TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/18 W205 2240196-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2021
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Entscheidungsdatum

18.03.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §33 Abs1 Z2
AsylG 2005 §33 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W205 2240196-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.02.2021, Zl. 1274721005/210223247, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, sowie § 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte, mit dem Flug TK7758 aus Istanbul/Türkei am 14.02.2021 kommend, am 15.02.2021 am Flughafen Wien Schwechat im Zuge der Amtshandlung bei der Grenzkontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG.

Im Rahmen der Erstbefragung am 16.02.2021 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er sei ledig, spreche Punjabi, gehöre dem Sikhismus und der Volksgruppe der Punjabi an. Er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Landwirt gearbeitet. In seinem Herkunftsstaat würden seine Eltern sowie sein Bruder und seine Schwester leben. In Österreich sei nur sein mitgereister Cousin aufhältig, welcher ebenso einen Asylantrag gestellt habe.

Zu seiner Reiseroute führte er aus, er habe Amritsar am 26.02.2020 verlassen, sei mit dem Zug nach Delhi gereist und weiter nach Quatar geflogen. Dort habe er sich fünfzehn Tage aufgehalten, habe in der moldawischen Botschaft ein Studentenvisum erhalten und sei dann weiter nach Chisinau, Moldawien geflogen. In Moldawien habe er sich sechs Monate aufgehalten, versucht die rumänische Sprache zu erlernen, habe ein Masterstudium begonnen, allerdings die Studiengebühren nicht mehr zahlen können. Daraufhin sei sein Aufenthaltstitel für ungültig erklärt worden und er habe dann bei der deutschen Botschaft um ein Transitvisum angesucht, weil es keinen Direktflug nach Indien gegeben habe. Er habe dann eines erhalten und sei dann nach Istanbul geflogen. Dort habe er sich nur im Transitbereich aufgehalten und sei dann weiter nach Dubai geflogen. In Dubai hätten er und sein Cousin ein Telefonat erhalten, wonach ihre Väter in ihrer Heimat von der Polizei festgenommen worden seien und sie nicht nachhause kommen sollten, da auch nach ihnen gesucht werden würde. Sie seien dann zwei Tage in Dubai gewesen, bevor sie wieder nach Istanbul geflogen wären. Dann seien sie von Istanbul nach Wien geflogen und hätten hier um Asyl angesucht.

Weiters gab der Beschwerdeführer an, er hätte erst bei der Reise nach Dubai von den Problemen zu Hause erfahren. Er habe einen indischen Reisepass gehabt und diesen hier am Flughafen auf der Toilette entsorgt.

Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

„Mein Land habe ich verlassen, um in Moldawien zu studieren. Da dann meine Familie in meiner Heimat in Schwierigkeiten gekommen ist und ich mein Studiengeld nicht mehr bezahlen konnte, musste ich Moldawien verlassen und wollte nach Indien zurückkehren. Bei der Heimreise in Dubai hat mich meine Familie angerufen und mir mitgeteilt, dass mein Vater, mein Bruder und der Vater von meinem mitreisenden Cousin väterlicher Seite von der Polizei festgenommen wurden und wir zwei ebenfalls von der Polizei gesucht werden. Der Vater von meinem Cousin ist Vorsitzender der XXXX (Zusammenschluss der Landwirte). Er setzt sich für uns Landwirte ein, weil die Modi – Regierung uns keine Rechte umsetzen lässt.

Meine Schwester und meine Mutter leben derzeit bei Verwandten. Aus diesem Grund möchte ich hier um Schutz ansuchen und hier leben.“

Nach Durchführung einer Rechtsberatung an der Erstaufnahmestelle Flughafen Wien – Schwechat wurde der Beschwerdeführer am 22.02.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA), niederschriftlich im Beisein eines Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi einvernommen. Die Einvernahme des Beschwerdeführers verlief iW folgendermaßen:

„(…)

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein. Befragt habe ich keinen Bevollmächtigten im Verfahren.

LA: Der Dolmetscher wurde vom Leiter der AH als Dolmetscher für Punjabi bestellt und beeidet. Sind Sie dieser Sprache mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?

VP: Ja ich verstehe ihn sehr gut.

Anmerkung: Der LA überzeugt sich von der einwandfreien Verständigung zwischen dem Dolmetscher und der Verfahrenspartei.

LA: Sollten sich für Sie im Verlauf der Einvernahme Unklarheiten ergeben, sollten Sie etwa eine Frage nicht richtig verstanden haben, oder bemerken, dass eine Ihrer Antworten offensichtlich von meiner Seite nicht richtig verstanden worden ist, können Sie jederzeit auch Gegenfragen stellen. Es soll in jedem Fall gewährleistet sein, dass eine fehlerfreie Kommunikation gegeben ist. Haben Sie das verstanden?

VP: Ja, danke.

LA: Sind Sie geistig und körperlich gesund?

VP: Ja.

LA: Stehen Sie sonst in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Nein.

Anm: PCR-Test auf Coronaviren nicht nachweisbar lt. Endbefund vom 17.02.2021. (s.Akt)

LA: Sind sie auch arbeitsfähig?

VP: Ja. Befragt kann ich alles arbeiten.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die an Sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß und umfassend zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Bitte schalten Sie auch Ihr Mobiltelefon aus.

VP: Ok. Nachgefragt habe ich es im Zimmer.

Anmerkung: Vor Beginn dieser Einvernahme erfolgte bereits am heutigen Tag eine Rechtsberatung der Verfahrenspartei durch die/den RechtsberaterIn (09:40 – 10:05 h), wozu der gesamte bisherige Akt zur Akteneinsicht überlassen worden ist.

