TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/23 L515 2173350-1

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Entscheidungsdatum

23.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L515 2173345-1/34E

L515 2173350-1/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Michael VALLENDER, 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2017, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Michael VALLENDER, 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2017, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß als „bP“ bzw. gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als „bP1“ und „bP2“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und reisten am 13.08.2016 mit einem von der Schweizer Vertretungsbehörde ausgestellten Schengen-Touristenvisum per Flugzeug zunächst von Tiflis in die Ukraine und in weiterer Folge nach Wien und damit in das Hoheitsgebiet der Republik Österreich, wo sie am 14.08.2016 ankamen. Vor Ablauf des Touristenvisums am 24.08.2016, brachten die bP bei der belangten Behörde am 23.08.2016 (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.1.1. Die weibliche bP1 ist die Mutter der männlichen bP2.

I.1.2 Zur Begründung ihres Antrages brachten die bP zusammengefasst vor, dass die bP1 aus Furcht vor ihrem drogensüchtigen ehemaligen Lebensgefährten und Vater der bP2 aus Georgien nach Österreich gereist sei. Der ehemalige Lebensgefährte hätte sie wiederholt bedroht, ihr Geld gestohlen und sie geschlagen. Die bP1 hätte aufgrund der Vorfälle zwei Mal die Polizei gerufen. Diese seien zwar gekommen, hätten der bP1 aber mitgeteilt, dass sie, da die bP1 keine körperlichen Anzeichen von Gewalt vorweise, nichts machen können. Auch als sich die bP1 mit der bP2 bei ihren Eltern vor dem Ex-Lebensgefährten versteckt hielten hätte dieser sie gefunden und die bP1 geschlagen, misshandelt und ua. mit dem Umbringen bedroht. Auch den Vater der bP1 hätte er angegriffen.

Im Falle einer Rückkehr habe sie mit neuerlichen Übergriffen durch ihren ehemaligen Lebensgefährten zu rechnen. Zudem brachte die bP1 –aktuell unbescheinigt- vor sie hätte psychische Probleme.

Die bP1 hätte sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu Au-pair- bzw. Ausbildungszwecken in Österreich befunden. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab sie als in Österreich aufhältige Verwandte eine Person namens „ XXXX “ an. Seitens des ho. Gerichts konnte die Präsenz dieser Person im weiteren Verfahren nicht weiter verifiziert werden. Es konnte lediglich die Präsenz einer Frau XXXX alias XXXX festgestellt werden, eine Verwandtschaft zu ihr wurde seitens der bP jedoch in Abrede gestellt und wurde von der bP auch im weiteren Verfahren eine Frau XXXX nicht mehr als genannt.

Die bP2 berief sich auf die Gründe der bP1 bzw. auf den gemeinsamen Familienverband. Deren verfahrensrechtliches Schicksal stellt sich mit dem der bP1 vergleichbar dar.

I.1.3 Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft. Die bB ging zwar davon aus, dass die von der bP1 vorgebrachte häusliche Gewalt tatsächlich stattgefunden hat, führte jedoch aus, dass die bP1 nicht mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten verheiratet ist und sie diesen daher jederzeit verlassen und in einem andern Ort in Georgien arbeiten und leben könne. Zudem führte die bB aus, dass häusliche Gewalt auch in Georgien eine Straftat darstellt und ging sowohl von einer Schutzfähigkeit als auch einer Schutzwilligkeit des georgischen Staates aus. Die bB wies überdies auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Schutzes eines Frauenhauses in Georgien hin.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Ebenso besteht ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien bietet.

Zur Lage der Frauen ging die die bB zusammengefasst davon aus, dass Männer und Frauen zwar rechtlich gleichgestellt, im Alltag jedoch nach wie vor Benachteiligungen der Frauen, etwa in der Besetzung von Führungs- oder politischen Positionen bestehen, bzw. Frauen oft weniger verdienen als Männer. Generell ist die georgische Gesellschaft patriarchalisch geprägt.

Häusliche Gewalt ist ein ernstes Problem, es fehlt zum Teil am Problembewusstsein und der Bereitschaft der Betroffenen, Anzeige zu erstatten.

Vergewaltigung ist illegal, aber Vergewaltigung in der Ehe wird im Gesetz nicht speziell erwähnt. Eine Strafrechtssache im Falle von Vergewaltigung kann allgemein erst dann eingeleitet werden, wenn eine Anzeige des Opfers vorliegt. Bei erstmaliger Vergewaltigung kann der Täter bis zu sieben Jahre, bei Wiederholung bis zu zehn Jahre Gefängnis verurteilt werden. Bei Anwendung schwerer Gewalt, Infektion durch HIV/AIDS oder resultierender Schwangerschaft kann die Strafe bis zu 15 Jahre betragen, wenn das Opfer in den angeführten Fällen minderjährig ist, sogar bis zu 20 Jahre.

Seit Mai 2012 ist häusliche Gewalt als Straftatbestand definiert. Das Gesetz erlaubt der Polizei Wegweisungen gegen verdächtige Personen innerhalb der Familie auszusprechen. Ein Gericht muss eine Wegweisung innerhalb von 24 Stunden genehmigen. Sie verbietet es Tätern sich dem Opfer für sechs Monate auf 100 Meter zu nähern und gemeinsamen Besitz zu nutzen. Verlängerungen sind unbeschränkt möglich. Die erste Verletzung einer Wegweisung führt zu einer Geldbuße, eine weitere Verletzung ist jedoch nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden Laut Innenministerium bildet der Kampf gegen häusliche Gewalt einen wichtigen Teil der Polizeiausbildung. Im Trainingsprogramm kooperiert das Ministerium mit lokalen NGOs und Internationalen Organisationen. Auf der Internetseite des Ministeriums (http://police.ge/en/projects/domestic-violence) finden sich im Detail Adressen und Telefonnummern zu den landesweiten Ansprechstellen für Opfer häuslicher Gewalt.

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine 24-Stunden-Hotline und Schutzeinrichtungen für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder, wenn auch mit einer begrenzten Anzahl an Plätzen in nur vier von zehn Regionen. Alle arbeiten nach denselben standardisierten Vorschriften und bieten die gleichen Dienste an, darunter psychologische, medizinische und juristische Unterstützung. Allerdings fehlt ihnen die Kapazität zur Rehabilitation und bezüglich der Unterstützung beim Finden einer dauerhaften Unterkunft.

Die bB legte seinen Feststellungen nachfolgende Quellen zu Grunde:

?        AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

?        EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 6.3.2017

?        GeoStat – National Statistics Office of Georgia (2017): Average monthly nominal salary of employees by sex [Diagramm], http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=149&lang=eng, Zugriff 6.3.2017

?        MIA – Ministry of Internal Affairs (6.3.2017): Domestic Violence, http://police.ge/en/projects/domestic-violence, Zugriff 6.3.2017

?        PD – Public Defender of Georgia (9.6.2016): Women’s Rights and Gender Equality 2015, http://www.ombudsman.ge/uploads/other/3/3722.pdf, Zugriff 6.3.2017

?        UNHRC - United Nations - Human Rights Council (9.6.2016): Report of the Special Rapporteur on violence against women, its causes and consequences on her mission to Georgia (A/HRC/32/42/Add.3), http://www.ohchr.org/EN/Issues/Women/SRWomen/Pages/CountryVisits.aspx, Zugriff 6.3.2017

?        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016, http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 8.3.2017

?        WEF – World Economic Forum (2016): The Global Gender Gap Report, http://www3.weforum.org/docs/GGGR16/WEF_Global_Gender_Gap_Report_2016.pdf, Zugriff 6.3.2017

?        WEF – World Economic Forum (2014): Gender Gap Index 2014 – Georgia, http://reports.weforum.org/global-gender-gap-report-2014/rankings/, Zugriff 6.3.2017

Ebenso ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen der bB, dass psychische Erkrankungen in Georgien behandelbar und die Behandlungsmöglichkeiten der bP1 zugänglich sind.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es ergaben sich weiters keine Hinweise auf einen Sachverhalt, welcher zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb die Rückehrentscheidung in Bezug auf Georgien und die Abschiebung dorthin zulässig ist.

Die bB ging davon aus, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt und wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt.

I.3. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

I.3.1. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bB ein mangelndes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, die Länderfeststellungen ungenau und unspezifisch ausgeführt sowie unvollständig seien und auch die Beweiswürdigung mangelhaft sei. Unter Verwendung von Quellenmaterial, welches überwiegend älter ist, als jenes welches von der bB verwendet wurde, wurde vorgebracht, dass die bP in Georgien keinen ausreichenden Schutz gegen häusliche Gewalt vorfinde. Ebenso wurde auf ihren psychischen Zustand und ihre wirtschaftliche Lage hingewiesen.

I.3.2. Zudem wurde auch inhaltliche Rechtswidrigkeit des beschwerdegegenständlichen Bescheides behauptet und führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Beurteilung der bB, dass keine Verfolgung iSd GFK vorliege falsch sei, da es sich bei dem von der bP1 vorgebrachten Fluchtgrund um eine geschlechtsspezifische Verfolgung handle, und damit um eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen welcher von staatlicher Seite in Georgien kein oder nur ungenügender Schutz entgegengesetzt würde.

I.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist und wurde mit ho. Erkenntnis gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG rechtskräftig festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Hiermit steht rechtskräftig fest, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP in die Republik Georgien keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde und für sie als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Ebenso war die bP seit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Erkenntnisses verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen.

I.5.1. Das ho. Gericht ordnete vorerst für den 27.07.2020 eine mündliche Beschwerdeverhandlung an und wurden die Verfahrensparteien eingeladen, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken (den bP wurde hierzu ein Fragenkatalog übermittelt) und bereits vor dem Verhandlungstermin allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

I.5.2. Die Verhandlung vom 27.07.2020 wurde abberaumt. Mit der Verständigung über die Abberaumung wurden die bP eingeladen an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken (den bP wurde hierzu wiederum ein Fragenkatalog übermittelt) und bereits vor dem Verhandlungstermin allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

Am 03.08.2020 erstattete die RV der bP im Namen der bP2 eine Stellungnahme zum übermittelten Fragenkatalog und führte darin im Wesentlichen wie in der Beschwerdeschrift aus. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Schwester der bP1 zwischenzeitlich ihr Studium in Österreich abgeschlossen hätte und nach Georgien zurückgekehrt sei. Es wurde jedoch ausgeführt, dass die bP in Österreich eine Vielzahl an Freunden in Österreich habe und die bP1 auch ehrenamtliche Tätigkeiten im Verein XXXX ausübe. Mit der Stellungnahme wurden ein Konvolut an Dokumenten, Empfehlungsschreiben, Zeugnissen und Bestätigungen über absolvierte Ausbildungen und Deutschkurse der bP1 vorgelegt.

