TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/12 97/21/0003

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Veröffentlicht am 12.03.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 Z3;
VwGG §45;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/21/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, in den Beschwerdesachen des A in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B,

Spruch

I. über den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 13. November 1996 abgeschlossenen Verfahrens zur Zl. 96/21/0564 betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, den Beschluß gefaßt:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen. II. über die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 20. November 1996, Zl. III-1454-855/1993, betreffend Erteilung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zu I.:

Mit hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 96/21/0564, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. Mai 1996, mit welchem gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 iVm § 21 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen worden war, als unbegründet abgewiesen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides wurde im genannten Erkenntnis im wesentlichen damit begründet, daß unter Berücksichtigung der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität keine Bedenken gegen die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme bestünden, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig sei und daß die nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung zum Nachteil des Beschwerdeführers ausschlage. Aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei aus dem Jahr 1963 und aus dem darauf gestützten Beschluß Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation lasse sich nicht ableiten, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über einen türkischen Staatsangehörigen unzulässig sei. Art. 14 Abs. 1 des ARB mache deutlich, daß die die Beschäftigung und die Freizügigkeit türkischer Arbeitnehmer regelnden Bestimmungen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehen. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die Unterbindung schwerster Suchtgiftkriminalität im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und im Interesse der Gesundheit anderer liege. (Der Beschwerdeführer wurde wegen des versuchten Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz verurteilt. Gemäß dieser Bestimmung ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren zu bestrafen, wer Suchtgift erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt, dessen Menge zumindest das 25-fache einer großen Suchtgiftmenge beträgt, die allein schon geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen.) An der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes ändere eine Einbeziehung des Art. 3 der Richtlinie 64/221/EWG zur Auslegung des ARB nichts, weil nicht die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers allein die Erlassung des Aufenthaltsverbotes begründe, sondern sein dieser Verurteilung zugrundeliegendes der schwersten Suchtgiftkriminalität zuzurechnendes Fehlverhalten.

Der Beschwerdeführer beantragt nunmehr die Wiederaufnahme dieses Verfahrens im wesentlichen mit dem Vorbringen, spätestens seit einem beigelegten Schreiben der Europäischen Kommission sei zweifelsfrei klargestellt, daß bei assoziationsintegrierten türkischen Arbeitnehmern eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur nach den Kriterien des Europarechtes (Güterabwägung anhand des Fremdenaktes, Erfordernis einer negativen Zukunftsprognose insbesondere bei Ersttätern) verhängt werden dürfe. Die rechtliche Grundlage für die Wiederaufnahme des Verfahrens sieht der Beschwerdeführer in der Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG 1991, gesteht jedoch zu, daß das VwGG einen dieser Norm entsprechenden Wiederaufnahmstatbestand nicht kennt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt eine gesetzwidrige, durch § 45 VwGG nicht gedeckte Wiederaufnahme nicht in Betracht (vgl. auch den hg. Beschluß vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/1118, mit dem ein inhaltlich gleichlautender Wiederaufnahmeantrag abgewiesen wurde). Der Antrag war daher abzuweisen.

Im übrigen bezog der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes die relevanten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen ein, wenn auch nicht mit dem vom Beschwerdeführer gewünschten Ergebnis, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen qualifizierten Suchtgiftverbrecher deswegen unzulässig wäre, weil dieser türkischer Staatsangehöriger ist. In vergleichbaren Fällen wurde selbst gegen einen Angehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes bejaht (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/21/0095).

Zu II.:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. November 1996 wies die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG mit der Begründung ab, gemäß dieser Bestimmung sei die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe.

Gegen diesen Bescheid bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, er habe bis dato eine einzige erhebliche strafgerichtliche Verurteilung aufzuweisen, die aber für sich allein die Versagung der Aufenthaltsbewilligung nicht rechtfertige. "Nach der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wird dann auch der angefochtene Bescheid aufzuheben sein".

Ausgehend von der Rechtskraft des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbotes erweist sich die auf § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG gestützte Verweigerung des Sichtvermerkes als rechtmäßig.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997210003.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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