TE Bvwg Beschluss 2021/3/11 W273 2238848-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.03.2021

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §340
BVergG 2018 §341
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W273 2238848-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Einzelrichterin über den Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. XXXX , vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH, Bozner Platz 4, 6020 Innsbruck, betreffend das Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ der Auftraggeberin ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b, 1020 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Trabrennstraße 2c, 1020 Wien:

A)

Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge der Auftraggeberin auftragen, der Antragstellerin die Kosten (Pauschalgebühr) für den Nachprüfungsantrag zu ersetzen“, wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 21.01.2021 stellte die Bietergemeinschaft bestehend aus 1. XXXX sowie 2. XXXX , vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH, Bozner Platz 4, 6020 Innsbruck (im Folgenden: „die Antragstellerin“), einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ (im Folgenden „das Vergabeverfahren“) der ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b, 1020 Wien, (im Folgenden auch „Auftraggeberin“) vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Trabrennstraße 2c, 1020 Wien. Die Antragstellerin beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge der Antragstellerin Akteneinsicht gewähren, eine mündliche Verhandlung durchführen und die Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren, nämlich die Absichtserklärung, dass der Zuschlag der XXXX (im Folgenden auch „die präsumtive Zuschlagsempfängerin“) erteilt werden soll, für nichtig erklären und der Auftraggeberin auftragen, der Antragstellerin die Kosten für den Nachprüfungsantrag zu ersetzen. Die Antragstellerin verband ihren Antrag auf Nichtigerklärung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

2. Die Antragstellerin entrichtete mit dem Antrag Pauschalgebühren in Höhe von EUR 9.723,--.

3. Das Bundesverwaltungsgericht untersagte der Auftraggeberin mit einstweiliger Verfügung vom 29.01.2021 zu W273 2238848-1 im Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen.

4. Die Parteien erstatteten weiteres Vorbringen in wechselseitigen Schriftsätzen.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.02.2021 eine mündliche Verhandlung durch.

6. Mit Erkenntnis vom 10.03.2021 wies das Bundesverwaltungsgericht zur Geschäftszahl W273 2238848-2 den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b
1020 Wien (im Folgenden „die Auftraggeberin“) schrieb unter der Bezeichnung „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung - Baumeisterarbeiten“ einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich aus. Die Ausschreibung wurde am 08.10.2020 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter der GZ 2020/S197-473521 veröffentlicht. Die Auftraggeberin führt ein offenes Verfahren nach dem Bestbieterprinzip durch. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR XXXX Das Vergabeverfahren wird elektronisch geführt. Vergebende Stelle ist die Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Trabrennstraße 2c, 1020 Wien (Vergabeakt, allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin).

2. Mit Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021 gab die Auftraggeberin bekannt, dass sie beabsichtigt, die ausgeschriebenen Leistungen an die XXXX (im Folgenden „präsumtive Zuschlagsempfängerin“) zu vergeben (Vergabeakt, allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin).

3. Die Antragstellerin stellte am 21.01.2021 einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 14.01.2021. Die Antragstellerin verband ihren Antrag auf Nichtigerklärung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Antrag auf Nichtigerklärung = OZ 1).

4. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 9.723,--. (Vergabeakt, Einzahlungsbeleg = OZ 5).

5. Das Bundesverwaltungsgericht untersagte der Auftraggeberin mit einstweiliger Verfügung vom 29.01.2021 zu W273 2238848-1 im Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen.

6. Am 10.03.2021 wies das Bundesverwaltungsgericht zur Geschäftszahl W273 2238848-2/E41 den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung ab.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich jeweils aus den in Klammer genannten Beweismitteln bzw. aus den Verfahrensakten zu W273 2238848-1 und W273 2238848-2. Die Unterlagen wurden von den Verfahrensparteien vorgelegt und von der jeweils anderen Seite weder bestritten noch angezweifelt. Sie sind daher als echt und richtig anzusehen. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung des Antrages auf Ersatz der Pauschalgebühr

3.1. Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2018, BGBl I Nr. 65/2018 (BVergG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den Antrag auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Die für den Gebührenersatz relevanten Bestimmungen des BVergG lauten:
Gebühren

§ 340. (1) Für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und § 353 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:
1.         Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw. ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.

4.         Für Anträge gemäß § 350 Abs. 1 ist eine Gebühr in der Höhe von 50% der festgesetzten Gebühr zu entrichten.
5.         Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß § 342 Abs. 1 oder gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 342 Abs. 1 oder gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80% der festgesetzten Gebühr zu entrichten.
6.         Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert gemäß den §§ 12 Abs. 1 oder 185 Abs. 1 nicht erreicht, so ist lediglich die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.
7.         Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75% der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 5 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

(2)     Die Gebührensätze bzw. Gebühren gemäß Z 1 und 2 sowie 4 bis 7 sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.

Gebührenersatz

§ 341. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn
1.         dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2.         dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.

(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.

3.3. Die Antragstellerin hat für den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 6.482,00 (Bauaufträge im Oberschwellenbereich) zuzüglich einer Gebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Höhe von 50% der festgesetzten Gebühr gemäß § 340 Abs. 1 Z 4 Bundesvergabegesetz 2018 entrichtet. Insgesamt bezahlte die Antragstellerin mit dem Antrag auf Nichtigerklärung Pauschalgebühren im Ausmaß von EUR 9.723,--.

3.4. Die Antragstellerin hat die geschuldete Pauschalgebühr für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in entsprechender Höhe nachweislich entrichtet (§ 340 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe – Bauaufträge im Oberschwellenbereich) und beantragt deren Ersatz durch die Auftraggeberin.

3.5. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Nachprüfungsantrag mit Erkenntnis vom 10.03.2021, Geschäftszahl W273 2238848-2/E41 ab. Die Antragstellerin hat somit im Hauptverfahren über den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung weder gänzlich noch teilweise obsiegt. Daher findet der Ersatz der Pauschalgebühr gemäß § 341 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 weder betreffend den Nachprüfungsantrag noch betreffend den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung statt. Der Antrag auf Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin ist daher abzuweisen.

Die Entscheidung ergeht innerhalb der Frist des § 341 Abs. 3 BVergG 2018.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Kostenbeschluss ergeht auf Grundlage der Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung in der Hauptsache gemäß § 341 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und der diesbezüglich eindeutigen Rechtslage.

Schlagworte

einstweilige Verfügung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Pauschalgebührenersatz Provisorialverfahren Vergabeverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W273.2238848.3.00

Im RIS seit

29.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten