizierten - Fluchtgeschichte der Bezugsperson, wonach diese nicht in Syrien verbleiben konnte, sondern mit der Ehegattin bis zur unmittelbaren Flucht im Libanon habe leben müssen, ist aus Sicht des BVwG das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrer Eheschließung mit der Bezugsperson im Libanon vor dessen Einreise in Österreich glaubwürdig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall stellte die Beschwerdeführerin ihren Einreiseantrag nach § 35 AsylG 2005 am 28.01.2016. Das Verfahren über diesen Antrag war somit bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig, sodass im Beschwerdefall § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden ist.

Mit dem FrÄG 2017 (BGBl. I Nr. 145/2017) entfiel vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU - „StatusRL“ (vgl. EBzRV 1523 der Beilagen XXV. GP) mit Inkrafttretensdatum 01.11.2017 ohne Übergangsbestimmung (vgl. § 73 Abs. 18 AsylG 2005) unter anderem in § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 jeweils die Z. 2, in § 35 Abs. 5 leg.cit. wurden die Wendungen „im Herkunftsstaat“ jeweils durch die Wortfolge „vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten“ ersetzt, mit dem FrÄG 2018 (BGBl. I Nr. 56/2018) erfolgte mit Inkrafttretensdatum 01.09.2018 ohne Übergangsbestimmungen (vgl. § 73 Abs. 20 AsylG 2005) ua eine Adaptierung in § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Mit BGBl. I Nr. 145/2020 wurde mit Inkrafttretensdatum 24.12.2020 (nach Entscheidung des VfGH vom 26.06.2020, GZ G298/2019 ua) ua § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ohne Übergangsbestimmungen neu geregelt. Bei verständiger Interpretation der genannten Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen sind im Beschwerdefall daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 in der durch das FrÄG 2018 modifizierten Fassung, die übrigen Bestimmungen in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Der mit „Begriffsbestimmungen“ übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

[….]
22. Familienangehöriger:
a.         der Elternteil eines minderjährigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten;
b.         der Ehegatte oder eingetragene Partner eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;
c.         ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten und
d.         der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen ledigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sowie ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind, für das einem Asylwerber, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten die gesetzliche Vertretung zukommt, sofern die gesetzliche Vertretung jeweils bereits vor der Einreise bestanden hat.

[….]

Der mit „Familienverfahren im Inland“ übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1.         einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2.         einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3.         einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.         gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.         gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4.         dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1.         auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.         auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3.         im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet:

„Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn      
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[….]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[….]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems steht es dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr allerdings offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

3. Diese Überprüfung führt im Beschwerdefall zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG im Ergebnis eine positive Prognoseentscheidung im Hinblick auf eine Asylgewährung nach § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu treffen und folglich das beantragte Visum zu erteilen ist:

Wie ausgeführt ist nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung Familienangehöriger ua der Ehegatte eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des Asylberechtigten bestanden hat. Da im Beschwerdefall festgestellt wurde, dass die Ehe der Beschwerdeführerin bereits vor Einreise der Bezugsperson geschlossen wurde, kommt der Beschwerdeführerin die Familienangehörigeneigenschaft iS dieser Bestimmung zu. Demnach ist dem Einreiseantrag der Beschwerdeführerin stattzugeben und es ist das beantragte Visum zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen, zudem war eine inhaltliche Entscheidung zu treffen (VwGH 29.04.2020, Ro 2019/20/0004).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Asylantragstellung Behebung der Entscheidung Beschwerdevorentscheidung Ehe Einreisetitel Familienangehöriger Familienzusammenführung Glaubhaftmachung Kassation Kopienerstellung Prognose Prognoseentscheidung Vorlageantrag Vorlagepflicht Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W205.2197507.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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