LA: Haben Sie die Rechtsberatung verstanden?

VP: Ja.

LA: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung Ihrer Angaben, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) im Vorfeld ausgefolgt. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

VP: Ja.

LA: Sie werden nun nochmals darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und nicht an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet werden. Es ist auch unumgänglich, dass Sie ohne unnötigen Aufschub Ihren Antrag auf internationalen Schutz begründen und alle zur Begründung des Antrages erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darlegen.

In diesem Zusammenhang werden Sie nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass Sie für den Fall, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesamtes abgewiesen werden sollte, in einer Beschwerde gegen diesen Bescheid neue Tatsachen und Beweismittel nur eingeschränkt vorbringen können (sog. Neuerungsverbot).

LA: Haben Sie diese Ausführungen verstanden?

VP: Ja.

LA: Auf die Folgen von wahrheitswidrigen Aussage und der damit verbundenen allenfalls für Sie nachteilig verlaufenden Glaubwürdigkeitsprüfung werden Sie hier und heute nochmals ausdrücklich hingewiesen. Wenn Sie wissentlich falsche Angaben über Ihre Identität oder Herkunft machen, um die Duldung Ihrer Anwesenheit im österreichischen Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen, begehen Sie eine Verwaltungsübertretung nach dem FPG und können bestraft werden.

Sie werden weiters nochmals darauf hingewiesen, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz hier in der EAST Flughafen als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden kann, wenn Sie das Bundesamt über Ihre wahre Identität, Ihre Staatsangehörigkeit oder die Echtheit von Dokumenten, trotz der dazu nun erfolgten Belehrung über die Folgen eines solchen Verhaltens, zu täuschen versuchen.

Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass Ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren sind, dass Sie verpflichtet sind, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und unwahre Aussagen zur Abweisung Ihres Antrages auf internationalen Schutz wegen mangelnder Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens führen

können. Darüber hinaus werden Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Ihren Angaben im Zulassungsverfahren hier in der EAST Flughafen eine verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt (Anmerkung: LA erklärt die Bedeutung dieser Bestimmungen).

Haben Sie diese Ausführungen verstanden?

VP: Ja das habe ich verstanden.

Anmerkung: Die Verfahrenspartei wird auf die Möglichkeit, Unterstützung durch die Mitarbeiter/innen der ORS hier am Flughafen zu finden, die Möglichkeit der Beiziehung eines Vertreters/Rechtsanwaltes, einer Vertrauensperson und auch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit UNHCR hingewiesen. Wasser zu trinken wird bereitgestellt. VP wird informiert, sollte sie eine Pause wollen, dies jederzeit zu sagen.

LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren, insbesondere bei der polizeilichen Erstbefragung am 16.02.2021 wahrheitsgemäße Angaben gemacht und wurde Ihnen diese rückübersetzt und korrekt protokolliert? Wollen Sie jetzt etwas dazu ergänzen oder korrigieren?

VP: Ja ich habe die Wahrheit gesagt. Nachgefragt will ich jetzt nichts ergänzen oder korrigieren.

LA: Haben Sie noch Dokumente oder Beweismittel nachzureichen?

VP: Ich könnte Beweismittel besorgen, dass mein Vater im Gefängnis ist. Sonst gibt es nichts mehr.

LA: Bis wann können Sie diese Beweismittel nachreichen bitte?

VP: Innerhalb von 1-2 Tagen – über WhatsApp.

LA: Wie heißen Sie? Wann und wo wurden Sie geboren?

VP: Ich heiße XXXX und wurde am XXXX in Amritsar geboren.

LA: Bitte nennen Sie Ihre Staatsangehörigkeit, Volksgruppe und Religionszugehörigkeit?

VP: Ich bin Staatsangehöriger von Indien, gehöre der Volksgruppe der Punjabi an und bin Sikh.

LA: Mit welchen Dokumenten reisten Sie an?

VP: Mit meinem indischen Reisepass. Wir hatten ein Transitvisum.

LA: Wann sind sie dann ausgereist und gab es einen konkreten fluchtauslösenden Grund?

VP: Ja ich wurde bedroht und bin am 26.03.2020 ausgereist.

LA: Sie sind im März letzten Jahres ausgereist?

VP: Ja.

LA: Bisher haben Sie selbst und Ihr Cousin aber den 26.02.2020 für Ihre Ausreise angegeben?

VP: Ja – aus Indien ausgereist.

LA: Sie sagten eben, dass Sie vor Ihrer Ausreise bedroht worden wären. Was können Sie detailliert dazu angeben?

VP: Die Regierung drohte mir. Am 26. habe ich Indien verlassen. Am 26. gab es Ausschreitungen in Dehli. Am 26.01. haben die Ausschreitungen begonnen.

LA: Was bedeutet „die Regierung drohte mir“? Tätigen Sie substantiierte Angaben dazu.

VP: Mein Vater ist der Vorsitzende – nein mein Onkel väterlicherseits ist der Vorsitzende der XXXX .

LA: Bitte beantworten Sie die gestellte Frage.

VP: Wir betreiben Landwirtschaft und die Regierung lässt nicht zu, dass wir auf unsere landwirtschaftlichen Erträge einen Anspruch haben. Die Modi-Regierung enteignet unsere Grundstücke und darum gab es die Bauernproteste und Ausschreitungen, welche am 26. März – Jänner begonnen haben. Wir sind Sikhs und sie lassen uns die Religion nicht ausüben. Ich hatte auch mal lange Haare. Befragt kann ich nicht mehr dazu angeben.

LA: Sie werden abermals auf Ihre widersprüchlichen Angaben hingewiesen. Sie geben in derselben Antwort März – Jänner zu Protokoll. Tätigen Sie bitte wahrheitsgemäße Angaben.

VP: Ich meine, dass sie im Jänner begonnen haben und im Februar sind wir ausgereist.

LA: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

VP: Weggeschmissen. Befragt, weil ich nicht nach Indien zurückkehren möchte.

LA: Wann haben Sie den Reisepass beantragt und gab es dabei irgendwelche Probleme?

VP: Vor 2 bis 3 Jahren. Befragt hatte ich keine Probleme deswegen.

Anm: ausgestellt am 30.01.2017 laut Aktenlage.

LA: Was haben Sie für Ihre Ausreise bezahlt und woher hatten Sie das Geld?

VP. 1,5 Mil. Rupien. Ich habe es von der Landwirtschaft.

LA: Was, wo, wann und wie lange haben Sie in Indien bis zu Ihrer Ausreise am 26.02.2020 gearbeitet und wovon haben Sie gelebt?

VP: In der Landwirtschaft im Dorf XXXX – ca. 45 km entfernt von Amritsar.

LA: Was können Sie mir über Ihr Studium (3 Jahre Masterstudium) in Moldawien alles erzählen?

VP: Ich habe zuerst einen 6-monatigen Sprachkurs gemacht und habe dann einen 3-jährigen Abschlusskurs angemeldet. Nachgefragt zum Abschlusskurs für Englisch.

LA: Welche Angehörigen haben Sie jetzt noch im Heimatland?

VP: Meine Eltern und meine beiden Geschwister.

LA: Wo und mit wem haben Sie im HKS zuletzt gewohnt?

VP: Mit meinen Eltern in Amritsar.

LA: Wovon leben Ihre Angehörigen im Heimatland jetzt?

VP: Meine Mutter und Schwester sind bei Verwandten untergebracht und mein Vater ist im Gefängnis.

LA: Hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppe oder Religion jemals Probleme im Heimatland?

VP: Ja. Jetzt immer noch.

LA: Welche Probleme? Was können Sie dazu alles zu Protokoll geben?

VP: Sie lassen es nicht zu, dass ich einen Turban trage.

LA: Haben Sie in Österreich irgendwelche verwandtschaftlichen oder privaten Bezugspunkte?

VP: Nein.

LA: Wie ist Ihr Familienstand und haben Sie Kinder?

VP: Ich bin ledig und habe keine Kinder.

LA: Mit wem hatten Sie zuletzt Kontakt in Ihrem Heimatland?

VP: Mit meinem Bruder.

LA: Wann war das bitte?

VP: Jetzt als ich Indien verlassen habe. Jetzt ist es aber schon 2 bis 3 Tage her, dass ich mit ihm telefoniert habe.

LA: Schildern Sie mir dieses Telefongespräch bitte ganz genau?

VP: Ich habe mit meinem Bruder gesprochen. Mein Vater wurde festgenommen. Ich habe am 20.01.2021 das letzte Mal mit ihm gesprochen. Dann hat mein Bruder gesagt, dass mein Vater festgenommen wurde.

LA: Vorhalt: Jetzt widersprechen Sie sich gleich um über 1 Monat – vgl. vor 2 bis 3 Tagen vs. am 20.01.2021. Klären Sie das auf bitte.

VP: Er hat gesagt, dass auch ich – wir beide - in Gefahr sind.

Anm: VP antwortet abermals völlig ausweichend und geht auf die Fragestellung nicht ein.

LA: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

VP: Mein Vater war in der Partei.

LA: Hatten Sie selbst jemals Probleme wegen ihrer politischen Überzeugung?

VP: Als die Ausschreitungen begonnen haben, hat mein Vater gegoogelt und mich ins Ausland geschickt. Es gibt eine Anzeige gegen mich.

LA: Welche Anzeige gibt es jetzt bitte?

VP: Als die Proteste passierten – davor gab es diese Anzeigen. Mehr kann ich nicht dazu angeben.

LA: Vorhalt: Dann ist es doch absolut unlogisch, dass Sie wieder aus Moldawien zurück nach Indien reisen wollten, wenn Sie tatsächlich vorher schon eine Anzeige erhalten hätten oder tatsächlich verfolgt worden wären. Was sagen Sie dazu?

VP: Das war nicht so gefährlich.

LA: Hatten Sie jemals persönlich Probleme mit den Behörden oder der Polizei Ihres Heimatlandes?

VP: Als mein Vater zum Führer der Bauern wurde gab es Auseinandersetzungen.

LA: Bitte beantworten Sie die gestellte Frage.

VP: Ich nicht – mein Vater schon.

LA: Nennen Sie nun bitte detailliert und in Ihren eigenen Worten alle Ihre Fluchtgründe, sodass ich mir ein Bild davon machen kann? Sie haben hierzu ausreichend Zeit.

VP: In Indien ist es so, dass die ganze Familie verfolgt wird, wenn der Vater verfolgt wird. Als die erste Anzeige kam, bin ich rasch ausgereist und bin am 26.“März/Februar“ ausgereist. Wegen der Bauernprosteste und weil sie uns die Religion nicht ausüben lassen. Das ist alles. Ich bleibe hier in Österreich.

Anm: „März/Februar“ ist die wortwörtliche Übersetzung des VP.

