TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/24 W281 2226676-1

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Veröffentlicht am 24.03.2021
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Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch


W281 2226676-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Serbien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien vom 30.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 30.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Die aufschiebende Wirkung wurde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 7 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF zwar legal in das Bundesgebiet eingereist sei, jedoch kurz darauf bei der Schwarzarbeit betreten worden sei, weswegen sein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig geworden sei. Am 29.11.2019 sei er durch Beamte der Finanzpolizei bei der Begehung der Schwarzarbeit auf frischer Tat betreten worden. Zusammen mit 10 weiteren Staatsbürgern sei er im Lokal „Metropol“ angetroffen worden, als er gerade der Kellnerei nachgehen habe wollen, obwohl er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht dazu berechtigt gewesen sei. Aufgrund seines Verhaltens sei er durch die Finanzpolizei angezeigt worden. Er habe auch den Unterhalt nicht nachzuweisen vermocht. Aufgrund des Sachverhalts und seiner persönlichen Umstände sei die Erlassung eines dreijährigen Einreiseverbotes geboten. Der Aufenthalt des BF laufe dem wirtschaftlichen Wohl des Landes sowie der öffentlichen Ordnung zuwider. Die negative Zukunftsprognose (beharrlicher illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet durch Missachtung der Ausreiseverpflichtung sowie Missbrauch der Visumfreiheit, Schwarzarbeit, Umgehung des Meldegesetzes in der Vergangenheit) rechtfertige die Annahme, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf sein Gesamtverhalten davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, gerechtfertigt sei.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 13.12.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot). Darin wurde ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren vom Bundesamt nur mangelhaft durchgeführt worden sei und die Entscheidung nicht bzw. nur unzureichend begründet worden sei. Dem BF sei die Entscheidung des Bundesamtes bezüglich der Dauer des Einreiseverbotes mit zwei Jahren bekanntgegeben worden. Die geforderte konkrete Beurteilung sei im gegenständlichen Fall allerdings nur lückenhaft bzw. überhaupt nicht und zudem inhaltlich falsch durchgeführt. Aus der Entscheidung sei nicht ersichtlich, weshalb anzunehmen sei, dass vom BF gegenwärtig und auch in Zukunft eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bestehen sollte, die ein Einreiseverbot rechtfertigen würde. Vor allem sei die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes willkürlich und ohne entsprechende Begründung in der Entscheidung.

3. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.12.2019, eingelangt am 17.12.2019, vorgelegt.

4. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde der Akt einer anderen Gerichtabteilung neu zugewiesen.

5. Mit Aktenvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.12.2019 wurde festgehalten, dass im gegenständlichen Fall die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht komme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides und somit gegen das auf drei Jahre befristete Einreiseverbot.

1. Feststellungen:

1.1. zur Person des BF

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und wurde XXXX geboren. Seine Identität steht fest. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF spricht wenig Deutsch, ist gesund und arbeitsfähig. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Der BF hat im Herkunftsstaat die mittlere Handelsschule abgeschlossen und anschließend bei der „Wiener Städtischen“ in Serbien gearbeitet. In weiterer Folge ist er drei Monate in der Slowakei für eine Agentur tätig gewesen und war zudem auch als Kellner beschäftigt. In Serbien hat der BF familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und seines Bruders.

In Österreich hat der BF keine familiären Anknüpfungspunkte. Sonstige soziale Kontakte oder Integrationssachverhalte konnten nicht festgestellt werden. Ein besonderes Naheverhältnis zu einer in Österreich lebenden, als „Freundin“ bezeichneten Frau konnte nicht festgestellt werden.

Anhaltspunkte für eine berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor.

1.2. zum Aufenthalt des BF in Österreich

Dem BF wurde von der Finanzpolizei am 29.11.2019 in einer Veranstaltungshalle bei der Schwarzarbeit als Kellner betreten und festgenommen. Er wurde bei der Landespolizeidirektion Wien wegen § 120 Abs. 1a FPG iVm. §§ 31 Abs. 1a, 31 FPG angezeigt. Der BF reiste zuvor am 04.10.2019 legal in Österreich ein.

Der BF ist nicht im Besitz eines zur Vornahme von Erwerbstätigkeiten in Österreich berechtigenden Rechtstitels.

1.3. Zur finanziellen Situation des BF

Der BF ist mittellos und verfügt über keine eigenen, regelmäßigen, legalen Einkünfte in Österreich.

Es sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der BF in Österreich oder in Serbien Besitztümer hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. zur Person des BF

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Angaben zu den abgeschlossenen Bildungsschritten des BF in Serbien sowie seine familiären Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 30.11.2019 (AS 33).

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF beruht auf einem Auszug des Strafregisters der Republik Österreich vom 18.12.2019.

Der Umstand, dass die Eltern sowie der Bruder des BF in Serbien wohnhaft sind und er zu in Österreich wohnhaften Personen kein intensives Naheverhältnis hat, gehen aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 30.11.2019 hervor.

2.2 zum Aufenthalt des BF in Österreich

Die Feststellung, dass der BF aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes einschlägige Bestimmungen des FPG verletzte, geht aus einem Anhalteprotokoll (AS 5) sowie einer Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 30.11.2019 (AS 1) hervor. Die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet stützt sich ferner auf die nicht durch Rechtsmittel bekämpfte, sich auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt des BF stützende, Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides). Zudem thematisierte der BF seinen Aufenthaltsstatus in der gegenständlichen Beschwerde nicht und trat den diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Beurteilungen der belangten Behörde nicht entgegen (AS 41).

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu fehlendem Besitz arbeitsmarktrechtlicher Berechtigungen für Österreich, Kenntnis des BF über das Fehlen der notwendigen Berechtigungen, um in Österreich Erwerbstätigkeiten nachgehen zu dürfen sowie sonstiger Integrationssachverhalte getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde (AS 71).

Dass der BF am 04.10.2019 ins österreichische Bundesgebiet einreiste, geht aus dem sichergestellten serbischen Reisepass des BF (AS 12) sowie seinen Angaben im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.11.2019 (AS 32) hervor.

2.3. Zur finanziellen Situation des BF

Der Beschwerdeführer ist zur Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet eingereist ohne über eine Beschäftigungsbewilligung oder ein entsprechendes Visum dafür zu haben. Es ist daher nicht glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt in Österreich ausschließlich durch Geld finanziert, mit dem er eingereist ist. Wäre ihm das möglich, so müsste er nicht der Schwarzarbeit nachgehen. Der Beschwerdeführer hat auch sonst nicht untermauert, dass er einen Anspruch auf Unterhaltsmittel hat. Im Ergebnis war von einer Mittellosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen, die die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen birgt.

Es sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der BF in Österreich oder in Serbien Besitztümer hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

…"

3.1.3. Der BF wurde am 29.11.2019 von der Finanzpolizei bei einer Kontrolle in einer Veranstaltungshalle im Zuge einer unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit als Kellner betreten, ohne im Besitz notwendiger Bewilligungen gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer hielt sich dabei zur Ausführung der Tätigkeit als Kellner bereit.

3.1.5. Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 und 7 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF mit 10 weiteren Staatsbürgern bei der Begehung einer Schwarzarbeit angehalten worden sei und der Kellnerei nachgehen habe wollen, obwohl er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht dazu berechtigt gewesen sei. Zudem habe er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen können.

Durch die Ausübung einer Beschäftigung, die er ohne die erforderliche Berechtigung nicht hätte ausüben dürfen, bedrohe er die öffentliche Ordnung und Sicherheit, da er ein Verhalten setze, das den sozialen Frieden in Österreich bedrohe. Das Verhalten des BF erweise sich als die öffentlichen Interessen relevant gefährdend und rechtfertige die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 3 Jahren.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dann anzunehmen, wenn der BF den Besitz zu seinen Mittel nicht nachzuweisen vermag.

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).

Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer seines Aufenthaltes in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum und der dabei geplanten Bestreitung seines Unterhaltes hat der BF - auch in der Beschwerde - nicht substantiiert erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt, weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.

Nicht außer Acht zu lassen ist zudem, dass der BF am 29.11.2019 in einem Lokal bei einer Beschäftigung als Kellner entgegen fremdenrechtlicher Bestimmungen ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung betreten wurde. Eine rechtmäßige Vorgehensweise - Beschaffung einer Beschäftigungsbewilligung vor Einreise und Antreten der Beschäftigung - ist zwecks Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gesetzlich jedenfalls erforderlich. Der BF stellte die Schwarzarbeit im Rahmen seiner Beschwerdeerhebung auch nicht substantiiert in Abrede. Eine Bestrafung in Form einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wäre für den Beschwerdeführer gar nicht vorgesehen. Daher gehen auch die Ausführungen in der Beschwerde, dass gegen den Beschwerdeführer keine Verwaltungsstrafen vorliegen ins Leere.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen fremden-, unions-, und verwaltungsrechtliche Bestimmungen, kann eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden (vgl. insbesondere VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047; 04.09.1992, 92/18/0350 (Verhinderung von Schwarzarbeit), VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293 (Beachtlichkeit der Einhaltung fremdenrechtlicher Normen) und VwGH 06.03.2009, 2009/18/0050 (Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen durch unrechtmäßige Aufenthaltsnahme)).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer maßgeblichen Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung, sowie wirtschaftlicher Belange Österreichs ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische und unionsrechtliche Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

So hat der VwGH bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Letztlich führte der VwGH - unter Bezug auf seine eigene Judikatur - erst kürzlich wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

An der Bekämpfung der so genannten „Schwarzarbeit“ besteht ein Grundinteresse der Gesellschaft, da durch diese Handlungen die Wirtschaft der Republik Österreich massiv geschädigt wird.

Auch die im Lichte des Art 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Der Lebensmittelpunkt des BF liegt in Serbien, es halten sich seine Familienmitglieder ebenfalls dort auf und können keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden. Letztlich hat der BF die Möglichkeit, etwaige Kontakte im Bundesgebiet vor Ort zu pflegen, durch sein Verhalten wissentlich auf Spiel gesetzt, womit diese eine Relativierung hinzunehmen haben. Der BF ist ohne aufrechte Arbeitsbewilligung einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen. Es ist unter Berücksichtigung seines Vorverhaltens davon auszugehen, dass er bei einem Verbleib im Bundesgebiet diese unberechtigte Tätigkeit auch weiterhin ausüben würde, um sich eine fortlaufende Einnahmequelle zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen, weshalb die Gefährdungsprognose im gegenständlichen Fall zu Ungunsten des BF ausschlägt.

Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen kommt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer Rechtsverstöße, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die öffentlichen Interessen schwerer wiegen als jene des BF.

3.1.7. Im gegenständlichen Fall erweist sich jedoch die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots von drei Jahren als nicht angemessen:

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG kann für die Dauer von höchstens 5 Jahren erlassen werden.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende besonders berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind jedoch nicht erkennbar, zumal der BF auch keinerlei Bestätigungen oder diesbezügliche Nachweise vorgelegt hat.

Betrachtet man nun das vom BF gesetzte Verhalten legt dieses zwar eine beachtliche Beeinträchtigung gültiger Normen und öffentlicher Interessen offen. Jedoch ist verfahrensgegenständlich auch in Anschlag zu bringen, dass der BF sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten erweist, erstmalig fremdenrechtlich in Erscheinung trat, im Zeitpunkt seiner Betretung weniger als zwei Monate in Österreich aufhältig war und das Bundesamt dem BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 30.11.2019 nur über ein zweijähriges Einreiseverbot aufklärte (AS 34) und auch nur zu einem solchen zur Stellungnahme aufforderte. Warum dann doch ein dreijähriges Einreiseverbot erforderlich sein sollte, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor.

Die von der belangten Behörde gewählte Dauer des Einreiseverbotes schöpft mehr als die Hälfte des höchstmöglichen Rahmens aus und erweist sich auch selbst unter Berücksichtigung der Rechtsverstöße als nicht angemessen. Immerhin wurde der Beschwerdeführer lediglich an einem Tag bei der Schwarzarbeit betreten und wurde auch vom Bundesamt eine längere Ausübung der Schwarzarbeit nicht festgestellt bzw. liegen hierzu auch keine Ermittlungsergebnisse vor.

Eine Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre erweist sich im Ergebnis aufgrund des vom BF gezeigten Gesamtverhaltens und der damit verwirklichten Beeinträchtigung öffentlicher Interessen und angestrengten Zukunftsprognose als verhältnismäßig, weshalb letztlich spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Mittellosigkeit Schwarzarbeit Teilstattgebung Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W281.2226676.1.00

Im RIS seit

25.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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