TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/24 I403 2240150-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.03.2021
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Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
StGB §127
StGB §129
StGB §229
StGB §241e Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2240150-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste 2003 nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen wurde; die Entscheidung erwuchs am 30.09.2005 in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer heiratete eine österreichische Staatsbürgerin und war seit 2005 in Besitz eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger. 2013 erfolgte die Scheidung. 2017 heiratete der Beschwerdeführer eine in Algerien wohnhafte Frau.

2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 20.05.2019, Zl. XXXX , zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt, verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht wurde allerdings widerrufen, als der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.05.2020, Zl. XXXX , zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln wurde vom OLG mit Urteil vom 08.09.2020, Zl. XXXX nicht Folge gegeben.

3. Bereits am 03.09.2019 war vom Amt der XXXX Landesregierung ein „Mitteilungsersuchen gemäß § 28 Abs. 1 NAG iVm § 52 Abs. 5 FPG“ an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gerichtet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das BFA von der Verhängung einer Rückkehrentscheidung abgesehen, den Beschwerdeführer aber verwarnt.

4. Mit gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.01.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz (FPG) 2005 erlassen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.). „Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 0 FPG“ wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IIII.) Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

5. Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 01.03.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

6. Am 05.03.2021 wurden Beschwerde und Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Am 24.03.2021 wurde – aufgrund der Covid-19-Pandemie mittels Videoübertragung – eine mündliche Verhandlung abgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Algerien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er ist gesund und erwerbsfähig. Seine Identität steht fest.

Seine Frau und sein am 30.08.2018 geborener Sohn befinden sich in Algerien. Die Familienzusammenführung scheiterte am Einkommen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer lebt seit 2003 in Österreich; im zentralen Melderegister scheint er seit 2005 auf. Sein 2003 gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde abgewiesen, die Entscheidung erwuchs am 30.09.2005 in Rechtskraft. Aufgrund einer Eheschließung mit einer Österreicherin im Jahr 2005 hatte der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel und war rechtmäßig in Österreich aufhältig. 2013 erfolgte die Ehescheidung. Am 15.11.2014 (gültig bis 20.10.2019) wurde der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ dokumentiert. Am 13.09.2019 stellte er einen Verlängerungsantrag.

Der Beschwerdeführer hat freien Zugang zum Arbeitsmarkt und war in den folgenden Zeiträumen erwerbstätig: von 10.02.2011 - 18.02.2011 geringfügig beschäftigt, von 21.02.2011 - 21.03.2011 als Arbeiter erwerbstätig, von 23.03.2011 - 31.05.2011 als Arbeiter erwerbstätig, von 25.05.2012 - 30.05.2012 geringfügig beschäftigt, von 05.06.2012 - 08.08.2012 geringfügig beschäftig, von 01.06.2011 - 29.02.2012 als Arbeiter erwerbstätig, von 17.09.2012 - 20.07.2013 als Arbeiter erwerbstätig, von 19.08.2013 - 17.09.2013 geringfügig beschäftig, von 19.03.2014 - 07.06.2014 als Arbeiter erwerbstätig, von 11.03.2015 - 30.06.2015 geringfügig beschäftig, von 01.07.2015 - 04.09.2015 als Arbeiter erwerbstätig, von 17.12.2015 - 23.12.2015 als Arbeiter erwerbstätig, von 28.12.2015 - 29.12.2015 als Arbeiter erwerbstätig, von 04.01.2016 - 04.01.2016 als Arbeiter erwerbstätig, von 07.03.2016 - 14.10.2016 als Arbeiter erwerbstätig, von 16.11.2016 - 31.12.2016 geringfügig beschäftig, von 07.08.2017 - 21.08.2017 geringfügig beschäftigt, von 01.03.2018 - 17.08.2018 als Arbeiter erwerbstätig, von 16.01.2020 - 20.02.2020 als Arbeiter erwerbstätig. Der Beschwerdeführer arbeitete über Personalleasingunternehmen als Lagerarbeiter bzw. Lagerleiter und verdiente zuletzt etwa EUR 1400,-- netto pro Monat.

