Entscheidungsdatum
18.02.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W235 2192771-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. 1072161200-150618171, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.11.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 05.06.2015 gab er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, sein Name sei XXXX , er sei ein Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und Moslem. Er stamme aus der Stadt XXXX . Bis zum Jahr 2008 habe er zwölf Jahre lang die Grundschule besucht. In Pakistan würden noch seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern leben. Vor 25 Tagen habe er Pakistan verlassen und sei von XXXX aus legal mit seinem eigenen Reisepass in den Iran geflogen. Diesen Pass habe er im Iran weggeworfen. Vom Iran aus sei er über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien und Ungarn schlepperunterstützt nach Österreich gelangt.
Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er in Pakistan keine Zukunft habe und die Sicherheitslage sehr schlecht sei. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er getötet werde.
1.3. Am 26.06.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Anwesenheit einer Vertrauensperson sowie unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Paschtu einvernommen, wobei er zunächst angab, dass sein Name XXXX laute. Zu seinem Gesundheitszustand brachte er vor, dass er an Nierensteinen leide. Seit ca. einem Monat habe er Schmerzen und auch schon einen Termin beim Arzt gehabt, der ihn zu einer weiteren Untersuchung geschickt habe. 2015 habe er Physiotherapietermine wegen Kreuzschmerzen gehabt. In Pakistan sei er 2011 wegen Kreuzproblemen operiert worden. Im staatlichen Krankenhaus XXXX habe der Beschwerdeführer Tabletten gegen seine Nierenprobleme bekommen. Neben Paschtu spreche er Urdu und etwas Englisch sowie etwas Deutsch. In Österreich lebe er mit niemandem zusammen und habe hier auch keine Verwandten. Der Beschwerdeführer habe einen Kurs zur Freiwilligenarbeit gemacht und sich in einem Seniorenheim und in einem XXXX -Markt beworben. Weiters habe er sich für die A2 Prüfung angemeldet und habe einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht. Darüber hinaus nehme er an Workshops und Sprachcafés teil. Seinen Lebensunterhalt bestreite der Beschwerdeführer durch die Grundversorgung. Er habe einen österreichischen Führerschein und könne als Fahrer oder Lieferant arbeiten. Weiteres habe er sich schon für Saisonarbeiten beworben und auch beim Roten Kreuz sowie in einem Seniorenheim. Der Beschwerdeführer wolle auf alle Fälle arbeiten und sich selbst versorgen.
Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Pakistan, gehöre der Volksgruppe der Paschtunen und dem schiitischen Islam an. Seine Heimatadresse laute XXXX Kurram Agency, Pakistan. Sein Elternhaus sei ein „normales“ Haus gewesen, das aktuell leer stehe. Seine Eltern würden jetzt bei einem Onkel in der Nähe von XXXX wohnen. Von 1998 bis 2008 habe der Beschwerdeführer die zehnjährige Grundschule und danach zwei Jahre ein College besucht. In der Folge habe er in weiteren zwei Jahren den Bachelor in Wirtschafts- und Staatswesen gemacht. Da er keine Firma in XXXX gefunden habe, in der er hätte arbeiten können, habe er nach seinem Bachelor als Taxifahrer gearbeitet. Das Auto habe ihm sein Vater gekauft. Kurz vor seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer dann das Taxi verkauft. Sein Vater habe einen Schlaganfall gehabt und sei nunmehr halbseitig gelähmt. Früher habe er als Landwirt gearbeitet. Aktuell würden seine Eltern von seinem Onkel unterstützt. Dieser Onkel mütterlicherseits besitze eine Landwirtschaft und arbeite als Landwirt. Der Beschwerdeführer habe drei Brüder und zwei Schwestern. Mit einem seiner Brüder stehe der Beschwerdeführer in Kontakt, wenn er ihn erreichen könne. Seine Verwandten seien alle Paschtunen und schiitische Moslems. Der Beschwerdeführer habe in Pakistan niemals Probleme mit Behörden oder dem Militär gehabt. Er sei auch niemals inhaftiert gewesen oder vor Gericht gestanden. Auch gebe es keinen Haftbefehl gegen ihn. Der Beschwerdeführer sei niemals politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in Pakistan niemals Probleme gehabt.
Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass er der älteste Sohn seiner Familie sei und die Taliban gewollt hätten, dass er sie und Waffen befördere. Sie hätten gedroht, wenn er nicht mit ihnen zusammenarbeite, würden sie die Familie angreifen und das Haus niederbrennen. Sie hätten den Beschwerdeführer Tag und Nacht mit diesen Drohungen belästigt. Sein Vater habe ihm gesagt, er solle das Taxi lieber verkaufen, weil er nicht mit den Taliban zusammenarbeiten wolle. Nach seiner Ausreise seien seine Eltern zu dem Onkel gezogen. Weiters wolle der Beschwerdeführer anführen, dass unter den Schiiten Organisationen seien, die Leute in den Krieg nach Syrien schicken wollten. Diese Organisationen hätten seinen Onkel kontaktiert und hätten gewollt, dass der Beschwerdeführer in den Iran und dann weiter nach Syrien geschickt werde. Eine dieser Organisationen sei Ansar ul-Hussain. Sie würden von Haus zu Haus gehen und werben. Die Mitglieder dieser Organisationen würden in den Dörfern leben und die Dorfbewohner für den Krieg in Syrien rekrutieren. Bei einer Rückkehr nach Pakistan würden ihn die Taliban nicht in Ruhe lassen und darüber hinaus habe der Beschwerdeführer die Probleme mit seiner eigenen schiitischen Religionsgemeinschaft, weil er nicht in den Krieg gezogen sei.
Zu den vorgehaltenen Länderberichten des Bundesamtes gab der Beschwerdeführer an, es gebe nach wie vor Unsicherheit und Explosionen in seiner Region.
Der Beschwerdeführer legte im Zuge dieser Einvernahme sowie im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen in Kopie vor:
? „Birth Certificate“ vom XXXX .04.2015 lautend auf XXXX , geb. XXXX (samt deutscher Übersetzung);
? ÖSD Zertifikat A1 vom XXXX .09.2016 mit der Beurteilung „gut bestanden“;
? Teilnahmebescheinigungen „Deutsch A2 Teil1“ vom XXXX .11.2016 und „Deutsch A2 Teil 2“ vom XXXX .03.2017;
? Teilnahmebestätigung an der Bildungsveranstaltung „AF1 Dom – Stufe1“ vom XXXX .10.2015;
? Teilnahmebestätigungen „Deutschkurs für AsylwerberInnen – Stufe 2“ vom XXXX .12.2015, „Deutschkurs für AsylwerberInnen – Stufe 3“ vom XXXX .03.2016 und „Deutschkurs für AsylwerberInnen – Stufe A2/2“ vom XXXX .06.2016;
? Bestätigung eines kulturellen Begegnungszentrums für ehrenamtliche Arbeit vom XXXX .05.2017;
? Anmeldung zur A2 Prüfung (samt Rechnung) vom XXXX .05.2017;
? Teilnahmebestätigung an der Workshopreihe „EngagementFIT“ vom XXXX .06.2017;
? Zeugnis des Grünen Kreuzes über einen sechsstündigen Erste-Hilfe-Kurs vom XXXX .05.2017;
? ÖSD Zertifikat A2 vom XXXX .07.2017 mit der Beurteilung „gut bestanden“;
? Arztbrief eines Universitätsklinikums vom XXXX .08.2017, demzufolge beim Beschwerdeführer ambulant eine Splintentfernung (= Harnleiterschienenentfernung) komplikationslos beidseitig durchgeführt wurde samt Befunde;
? Arztbrief eines Universitätsklinikums vom XXXX .08.2017, demzufolge beim Beschwerdeführer eine Nierensteinsanierung und ein Splintwechsel komplikationslos beidseitig vorgenommen wurden samt Befundzusammenstellung;
? Arztbrief eines Universitätsklinikums vom XXXX .07.2017 wegen der operativen Laserung und Bergung von Nierensteinen samt Befundzusammenstellung;
? Österreichischer Führerschein, ausgestellt am XXXX .06.2017 von der Landespolizeidirektion Oberösterreich und
? zwei Empfehlungsschreiben von Bekannten des Beschwerdeführers
Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer verschiedene Zeitungsartikel sowie Internetberichte (teilweise in mehrfacher Ausfertigung) betreffend die Sicherheitslage in der Region Kurram Agency aus den Jahren 2011 bis 2017 in (zum Teil schlecht lesbarer) Kopie vor. Ein Vorbringen wurde hierzu nicht erstattet. Nach Durchsicht dieser Artikel bzw. Berichte wird festgehalten, dass diese keinen Bezug zur Person des Beschwerdeführers und/oder zu seinem Vorbringen aufweisen, sondern lediglich allgemein gehalten sind.
Ferner finden sich im Verwaltungsakt eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Pakistan „Administration der Kurram Agency“ vom 30.11.2016, ein Auszug aus dem Country Information Report „Pakistan“ vom Australian Government, Department of Foreign Affairs and Trade vom 01.09.2017 und eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Pakistan „Lage der – schiitischen und sunnitischen – Bangasch (Bangash): allgemeine Informationen, Verbreitung, aktuelle Situation, insbesondere Sicherheitslage; mögliche Diskriminierungen; sozioökonomische Faktoren; Selbstorganisation, Hilfestellungen, Hilfsorganisationen im Gebiet und im Falle von IDPs“ vom 22.06.2017.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Pakistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sowie des Familienstamms der XXXX und zugehörig zum schiitischen Islam sei. Er spreche Paschtu, Urdu sowie etwas Englisch und sei ledig. Seine Familienmitglieder würden in Pakistan leben und der Beschwerdeführer leide an keiner lebensbedrohenden Krankheit. Es habe nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer in Pakistan von staatlicher oder von privater Seite asylrelevante Verfolgung drohe. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass er von den Taliban zur Waffenbeförderung aufgefordert worden sei und ebenso wenig, dass der Beschwerdeführer für den Krieg in Syrien rekrutiert hätte werden sollen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Er habe mit Taxifahren sich und seine Familie versorgt. Der Beschwerdeführer sei selbsterhaltungsfähig. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er beziehe Grundversorgung, habe Deutschkurse besucht und die A2 Prüfung abgelegt. Es werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich freiwillig tätig gewesen sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 14 bis 152 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.
Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass sich die erste Namensangabe mit dem Familiennamen XXXX dadurch erkläre, dass der Beschwerdeführer vom Familienstamm der XXXX abstamme. Den Angaben zur Volksgruppe und zum religiösen Bekenntnis sowie zum Familienstand werde seitens der Behörde nicht entgegengetreten. Auch die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers würden als glaubhaft angesehen werden. Dass der Beschwerdeführer an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung leide, ergebe sich aus seinen Aussagen im Rahmen der Einvernahme. Eine lebensbedrohliche Krankheit sei nicht ersichtlich und weise auch die Aktenlage nichts auf. Die Angabe des Beschwerdeführers, dass er seine Heimat aufgrund der Suche nach Stabilität und Sicherheit verlassen habe, werde der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Konvolut an Internetausdrucken und Zeitungsartikelkopien dokumentiere die in den Länderfeststellungen festgehaltene Tatsache, dass exponierte Persönlichkeiten aufgrund ihres Berufes oder aufgrund ihres herausragenden Standes in der Öffentlichkeit Angriffsziele radikaler Gruppierungen seien. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie werde in einem der Artikel persönlich erwähnt. Der Beschwerdeführer sei keine besonders exponierte Persönlichkeit. Die Behauptung, dass der Beschwerdeführer von den Taliban zur Waffenbeförderung aufgefordert worden sei, könne nicht nachvollzogen werden, da er drei Jahre lang Taxi gefahren sei und so seinen Lebensunterhalt verdient habe. Betreffend das Vorbringen zur Rekrutierung durch Ansar ul-Hussain wurde ausgeführt, dass diese Organisation existiere und von der Antiterrorismusbehörde am 30.12.2016 auf eine Verbotsliste gesetzt worden sei. Der pakistanische Staat habe sohin in Bezug auf diese Gruppe seinen grundsätzlichen Willen und die Fähigkeit, seine Bürger zu schützen, gezeigt. Eine Verfolgung von Seiten Dritter sei aber nur dann als asylrelevant anzusehen, wenn es dem Beschwerdeführer aufgrund mangelnder Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates weder möglich noch zumutbar sei, sich zur Abwehr der Verfolgung unter den Schutz des Heimatstaates zu stellen. Der Beschwerdeführer habe den Schutz des Staates jedoch gar nicht gesucht. Weiters sei anzuführen, dass XXXX zu den geschützten Gebieten der FATA gehöre, die sich durch staatliche Präsenz auszeichne. Ferner lasse sich eine Gruppenverfolgung von Schiiten in Pakistan weder den tatsächlichen Umständen noch einer quantitativen Betrachtung entnehmen. Die pakistanische Verfassung garantiere die freie Religionsausübung. In Pakistan liege gegenwärtig kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung der Person des Beschwerdeführers liege nicht vor. Eine Gefährdung im Fall der Rückkehr könne ebenfalls nicht erkannt werden. Der Beschwerdeführer habe in Pakistan Familie und Verwandte, sei selbsterhaltungsfähig, habe eine Schulausbildung genossen spreche die wesentlichen Sprachen Pakistans. Seine Familie besitze in XXXX ein Haus. Alle Verwandten des Beschwerdeführers seien Paschtunen und schiitische Moslems. Der Beschwerdeführer habe Arztbriefe vom August 2017 betreffend Nierensteinprobleme vorgelegt. Diese Probleme habe er schon in Pakistan gehabt und habe dagegen Tabletten erhalten. Demnach könne er auch bei einer Rückkehr in die Heimat wieder Behandlung bei Nierenproblemen wahrnehmen. Demnach stehe auch dem chronischen Nierenleiden nichts entgegen, das gegen die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Pakistan sprechen würde. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben [in Österreich] hätten sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, aus der Aktenlage und aus den vorgelegten Bestätigungen ergeben. Maßgebliche Integrationsmerkmale in die österreichische Gesellschaft seien daraus nicht ersichtlich. Die Feststellungen zur Lage in Pakistan würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr habe vorbringen können und eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung in seinem Sachvortrag nicht erkennbar gewesen sei. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass subjektive Befürchtungen betreffend die allgemeine Lage in der Heimatregion des Beschwerdeführers nicht ausreichen würden, um eine Bedrohung im Sinne des § 50 FPG darzutun. Der Beschwerdeführer habe von sich aus konkrete und untermauerte Angaben zu machen, aus denen abgeleitet werden könne, was ihn zu dem Schluss veranlasse, dass diese allgemeinen Gefährdungen individuell seine Person betreffen könnten. Ein solches Vorbringen habe der Beschwerdeführer jedoch im Laufe des Verfahrens nicht erstattet. Es habe auch nicht erkannt werden können, dass der Beschwerdeführer an einer Erkrankung leide, die ein Abschiebehindernis im Sinne des § 50 FPG darstelle. Ferner seien im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in eine lebensbedrohende Notlage geraten würde. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfüllt seien. Weiters sei das Bestehen eines Familienlebens zu verneinen. Zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich wurde ausgeführt, dass er Deutschprüfungen bis zur Stufe A2 gemacht habe. Er sei seit Juni 2015 in Österreich aufhältig und seien tiefergehende Integrationsmerkmale schon alleine durch die relativ kurze Aufenthaltsdauer nicht zu erkennen. Der Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit werde aufgrund der Freiwilligentätigkeit Glauben geschenkt. Ein schützenswertes Privatleben in Österreich sei insgesamt betrachtet nicht erkennbar. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer beinahe sein gesamtes Leben in Pakistan verbracht, wo seine Familie und Verwandtschaft lebe. Dort sei er auch kulturell verwurzelt. Im Rahmen der Interessensabwägung sei daher festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, sei gemäß § 10 Abs. 1 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Mit dieser sei gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG zulässig sei. Im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen sei die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig. Letztlich wurde zu Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen zwei Wochen verpflichtet sei.
Mit Verfahrensanordnung vom 07.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer von Amtswegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
3. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner damals bevollmächtigten Vertretung fristgerecht am 04.04.2018 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie des wesentlichen Vorbringens des Beschwerdeführers ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Forderung der Taliban für sie Waffen zu transportieren mit seinen Eltern zu seinem Onkel gezogen und, nachdem auch dort die Bedrohung nicht aufgehört habe, geflohen sei. Der Beschwerdeführer als schiitischer Paschtune hätte keinen Schutz des Staates gegen die Bedrohung der Organisation Ansar ul-Hussain bekommen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei für den Beschwerdeführer nicht möglich, da er Schiit sei und ihm daher in allen anderen Landesteilen Pakistans die Gefahr der Verfolgung drohe. Ferner sei er von den Taliban und von Ansar ul-Hussain bedroht worden und könne von diesen überall aufgespürt werden, da diese sehr gut vernetzt seien.