LA: Sind das jetzt alle Fluchtgründe oder haben Sie noch weitere Vorbringen und individuelle Vorfälle zu Protokoll zu geben?

VP: Nein das ist alles. Sonstige Vorfälle gab es nicht.

LA: Wurden Sie selbst sonst jemals belangt, bedroht oder verfolgt?

VP: Sobald ich nach Indien zurückkehre werde ich erschossen. Meine Eltern haben gesagt ich sollte nicht nach Hause kommen. Nach Indien kehre ich nicht zurück.

LA: Gibt es einen Haftbefehl?

VP: Ich werde mir einen in 1 bis 2 Tagen schicken lassen.

LA: Laut den vorliegenden entscheidungsrelevanten Ausschnitten des LIB / Indien:

[…] Die politische Opposition kann sich frei betätigen…

… Noch gibt es in Indien kein nationales Melderegister bzw. Staatsbürgerschaftsregister…

… Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen…

… Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, sodass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung.

Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss.

… Die Verfassung garantiert Rede- und Meinungsfreiheit sowie Religionsfreiheit…

… Im Allgemeinen können Einzelpersonen die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, ohne Repressalien fürchten zu müssen. In bestimmten Fällen nutzen lokale Behörden Gesetze gegen Obszönität, um Personen festzunehmen, die offenbar politische Reden hielten (USDOS 11.3.2020).

Was können Sie dazu erklären und möchte Sie eine Stellungnahme abgeben?

VP: Man bezahlt Leute und die erledigen das dann.

LA: Eine Bedrohungssituation oder Verfolgung hat es aber offensichtlich bisher nicht gegeben, sonst hätten Sie nicht unbehelligt dort leben können und hätten nicht die Absicht gehabt wieder nach Hause zu reisen? Stimmt das so oder wie war es sonst?

VP: Am 17. Februar haben wir uns ein Visum besorgt, um nach Indien zurückzukehren. Am 26. haben die Ausschreitungen begonnen und wir sind von Dubai zurückgekehrt. Am 6. Februar sind wir nach Dubai gekommen und am 8. Februar sind wir nach Istanbul gekommen. Wir bekamen den Anruf, dass wir nicht nach Hause kommen sollten.

LA: Wer hat Sie angerufen?

VP: Mein Bruder.

LA: Befindet sich jetzt Ihr Bruder aktuell auch in Haft?

VP: Ja. Nein. Mein Vater war zuerst im Gefängnis. Im Gefängnis bekommt man ja Anrufmöglichkeiten.

LA: Sie sagen wiederholt widersprüchlich aus. Ich erinnere Sie an Ihre Mitwirkungspflichten.

VP: Ich gehe nicht nach Hause und werde hierbleiben.

LA: Aus Sicht des Bundesamtes ist iZm Ihrer völlig vagen und unglaubhaften Rahmengeschichte nicht davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung, Strafe oder Todesstrafe drohen könnten. Sie haben bisher ohne weitere behördliche Probleme im Heimatland leben können, und es ist nicht davon auszugehen, dass Sie dies in Zukunft nicht könnten. Auch eine individuelle Verfolgung vermochten Sie iZm den indischen Behörden nicht glaubhaft zu machen und haben keine Verfolgung mit individuellen Vorbringen geltend gemacht. Als Ergebnis der heutigen Einvernahme wird Ihnen mitgeteilt, dass beabsichtigt ist Ihren Antrag auf internationalen Schutz hier in der EAST Flughafen gem. § 33 (1) Ziffer 2. AsylG 2005 abzuweisen.

Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP: Ich möchte nicht zurück.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alle Ihre Gründe für die Antragstellung vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Ich habe nichts mehr zu sagen.

LA: Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden?

VP: Sehr gut.

LA an Rechtsberatung: Gibt es von Ihrer Seite noch offene Fragen oder Anträge?

RB: Danke nein.

Anmerkung: In einem allgemeinen Rechtsgespräch wird für die VP der weitere mögliche Ablauf eines Flughafenverfahrens erörtert, d.h. Einbindung von UNHCR – Zustimmung von UNHCR - Abweisung des Antrages mit Bescheid des BFA im Flughafenverfahren – Beschwerdemöglichkeit an Bundesverwaltungsgericht – abweisendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes – Zurückweisung der VP durch LPD - eventuell Verhängung der Schubhaft usw. - aber auch die jeweiligen Chancen für die VP im

Flughafenverfahren - keine Zustimmung von UNHCR – Einreisegestattung – Weiterführung des Verfahrens im Inland – oder Stattgebung der Beschwerde durch Bundesverwaltungsgericht - Einreisegestattung - Weiterführung des Verfahrens im Inland.

VP wird in allgemeinem Rechtsgespräch auch über die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte, die Umstände der Konfinierung, Möglichkeit der Unterstützung durch ORS, SWB des Wachzimmers, ärztliche Betreuungsmöglichkeiten, Telefonkontakte usw. – abermals in Kenntnis gesetzt.

LA: Haben Sie diese beabsichtigte Vorgehensweise verstanden?

VP: Ja.

LA: Möchten Sie nun am Ende der Befragung noch weitere Angaben machen oder irgendwelche Ergänzungen anbringen?

VP: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Es passt alles so.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

VP: Ja.

Anmerkung: Rechtsberatung und VP erhalten eine Ausfertigung der Niederschrift.

