Entscheidungsdatum
24.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W281 2226246-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien vom 25.11.2019, Zl. XXXX , wegen Einreiseverbot, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 25.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der BF seit seiner Betretung am 19.11.2019 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermocht habe. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet laufe dem wirtschaftlichen Wohl des Landes sowie der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit zuwider. Durch den Umstand, dass er keiner geregelten Arbeit nachgehe und nur über 20 Euro verfüge, gefährde er die öffentliche Ordnung und Sicherheit und sein Aufenthalt im Bundesgebiet widerlaufe auch unter diesem Blickpunkt den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die negative Zukunftsprognose, die sich aus seinem bisherigen persönlichen Verhalten im Bundesgebiet ergebe (Betretung ohne Reisepass-bei völliger Mittellosigkeit; 20 Euro durch den Besuch; keine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet oder sonst wo) rechtfertige die Annahme, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Dieser Gefahr könne durch die Behörde nur mit einem Einreiseverbot in Höhe von einem Jahr begegnet werden, wobei das Ausmaß seines Familienlebens-und Privatlebens berücksichtigt worden sei. In weiterer Folge sei seine Ausreise jedoch unbedingt notwendig. Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, seien seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletze in seinem Fall Art. 8 EMRK nicht.
1.2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 03.12.2019 Beschwerde gegen den Spruchpunkt VI. an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren nur mangelhaft durchgeführt worden und die Entscheidung nicht bzw. nur unzureichend begründet worden sei. Das Bundesamt gehe fälschlicherweise davon aus, dass der BF mittellos sei und verhänge deswegen zu Unrecht ein Einreiseverbot gegen ihn. Der BF habe bei seiner Einvernahme angegeben, dass er seine Eltern informiert habe und sie ihm das Geld für die Rückreise schicken sollten. Bei dem Geld habe es sich um seine Ersparnisse. Er sei daher auf keinen Fall als mittellos anzusehen, da er sich neben Ersparnisse auch auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern aus Montenegro verlassen könnte. Der BF habe weder das Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt noch sei er jemals wegen einer Straftat verurteilt. Auch wenn der BF mittellos wäre, müsste gerade aus diesem Umstand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit entstehen, damit ein Einreiseverbot gerechtfertigt wäre. Das BFA begründe seine Entscheidung nur mangelhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der BF als mittellos angesehen worden sei und wieso er aufgrund dieser Mittellosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Die geforderte konkrete Beurteilung sei im gegenständlichen Fall nur lückenhaft und zudem inhaltlich falsch durchgeführt. Vom BF gehe keine Gefahr aus, die eine Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von einem Jahr rechtfertigen würde.
1.3. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.12.2019, eingelangt am 06.12.2019, vorgelegt.
1.4. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde der Akt einer anderen Gerichtabteilung neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Die Beschwerde richtete sich ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides.
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien. Vom Bundesamt wurde mit Bescheid vom 25.11.2019 eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Rückkehrentscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Der BF hielt sich seit dem 07.11.2019 in Österreich auf. Am 19.11.2019 konnte der BF im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle keinen amtlichen Lichtbildausweis vorlegen und eine durchgeführte Abfrage im zentralen Melderegister ergab keinen Treffer (AS 5). Er wurde daraufhin vorläufig festgenommen und wegen § 120 Abs. 1 FPG (rechtswidrige Einreise und rechtswidriger Aufenthalt) iVm § 15 Abs. 1 FPG angezeigt.
Mit Mandatsbescheid vom 21.11.2019 wurde gegen den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Der BF war im Besitz eines vom 14.09.2018 bis zum 14.09.2028 gültigen serbischen Reisepasses (AS 83).
Der BF verfügte am 07.11.2019 nach eigenen Angaben über ungefähr € 600,--- bis € 700,--- an Bargeld und war nicht im Besitz einer Bankomat- oder Kreditkarte (AS 21). Der BF verdiente seinen Lebensunterhalt in Montenegro saisonal als Pizzameister und verdiente brutto etwa € 1.200 (AS 52).
Der BF verfügte im Zeitpunkt seiner Ausreise über keine Eigenmittel mehr. Der BF war nicht selbsterhaltungsfähig und verfügte über keine Mittel um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Der BF konnte seine Unterhaltsmittel nicht nachweisen. Er war mittellos (AS 52).
Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 12). Seine Eltern und sein Bruder leben in Montenegro, in Österreich hat der BF keine Verwandten (AS 13).
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Der BF hat sich in Österreich nicht behördlich gemeldet.
Der BF verließ am 26.11.2019 das Bundesgebiet (AS 173).
2. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Die Angaben zu den persönlichen Umständen des BF im Herkunftsstaat und in Österreich gehen aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen am 20.11.2019 und am 21.11.2019 hervor (AS 49ff).
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem im Zuge des Verfahrens beschlagnahmten, bis 2028 gültigen, serbischen Reisepass (AS 83).
Dass der BF am 07.11.2019 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist und am 26.11.2019 freiwillig das Bundesgebiet verließ, beruht auf den eigenen Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 20.11.2019 (AS 12) in Verbindung mit einem bei einer Nachschau von Organen der Polizei vorgefundenen serbischen Reisepass mit einem mit "07.11.2019" datierten Einreisestempel (AS 94) und einer Ausreisebestätigung des IOM Vienna Operations vom 27.11.2019 (AS 173).
Die Festnahme des BF und die Anzeige wegen Verletzung von § 120 Abs. 1 FPG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 FPG wurden in einem Anhalteprotokoll und einer Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 19.11.2019 (AS 1, AS 5) dokumentiert.
Der Umstand, dass über den BF die Schubhaft angeordnet wurde, geht aus dem Mandatsbescheid des BFA vom am 21.11.2019 hervor (AS 56).
Aus den Angaben des BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen am 20.11.2019 und am 21.11.2019 war abzuleiten, dass er über keine Eigenmittel verfügte, nicht selbsterhaltungsfähig war und über keinen aktuellen Lebensunterhalt verfügte. Den Bestand sonstiger Einnahmequellen brachte der BF nicht vor und lassen sich dem Akteninhalt diesbezüglich auch keine (weiteren) Anhaltspunkte entnehmen. Vielmehr führte der BF selbst aus, über keinerlei Einkommen zu verfügen, mittellos zu sein und von Zuwendungen seiner Eltern zu leben (AS 51f).
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF geht aus einem Strafregisterauszug vom 11:03.2020 hervor. Dass sich der BF nicht behördlich gemeldet hat, geht aus einer Abfrage zum Zentralen Melderegister hervor. Zudem gab er selbst in der Einvernahme vom 21.11.2019 an (AS 53) sich nicht gemeldet zu haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet auszugsweise:
„Einreiseverbot
§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
…
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. …
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
…“.
3.2. Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (VwGH vom 16.05.0219, Ra 2019/21/0104). Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (VwGH vom 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen, aber auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH vom 04.04.2019, Ra 2019/21/0009).
Der zeitliche Rahmen eines Einreiseverbots ist in den verschiedenen Tatbeständen des § 53 FPG abgebildet. § 53 Abs. 2 FPG lässt die Verhängung eines Einreiseverbots für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu, nach Abs. 3 FPG darf das Einreiseverbot höchstens zehn Jahre betragen und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis Z 8 FPG kann das Einreiseverbot unbefristet erlassen werden.
3.3. Das Bundesamt hat das Einreiseverbot auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestützt.
Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).
Der BF konnte weder nachweisen, dass er Anspruch auf Unterhalt hat oder einen Rechtsanspruch auf Mittel zur Sicherung seiner Existenz hat. Er geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung. Auch gab er vor dem Bundesamt an derzeit in Serbien keinen Job zu haben.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 leg. cit., vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen und indiziert, wenn der Drittstaatsangehörige gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Der BF hat selbst im Verfahren mehrfach dargelegt, dass er über kein Geld verfügte, auf seine fehlenden Eigenmittel verwiesen und selbst angeführt, in nur wenigen Tagen einen Betrag in Höhe von 700,- Euro aufgebraucht zu haben und nunmehr mittellos zu sein. Der BF hat zu keinem Zeitpunkt eigeninitiativ und durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel belegen können, dass sein Unterhalt im Bundesgebiet gesichert war. Die Möglichkeit, dass Verwandte ihm Geld schicken können reicht zu dem Nachweis eines gesicherten Unterhaltes nicht aus. Zudem hat sich der BF im Bundesgebiet nicht behördlich gemeldet.
Die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den BF war mangels nachgewiesener hinreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes jedenfalls notwendig. Im Falle eines unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet – von dem das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung auszugehen hat - stellte der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet in Verbindung mit seinen unklaren Auskünften über seinen weiteren Verbleib im Rahmen bei der Einvernahmen sowie aufgrund des Umstandes, dass er sich über melderechtliche Verpflichtungen hinweggesetzte, eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar (vgl. in diesem Zusammenhang VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0371). Es war somit bei einem weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet jedenfalls von einer von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und da der BF über überhaupt keine eigenen Mittel mehr verfügte auch von einer Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. von einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft auszugehen.
Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ist daher aufgrund der Mittellosigkeit des BF erfüllt.
Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, "), weshalb in mit den in Z 1 - 9 leg. cit. expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot zu erlassen ist.
Da der BF in den Mitgliedstaaten keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen hat, ist ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK auszuschließen. Das Einreiseverbot könnte daher allenfalls in das Privatleben des BF eingreifen.
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der BF über ein schützenswertes Privatleben verfügt, ist zu berücksichtigen, dass der BF nur zwei Wochen lang in Österreich aufhältig war.
Im gegenständlichen Fall war der BF unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er war für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen in Österreich und verfügt über keine sozialen Bindungen in Österreich. Der BF wurde ohne Reisepass betreten und eine Anzeige nach dem Fremdenpolizeigesetz erstattet. Es ist von engen Bindungen des BF in Serbien auszugehen, zumal er dort seinen Lebensmittelpunkt hat und seine Familie dort lebt. Er ist weder beruflich, sozial noch kulturell integriert.
Nach Maßgabe einer Interessenabwägung ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Erlassung des Einreiseverbotes das persönliche Interesse des BF überwiegt und daher durch das erlassene Einreiseverbot in der Dauer von einem Jahr eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.
Das von der Verwaltungsbehörde erlassene Einreiseverbot erweist sich sohin dem Grunde nach als rechtmäßig.
3.5. Zur Länge des Einreiseverbots geht das Gericht davon aus, das diese seitens des Bundesamtes als nicht zu lange bemessen wurde. Dessen maximale Länge liegt im gegenständlichen Fall bei 5 Jahren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im gegenständlichen Fall wie dargelegt mehrere Gründe vorliegen, welche die Erlassung eines Einreiseverbotes rechtfertigen, geht das Gericht davon aus, dass das Bundesamt nicht exzessiv vorging, sondern das Einreiseverbot am untersten Rahmen angesetzt hat.
Unter Abwägung sämtlicher Umstände und Beachtung des Gesamtverhaltens des BF geht das Gericht davon aus, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von einem Jahr einzelfallspezifisch nicht zu beanstanden ist.
3.6. Im Ergebnis kann daher dem diesbezüglichen Ausspruch im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten werden und war die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides daher abzuweisen.
3.7. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung illegaler Aufenthalt MittellosigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W281.2226246.1.00Im RIS seit
25.06.2021Zuletzt aktualisiert am
25.06.2021