Wäre die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte sie dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. In der Folge wurde in die Beschwerde eine ACCORD Anfragebeantwortung zu Pakistan „Aktuelle Sicherheitslage in Parachinar (Upper Kurram) und dem umliegenden Gebiet“ vom 31.03.2014 hineinkopiert, die sich auf die Situation in den Jahren 2012 und 2013 bezieht. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass sich am 21.01.2017 und im Juni 2017 Anschläge in Parachinar ereignet hätten und wurden zwei Internetberichte zitiert. Ein Bezug zur Person des Beschwerdeführers und/oder zu seinem Vorbringen wurde nicht hergestellt. Die Familie des Beschwerdeführers in Pakistan könne ihn weder finanziell unterstützen noch ihm den nötigen Schutz bieten. Hinzu komme, dass er immer wieder Nierensteine habe und unter Rückenbeschwerden leide. Eine Behandlung in Pakistan wäre für den Beschwerdeführer mit hohen finanziellen Kosten verbunden, die der Beschwerdeführer nicht aufbringen könne. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Abschiebung nach Pakistan eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und habe sich während seines Aufenthalts in Österreich bereits bestens integriert. Er habe die Deutschkurse A1 und A2 erfolgreich absolviert und wolle demnächst mit B1 beginnen. Der Beschwerdeführer wolle sich als Transporteur selbstständig machen, habe bereits den österreichischen Führerschein gemacht und um einen Gewerbeschein angesucht. Ferner wolle er an der Universität Linz studieren und habe sich beim Roten Kreuz für ehrenamtliche Tätigkeiten angemeldet.
4. An bis dato noch nicht im Akt befindlichen Schriftstücken legte der Beschwerdeführer im Wege seines nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters im Zuge des Beschwerdeverfahrens nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen vor:
? Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers vom XXXX .04.2018 für das freie Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“;
? Wiederbetriebsmeldung der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom XXXX .06.2020 betreffend die am XXXX .06.2020 erfolgte Wiederaufnahme der seit XXXX .04.2018 ruhend gemeldeten Gewerbeausübung;
? Mietvertrag über eine Wohnung vom XXXX .04.2020 samt Fotos, Inventarliste, Übergabeprotokoll und Energieausweis;
? Mietvertrag über ein Kraftfahrzeug (Renault Kangoo) vom XXXX .06.2020;
? Frachtvertrag zwischen der Firma Active trans&logistics und dem Beschwerdeführer vom XXXX .06.2020;
? Vereinbarung zwischen einem China Restaurant und dem Beschwerdeführer betreffend die Durchführung von Warenlieferungen vom XXXX .06.2020;
? Zeugnis zur Integrationsprüfung „Sprachniveau A“ vom XXXX .08.2020;
? Saldenliste und Erfolgsrechnung per XXXX .10.2020 bzw. XXXX .10.2020;
? Kontoübersicht der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen Oberösterreich vom XXXX .10.2020;
? Bestätigung über den Besuch der Bildungsveranstaltung „ÖIF Integrationsprüfung B1“ vom XXXX .10.2020;
? Mitteilung der Abgabenkontonummer und Abgaben sowie Bescheid über die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, beide ausgestellt vom Finanzamt Linz am XXXX .06.2020 und
? zwei Empfehlungsschreiben aus dem Freundes- bzw. Bekanntenkreis des Beschwerdeführers
Ferner wurde ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vorgelegt, denen zusammengefasst und im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer ab April 2017 in medizinischer Behandlung war und ihm am XXXX .07.2017 Nierensteine operativ entfernt wurden. In der Folge wurden bei ihm am XXXX .08.2017 eine Nierensteinsanierung sowie ein Splintwechsel komplikationslos beidseitig vorgenommen und am XXXX .08.2017 wurde ambulant eine Splintentfernung (= Harnleiterschienenentfernung) beidseitig – ebenso komplikationslos - durchgeführt. Am XXXX .10.2018 wurde dem Beschwerdeführer rechts eine innere Harnleitungsschiene gelegt. Diese wurde am XXXX .11.2018 gewechselt und wurden Nierensteine rechts entfernt. Der Beschwerdeführer war von XXXX .01.2019 bis XXXX .01.2019 sowie von XXXX .02.2019 bis XXXX .02.2019 wegen Nierenkoliken stationär in einem Krankenhaus aufhältig. Von XXXX .03.2019 bis XXXX .03.2019 befand sich der Beschwerdeführer wieder in stationärer Behandlung wegen einer Splintentfernung rechts und wegen einer Urethrozystoskopie (= Harnröhren- und Blasenspiegelung). Von XXXX .04.2019 bis XXXX .04.2019 war der Beschwerdeführer zwecks weiterer Abklärung und Therapie erneut stationär in einem Krankenhaus aufhältig. In der Folge wurde der Beschwerdeführer zur Kontrolle am XXXX .04.2019 ambulant in einem Krankenhaus aufgenommen. Von XXXX .05.2019 bis XXXX .05.2019 war der Beschwerdeführer in stationärer Behandlung wegen einer Ureterorenoskopie links (= Harnleiterspiegelung) mit Steinentfernung links. Weitere urologische ambulante Kontrolltermine fanden am XXXX .05.2019, am XXXX .05.2019, am XXXX .06.2019, am XXXX .06.2019 und am XXXX .06.2019 statt. In der Folge war der Beschwerdeführer von XXXX .06.2019 bis XXXX .06.2019 wegen einer retrograden Pyelographie (= Röntgendarstellung der Harnleiter) erneut stationär in einem Krankenhaus aufhältig. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am XXXX .07.2019 und am XXXX .08.2019 zu ambulanten Kontrollen wiederbestellt. Der Beschwerdeführer war von XXXX .09.2019 bis XXXX .09.2019 stationär wegen einer „Da Vinci Harnleiter-End-zu-End-Anastomose“ [Anm.: hierbei handelt es sich um eine minimal invasive Reparatur tiefer Harnleiterengen mit Ausschneidung der Engstelle und Vernähung der verbliebenen Anteile] in einem Krankenhaus aufhältig. In weitere Folge unterzog sich der Beschwerdeführer am XXXX .09.2019, am XXXX .10.2019 und am XXXX .12.2019 ambulanter Kontrollen. Zwecks Entfernung der Harnleiterschiene war der Beschwerdeführer noch von XXXX .11.2019 bis XXXX .11.2019 in stationärer Behandlung.