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

(…)“

Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge wurde am 23.02.2021 von der beabsichtigten Entscheidung des BFA verständigt und erteilte am 25.02.2021 die Zustimmung, den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 33 Abs. 2. AsylG abzuweisen, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

Mit angefochtenen Bescheid vom 25.02.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zu und erteilte ihm unter einem auch keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG.

Begründend wurde unter detailliert dargestellter Beweiswürdigung ausgeführt, die vorgebrachten Beweggründe für das Verlassen des Herkunftsstaates entsprächen offensichtlich nicht den Tatsachen. Es habe auch von Amts wegen nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. in Zukunft zu befürchten hätte. Die elementare Grundversorgung in seinem Herkunftsstaat sei gewährleistet, er verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte sowie Unterstützungsmöglichkeiten. Er habe bisher als Landwirt gearbeitet, es sei nicht davon auszugehen, dass er bei Rückkehr in eine Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass er im Falle einer Rückkehr nach Indien dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2 und Art 3 EMRK oder Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe und sich mit den Länderfeststellungen nur mangelhaft auseinandergesetzt habe. Wäre die Erstbehörde ihren Ermittlungspflichten nachgekommen, hätte sie erkannt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien Verfolgung drohe. Entgegen der Argumentation der Behörde, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage die behauptete Verfolgung mit detaillierten Angaben und Beweismittel zu untermauern, sei einzuwenden, dass der Beschwerdeführer von der Verfolgung seiner Familie telefonisch erfahren habe und daher nicht in der Lage sei die Begebenheiten ins Detail zu schildern. Die Telefonnummer mit der der Beschwerdeführer bisher mit seiner Familie kommuniziert habe funktionierte inzwischen nicht mehr, daher sei es dem Beschwerdeführer in der kurzen Zeit bisher auch noch nicht gelungen weitere Informationen oder Beweismittel bzgl. seinem Fluchtvorbringen zu beschaffen.

Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien, seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gehört der Volksgruppe der Punjabi an und bekennt sich zum Sikhismus.

Der Beschwerdeführer hat in Indien zwölf Jahre die Grundschule besucht, als Landwirt gearbeitet und zuletzt in Moldawien einen Sprachkurs für Rumänisch besucht.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer gehört keiner Risikogruppe im Sinne der COVID 19 Pandemie an.

Er leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht.

Der Beschwerdeführer verfügt in Indien über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und Geschwister. Zudem hat er zumindest noch einen Onkel dort.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer, abgesehen von seinem mitgereisten Cousin, über keine Familienangehörigen oder Verwandten. Der Beschwerdeführer war bisher noch nie in Österreich und hat keine Anknüpfungspunkte in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht.

Der Beschwerdeführer stellte, mit dem Flug TK7758 aus Istanbul/Türkei am 14.02.2021 kommend, am 15.02.2021 am Flughafen Wien im Zuge der Amtshandlung bei der Grenzkontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG. Als Grund für die Stellung des Asylantrages gab der Beschwerdeführer an, dass er den Antrag aufgrund von politischer Verfolgung in seinem Heimatland stelle. Der Beschwerdeführer hat im Feber 2020 Indien verlassen, ist nach Quatar geflogen, hat dort bei der moldawischen Botschaft ein Studentenvisum erhalten und flog dann weiter nach Chisinau, Moldawien. In Moldawien versuchte er die rumänische Sprache zu erlernen, aufgrund mangelnder finanzieller Mitteln, wurde sein Aufenthaltstitel für ungültig erklärt. Der Beschwerdeführer suchte daraufhin bei der deutschen Botschaft um ein Transitvisum an, flog mit diesem nach Istanbul und weiter nach Dubai, bevor er wieder zurück nach Istanbul flog und schließlich nach Wien und hier um Asyl ansuchte.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer aus den von ihm genannten Gründen (Bedrohungssituation wegen der behaupteten Festnahme seines Vaters und Bruders sowie des Vaters seines Cousins, im Zusammenhang mit den Bauernprotesten in Indien, Bedrohung durch die regierung ),nicht mehr in seinen Herkunftsstaat reisen kann. Das diesbezügliche Vorbringen ist unglaubwürdig und entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen.

Nicht festgestellt werden kann weiter, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Österreich hat gegenüber der belangten Behörde am 25.02.2021 die schriftliche Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 zur Abweisung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz erteilt, da das Vorbringen des Antragstellers in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden kann.

Bereits im angefochtenen Bescheid wurden folgende Feststellungen zur Lage in Indien getroffen, die auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden:

COVID-19

Letzte Änderung: 22.10.2020

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine

Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte.

Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten. Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit SARS-CoV-2 registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die

Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).

Sorge bereitet die zunehmende Ausbreitung von COVID-19-Infektionen in Kleinstädten und ländlichen

Gebieten, wo der Zugang zur medizinische Versorgung teilweise nur rudimentär oder gar nicht vorhanden ist

(WKO 10.2020). Durch die COVID-Krise können Schätzungen zu Folge bis zu 200 Mio. in die absolute Armut gedrängt werden. Ein Programm, demzufolge 800 Mio. Menschen gratis Lebensmittelrationen erhalten, wurde bis November 2020 verlängert. Die Ausmaße dieses Programms verdeutlichen, wie hart Indien von der COVID-Pandemie und dem damit verbundenen Einbruch der Wirtschaft betroffen ist (ÖB 9.2020).

Quellen:

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.10.2020):

https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/202 0/briefingnotes-kw42-

2020.pdf;jsessionid=91E533F0FC7A0F35C0751A9F00F3D711.internet572?__blob=publicationFile&v =4, Zugriff 12.10.2020

?        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        WKO - Aussenwirtschaft Austria (10.2020): Aussen Wirtschaft Wirtschaftsbereich Indien, WIRTSCHAFTSBERICHT Indien (Q1–Q22020), https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indienwirtschaftsbericht.pdfhttps://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 21.10.2020

Politische Lage

Letzte Änderung: 23.10.2020

Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA 5.10.2020; vgl. AA 23.9.2020). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 11.3.2020). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 2.2020a).

Der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist nach britischem Muster durchgesetzt (AA 2.2020a; vgl. AA 23.9.2020). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist verfassungsmäßig garantiert, der Instanzenzug ist dreistufig (AA 23.9.2020). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 8.2020a). Die Pressefreiheit ist von der Verfassung verbürgt, jedoch immer wieder Anfechtungen ausgesetzt (AA 9.2020a). Indien hat eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2020a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein

Zweikammerparlament (USDOS 11.3.2020). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Ebene der Bundesstaaten (AA 23.9.2020).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister der Regierungschef ist (USDOS 11.3.2020). Der Präsident nimmt weitgehend repräsentative Aufgaben wahr. Die politische Macht liegt hingegen beim Premierminister und seiner Regierung, die dem Parlament verantwortlich ist. Präsident ist seit 25. Juli 2017 Ram Nath Kovind, der der Kaste der Dalits (Unberührbaren) entstammt (GIZ 8.2020a).

Im April/Mai 2019 wählten etwa 900 Mio. Wahlberechtigte ein neues Unterhaus. Im System des einfachen Mehrheitswahlrechts konnte die Bharatiya Janata Party (BJP) unter der Führung des amtierenden Premierministers Narendra Modi ihr Wahlergebnis von 2014 nochmals verbessern (AA 23.9.2020).

Als deutlicher Sieger mit 352 von 542 Sitzen stellt das Parteienbündnis „National Democratic Alliance (NDA)“, mit der BJP als stärkster Partei (303 Sitze) erneut die Regierung. Der BJP-Spitzenkandidat und amtierende Premierminister Narendra Modi wurde im Amt bestätigt. Die United Progressive Alliance rund um die Congress Party (52 Sitze) erhielt insgesamt 92 Sitze (ÖB 9.2020; vgl. AA 19.7.2019). Die Wahlen verliefen, abgesehen von vereinzelten gewalttätigen Zusammenstößen v. a. im Bundesstaat Westbengal, korrekt und frei. Im Wahlbezirk Vellore (East) im Bundesstaat Tamil Nadu wurden die Wahlen wegen des dringenden Verdachts des Stimmenkaufs ausgesetzt und werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt (AA 19.7.2019). Mit der BJP-Regierung unter Narendra Modi haben die hindu-nationalistischen Töne deutlich zugenommen. Die zahlreichen hindunationalen Organisationen, allen voran das Freiwilligenkorps RSS, fühlen sich nun gestärkt und versuchen verstärkt, die Innenpolitik aktiv in ihrem Sinn zu bestimmen (GIZ 8.2020a). Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts treibt die regierende BJP ihre hindunationalistische Agenda weiter voran. Die Reform wurde notwendig, um die Defizite des Bürgerregisters des Bundesstaats

Assam zu beheben und den Weg für ein landesweites Staatsbürgerregister zu ebnen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Vorhaben vor allem Muslime und Musliminnen diskriminieren, einer großen Zahl von Personen den Anspruch auf die Staatsbürgerschaft entziehen könnten und Grundwerte der Verfassung untergraben (SWP 2.1.2020; vgl. TG 26.2.2020). Kritiker der Regierung machten die aufwiegelnde Rhetorik und die Minderheitenpolitik der regierenden Hindunationalisten, den Innenminister und die Bharatiya Janata Party (BJP) für die Gewalt verantwortlich, bei welcher Ende Februar 2020 mehr als 30 Personen getötet wurden. Hunderte wurden verletzt (FAZ 26.2.2020; vgl. DW 27.2.2020).

Bei der Wahl zum Regionalparlament der Hauptstadtregion Neu Delhi musste die Partei des Regierungschefs Narendra Modi gegenüber der regierenden Antikorruptionspartei Aam Aadmi (AAP) eine schwere Niederlage einstecken. Diese gewann die Regionalwahl erneut mit 62 von 70 Wahlbezirken. Die AAP unter Führung von Arvind Kejriwal, punktete bei den Wählern mit Themen wie Subventionen für Wasser und Strom, Verbesserung der Infrastruktur für medizinische Dienstleistungen sowie die Sicherheit von Frauen, während die BJP für das umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz warb (KBS 12.2.2020). Modis Partei hat in den vergangenen zwei Jahren bereits bei verschiedenen Regionalwahlen in den Bundesstaaten Maharashtra und Jharkhand heftige Rückschläge hinnehmen müssen (quanatra.de 14.2.2020; vgl. KBS 12.2.2020).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der „strategischen Autonomie“ wird zunehmend durch eine Politik „multipler Partnerschaften“ mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und als aufstrebende Großmacht die zunehmende verantwortliche Mitgestaltung regelbasierter internationaler Ordnung (BICC 7.2020). Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 8.2020a). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an, wobei nicht zuletzt Alternativkonzepte zur einseitig sino-zentrisch konzipierten „Neuen Seidenstraße“ eine wichtige Rolle spielen. In der Region Südasien setzt Indien zudem zunehmend auf die Regionalorganisation BIMSTEC (Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation). Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft und Mitglied im „Regional Forum“ (ARF). Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. Die Shanghai Cooperation Organisation (SCO) hat Indien und Pakistan 2017 als Vollmitglieder aufgenommen. Der Gestaltungswille der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) schien zuletzt abzunehmen (BICC 7.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 15.10.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (19.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Mai 2019),

https://www.ecoi.net/en/file/local/2014276/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht _zur_asyl-

_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Mai_2019%29%2C_19.07 .2019.pdf, Zugriff 15.10.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (9.2020a): Indien: Politisches Porträt, https://www.auswaertigesamt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/politisches-portrait/206048, Zugriff 15.10.2020

?        BICC - Bonn International Centre for Conversion (7.2020): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2020_Indien.pdf, Zugriff 20.10.2020

?        CIA - Central Intelligence Agency (5.10.2020): The World Factbook – India, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 15.10.2020

?        DW – Deutsche Welle (27.2.2020): Sierens China: Schwieriges Dreiecksverhältnis, https://www.dw.com/de/sierens-china-schwieriges-dreiecksverh%C3%A4ltnis/a-52556817, Zugriff 28.2.2020

?        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.2.2020): Immer mehr Tote nach Unruhen in Delhi, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/indien-tote-bei-gewalt-zwischen-hindus-undmuslimen-in-delhi-16652177.html, Zugriff 28.2.2020

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2020a): Indien, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 15.10.2020

?        KBS – Korean Broadcasting System (12.2.2020): Niederlage für Indiens Regierungschef Modi bei Wahl in Neu Delhi, http://world.kbs.co.kr/service/contents_view.htmlang=g&board_seq=379626, Zugriff 14.2.2020

?        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        Quantara.de (14.2.2020): Herbe Niederlage für Indiens Regierungschef Modi bei Wahl in Neu Delhi, https://de.qantara.de/content/herbe-niederlage-fuer-indiens-regierungschef-modi-bei-wahl-inneu-delhi, Zugriff 20.2.2020

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2019): Indiens Ringen um die Staatsbürgerschaft, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2020A02_wgnArora_WEB.pdf, Zugriff 18.2.2020

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (8.2019): Keine Ruhe in Kaschmir. Die Auflösung des Bundesstaats und die Folgen für Indien, https://www.swp-berlin.org/10.18449/2019A45/, Zugriff 16.1.2020

?        TG – The Guardian (26.2.2020): Anti-Muslim violence in Delhi serves Modi well, https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/feb/26/violence-delhi-modi-project-bjpcitizenship-law, Zugriff 28.2.2020

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026357.html, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 06.11.2020

Es gibt in Indien eine Vielzahl von Spannungen und Konflikten, Gewalt ist an der Tagesordnung (GIZ 8.2020a). Aufstände gibt es auch in den nordöstlichen Bundesstaaten Assam, Manipur, Nagaland sowie in Teilen Tripuras. In der Vergangenheit konnte eine Zunahme von Terroranschlägen in Indien, besonders in den großen Stadtzentren, verzeichnet werden. Mit Ausnahme der verheerenden Anschläge auf ein Hotel in Mumbai im November 2008, wird Indien bis heute zwar von vermehrten, jedoch kleineren Anschlägen heimgesucht (BICC 7.2020). Aber auch in den restlichen Landesteilen gab es in den letzten Jahren Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (BPB 12.12.2017). Das Land unterstützt die US-amerikanischen Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus. Intern wurde eine drakonische neue Anti-Terror-Gesetzgebung verabschiedet, die Prevention of Terrorism Ordinance (POTO), von der Menschenrechtsgruppen fürchten, dass sie auch gegen legitime politische Gegner missbraucht werden könnte (BICC 7.2020).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir (ÖB 9.2020; vgl. BICC 7.2020) und der und im von separatistischen Gruppen bedrohten Nordosten Indiens (ÖB 9.2020; vgl. BICC 7.2020, AA 23.9.2020). Der Punjab blieb im vergangenen Jahren von Terroranschlägen und Unruhen verschont (SATP 8.10.2020). Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 9.2020).

Gewalttätige Operationen maoistischer Gruppierungen in den ostzentralen Bergregionen Indiens dauern an (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.7.2020, FH 4.3.2020). Rebellen heben illegale Steuern ein, beschlagnahmen Lebensmittel und Unterkünfte und beteiligen sich an Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern und Erwachsenen. Zehntausende Zivilisten wurden durch die Gewalt vertrieben und leben in von der Regierung geführten Lagern. Unabhängig davon greifen in den sieben nordöstlichen Bundesstaaten Indiens mehr als 40 aufständische Gruppierungen, welche entweder eine größere Autonomie oder die vollständige Unabhängigkeit ihrer ethnischen oder Stammesgruppen anstreben, weiterhin Sicherheitskräfte an. Auch kommt es weiterhin zu Gewalttaten unter den Gruppierungen, welche sich in Bombenanschlägen, Morden, Entführungen, Vergewaltigungen von Zivilisten und in der Bildung von umfangreichen Erpressungsnetzwerken ausdrücken (FH 4.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terroristische Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte. 2019 belief sich die Opferzahl terroristischer Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. 2020 wurden bis zum 1.11. insgesamt 511 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 1.11.2020).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z. B. Maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 23.9.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09 .2020.pdf, Zugriff 15.10.2020

?        BBC - British Broadcasting Corporation (3.7.2020): Locals remain anxious amid India-China border stand-off, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-53020382, Zugriff 22.7.2020

?        BBC - British Broadcasting Corporation (23.1.2018): India country profile – Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 29.1.2019

?        BICC - Bonn International Centre for Conversion (7.2020): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2020_Indien.pdf, Zugriff 20.10.2020

?        BPB - Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland) (12.12.2017): Konfliktporträt: Indien, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/215390/indien, Zugriff 18.3.2020

?        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.2.2019): Pakistan: Wir behalten uns vor, auf Indiens Angriffe zu reagieren, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/indische-luftwaffe-verletzt-denpakistanischen-luftraum-16061769.html, Zugriff 6.8.2019

?        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025925.html, Zugriff 10.3.2020

?        FIDH – International Federation for Human Rights (23.6.2020): China/India/Pakistan: De-escalate tensions along border lines and seek peaceful resolution of disputes, 23.6.2020 https://www.fidh.org/en/region/asia/india/china-india-pakistan-de-escalate-tensions-alongborder-lines-and-seek, Zugriff 22.7.2020

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2020a): Indien, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 15.10.2020

?        KO – Kaschmir Observer (25.6.2020): Indian, Pakistani Troops Trade Fire In North Kashmir, https://kashmirobserver.net/2020/06/25/indian-pakistani-troops-trade-fire-in-north-kashmir/, Zugriff 22.7.2020

?        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        Piazolo, Michael (2008): Macht und Mächte in einer multipolaren Welt. Springer Verlag. Seite 201

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (8.10.2020): Data Sheet -. Punjab, Yearly Fatalities, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india-punjab, Zugriff 12.10.2020

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (1.11.2020): Data Sheet - India Yearly Fatalities: 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india, Zugriff 3.11.2020

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (7.2020): Indisch-chinesische Konfrontation im Himalaya. Eine Belastungsprobe für Indiens strategische Autonomie, Juli 2020 https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2020A63_IndienChina.pdf, Zugriff 22.7.2020

?        SZ- Süddeutsche Zeitung (26.2.2019): Indien bombardiert pakistanischen Teil Kaschmirs, https://www.sueddeutsche.de/politik/indien-pakistan-luftangriff-1.4345509, Zugriff 6.8.2019

?        Wagner, C. (2020). The Indian-Chinese confrontation in the Himalayas: a stress test for India's strategic autonomy.

(SWP Comment, 39/2020). Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politikund Sicherheit. https://doi.org/10.18449/2020C39, Zugriff 22.10.2020

?        WP – The Washington Post (26.2.2019): India strikes Pakistan in severe escalation of tensions between nuclear rivals, https://www.washingtonpost.com/world/pakistan-says-indian-fighter-jetscrossed-into-its-territory-and-carried-out-limited-airstrike/2019/02/25/901f3000-3979-11e9-a06c3ec8ed509d15_story.html?utm_term=.ee5f4df72709, Zugriff 6.8.2019
A)         Punjab

Letzte Änderung: 23.10.2020

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren von anderen Unionsstaaten oder Pakistan aus. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von SikhExilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 9.2020).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Es gibt Anzeichen von konzertierten Versuchen militanter Sikh-Gruppierungen im Ausland gemeinsam mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI, die aufständische Bewegung in Punjab wiederzubeleben. Indischen Geheimdienstinformationen zufolge werden Kämpfer der Babbar Khalsa International (BKI), einer militanten Sikh-Organisation in Pakistan von islamischen Terrorgruppen wie Lashkar-e-Toiba (LeT) trainiert, BKI hat angeblich ein gemeinsames Büro mit der LeT im pakistanischen West-Punjab errichtet. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der aufständischen Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 9.2020). Im Punjab haben die Behörden besondere Befugnisse, ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 11.3.2020; vgl. BBC 20.10.2015).

Die Menschenrechtslage im Punjab stellt sich nicht anders als im übrigen Indien dar. Jüngste Berichte internationaler Menschenrechts-NGOs (Amnesty International, Human Rights Watch), aber auch jene des US State Department enthalten keine gesonderten Informationen zum Punjab (ÖB 9.2020).

Neben den angeführten Formen der Gewalt, stellen Ehrenmorde vor allem in Punjab, Uttar Pradesh und Haryana weiterhin ein Problem dar (USDOS 11.3.2020).

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Mio. im Punjab (MoHA o.D.). Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden. Auch stellen die Sikhs 60 Prozent der Bevölkerung des Punjabs, einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 9.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 25 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt in Punjab. Im Jahr 2017 wurden 8 Personen durch Terrorakte getötet, 2018 waren es 3 Todesopfer und im Jahr 2019 wurden durch terroristische Gewalt 2 Todesopfer registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen]. Per 13.10.2020 wurden für Beobachtungszeitraum 2020 keine Opfer von verübten Terrorakten aufgezeichnet (SATP 13.10.2020).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International, müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 9.2020).

Quellen:

?        BBC - British Broadcasting Corporation (20.10.2015): Why are Indian Sikhs angry?, http://www.bbc.com/news/world-asia-india-34578463, Zugriff 18.10.2018

?        MoHA - Government of India, Ministry of Home Affairs, Office of the Registrar General & Census Commissioner, India (o.D.): C-1 Population By Religious Community, http://www.censusindia.gov.in/2011census/C-01.html, Zugriff 18.10.2018

?        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (13.10.2020): Datasheet – Punjab, Data View, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india-punjab, Zugriff 15.10.2020

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026357.html, Zugriff 13.3.2020

?        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004219.html, Zugriff 13.8.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 05.11.2020

In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig überlange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 23.9.2020). Eine systematisch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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