Der Beschwerdeführer bezog in den folgenden Zeiträumen Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe: von 10.11.2014 - 30.06.2015 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 05.09.2015 - 16.12.2015 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 05.01.2016 - 29.02.2016 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 15.10.2016 - 17.04.2017 Arbeitslosengeldbezug, von 24.04.2017 - 12.05.2017 Arbeitslosengeldbezug, von 13.05.2017 - 27.07.2017 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 01.08.2017 - 02.11.2017 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 22.01.2018 - 28.02.2018 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe, von 27.10.2018 - 18.12.2018 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe sowie zuletzt von 03.09.2019 - 15.01.2020 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 20.05.2019, Zl. XXXX , wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB; wegen des Verbrechens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241 e Abs 1 erster Satz, Abs 2 erster Fall StGB; wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB; wegen des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB und wegen des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und 2 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt, verurteilt. Mildernd wurde das teilweise reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war und die objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung eines Teiles der Beute gewertet, erschwerend dagegen die Tatwiederholung innerhalb der Gewerbsmäßigkeit, das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie der lange Tatzeitraum. Die bedingte Strafnachsicht wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.05.2020 widerrufen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Mittäter

I./ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB), mit dem Vorsatz sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannten fremde bewegliche Sachen

A./ weggenommen und zwar

1. / am 1.6.2018 XX einen Taschencomputer im Wert von EUR 150,--

2. am 8.6.2018 XX eine Geldbörse samt Bargeld in einem nicht mehr festzustellenden Gesamtwert

3. am 24.6.2018 XX eine kleine Tasche/Beutel samt Bargeld im Gesamtwert von etwa EUR 50,-

4. am 4.7.2018 XX eine Geldbörse samt Bargeld im Gesamtwert von etwa EUR 270,—

5. am 10.9.2018 XX eine Armbanduhr in einem nicht mehr festzustellenden Wert sowie EUR 210,— an Bargeld

6. am 28.10.2018 XX eine Geldbörse samt Bargeld im Gesamtwert von etwa EUR 160,—

7. am 31.10.2018 XX ein iPhone 6 im Wert von etwa EUR 600,-

8. am 31.10.2018 XX eine Geldbörse im Wert von EUR 150,- sowie das darin befindliche Bargeld von EUR 300,-

9. am 31.10.2018 XX ein Mobiltelefon der Marke Samsung im Wert von etwa EUR 50,—

10. am 2.11.2018 XX eine Geldbörse im Wert von EUR 20,—, Bargeld im Wert von EUR 100,—

11. am 4.11.2018 XX im Casino Wien eine Geldbörse im Wert von EUR 20,- und Bargeld im Gesamtwert von EUR 410,-

12. am 5.11.2018 XX eine Geldbörse im Wert von EUR 30,-

13. am 5.11.2018 XX eine Klarinette samt Aufbewahrungsbox im Gesamtwert von EUR 1.020,-

14. am 6.11.2018 XX ein Mobiltelefon Samsung S5 im Wert von EUR 100,-

15. am 8.11.2018 XX eine Geldbörse samt Bargeld im Gesamtwert von EUR 165,-

16. am 8.11.2018 XX eine Geldbörse mit Bargeld im Gesamtwert von EUR 90,- und EUR 50,- an Sodexo-Wertmarken

17. am 13.12.2018 XX ein Mobiltelefon in nicht mehr festzustellenden Wert

B. /teils durch Einbruch weggenommen, und zwar

1. am 4.7.2018, durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mittels widerrechtlich erlangten Zugangscodes, nämlich des PIN-Codes der zuvor entfremdeten Bankomatkarte der XX, EUR 400,- an Bargeld

2.1 am 2.11.2018, durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mittels widerrechtlich erlangten Zugangscodes, nämlich des PIN-Codes der zuvor entfremdeten Bankomatkarte des XX, EUR 1.500,- an Bargeld

C. l wegzunehmen versucht, und zwar am 3.6.2018 XX nicht mehr festzustellende Gegenstände in einem nicht mehr festzustellenden Gesamtwert aus dessen Rucksack, wobei es nur beim Versuch blieb, weil der Beschuldigte vom Opfer bemerkt wurde

II. gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB), sich unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen darf, mit dem Vorsatz verschafft, dass er durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde und zwar durch die unter A und B geschilderten Taten verschiedene Bankomatkarten und Kreditkarten

III. Urkunden, über die er nicht verfügen darf, mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses der einer Tatsache gebraucht werden, unterdrückt und zwar durch die unter A und B geschilderten Taten Führerscheine, Jahreskarten der XXXX , Sozialversicherungskarten, Personalausweis, etc.

IV. einen anderen dadurch geschädigt, dass er fremde bewegliche Sachen aus dessen Gewahrsame dauernd entzieht, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen, und zwar am 24.6.2018 durch die zu l-A-4 geschilderte Tat vier Schlüssel

V. gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) und mit dem Vorsatz sich unrechtmäßig zu bereichern, andere dadurch am Vermögen geschädigt, dass er das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Einwirken auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs beeinflusste, indem er die entfremdeten Bankomatkarten zum automatischen Zahlen ohne Code-Eingabe verwendete, wodurch ein Schaden von rund 300 Euro entstand.

Gegen den Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet, aufgrund des Strafmaßes seiner ersten Verurteilung aber eingestellt und der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.08.2019 verwarnt, dass die Begehung einer weiteren Straftat zur Einleitung eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung führen werde. Der Beschwerdeführer ließ sich dadurch aber nicht von der Begehung weiterer Straftaten abschrecken:

Der Beschwerdeführer traf sich am 20. Februar 2020 wiederum mit dem gleichen Mittäter „um ca. 14:00 Uhr bei der U3 Station XXXX , um - wie schon des Öfteren (siehe Vorstrafakt) - Diebstähle zu begehen, (sie) fuhren dann mit diversen öffentlichen Verkehrsmitteln zur U-Bahn-Station XXXX und schließlich, wieder unter Benützung diverser öffentlicher Verkehrsmittel, zur Station XXXX . Die Angeklagten beobachteten bei jeder Station jeweils genau die Umgebung und musterten auch die vorbeikommenden Personen genau. Sobald sich Personen mit Rucksäcken oder Umhängetaschen den Rolltreppen näherten, folgten die Angeklagten diesen Personen, wobei sich der (Mittäter) jeweils dicht hinter die Person mit dem Rucksack oder der Umhängetasche stellte und der (Beschwerdeführer) sich abschirmend hinter den (Mittäter) stellte. Die Angeklagten wechselten dabei mehrfach die Auf- und Abgänge und fuhren mit den Rolltreppen mehrfach von unten nach oben und von oben nach unten.

Um ca. 16:15 Uhr betrat Z die Rolltreppe in der Station XXXX , welche zur Straßenbahnlinie 43 hinaufführt. Daraufhin drängte sich der (Mittäter) sofort von hinten an den Rucksack des Z heran, öffnete von diesem unbemerkt den Zippverschluss und griff in den Rucksack hinein, in dem sich jedoch lediglich Kopfhörer sowie Kleidung, jedoch kein Bargeld, befanden. Der (Beschwerdeführer) stellte sich zwei Stufen hinter den (Mittäter) auf die Rolltreppe und schirmte den (Mittäter) ab, um ihn nötigenfalls zu warnen, wenn Polizei oder sonst verdächtige Personen auftauchten. Als Z und die Angeklagten am oberen Ende der Rolltreppe angelangt waren, entfernten sich die Angeklagten in entgegengesetzte Richtung des Z.

Um ca. 16:17 Uhr wurden die Angeklagten auf K aufmerksam, der mit seinem Rucksack die Rolltreppe betrat. Der (Mittäter) drängte sich sehr nahe an den Rucksack des K heran, während der (Beschwerdeführer) erneut mit ein paar Treppen Abstand die Rolltreppe betrat. Der (Mittäter) öffnete abermals unbemerkt den Rucksack und griff in diesen hinein, fand jedoch abermals nichts Stehlenswertes, während der (Beschwerdeführer) abschirmend hinter ihm stand und die Umgebung genau beobachtete, um ihn nötigenfalls zu warnen. Am unteren Ende der Rolltreppe angekommen, entfernten sich die Angeklagten wieder in die von K entgegengesetzte Richtung.

Nur kurze Zeit darauf betrat S die Rolltreppe nach oben, woraufhin sich der (Mittäter) von hinten an ihn herandrängte und der (Beschwerdeführer) die Rolltreppe einige Stufen dahinter betrat. Während der (Beschwerdeführer) den (Mittäter) abdeckte und vor den Blicken anderer Passanten abschirmte und die Umgebung beobachtete, um ihn abermals nötigenfalls zu warnen, öffnete der (Mittäter) den Zippverschluss der Umhängetasche des S, griff in die Tasche entnahm daraus dessen Geldbörse, in der sich EUR 360,16 befanden. Am oberen Ende der Rolltreppe angekommen, entfernten sich die Angeklagten von S und wurden kurze Zeit später von den Polizeibeamten, die die Angeklagten bereits seit der UBahn-Station XXXX observiert hatten, festgenommen.“

Aufgrund dieser Straftaten wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.05.2020, Zl. XXXX , wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wertete das Strafgericht als erschwerend, dass er schon einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden war, hingegen als mildernd, dass es teilweise beim Versuch geblieben war bzw. dass er trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hatte. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln wurde vom OLG mit Urteil vom 08.09.2020, Zl. XXXX nicht Folge gegeben.

Aktuell befindet sich der Beschwerdeführer in Strafhaft und verfügt er, abgesehen von der Meldung in der Justizanstalt, über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer nimmt in Österreich nicht am sozialen bzw. kulturellen Leben teil, er hat nur einen einzigen Freund, darüber hinaus ist er auch nicht in Vereinen oder Organisationen integriert. Er spricht gut Deutsch.

Der Beschwerdeführer war jedenfalls 2016, 2017 und 2018 in Algerien. Er steht in Kontakt mit seiner dort lebenden Mutter und seinen Geschwistern. Seine Mutter unterstützt seine Ehefrau und seinen Sohn, die bei seinen Schwiegereltern leben, finanziell, da sie einen Teil der Pension seines Vaters und zudem Zahlungen aus einem beruflichen Projekt des Vaters erhält.

Es besteht kein Rückkehrhindernis. Gemäß § 1 Z 10 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idgF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Algerien als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in die seitens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund eines im Informationsverbund zentrales Fremdenregister vermerkten algerischen Reisepasses fest.

Die Feststellungen zu seiner Familie in Algerien und seinem fehlenden Familienleben in Österreich gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 29.01.2021 und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet seit 2003 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in einer Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich außerhalb einer Justizanstalt über keinen Wohnsitz mehr verfügt, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister und seiner Aussage gegenüber der belangten Behörde am 29.01.2021.

Die Zeiträume der Erwerbstätigkeit bzw. des Bezuges staatlicher Leistungen ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.

Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gut Deutsch spricht. Dass er ansonsten keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in kultureller oder gesellschaftlicher Hinsicht aufweist, ergibt sich dadurch, dass er solche im Verfahren nicht darzulegen bzw. formell nachzuweisen vermochte. Dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht am sozialen bzw. kulturellen Leben teilnimmt, wurde von ihm selbst bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 29.01.2021 bestätigt, ebenso dass er im Bundesgebiet nur über einen einzigen, aus Algerien stammenden Freund verfügt, während seine ganze Familie in Algerien lebt. In der mündlichen Verhandlung am 23.03.2021 gab er darüber hinaus an, seine frühere Ehefrau gelegentlich zu treffen; er bestätigte nur einen einzigen Freund im Bundesgebiet zu haben.

In der Einvernahme durch die belangte Behörde am 29.01.2021 bestätigte der Beschwerdeführer explizit, dass ihn nichts an einer Rückkehr nach Algerien hindere. Er verzichtete auf eine Einsichtnahme in die Länderberichte. Auch in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2021 bestätigte er, in Algerien keine Probleme zu haben.

Dass der Beschwerdeführer gesund und erwerbsfähig ist, ergibt sich aus der unwidersprochen gebliebenen Feststellung im angefochtenen Bescheid.

Die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu den seinen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen sowie den Erwägungen der Strafgerichte zur jeweiligen Strafbemessung ergeben sich aus den im Akt enthaltenen Urteilsausfertigungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

§ 52 Abs. 5 FPG lautet:

„Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.“

Bisher stützte sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf einen gültigen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“. Wie im Rahmen der untenstehenden Abwägung noch näher auszuführen sein wird, ist im gegenständlichen Fall aber davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde und es ist deshalb gemäß § 52 Abs 5 FPG 2005 eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Im Folgenden ist demnach – aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs unter einem mit der Prüfung des wider den Beschwerdeführer ausgesprochenen Einreiseverbotes – einerseits zu klären, ob die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr das in § 52 Abs. 5 FPG 2005 angesprochene Niveau erreicht und somit eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist und ob die familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen.

3.2. Erlassung eines Einreiseverbotes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG 2005 kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitpunkt nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Absatz 1, vorbehaltlich des Absatz 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8 Absatz 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Als Tatsache, welche die Annahme rechtfertigt, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, hat gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.2.2. Der Beurteilung des durch den Fremden zu erwartenden Gefährdungspotentials kommt sowohl für die Frage, ob ein Einreiseverbot überhaupt zu verhängen ist, als auch hinsichtlich der Bemessung seiner Dauer zentrale Bedeutung zu. Bei der Prüfung, ob die Annahme einer gegenwärtigen, hinreichend schweren Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden (vgl. VwGH 22.03.2018, Ra 2017/22/0194). Dabei ist auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier: eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit) gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109; 31.8.2017, Ra 2017/21/0120). Dabei ist – abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens – auch darauf abzustellen, wie lange die von einer Person ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002, mwN).

Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).

3.2.3. Ausgehend von diesen in der Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätzen erweisen sich die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung sowie die Verhängung eines Einreiseverbotes als dem Grunde nach zutreffend.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 20.05.2019, Zl. XXXX , wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB; wegen des Verbrechens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241 e Abs 1 erster Satz, Abs 2 erster Fall StGB; wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB; wegen des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB und wegen des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und 2 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt, verurteilt. Mildernd wurde das teilweise reumütiges Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war und die objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung eines Teiles der Beute gewertet, erschwerend dagegen die Tatwiederholung innerhalb der Gewerbsmäßigkeit, das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie der lange Tatzeitraum. Die bedingte Strafnachsicht wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.05.2020 widerrufen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Mittäter zwischen Juni und Dezember 2018 in insgesamt 17 Angriffen Computer, Geldbörsen, Mobiltelefone, eine Armbanduhr, eine Klarinette gewerbsmäßig gestohlen und teilweise mit den dadurch erlangten Bankomatkarten Geld behoben bzw. damit bezahlt hatte.

Das Strafgericht hielt in seinem Urteil vom 20.05.2019 fest, dass es aufgrund der Vielzahl an Taten erforderlich sei, dass der Beschwerdeführer das Haftübel verspüre. Es sei davon auszugehen, „dass die Vollziehung eines Teiles der Strafe genügen wird, um den Angeklagten das Unrecht seiner Tat eindrucksvoll vor Augen fuhren zu können und ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten“.

Die belangte Behörde prüfte bereits zum damaligen Zeitpunkt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, stellte das Verfahren aber ein und begnügte sich mit einer Verwarnung des Beschwerdeführers. Von Seiten der österreichischen Gerichte und Behörden wurde dem Beschwerdeführer daher trotz der Vielzahl an Straftaten, die zu seiner ersten Verurteilung geführt hatten, eine „zweite Chance“ gewährt.

Der Beschwerdeführer nützte diese aber nicht, sondern versuchte kurze Zeit nach seiner Entlassung aus der Haft wieder, sich durch gewerbsmäßigen Diebstahl ein Zusatzeinkommen zu verschaffen – dies obwohl er zu diesem Zeitpunkt eine Anstellung und somit ein geregeltes Einkommen hatte. Am 20.02.2020 traf er sich wieder mit dem Mittäter seiner ersten Verurteilung und versuchten beide gemeinsam in U-Bahn-Stationen Diebstähle zu begehen, welche allerdings misslangen, weil sie von Polizeibeamten dabei beobachtet wurden.

Dies hatte zur Folge, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.05.2020, Zl. XXXX , wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wertete das Strafgericht als erschwerend, dass er schon einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden war, hingegen als mildernd, dass es teilweise beim Versuch geblieben war dass er trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hatte. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln wurde vom OLG mit Urteil vom 08.09.2020, Zl. XXXX nicht Folge gegeben. Zudem wurde auch die bedingte Nachsicht seiner ersten Verurteilung widerrufen. Der Widerruf wurde für notwendig erachtet, „weil die Angeklagten jeweils kein Verhalten zeigen, aus dem auf ein Bemühen, sich wieder sozial zu integrieren, geschlossen werden kann. Es liegen vielmehr weitere Anhaltspunkte für konkrete Gefahrenmomente vor und zeigt vor allem das gezielte, geplante und in kurzen Intervallen erfolgte Vorgehen der Angeklagten ihre deutlich gesteigerte kriminelle Energie gegen fremdes Vermögen. (…) Die knapp ein Jahr zuvor erfolgte Verurteilung beider Angeklagten erfüllte ihre Warnfunktion nicht und zeigt die nunmehr neuerliche Delinquenz der Angeklagten ihre hohe Bereitschaft zur wiederkehrenden Tatbegehung gegen fremdes Vermögen, sodass in beiden Fällen eine (unbedingte) Freiheitsstrafe zu verhängen war, um den Angeklagten das Unrecht ihrer Tat eindrucksvoll vor Augen zu führen und der Begehung solcher strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.“ Das Strafgericht ging daher davon aus, dass beim Beschwerdeführer (wie auch bei seinem Mittäter) das Haftübel nicht abschreckend gewirkt, sondern vielmehr seine kriminelle Energie weiter zugenommen hat; dies im Übrigen, obwohl der Beschwerdeführer inzwischen eine Beschäftigung hatte.

Das vom Beschwerdeführer angerufene Oberlandesgericht bestätigte den Schuldspruch und die verhängte Strafe und stellte fest: „Die (massive) Vorstrafe des (Beschwerdeführers) war am 20. Mai 2019, also nur neun Monate vor den nunmehr gegenständlichen Taten verhängt worden. Dem lagen insbesondere zahlreiche ebenso gewerbsmäßig begangene Taschendiebstähle, in zwei Fällen durch Einbruch begangen, zugrunde. Trotz der Verhängung einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, wovon ein Teil in der Dauer von zwölf Monaten bedingt nachgesehen wurde, und bedingter Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehen Teil der Freiheitsstrafe (siehe dazu unten) wurde (der Beschwerdeführer) nur rund ein halbes Jahr nach seiner Enthaftung (am 25. August 2019) massiv rückfällig.“

Der Beschwerdeführer bestritt in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2021 jegliche Beteiligung an den versuchten Diebstählen, welche am 20.02.2020 stattgefunden hatten: Er habe sich nur mit seinem Freund getroffen. Auch vor dem Strafgericht hatte er seine Verantwortung geleugnet, was vom Strafgericht aber als absurd und lebensfremd beurteilt wurde, zumal es Beobachtungen der Polizei gegeben hatte. Von Reue und Einsicht war daher beim Beschwerdeführer nichts zu erkennen. Zur Verantwortung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des versuchten Diebstahls ist außerdem festzuhalten, dass das Bundeverwaltungsgericht an den rechtskräftigen Schuldspruch gebunden ist (VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0288).

Der Beschwerdeführer hat durch beide seiner Verurteilungen jeweils den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 erfüllt, so dass indiziert ist, dass von ihm eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht. Die belangte Behörde hatte unter Berücksichtigung seiner früheren Unbescholtenheit und des langen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet nach seiner ersten Verurteilung zu Recht noch von der Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abgesehen. Obwohl sich der Beschwerdeführer aufgrund der Verwarnung bewusst sein musste, dass er dadurch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gefährdet, wiederholte der Beschwerdeführer sein kriminelles Verhalten, gemeinsam mit dem Mittäter, mit dem er schon im Jahr 2018 für zahlreiche Diebstähle verantwortlich zeichnete. Insbesondere kann nicht von einem einmaligen Fehlverhalten des Beschwerdeführers gesprochen werden, sondern demonstrierte der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten, dass damit zu rechnen ist, dass er auch in der Zukunft versuchen wird, sein legales Einkommen mit Diebstählen gewerbsmäßig zu verbessern. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass er in Zukunft ein höheres Einkommen erzielen wird, das es ihm erlauben wird, seine Frau und seinen Sohn im Wege der Familienzusammenführung nach Österreich zu holen, ist dem entgegenzuhalten, dass seine Tätigkeit immer nur über Personalleasingfirmen und auch nicht durchgehend erfolgte und dass sich seine beruflichen Möglichkeiten durch seinen zweiten – und nunmehr (aufgrund des Widerrufs der bedingten Nachsicht des ersten Urteils) zweijährigen - Aufenthalt in der Justizanstalt (möglicherweise aufgrund einer bedingten Entlassung entsprechend verkürzt) weiter verschlechtert haben. Es ist daher von keiner raschen Stabilisierung seiner persönlichen Situation auszugehen bzw. hielt ihn auch sein regelmäßiges Einkommen nicht davon ab, am 20.02.2020 mehrmals zu versuchen, andere zu bestehlen.

Das Bundesverwaltungsgericht tritt daher der Anschauung des belangten Bundesamtes bei, dass vom Beschwerdeführer eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 52 Abs. 5 FPG 2005 und des § 53 Abs. 3 FPG ausgeht und auch für die nächsten Jahre keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 22.03.2018, Ra 2017/22/0194). Da der Beschwerdeführer in Haft ist und ein Wohlverhalten in Freiheit nicht vorliegt, ist nicht von einem Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden schweren Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit auszugehen.

3.2.4. Die auf § 52 Abs. 5 FPG 2005 gestützte Rückkehrentscheidung erweist sich demnach ebenso wie das verhängte Einreiseverbot als rechtmäßig. Mit fünf Jahren wurde die zulässige Höchstfrist von zehn Jahren nur zur Hälfte ausgeschöpft; aufgrund des fehlenden Familienlebens und der in Relation zur langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet nur gering ausgeprägten sozialen Verankerung, auf die im Folgenden einzugehen sein wird, erscheint die von der belangten Behörde verhängte Dauer angebracht.

3.3. Privat- und Familienleben:

3.3.1. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Da der Beschwerdeführer in Österreich keine Familie hat, liegt kein Eingriff in das Familienleben vor, der auf seine Zulässigkeit hin zu prüfen wäre.

3.3.2. Der Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in dem Sinne, ob dieser Eingriff im Sinn des Art 8 Abs. 2 EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, ist voranzustellen, dass die Rückkehrentscheidung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtigung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Berufungswerbers abzuwägen sind (EGMR U 18.02.1991, Moustaquim gegen Belgien, Nr. 12313/86).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Die Konventionsstaaten sind nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (EGRM U 30.10.1991, Vilvarajah u.a. gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 13163/87).

3.3.3. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vgl. VfSlg. 18.223/2007).

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vgl. VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.

Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen § 9 Abs. 2 BFA-VG entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erkenntnissen VfSlg. 18.224/2007 und VwGH 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Leitlinien, welche im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen sind. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (VwGH 13.06.2016, Ra 2015/01/0255). Ferner sind nach der eingangs zitieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie dies Verfassungsgerichtshofs die strafgerichtliche Unbescholtenheit aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und schließlich die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen.

Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig.

3.3.4. In Abwägung der gemäß Art. 8 EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des Beschwerdeführers ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:

Der Beschwerdeführer reiste bereits 2003 nach Österreich ein und stellte einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz. 2005 heiratete er eine österreichische Staatsbürgerin, von der er sich 2011 scheiden ließ. Aufgrund dieser Eheschließung war der Beschwerdeführer rechtmäßig in Österreich aufhältig und erwarb ein Daueraufenthaltsrecht. Der Beschwerdeführer ist in beruflicher Hinsicht nur als teilweise integriert anzusehen, war er doch immer nur über Leasingunternehmen beschäftigt und war sein Aufenthalt auch immer wieder von Phasen der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet, in denen er auf Sozialleistungen angewiesen war.

Der Beschwerdeführer hat für den Alltagsgebrauch ausreichende Wortschatzkenntnisse der deutschen Sprache aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes am Bundesgebiet erworben, er verfügt über entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache, die für eine Konversation in alltäglichen Situationen ausreichen.

Trotz der bald achtzehn Jahre im österreichischen Bundesgebiet nennt der Beschwerdeführer nur eine einzige Person, einen aus Algerien stammenden Mann, seinen Freund. Gelegentlich trifft er seine frühere Ehefrau, doch scheint keine enge Bindung zu bestehen. Auch sonstige Bindungen, etwa in Form von Vereinen oder ähnlichem, gab der Beschwerdeführer nicht an. Vielmehr verlagerte er in den letzten Jahren seinen emotionalen Mittelpunkt wieder nach Algerien, wo er sich 2016 mit einer Frau verlobte, die er 2017 heiratete. 2018 kam sein Sohn auf die Welt. In dieser Zeit reiste der Beschwerdeführer auch jährlich in seinen Herkunftsstaat. Auch zu seiner Mutter und seinen Geschwistern in Algerien steht er in Kontakt. Bei einer Gegenüberstellung der Bindungen an Österreich und an Algerien ist, trotz des langen Aufenthaltes im Bundesgebiet, von einem Überwiegen der Bindungen an Algerien auszugehen. Zudem verbrachte der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens, nämlich 29 von bald 46 Lebensjahren, im Herkunftsstaat, wurde dort sozialisiert und spricht er Arabisch auf muttersprachlichem Niveau. Es deutet nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann auch ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Algerien in eine ausweglose Lage geraten würde. Es ist ihm als erwerbsfähigen Mann zumutbar, eine Erwerbstätigkeit in der Industrie, der Bauwirtschaft oder in einem Tourismusbetrieb aufzunehmen und so den Lebensunterhalt zu finanzieren. Das persönliche Profil des Beschwerdeführers bietet keinen Anlass zu Befürchtung, dass er in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden würde. Alter und Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stehen einer Rückkehrentscheidung ebenfalls nicht entgegen.

Der grundsätzlich starken Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich aufgrund seines bald achtzehnjährigen Aufenthaltes sind die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aufgrund der rezenten und gravierenden Straffälligkeit des Beschwerdeführers gegenüberzustellen. Nachdem der Beschwerdeführer trotz seines langen Aufenthaltes nicht nachhaltig in Österreich verfestigt erscheint und seine Familie in seinem Herkunftsstaat lebt, überwiegt das öffentlichen Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im konkreten Fall das – aufgrund des langjährigen Aufenthalts grundsätzlich berechtigte – Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten anhand des Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie nach Maßgabe der im Sinne des § 9 BFA-VG angeführten Kriterien gelangt das Bundesverwaltungsgericht somit – wie bereits das belangte Bundesamt – zum Ergebnis, dass die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung überwiegen.

Aufgrund der erörterten Umstände erweisen sich fallbezogen sowohl eine Rückkehrentscheidung wie auch ein Einreiseverbot ungeachtet der langen Aufenthaltsdauer als notwendig und zulässig.

3.4. Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG 2005 (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG 2005 – diese Bestimmungen stellen auf dieselben Gründe ab, wie sie in §§ 3 und 8 AsylG 2005 enthalten sind – glaubhaft zu machen. Es ist die konkrete Einzelsituation des Fremden in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Fremden in diesen Staat zu beurteilen; für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße im Sinn des § 50 Abs. 1 FPG 2005 durch den betroffenen Staat bekannt geworden sind (VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).

3.4.2. Bezüglich § 50 Abs. 1 FPG 2005 bleibt festzuhalten, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung, noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt ausweislich der getroffenen Feststellungen zur Lage in der Türkei ebenfalls nicht vor.

Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen und in Anbetracht der Feststellungen zur Sicherheitslage nicht zu befürchten.

Ebenso sind keine von Amts wegen aufzugreifenden stichhaltige Gründe für die Annahme erkennbar, dass im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers dessen Leben oder dessen Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten im Sinn des § 50 Abs. 2 FPG 2005 bedroht wäre. Derartiges wurde im Verfahren auch nicht vorgebracht und vom Beschwerdeführer auch kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

3.4.3. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 3 FPG 2005 schließlich unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine solche Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme besteht hinsichtlich Algeriens nicht.

3.5. Zur Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte seitens der belangten Behörde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, da der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt (Z 1). Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus Algerien, was gemäß § 1 Z 10 der HStV als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3.5.2. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Im angefochtenen Bescheid wurde entsprechend festgestellt, dass aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung die Entscheidung gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit aufschiebende Wirkung - Entfall Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewerbsmäßigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Urkundenunterdrückung Verbrechen Vergehen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2240150.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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