Ein Vorbringen wurde zu dem gesamten vorgelegten Konvolut an medizinischen bzw. urologischen Unterlagen nicht erstattet.
5. Am 18.11.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Paschtu statt, an der der Beschwerdeführer und seine bevollmächtigte Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in Pakistan zur Kenntnis gebracht.
Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Seit März 2020 sei er vollkommen gesund. Er habe Nierensteine gehabt und habe jeden zweiten oder dritten Monat zum Arzt gehen müssen, um diese Steine entfernen zu lassen. 2019 sei er operiert worden. Ein Termin im Dezember 2020 sei nur zur Kontrolle vereinbart worden. Seit März 2020 sei er nicht mehr in medizinischer Behandlung und nehme auch keine Medikamente mehr ein. Ihm sei nur gesagt worden, dass er im Dezember zur Kontrolle kommen solle. Beim letzten Termin habe ihm der Arzt gesagt, dass seine Nieren zu 70% funktionieren würden. Beim nächsten Termin könne er dann feststellen, ob sie zu 100% funktionieren. Nach Dezember 2020 würden noch weitere Kontrolltermine notwendig sein. In Pakistan sei der Beschwerdeführer diesbezüglich ab und zu zum Arzt gegangen, habe sich aber meistens nur Tabletten aus der Apotheke geholt. Die Niederschriften der Erstbefragung und vor dem Bundesamt seien ihm rückübersetzt worden und er habe die Wahrheit gesagt. In der Erstbefragung habe es ein wenig Schwierigkeiten mit dem Dolmetscher gegeben. Dieser habe seinen Namen und das Geburtsdatum falsch protokollieren lassen. Dies habe der Beschwerdeführer dann bei seiner Einvernahme beim Bundesamt korrigieren können. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt war der Dolmetscher in Ordnung.
Zu seiner Identität brachte der Beschwerdeführer vor, dass es stimme, dass XXXX der Name seines Stammes sei. In Parachinar gebe es zwei große Stämme, nämlich die XXXX und die XXXX . Seine Geburtsurkunde habe er bereits dem Bundesamt vorgelegt. Den Reisepass habe der Beschwerdeführer im Iran weggeworfen, weil ihm dies der Schlepper geraten habe. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Er sei schiitischer Moslem und Paschtune. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe der Beschwerdeführer in Pakistan keine Probleme gehabt. Er habe aber Probleme gehabt, weil er Schiit sei. Der Beschwerdeführer spreche Paschtu, Urdu und Deutsch. Urdu könne er auch lesen und schreiben, Paschtu nicht.
Zu den mit der Ladung übersendeten Länderfeststellungen zur Situation in Pakistan gab der Beschwerdeführer an, dass die Länderberichte von Pakistan seien, aber Parachinar sei ein Grenzgebiet zu Afghanistan und zwar ein Stammesgebiet. Die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers brachte ergänzend vor, dass die Länderberichte zur Kenntnis genommen werden würden. Die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers sei prekär. Terrorismus und Extremismus würden vor allem in der Grenzregion zu Afghanistan ein großes Problem darstellen. Der nicht funktionierende Justizapparat in Pakistan sei nicht in der Lage, dem Beschwerdeführer ausreichend Schutz zu gewähren. Ferner leide der Beschwerdeführer an einer schweren Nierenerkrankung samt Niereninsuffizienz und müsse sich regelmäßigen Kontrollen im Krankenhaus unterziehen. Das ohnehin schlechte Gesundheitswesen in Pakistan sei durch die Corona-Pandemie überlastet und wäre der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nicht in der Lage, seine Nierenprobleme ausreichend behandeln zu lassen. Weiters habe er in den letzten fünfeinhalb Jahren außerordentliche Schritte in Richtung eine gelungene Integration getätigt. Er spreche Deutsch auf dem Niveau B1 und sei seit einem halben Jahr selbstständig und selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer zahle Steuern und sei bei seinen Vertragspartnern, für die er Lieferdienste ausführe, sehr beliebt. Auch verfüge er über einen großen Freundeskreis und sei bei diversen Vereinen aktiv. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich in Österreich und sei der Beschwerdeführer ein wertvoller Bestandteil der österreichischen Gesellschaft geworden.
Zu seinen Wohnorten, zu seinen Familienangehörigen und zu seinem Leben in Pakistan gab der Beschwerdeführer an, dass er aus dem Dorf XXXX in Kurram Agency stamme. Die nächste größere Stadt sei XXXX . In XXXX habe er von seiner Geburt bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern, seinen zwei Schwestern und seinen drei Brüdern gelebt. Seit seiner Ausreise wohne seine Familie nicht mehr an dieser Adresse, sondern in der Nähe seines Onkels; dies sei allerdings auch in XXXX . Wenn die Telefone funktionieren, habe der Beschwerdeführer Kontakt zu seinen Angehörigen. Sein Vater sei halbseitig gelähmt und habe deshalb viel Stress. Den anderen Familienangehörigen gehe es gut. In Pakistan habe der Beschwerdeführer die Schule bis zur zehnten Klasse besucht und mit Matura abgeschlossen. Danach habe er vier Jahre lang – in jeweils zwei zweijährigen Phasen – das College besucht und einen Bachelor in State Economics erlangt. Seine Familie habe von der Landwirtschaft gelebt und zusätzlich habe der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft oder auf Baustellen gearbeitet. Obwohl er einen Bachelor in State Economics habe, habe er als Hilfsarbeiter tätig sein müssen, da es in seiner Nähe keine so großen Firmen gegeben habe, wo man arbeiten könne. Paschtunen hätten auch nicht so viele Chancen in großen Firmen, da Punjabi Vorrang hätten. Auch in größeren Städten wie Islamabad oder Lahore hätte er als Paschtune keine Chance gehabt, da auch dort Punjabi in der Mehrheit seien. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe er angegeben, als Taxifahrer gearbeitet zu haben, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe auch als Taxifahrer gearbeitet. Dazu brauche man in Pakistan keine Ausbildung. Jeder, der ein Auto habe, könne als Taxifahrer arbeiten. Ein Führerschein sei nicht notwendig gewesen. Auto fahren habe er von seinem Vater gelernt. Die Familie des Beschwerdeführers habe von dem, was sie verdient hätten, gut leben können. An sonstigen Verwandten habe er nur den Onkel mütterlicherseits, den er bereits erwähnt habe.
Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er keine fixe Freundin habe. Er wohne in einer Wohngemeinschaft mit einem Freund. Der Beschwerdeführer habe den A2-Kurs zweimal besucht und Zertifikate erlangt. Die B1-Prüfung habe er schon abgelegt, aber noch kein Ergebnis bekommen. Er habe eine Transportfirma und arbeite an zwei verschiedenen Stellen. Einerseits liefere er für ein Restaurant Essen aus und andererseits stelle er Pakete und Zeitungen beispielsweise an Trafiken oder Tankstellen zu. Damit verdiene er gut und zahle in Österreich Steuern. Der Beschwerdeführer brauche kein Geld vom Staat und sei auch selbst versichert. Ausbildungen habe er in Österreich nicht gemacht; er habe nur den Führerschein gemacht. Zuvor sei er krank gewesen, aber nunmehr sei er gesund und arbeite. Er wolle gerne weiterhin als Lieferant oder Zusteller arbeiten. Ferner habe er im Jahr 2017 freiwillig gearbeitet und Sprachcafés besucht. Der Beschwerdeführer habe in Österreich einen Freundeskreis und auch zwei „Wahlmütter“. Er wolle gerne in Österreich bleiben, da ihm hier viel geholfen worden sei. Hier sei auch alles ordentlich. Die Gesetze und das Gesundheitssystem in Österreich würden ihm gefallen.
Zu seinen Reisebewegungen und zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe Pakistan im dritten oder im vierten Monat 2015 verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland und andere, ihm nicht bekannte Länder nach Österreich gereist. Pakistan habe er verlassen, weil er mit den Taliban Probleme bekommen habe. Da er als Taxilenker gearbeitet habe, hätten sie verlangt, dass er für sie Sachen und Waffen transportiere. Die Taliban hätten zwar verlangt, dass er diese Transporte mache, der Beschwerdeführer habe es aber nicht getan. Daraufhin hätten ihn die Taliban mit dem Tod bedroht und auch dahingehend, dass sie ihm sein Auto wegnehmen würden. Sie hätten ihn auch geschlagen. Das erste Mal seien sie im Jahr 2012 oder 2013 an ihn in XXXX herangetreten. Sie seien in einer Gruppe gekommen; der Beschwerdeführer sei alleine gewesen. Persönlich habe er diese Taliban nicht gekannt. Im Jahr 2013 hätten sie ihn oft bedroht und danach seien sie weniger geworden; sie seien von XXXX weggegangen. In den Jahren 2012 und 2013 sei der Beschwerdeführer von den Taliban bedroht worden. Aber seine richtigen Probleme hätten im Jahr 2014 begonnen. Diese hätten nichts mit den Taliban zu tun; die Taliban seien im Jahr 2014 schon aus XXXX vertrieben gewesen. Nach 2013 sei der Beschwerdeführer nicht mehr von den Taliban bedroht worden, da sie schon in die Berge geflohen seien.
2014 hätten die Probleme mit „Ansar ul-Hussain“ begonnen. Diese Organisation arbeite mit dem Iran zusammen und bekomme auch Geld vom Iran. Sie habe Jugendliche „gesammelt“, um diese in den Iran zu schicken. Dort bekämen sie eine Ausbildung und würden dann in den Krieg nach Syrien geschickt. Leute dieser Organisation seien zum Vater des Beschwerdeführers gekommen und hätten verlangt, dass er den Beschwerdeführer mit ihnen mitschicke. Dann würde er Geld bekommen. Auch wenn der Beschwerdeführer im Krieg sterbe, würde seine Familie Geld bekommen. Aus XXXX seien viele Jugendliche mitgegangen, die auch im Syrienkrieg gefallen seien. Diesbezüglich habe er schon dem Bundesamt Unterlagen vorgelegt. Manche Jugendliche seien freiwillig mitgegangen, andere seien mitgenommen worden. Der Vater des Beschwerdeführers habe zu den Mitglieder von Ansar ul-Hussain gesagt, es sei nicht möglich, dass der Beschwerdeführer mit ihnen mitgehe, da sein Vater nicht wolle, dass der Beschwerdeführer andere Menschen töte. Danach seien „sie“ ab und zu gekommen und hätten „uns“ bedroht. Sie hätten dem Beschwerdeführer persönlich gesagt, dass er Schiit sei und den anderen Schiiten helfen solle. Auch der Beschwerdeführer habe ihnen gesagt, dass er das nicht wolle. Es seien Leute aus dem Dorf gewesen, die für diese Organisation gearbeitet hätten. Das erste Mal persönlich seien sie im Jahr 2014 an den Beschwerdeführer herangetreten. Ein genaues Datum wisse er nicht. Sie seien mehrmals gekommen und hätten auch den Vater des Beschwerdeführers im Dorf angesprochen. Aufgefordert, die Situation zu schildern, wie er bedroht worden sei, gab der Beschwerdeführer wörtlich an: „Sie sagten mir, dass ich als junger schiitischer Moslem den anderen Schiiten helfen soll und am Krieg teilnehmen soll.