I.5.3. Ein neuer Verhandlungstermin wurde für den 09.02.2021 anberaumt. Die bP wurden wieder eingeladen an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken (den bP wurde hierzu abermals ein Fragenkatalog übermittelt) und bereits vor dem Verhandlungstermin allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

Mit Eingabe vom 02.02.2021 erstattete die RV der bP im Namen der bP1 eine Stellungnahme und führte darin aus wie in der Beschwerdeschrift und der Stellungnahme vom 03.08.2020. Ergänzend zur Stellungnahme vom 03.08.2020 wurde ausgeführt, dass das soziale Umfeld in Österreich weiter gestärkt wurde, dass die bP1 Kindergeld iHv EUR 165,00 für die bP2 bezieh und dass die bP1 im Falle der Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltstitels bereits über einen möglichen Arbeitsplatz verfüge und dafür auch bereits ein Arbeitsvorvertrag unterfertigt wurde. Mit der Stellungnahme wurde Bestätigung über eine Therapie der bP1 bei einer Therapeutin für psychosomatische Erkrankungen vorgelegt.

I.5.4. Am 04.02.2021 wurden die bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend das georgische Gesetz Nr. 3143 zur Beseitigung häuslicher Gewalt, Schutz und Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt verständigt und aufgefordert binnen einer Frist von 2 Wochen schriftlich dazu Stellung zu nehmen.

I.5.5. Bei der mündlichen Verhandlung am 09.02.2021 gab der Rechtsvertreter der bP an, dass ihm die Unterlagen zur Stellungnahme zu einem so späten Zeitpunkt zugestellt wurden (04.02.2021), dass eine Stellungnahme vor der Verhandlung nicht möglich war. Es wurde daraufhin vom Einzelrichter Mag. Leitner angeordnet, dass die Stellungnahmefrist von zwei Wochen mit dem Ende der Verhandlung vom 09.02.2021 zu laufen beginnt.

I.5.6. Der weitere wesentliche Verlauf der Beschwerdeverhandlung vom 09.02.2021 wird wie folgt wiedergegeben:

„…

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit der P abgeklärt, sodass ihr diese geläufig sind]): Sind sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

P: Ich mache einmal pro Woche bei einer Freundin von einer Bekannten, einen Kurs bei einem Psychotherapeuten.

RI: Leiden Sie an einer Krankheit, die in ihrem Herkunftsstaat nicht behandelbar ist?

P: Nein.

RI: Wie geht es Ihrem Sohn gesundheitlich?

P: Gut, er ist gesund.

RI: Sie wurden bereits beim BFA zu ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern bzw. hat sich diesbezüglich etwas geändert?

P beschreibt ihren beruflichen und privaten Werdegang in Österreich und ihre Rückkehr nach Georgien, weil sie eine Familie gründen wollte.

RI: Haben Sie noch zu jemanden in ihrem Herkunftsstaat Kontakt?

P: Nur mit meinen Eltern und meiner Schwester.

RI: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. der Integration äußern?

P: Fast mein halbes Leben lang habe ich in Österreich verbracht und habe sehr viele Freunde hier. Ich fühle mich sehr geschützt hier mit meinem Sohn. Ich bringe ihn in den Kindergarten und mache dann ein Praktikum in einer Ordination. Die Frau XXXX ist meine Freundin und ich verbringe mit ihrer Familie und meinem Sohn viel Zeit. Sie unterstützt mich sehr. Die Freizeit verbringe ich mit meinem Sohn, jetzt ist es in der Corona Zeit nicht leicht. Eine Freundin, XXXX , sie ist meine Psychotherapeutin und ich kenne sie seit 2007. Sie ist immer hilfsbereit.

RI: Warum sind Sie im August 2014 nach Georgien zurückgekehrt?

P: Ich habe gedacht, der Mann war dort und konnte nicht zu mir kommen. Ich habe mich dann entschieden, dass ich mit ihm eine Familie gründe und zu ihm komme. Er war aber drogenabhängig, es gab dauernd Vergewaltigungen und Stress. Ich entschloss mich mit meinem Sohn wegzulaufen.

RI: Hatten Sie in Österreich ein Aufenthaltsrecht als Sie nach Georgien zurückkehrten?

P: Ich habe einen Antrag beim Magistrat auf Verlängerung des Visums. Ich hatte von dem College neun Prüfungen machen müssen, ich habe aber nur sechs geschafft. Es hat ein bisschen gedauert, ich sollte diese Prüfungen nachmachen. Als ich weggeflogen bin, bin ich zum Magistrat und habe gesagt, dass ich zurück nach Georgien kehre und dann habe ich meine Dokumente bekommen.

RI: Welche Zukunftspläne hatten Sie, nachdem Sie nach Georgien zurückkehrten?

P: Ich wollte eine schöne Familie und Kinder haben. Ich bin von Beruf Geschichtslehrerin und ich sollte nur eine Prüfung machen, dass mein Diplom anerkannt wird und könnte sofort in einer Schule anfangen.

RI: Wie haben Sie nach Ihrer Rückkehr nach Georgien Ihren Lebensunterhalt finanziert?

P: Ich habe ein Praktikum an einer Schule in einem kleinen Ort gemacht. Meine Eltern wohnen am Land an einem kleinen Ort und sie betreiben Weinbau in XXXX . Ich habe privat Kinder in Deutsch unterrichtet nur für drei Monate und dann begann die Geschichte mit meinem Mann und ich war dann immer zuhause.

RI: Schildern sie die Lebensumstände Ihrer Eltern in Georgien.

P: Meine Eltern wohnen an einem kleinen Ort auf dem Land und haben ein kleines Haus. Sie sind nicht so alt, sie sind 65 und 62. Sie sind gesund.

RI: Wie lebt Ihre Schwester?

P: Sie ist verheiratet und wohnt in einer Stadt, in XXXX .

RI: Wann und wo lernten Sie Ihren ehemaligen Lebensgefährten und den Vater Ihres Kindes kennen?

P: Als ich Student war habe ich in einer Stadt gewohnt, in XXXX . Ich habe in einer Studentenwohnung gewohnt und er war dort mein Nachbar. Er hat mich immer kontaktiert.

RI: Nennen Sie den Vor- und Familiennamen, sowie das Geburtsdatum ihres ehemaligen Lebensgefährten.

P: XXXX , geb. am XXXX oder XXXX .

RI: Hielt sich ihr ehemaliger Lebensgefährte ein Mal in Österreich auf?

P: Als ich Studentin war, ja.

RI zeigt einen Auszug aus dem IZR, welcher einen Mann mit dem selben Mann mit dem selben Namen und einem ähnlichen Geburtsdatum betrifft. Die P gibt an, dass es sich hierbei nicht um ihren ehemaligen Lebensgefährten handelt.

RI: Wann war Ihr ehemaliger Lebensgefährte ca. in Österreich?

P: 2008 ca.

RI: Wem gehört die Wohnung, in der Sie in Georgien lebten?

P: Diese gehört meiner Mutter.

RI: Was ist mit dieser Wohnung geschehen?

P: Meine Mutter hat die Wohnung weitervermietet.

RI: Schildern Sie jenen Übergriff konkret und detailliert, auch unter Nennung der Zeit und des Ortes wann und wo dieser Stattfand, welcher Sie veranlasste, Georgien zu verlassen.

P: Das war als mein Sohn geboren ist, war mein Lebensgefährte verschwunden und ich ging alleine in das Krankenhaus. Er ist nicht gekommen und hat das Geld, welches ich für das Krankenhaus gebraucht hätte, aus meiner Wohnung gestohlen. Dann bin ich mit meinem Sohn zu meinen Eltern gefahren. Er akzeptierte das Kind nicht und hat meinem Vater einen schweren Streit. Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Schließlich meinten meine Eltern, dass es reicht, die Nachbarn haben auch mitbekommen, dass er immer kommt und er verlangte auch Geld. In der Wohnung war immer Streit und einmal habe ich die Polizei angerufen und er ist weggelaufen, mein Sohn hatte Schlafstörungen. Als die Polizei sah, dass ich keine Verletzungen hatte, gingen sie wieder weg. Dann haben wir gedacht, es reicht. Von meiner Tante hatten wir keinen Schutz mehr. Ich wusste nicht was ich machen sollte und wo ich mich verstecken sollte. Ich konnte mich vor allem mit meinem Kind nicht verstecken, weil er auch einen Kindergarten brauchte. Ich habe dann bei der Schweizer Botschaft einen Antrag gestellt, weil ich dachte es ist besser, wenn ich von ihm davonlaufe. Meine Schwester war damals in Österreich Studentin.

RI: Welche konkrete Schritte setzten Sie vor dem Verlassen des Landes, um sich vor den Übergriffen ihres ehemaligen Lebensgefährten zu entziehen.

P: Er hat mich dauernd bedroht. Wenn ich die Polizei noch einmal anrufe, wird er mich töten.

(RI führt die Verhandlung mit der Dolmetscherin fort)

P: Ich wohnte im vierten Stock in Tiflis, als er zu mir in die Wohnung kam, hat er mir das Handy weggenommen und die ganze Nacht angeschrien und mit Gegenständen geworfen. Mein Nachbar, der über mir wohnte, ist Polizist, er hat auch nichts gemacht, er hätte die Polizei holen können, tat es aber nicht. Ich fühlte mich hilflos.

RI: Wann vor Ihrer Ausreise hatten sie den letzten Kontakt mit Ihrem ehemaligen Lebensgefährten?

P: Er ist immer verschwunden und ging in die Türkei. Ich bin im August angekommen in Österreich zwei Monate vorher, habe ich ihn das letzte Mal gesehen.

RI: Ist ihr ehemaliger Lebensgefährte offiziell der Vater ihres Sohnes?

RI: Ja, er kam nicht zum Krankenhaus und deshalb steht sein Name auch nicht auf der Geburtsurkunde.

RI: Warum wurde in der Geburtsurkunde ihres Sohnes der Name des Vaters nicht eingetragen?

P: Wenn man kirchlich heiratet, muss der Vater bei der Geburt im Krankenhaus unterschreiben. Wenn er nicht einverstanden ist, dass sein Kind seinen Namen bekommt, dann wird er nicht in die Geburtsurkunde eingetragen. Wenn wir standesamtlich geheiratet hätten, hätte man sein Einverständnis nicht gebraucht, aber das haben wir nicht.

RI: Verstehe ich das richtig, dass er die Vaterschaft nicht anerkannt hat?

P: Für ihn war das Kind ein Instrument um mich zu erpressen. Er hat mich bedroht, dass er mir das Kind wegnimmt und hat Geld verlangt.

RI: Mit einem ho. Erkenntnis wurde seitens des ho. Gerichts Ihrer Beschwerde gegen die Ihren Sohn und Sie betreffende Bescheide die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt und festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide zu Recht erfolgte. Warum haben Sie nach der Erlassung der gegenständlichen Erkenntnisse Österreich nicht verlassen (Anm.: eine außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt und bereits zurückgewiesen).

P: Ich weiß, dass das eine Übertretung war, ich hätte rechtlich ausreisen müssen. Es ging aber um die Zukunft meines Sohnes und um mein und sein Leben, aus diesem Grund habe ich die Übertretung begangen.

RI: Laut Auskunft des BFA wurden in Bezug auf Sie wiederholt Festnahmeaufträge erlassen und Abschiebeversuche durchgeführt, jedoch vergebens.

P: Ja, es war im Sommer aber ich war mit meinem Kind nicht in Wien. Die Familie, wo ich wohnte, sagte mir, dass die Polizei kam.

RI: Ihnen wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Ihrem Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie sich hierzu äußern?

P: Ich habe die Polizei gerufen als ich das brauchte, ich hatte auch einen Nachbarn, der Polizist war und der mich nicht beschützen konnte. In Georgien konnte mich die Polizei nicht beschützen und es ist bekannt, dass in Georgien viele Frauen Opfer von Gewalt werden.

RI: In Georgien besteht ein ähnliches Gewaltschutz-Gesetz wie in Österreich.

P: Ich hatte eine Freundin, die dort als Psychologin arbeitet und sie gab mir eine Nummer von einer Organisation, wo ich Schutz bekommen hätte können. Es stellte sich aber heraus, dass sie momentan keinen Platz haben und ich auf die Warteliste gekommen wäre.

RI: Wie lange vor Ihrer Ausreise haben Sie diese Nummer erhalten?

P: Ich habe im Frühling das erste Mal angerufen. Dann im Sommer haben sie sich immer noch nicht gemeldet, dann habe ich im Sommer noch einmal angerufen und es gab immer noch keinen freien Platz.

RI: Welche Organisation war das wo Sie angerufen haben?

P: Ich kenne die Besitzerin von dieser Organisation, sie hieß XXXX .

Fragen des RV:

RV: Wie ist die Organisation der Frauenhäuser in Georgien, wird dort ein effizienter Schutz geboten?

P: Die einzige Organisation, welche ich ausfündig machen konnte war eben diese Organisation von XXXX , mehr konnte ich nicht finden.

RV: Wie reagiert die Polizei, wenn Frauen sich an sie wenden, weil sie bedroht werden?

P: Ich habe diese Erfahrung selber gemacht, wie die Polizei reagiert. Ich habe sie zweimal gerufen und sie sind gekommen, haben mich gefragt wo ich Verletzungen bzw. Blutspuren habe. Als sie keine fanden, sind sie wieder weggegangen, nachdem ich unterschreiben musste, dass sie hier waren. Sie waren beide Male ziemlich zynisch.

RV: Seit wann sind Sie in psychotherapeutischer Behandlung?

P: Seit unmittelbar nach meiner Ankunft in Österreich.

RV: Ist die Fortsetzung bei der Therapie wichtig?

P: Die Therapie hilft mir sehr und ist sehr wichtig, ich fühle mich danach stärker und möchte sie gerne weitermachen.

RV: Gäbe es in Georgien auch so eine Therapie?

P: Meine Befürchtung ist, dass es in Georgien nicht einmal dazu kommen wird, weil mein Exmann sehr aktiv nach mir sucht, meine Familie belästigt. Ich habe mehr Angst vor ihm als vor einer Therapie.

RV: Was würde passieren, wenn Sie bei einer Rückkehr von Ihrem Exmann gefunden werden würden?

P: Ich weiß, dass es Hass auf mich hat, aber er empfindet auch keine Liebe für unser Kind. Er ist nicht nur eine Bedrohung für mich, sondern auch für mein Kind, was mir am Meisten Sorgen macht.

RV: Befindet sich Ihr Sohn im Kindergarten?

P: Ja.

RV: Seit wann?

P: Seit 3 Jahren.

RV: Wie lange ist er insgesamt schon in Österreich?

P: Seit 4 ½ Jahren.

RV: Habe ich das richtig verstanden, dass Ihr Gesamtaufenthalt 16 Jahre ist?

P: Ja.

RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will.

P: Ich habe sehr viele Jahre in Österreich verbracht, ich fühle mich hier sehr geschützt und sicher. Ich bin fleißig und bin mir sicher, wenn ich einen Aufenthalt hier in Österreich bekomme, dass ich dem Land auch etwas zurückgeben kann.

…“

I.5.7. Die bB nahm an der Beschwerdeverhandlung nicht teil. Sie gab im Vorfeld der Verhandlung bekannt, dass in Bezug auf die bP, nachdem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, 5 Festnahmeaufträge erlassen und 5 Charterflüge zwecks Abschiebung gebucht wurden. Diese konnten jedoch nicht effektuiert werden.

I.5.8. Mit Schriftsatz vom 23.02.2021 erstattete der Rechtsvertreter der bP Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme zum Gesetz Nr. 3143 zur Beseitigung häuslicher Gewalt, Schutz und Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt. Im Wesentlichen wurde auf bereits vorgebrachtes verwiesen und erläutert, dass in Georgien häusliches Gewalt sowie Gewalt an Kindern ein ernstes Problem sei, dem die Georgischen Behörden nicht ausreichend entgegentreten würden. Das Gesetz Nr. 3143 würde für die Opfer von häuslicher Gewalt de facto keinen Schutz bieten. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, dass auch in Frauenhäusern in Georgien kein Platz sei, und die bP1 bereits in der Vergangenheit versucht habe bei einer Einrichtung einen solchen zu bekommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Bei bP1 handelt es sich um eine mobile, junge, gesunde und arbeitsfähige Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat (ihre Eltern betreiben eine Landwirtschaft) und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage. Bei bP2 handelt es sich um gesunden mj. Sohn der bP1. Der Vater der bP2 konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP2 ist durch deren Mutter gesichert.

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Auch wenn die bP1 einen Großteil ihres Lebens im Ausland (so auch in der Republik Österreich) verbrachte, war es ihr zumindest in der Zeit vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

II.1.1.2. Dem Vorbringen der bP folgend haben sie in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit etwas mehr als 3 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig mit einem erschlichenen Visum in das Bundesgebiet ein. Die bP1 spricht deutsch. Sie sind strafrechtlich unbescholten. In Bezug auf die weiteren privaten Anknüpfungspunkte wird auf das Vorbringen der bP verwiesen.

Die Identität der bP steht fest.

Die von den bP genannten psychischen Erkrankungen sind in Georgien behandelbar und haben sie auch Zugang zum georgischen Gesundheitssystem. Soweit sie im Falle der Behandlung mit einem Selbstbehalt belastet werden, steht es ihnen im Falle der Bedürftigkeit frei, die Kostenübernahme des Selbstbehaltes durch den Staat zu beantragen, worüber eine eigens hierfür eingerichtete Kommission entscheidet.

II.1.1.3. Die bP1 hat Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Ebenso haben die bP Zugang zum – wenn auch minder leistungsfähigen als das österreichische – Sozialsystem des Herkunftsstaates und könnten dieses in Anspruch zu nehmen.

Basierend auf den Aussagen der bP1 kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großen Wert gelegt wird (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten. So wurde die bP bereits in der Vergangenheit durch ihre Eltern unterstützt, welche eine Landwirtschaft betreiben.

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

II.1.1.4. Die bP reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Sie halten sich seit dieser Einreise seit ca. 3 1/2 Jahren im Bundesgebiet auf. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die bP1 war bereits in der Vergangenheit, vor der oa. rechtswidrigen Einreise nach Österreich, im deutschsprachigen Raum aufhältig. Sie hielt sich im Jahr 2014 für den Zeitraum von ca. einem Jahr als Au-Pair in Deutschland auf und war anschließend von März 2005 bis Oktober 2014 in Österreich gemeldet. In Österreich war die bP1 als Au Pair Mädchen und zu Ausbildungs- und Studienzwecken aufhältig. Die bP1 verließ Österreich bereits im August 2014 und kehrte in ihr Heimatland Georgien zurück.

Die bP sind seit der rechtskräftigen Erlassung des bereits genannten ho. Erkenntnisses vom 20.2.2019 verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Sie kamen dieser Verpflichtung nicht nach. Seitens der bB wurden fünf Festnahmeaufträge erlassen, welche aufgrund des Umstandes, dass die bP nicht aufgegriffen werden konnten, nicht effektuiert werden. Ebenso wurden für die bP fünf Mal eine Flugabschiebung nach Georgien vorbereitet, welche jedoch nicht durchgeführt werden konnten.

Familienangehörige leben nach wie vor in Georgien und sich sichtlich in der Lage, dort ihr Leben zu meistern. Auch die bP1 konnte nach ihrer Rückkehr ihr Leben in Georgien bestreiten und fand dort eine Existenzgrundlage vor.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

II.1.2.1. Zur abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien geht das ho. Gericht in Übereinstimmung mit der bB davon aus, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich ist Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Ebenso besteht ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien bietet.

II.1.2.2. Bei der Republik Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.

II.1.2.3. In Bezug auf die Lage der Frauen und häuslicher Gewalt schließt sich das ho. Gericht den bereits beschriebenen Feststellungen der bB an, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts anderes ergibt.

Ergänzend zu den oa. Feststellungen wird angeführt, dass Georgien seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt überarbeitete, um sie an die Standards des Europarates (Übereinkommen von Istanbul) anzunähern. Anzeigen von Fällen häuslicher Gewalt haben infolge verstärkter Sensibilisierungskampagnen zugenommen (EC 30.1.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, HRC 2019). 2019 wurden 4.185 Fälle häuslicher Gewalt von den Behörden strafrechtlich verfolgt, verglichen mit 3.232 im Jahr 2018 und 1.986 im Jahr 2017. Im Jahr 2019 wurden 51 % der Beschuldigten in Untersuchungshaft genommen. Laut NGOs zeigten sowohl Strafverfolgungsbehörden als auch die Staatsanwälte in Tiflis eine verbesserte Professionalität bei der Bekämpfung von Verbrechen in Verbindung mit häuslicher Gewalt (USDOS 11.3.2020). Eine deutliche Veränderung der öffentlichen Einstellung und die Einführung einer Abteilung für den Schutz der Menschenrechte durch das Innenministerium im Januar 2018 sind gleichfalls zu vermerken. Die genannte Abteilung arbeitet daran, die Kapazität zur Untersuchung von häuslicher Gewalt und Hassverbrechen zu erhöhen. Dennoch besteht nach wie vor eine hohe Zahl von Fällen zu Gewalttaten gegen Frauen (EC 30.1.2019).

Seit August 2018 gilt die Verletzung einer einstweiligen Verfügung als Straftat (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 27.8.2019

HRC - Human Rights Center (2019): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2018, https://www.hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/hrcrep2018/annual%20report%202019%20-eng-.pdf, Zugriff 27.8.2019

HRC – Human Rights Centre (2020): State of Human Rights in Georgia, 2019, http://hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/report2020/annual%202019-eng.pdf, Zugriff 10.6.2020

ifact - Investigative Journalists’ Team / Ugrekhelidze, Mariam (12.8.2018): Police on perpetrator’s side, https://spark.adobe.com/page/s6uxBGUbwCg0b/, Zugriff 5.3.2020

PD – Public Defender (Ombudsman) of Georgia (2.4.2020): Public Defender's Annual Parliamentary Report on Situation of Human Rights and Freedoms – 2019, http://www.ombudsman.ge/eng/akhali-ambebi/sakhalkho-damtsvelis-qoveltsliuri-saparlamento-angarishi-adamianis-uflebebisa-da-tavisuflebebis-datsvis-mdgomareobis-taobaze-2019, Zugriff 20.4.2020

USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Georgia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/GEORGIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

WEF – World Economic Forum (2020): Global Gender Gap Report 2020, http://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2020.pdf, Zugriff 16.6.2020

II.1.2.4. In Bezug auf aktuell weltweit herrschende Pandemie basierend auf die Präsenz des Virus COVID 19 setzte die Republik Georgien taugliche Mittel um die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern und finden Infizierte bei Bedarf Zugang zum georgischen Gesundheitssystem (vgl. das in der Verhandlung erörterte Quellenmaterial).

II.1.2.5. Die bP verfügt in Georgien über eine Existenzgrundlage. Sie hat als georgische Staatsbürgerin Zugang zum georgischen Sozial- und Gesundheitssystem.

Die bP ist arbeitsfähig, hat Zugang zum georgischen Arbeitsmarkt und existiert in Georgien für bedürftige Rückkehrer ein Unterstützungsprogramm, welches neben umfassender Beratung auch materielle Unterstützung, wie die Bereitstellung einer Unterkunft beinhalten kann.

Darüber hinaus wäre es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

Ebenso verfügt die bP in Georgien über familiären Rückhalt.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Die bP1 wurde in Georgien bis zum Sommer 2015 Opfer häuslicher Gewalt durch ihren ehemaligen Lebensgefährten.

Die bP1 kann sich im Falle von erneuter häuslicher Gewalt in Georgien an die zuständigen Stellen (vgl. Punkt II.1.2.3.) wenden um Schutz zu bekommen. Der Georgische Staat ist gewillt und befähigt dazu, Opfern von häuslicher Gewalt Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen.

Der letzte Übergriff auf die bP fand entsprechend ihren Ausführungen im Sommer 2015 statt. Ihren Herkunftsstaat Georgien verließ sie im Sommer 2016.

Die bP1 ist im Falle einer Rückkehr in die Republik Georgien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit schutzlos einer Gefahr durch ihren ehemaligen Lebensgefährten ausgesetzt.

Hinweise auf die Existenz einer weiteren relevanten Gefahr liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht vor.

Die bP finden im Falle einer Rückkehr in die Republik Georgien eine ausreichende Existenzgrundlage vor, zumal die bP1 über eine entsprechende berufliche Qualifikation und familiären Rückhalt verfügt und insbesondere Zugang zum georgischen Sozialsystem findet.

Die bP1 leidet an keiner Krankheit, die in Georgien nicht behandelbar wäre und steht der bP1 im Falle einer Rückkehr nach Georgien das georgische Gesundheitssystem offen.

2.       Beweiswürdigung

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität und zum Vater der bP2 – aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmitteln in Form nationaler Identitätsdokumente.

Ob, wie von der bP1 behauptet, deren ehemaliger Lebensgefährte der Vater der bP2 ist konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Zum einen reiste die bP1 im August 2014, und somit zu einem Zeitpunkt als die Schwangerschaft zur bP2 bereits bestand, aus Österreich aus und war nach den Angaben der bP1 deren damaliger Lebensgefährte lediglich im Jahr 2008 und eben nicht im empfängniskritischen Zeitraum in Österreich. Zum anderen ist dieser in der Geburtsurkunde der bP2 nicht als Vater angeführt und somit in Georgien nicht der juristische Vater der bP2.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage sowie zur Lage der Frauen im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau ausreichende Aktualität zu.

Die bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen. Wenn sie bzw. ihre Vertretung von der gänzlichen Ineffektivität des georgischen Gewaltschutzgesetzes ausgeht, so ist dem entgegenzuhalten, dass auch das ho. Gericht nicht verkennt, dass es bei dessen Umsetzung im Einzelfall zu Defiziten kommen kann, es sei jedoch auch basierend auf das aktuelle Quellenmaterial auf die in jüngerer Vergangenheit durchgeführten Verbesserungen hingewiesen und kann aktuell jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die bP über die bloße Möglichkeit hinaus mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit durch die staatlichen Behörden ungeschützt von häuslicher Gewalt betroffen ist. Zur Behauptung, dass das in Georgien bestehende Gesetz Nr. 3143 zur Beseitigung häuslicher Gewalt, Schutz und Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt lediglich in der Theorie bestehe und in der Praxis keine Anwendung finde, so wurde dafür kein Beweismittel vorgelegt und handelt es sich lediglich um eine Behauptung. Die bP bzw. deren Vertretung trat dem erörterten Quellenmaterial weder auf gleicher fachlicher Qualifikation entgegen, noch zeigten sie Ungereimtheiten auf. Die von den bP in der Beschwerdeschrift zitierten Quellen sind durchwegs älter als die von der bB verwendeten. In der Stellungnahme vom 23.02.2021 wurde gänzlich auf die Nennung von Quellen verzichtet und die bereits genannte Behauptung lediglich unsubstantiiert vorgebracht. Ebenso sei hier nochmals auf den in Bezug auf die Republik Georgien geltenden Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit verwiesen, weshalb davon auszugehen ist, dass der Herkunftssaat der bP ihr grundsätzlich Schutz vor Übergriffen bietet und es eines besonders substantiierten Vorbringens bedarf, dass dies gerade in ihrem Fall ausnahmsweise nicht der Fall ist. Ein derartiges substantiiertes Vorbringen wurde von der bP1 jedoch nicht erbracht.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten maßgeblichen (§ 37 AVG) Sachverhalt ist anzuführen, dass sich die von der bB vorgenommene freie Beweiswürdigung im Wesentlichen bezogen auf den objektiven Aussagekern in sich als schlüssig und stimmig darstellt.

Das ho. Gericht geht davon aus, dass die bB den maßgeblichen (§ 37 AVG) Sachverhalt im ausreichendem Maße erhob und sich auch aus den amtswegigen Ermittlungen des ho. Gerichts nichts Gegenteiliges ergab. Ebenso weist das ho. Gericht darauf hin, dass sich die Grenzen des maßgeblichen Sachverhalts im antragsbedürftigen Verfahrens primär aus der Begründung des Antrages durch die Partei ergibt. Zu den durch die bP behauptetermaßen mangelhaften Ermittlungen im Lichte des § 18 Abs. 1 AsylG weist das ho. Gericht darauf hin, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung des BFA bzw. des BVwG, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 18 Asylgesetz 2005 sieht keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Beschwerdeführers vor, sondern leuchtet aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 18 Asylgesetz nicht (vgl. schon die Judikatur zu § 28 AsylG 1997, VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

Mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

Auch hat sich die bB bzw. das ho. Gericht im Rahmen der Beurteilung der Glaubhaftmachung der behaupteten Fluchtgründe nur "parate Bescheinigungsmittel" zu beschränken (Hinweis OGH 23.3.1999, Zl. 4 Ob 26/99y, = ÖBl 1999, 240, sowie OGH 23.9.1997, Zl. 4 Ob 251/97h, = ÖBl 1998, 225, aber auch Erk. d. VwGH vom 25.6.2003, 2000/04/0092). Eine Glaubhaftmachung die sich nicht sofort ausführen lässt, eignet sich nicht zum Zwecke der Geltendmachung der im Verfahren geforderten Glaubhaftmachung (Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 18 zu § 47). Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die bB und auch das Gericht lediglich die von der bP vorgelegten und der bB bzw. dem ho. Gericht tatsächlich zugänglichen Beweismittel zu berücksichtigen hatte bzw. hat.

Weiters reicht bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung für eine Glaubhaft-machung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch weiters, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass die bP ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung bzw. zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens nicht nachkam, indem sie dieses bloß behauptete, bzw. behördliche Feststellungen bestritt. Umgekehrt führte die bB im Rahmen des Vorbringens der bP (und darüber hinaus innerhalb des notorisch bekannten Amtswissens) Ermittlungen, zu ihr parate Bescheinigungsmittel in die Entscheidungsfindung ein und blieb die bP schuldig, konkret bekannt zu geben, welche Sachverhaltselemente einer weiteren Aufklärung bedürften.

Die Feststellungen zur häuslichen Gewalt gegen die bP1 gründen auf deren Aussagen in der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie bei der Einvernahme vor dem BFA am 05.12.2016. Dort führte die bP1 durchaus glaubwürdig aus, dass sie sowohl bis zwei Monate vor, als auch zwei Monate nach der Geburt der bP2 wiederholt Opfer häuslicher Gewalt durch ihren damaligen Lebensgefährten wurde. Darüber hinaus beschrieb sie gewalttätige Übergriffe, als sie sich bereits bei Ihren Eltern aufgehalten hatte. Keine Übergriffe wurden jedoch im Zeitraum Sommer 2015 bis zur Ausreise im Sommer 2016 und somit auch nicht in dem für die Ausreise relevaten Zeitraum geschildert, weswegen das ho. Gericht davon ausgeht, dass die häusliche Gewalt, derer die bP1 zum Opfer fiel, ca. 1 Jahr vor ihrer Ausreise endete und nicht ausreisekausal war.

Zum Vorbringen der bP1, die georgischen Behörden waren nicht in der Lage und nicht Willens sie vor den gewalttägigen Übergriffen zu schützen, gestützt durch die Aussagen der bP1 wonach sie zwei Mal die Polizei verständigte, diese aber nichts unternahmen, da keine körperlichen Anzeichen von Gewalt an der bP1 zu sehen waren wird Folgendes ausgeführt:

Bei beiden von der bP1 geschilderten Vorfällen war ihr ehemaliger Lebensgefährte nicht mehr anwesend als die Polizisten eintrafen. Der Umstand, dass die Polizisten die bP1

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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