“ Geschlagen hätten sie den Beschwerdeführer nicht; sie hätten nur gesagt, dass er ein ehrenloser Mann sei und keine Würde habe, wenn er das nicht tue. Auf Vorhalt, das klinge nach einer Beleidigung, aber nicht nach einer Bedrohung, entgegnete der Beschwerdeführer, dass „sie“ gesagt hätten, dass er demnächst „dran“ wäre und sie ihn einfach mitnehmen würden. Davon könne sie niemand abhalten. Wenn der Beschwerdeführer ihnen nicht helfe, würden sie ihn töten, weil er seinen Religionsleuten nicht geholfen habe. Auf Vorhalt, die Organisation Ansar ul-Hussain sei von der Antiterrorismusbehörde des pakistanischen Staates am 30.12.2016 auf eine Verbotsliste gesetzt worden, gab der Beschwerdeführer an, dass diese Organisation von der pakistanischen Regierung unter Druck gesetzt worden sei, aber dennoch aktiv sei, da sie eine starke schiitische Organisation sei. Die Probleme mit Ansar ul-Hussain habe er in der Erstbefragung nicht angegeben, weil ihm gesagt worden sei, dass seine eigentliche Einvernahme erst demnächst sein werde. Seine Eltern seien nach seiner Ausreise in die Nähe seines Onkels mütterlicherseits gezogen, da der Vater des Beschwerdeführers krank geworden sei. Das Beschwerdevorbringen, er sei mit seinen Eltern zu seinem Onkel gezogen und auch dort von den Taliban bedroht worden, stimme nicht. Der Beschwerdeführer habe gemeint, als er mit den Leuten von Ansar ul-Hussain Probleme bekommen habe, habe er sich oft bei seinem Onkel versteckt. Sie seien aber auch zu seinem Onkel gekommen und hätten ihm gesagt, dass ihnen der Onkel den Beschwerdeführer übergeben solle. Sein Onkel habe gesagt, dass er das nicht wolle, da der Beschwerdeführer ein gebildeter, junger Mann sei und die ganze Familie nicht wolle, dass er andere Menschen töte. Bei einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst vor dieser Organisation. Man werde ihm auch vorwerfen, dass er in Europa gelebt und seine Religion in Verruf gebracht habe. Auf Vorhalt, Ansar ul-Hussain sei verboten und der Beschwerdeführer könne sich an die Polizei wenden, gab er an, die Polizei könnte ihm im Dorf nicht helfen. Es sei eine schiitische Organisation und im Dorf würden nur Schiiten leben. Auf die Frage, wieso er dann nicht beispielsweise nach Islamabad ziehen könnte, wo ihm die Polizei helfen könnte, entgegnete der Beschwerdeführer, dass diese Organisation in ganz Pakistan sei. Sie würden ihre Religion ernst nehmen und hätten nicht gewollt, dass jemand ihre Religion beleidige. Außerdem habe der Beschwerdeführer in Islamabad keine Freunde, kein Zuhause, keine Familie und kein Geld. Als Paschtune habe er auch nicht viele Chancen Arbeit zu finden. Vor ca. einem oder eineinhalb Monaten habe der Beschwerdeführer mit seiner Familie telefoniert und hätten sie ihm gesagt, dass die Leute aus dieser Organisation zu seiner Familie gesagt hätten, er habe jetzt fünf Jahre in Europa gelebt und sicher alles über seine Religion erzählt und diese somit beleidigt. Wenn der Beschwerdeführer zurückkehren würde, würden sie ihn deshalb töten. Pakistan sei ein islamischer Staat und würde ihm vorgeworfen werden, dass er seine Religion gewechselt oder vergessen hätte. Der Beschwerdeführer wolle niemals nach Pakistan zurückkehren. Im Fall einer Ansiedlung in einer Großstadt würde ihn seine Familie nicht unterstützen können. Dort gebe es keine Arbeit und auch kein System, über das man von Staat Geld bekomme. Auch seine Nierenprobleme könnte der Beschwerdeführer in Pakistan nicht behandeln lassen, weil in Pakistan eine Behandlung nur gegen Geld möglich sei. Dort gebe es keine kostenlose Krankenhausaufenthalte. Man werde von den Ärzten nur gegen Geld behandelt.
In der Verhandlung wurde eine Bescheinigung des Finanzamtes XXXX , dass gegen den Beschwerdeführer keine Abgabenforderungen bestehen, vom XXXX 10.2020 (vgl. Beilage ./1) und die Kontoübersicht 2020 der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen Oberösterreich, die einen Saldo von Null ausweist, vom XXXX .11.2020 (vgl. Beilage ./2) vorgelegt.
6. Am XXXX .12.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Arztbrief eines Klinikums, Abteilung für Urologie und Andrologie, vom XXXX .12.2020 ein, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer von XXXX .12.2020 bis XXXX .12.2020 in stationärer Behandlung wegen einer Nierenkolik links und einer Hydronephrose (= Sackniere) links war. Es sind zwei Steinspontanabgänge erfolgt und der Beschwerdeführer konnte beschwerdefrei nach unauffälliger Nierensonografie entlassen werden. Eine Kontrolle in drei Monaten wird empfohlen. Im Untersuchungszeitpunkt hatte der Beschwerdeführer keine Schmerzen, war beschwerdefrei und es gab keinen Hinweis auf einen Infekt. Zu seinem allgemeinen Gesundheitszustand wurde angeführt, „volle Aktivität, normales Leben und Arbeiten möglich“.
Im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters brachte der Beschwerdeführer diesbezüglich vor, dass seine beiden Nieren jeweils nur eine 50%ige Funktionsfähigkeit hätten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Pakistan, Zugehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus dem Dorf XXXX , in der Nähe der Stadt XXXX in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, wo er geboren und bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern und Geschwistern (zwei Schwestern und drei Brüder) im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Im Frühjahr 2015 verließ der Beschwerdeführer Pakistan und reiste über den Iran, die Türkei und Griechenland sowie über weitere, ihm nicht bekannte Länder nach Österreich, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am 04.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist, die dem pakistanischen Staat zurechenbar ist. Darüber hinaus wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten der Taliban und/oder von Seiten der Ansar ul-Hussain aufgrund seiner Weigerung mit diesen zunächst in den Iran und dann nach Syrien zu gehen, um dort zu kämpfen ausgesetzt ist. Festgestellt wird, dass Ansar ul-Hussain am 30.12.2016 von der Antiterrorismusbehörde des pakistanischen Staates auf eine Verbotsliste gesetzt wurde. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.
Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen und/oder der Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Pakistan aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.
1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet bzw. litt unter Nierensteinen und war diesbezüglich seit April 2017 in Österreich in regelmäßiger sowohl stationärer als auch ambulanter medizinischer Behandlung. Ihm wurden mehrmals Nierensteine entfernt und Harnleiterschienen gelegt. Auch wurden Harnleiter-, Harnröhren- und Blasenspiegelungen vorgenommen und diesbezügliche Röntgenbilder angefertigt. Zuletzt war der Beschwerdeführer von XXXX .12.2020 bis XXXX .12.2020 stationär in einem Krankenhaus in Behandlung. Im Zuge dieser Behandlung sind zwei Nierensteine spontan abgegangen und der Beschwerdeführer wurde schmerz- sowie beschwerdefrei nach einer unauffälligen Nierensonografie entlassen. An weiteren medizinischen Maßnahmen wurde lediglich eine Kontrolle in drei Monaten empfohlen. Die Nieren des Beschwerdeführers sind zu 50% funktionsfähig. Er kann ein aktives, normales Leben führen und ist arbeitsfähig. Bereits in Pakistan wurde der Beschwerdeführer wegen seiner Nierenprobleme ärztlich behandelt und erhielt Tabletten vom staatlichen Krankenhaus in Parachinar sowie aus einer Apotheke.
Der Beschwerdeführer gehört keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19 Pandemie stellt für den Beschwerdeführer kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Er ist ledig und kinderlos bzw. ohne Obsorgeverpflichtungen, verfügt über eine zehnjährige Schulbildung mit Matura und besuchte vier Jahre ein College, das er mit dem Bachelor in „State Economics“ abschloss. In der Folge war der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft, auf Baustellen und als Taxifahrer mit seinem eigenen Fahrzeug tätig. Er spricht neben Paschtu auch Urdu und etwas Deutsch. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor seine Eltern, seine fünf Geschwister und sein Onkel mütterlicherseits. Da der Vater des Beschwerdeführers halbseitig gelähmt ist, zogen seine Eltern nach der Ausreise des Beschwerdeführers in die Nähe seines Onkels mütterlicherseits, der ebenfalls in Lughmankhel wohnt. Das Elternhaus des Beschwerdeführers steht derzeit leer. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Angehörigen besteht ein aufrechter Kontakt.
Festgestellt wird sohin, dass der an keinen schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen leidende, junge, ledige und kinderlose Beschwerdeführer über eine zehnjährige Schulbildung mit Matura sowie über eine vierjährige Collegeausbildung samt einem abgeschlossenen Bachelorstudium in „State Economics“ verfügt sowie Berufserfahrung in unterschiedlichen Bereichen gesammelt hat und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.
Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
1.1.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und lebt auch mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er hat am XXXX .04.2018 das freie Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ angemeldet, hat dieses jedoch am selben Tag ruhend gemeldet und erst am XXXX .06.2020 die Wiederbetriebsmeldung erstattet. Am 30.07.2020 wurde der Beschwerdeführer auf eigenen Wunsch aus der Grundversorgung entlassen und verdient seinen Lebensunterhalt seither mit Liefer- bzw. Zustelldiensten für ein Restaurant sowie für Trafiken und Tankstellen. Seit der Antragstellung am 04.06.2015 bis zum 30.07.2020 war der Beschwerdeführer in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebte von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer hat einige Deutschkurse besucht und das Zertifikat ÖSD A2 erlangt. Aktuell besucht er einen Kurs auf dem Sprachniveau B1. Festgestellt wird, dass sich der Beschwerdeführer gut in Deutsch verständigen kann. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 04.06.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Führerschein gemacht und an einigen Bildungs- bzw. Integrationsveranstaltungen aktiv teilgenommen. Darüber hinaus verfügt er im Bundesgebiet über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.
1.2. Zur Lage in Pakistan:
1.2.1. Neueste Ereignisse:
1.2.1.1. Integrierte Kurzinformation vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir:
Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).
Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außenwie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in NeuDelhi dar (ARTE 7.8.2019).
Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).
Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine „Hinduisierung“ des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).
Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).
Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).
Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als „nicht akzeptabel“ und „nicht bindend“ bezeichnet (SCMP 7.8.2019).
Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).
Anmerkung:
Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).
Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].
Quellen:
? ARTE – (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut?;
? BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370: What happened with Kashmir and why it matters;
? BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370: Kashmiris express anger at loss of special status;
? DS – Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus;
? FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad;
? HP – Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service;
? IT – India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory;
? NZZ – Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen;
? ORF – Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus;
? SCMP – South China Morning Post (7.8.2019): China calls India’s move to scrap Kashmir’s special status ‘not acceptable’ and not binding;
? SO – Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung;
? TNYT – The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation und
? ZO – Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus
1.2.1.2. Integrierte Kurzinformation vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM:
Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).
Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen – darunter fünf Soldaten – verletzt (Dawn 26.5.2019).
PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).
Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).
In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).
Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019).
Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran