Entscheidungsdatum
29.03.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I414 2124249-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. RUMÄNIEN, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Erik STEINHOFER, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 17.03.2016, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde nach Observation und Betretung nach Suchtgifteinfuhr nach Österreich festgenommen und am 11.09.2015 über ihn Untersuchungshaft verhängt.
Mit Parteiengehör vom 17.09.2015 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme nahm er nicht Gebrauch.
Nach Verurteilung durch das Landesgericht XXXX wegen Vergehens der Vorbereitung des Suchgifthandels und Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer teilbedingten 18-monatigen Freiheitsstrafe erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17.03.2016 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von vier Jahren (Spruchpunkt I.). Ein Durchsetzungsaufschub wurde nicht gewährt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Der Beschwerdeführer reiste inzwischen aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und brachte sein berufsmäßiger Parteienvertreter RA Mag. Steinhofer eine Beschwerde gegen den Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht am 06.04.2016 ein. Diese wurde zuständigkeitshalber vom BVwG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 6 AVG weitergeleitet.
Eine Vorlage der Beschwerde samt Verwaltungsakt durch das BFA an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte erst am 21.10.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
Der Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Er hielt sich in Österreich mittels Anmeldebescheinigung als Arbeiter auf und war erstmals ab 29.05.2012 für ein halbes Jahr erwerbstätig. Für denselben Arbeitgeber war er auch in den Jahren 2013, 2014 und 2015 für jeweils einige Monate tätig. Zuletzt bezog er bis 15.09.2015 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Während seiner Erwerbstätigkeiten nahm er Unterkunft bei seinem Arbeitgeber, von 10.09.2015 bis 07.12.2015 war er in einer Justizanstalt mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Nach Untersuchungshaft verbüßte er den unbedingten Teil seiner 18-monatigen Haftstrafe aus der Verurteilung des Landesgerichtes XXXX vom 04.12.2015 (rechtskräftig) wegen Verbrechens des Suchtgifthandels und Vergehens der Vorbereitung des Suchtgifthandels. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer an verschiedenen Orten des Bundesgebietes vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge, nämlich 500,3 g Cannabiskraut, mit seinem PKW von Ungarn über die Grenze nach Österreich eingeführt und mit dem Vorsatz besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt wird.
Das Strafgericht wertete das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des Suchgiftes mildernd, erschwerend führte es das Zusammentreffen von Straftaten und die einschlägige Vorstrafe an.
Mit Urteil des BG XXXX wurde der Beschwerdeführer bereits am 08.10.2014 rechtskräftig wegen Vergehens der Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt.
Der Beschwerdeführer hat nach Verbüßen der Haftstrafe Österreich verlassen und kehrte nicht wieder zurück. Der angefochtene Bescheid wurde ihm am 25.03.2016 an seiner Wohnadresse in Rumänien zugestellt.
Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale auf und hat keine tiefgreifenden familiären oder privaten Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. In Rumänien besuchte er eine Schule und sammelte Arbeitserfahrung. Er hatte zumindest bis September 2015 dort lebende Familienangehörige und stand in ständigem Kontakt mit ihnen. Sein Lebensmittelpunkt liegt nicht in Österreich.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Zudem wurden Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Sozialversicherungsdatenauszug (AJ-Web) und dem Strafregister eingeholt und Einsicht in die Strafurteile des BG XXXX zu GZ XXXX und des LG XXXX zu GZ XXXX und den Beschluss über die Verhängung der U-Haft (AS 15ff) genommen. Aus den Urteilsausfertigungen ergeben sich die Tathintergründe sowie die Strafzumessungsgründe. Insbesondere wurden auch die Aussagen des Beschwerdeführers in der Beschuldigtenvernehmung vom 09.11.2015 und der Abschlussbericht des LKA XXXX vom 13.10.2015 (AS 43ff) berücksichtigt.
Seine Identität steht aufgrund des im IZR verspeicherten rumänischen Reisepasses mit der Nr. XXXX fest.
Aus dem IZR-Auszug in Zusammenschau mit den Auszügen aus dem ZMR und dem AJ-Web sowie den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung (AS 1ff) ergeben sich die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich, der Erwerbstätigkeit und den Wohnsitzen.
Aus dem im Akt einliegenden Rückschein ergibt sich die Zustellung des bekämpften Bescheides an den Beschwerdeführer an seiner Wohnadresse in Rumänien. Daraus und den eingeholten Auszügen aus dem ZMR lässt sich folgern, dass der Beschwerdeführer zumindest vor dem 25.03.2016 Österreich verlassen hat und seither im Bundesgebiet weder Wohnsitz, noch sonstige Verfestigung aufweist.
Die in der Beschwerde angegebene Lebensgefährtin hat weiterhin ihren Wohnsitz in Österreich gemeldet und steht in aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Auch zu ihr wurden aktuelle Registerabfragen durchgeführt und ergibt sich aus dem ZMR, dass sie ledig und Rumänin ist. Wenn in der Beschwerde noch angegeben wurde, dass er eine Heirat mit der Genannten beabsichtige, so steht diese Absicht im Widerspruch zum Familienstand der Frau und auch zu deren Aussagen im Abschlussbericht des LKA, wonach sie bereits seit Mai 2014 nicht mehr mit dem Beschwerdeführer in einer Beziehung sei (AS 45). Im Übrigen wäre zu beachten, dass laut ZMR-Auszügen zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt vorlag und konnte in Gesamtschau eine tiefgreifende familiäre oder private Verbindung nicht erblickt werden. Hinweise auf sonstige Verwandte in Österreich haben sich nicht ergeben und gab der Beschwerdeführer selbst seine familiären Kontakte im Herkunftsstaat an (AS 3).
Außer kurzzeitigen Erwerbstätigkeiten hat der Beschwerdeführer keine positiven Integrationsschritte gesetzt. Auch eine sprachliche Verfestigung konnte angesichts der Beiziehung von Dolmetschern bei den strafgerichtlichen Verhandlungen (AS 39 und 54) nicht erkannt werden. Stattdessen fiel er durch zweimalige strafgerichtliche Verurteilung auf, wobei er mit der grenzüberschreitenden Einfuhr von Suchtgiften trotz vorhergegangener Verurteilung seine mangelnde Rechtstreue deutlich zum Ausdruck brachte.
Dass er seinen Lebensmittelpunkt eben nicht in Österreich hat, bestätigt die Tatsache, dass er seit Dezember 2015 keinen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet hat und gab er in der Beschwerde selbst an, dass „er sich nicht durchgehend bzw. regelmäßig in Österreich aufhielt“ (AS 157).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Rechtslage
Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt und da die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.
Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.
3.2. Zu prüfen ist auch, ob vom Beschwerdeführer die Voraussetzung eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet seit fünf Jahren erfüllt ist, womit für diesen der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satz FPG zur Anwendung käme: Demnach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nur möglich, wenn ein Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Der Beschwerdeführer war erstmals ab 14.05.2012 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet, die Anmeldebescheinigung wurde am 18.09.2013 ausgestellt. Im Dezember 2015 verließ er Österreich wieder und erreicht er somit die Fünfjahresgrenze nicht.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder private, noch familiäre Anknüpfungspunkte. Er war zwar zeitweise erwerbstätig und war sein Aufenthalt durch Anmeldebescheinigung (Arbeitnehmer) legitimiert, allerdings stehen dem zwei strafgerichtliche Verurteilungen entgegen. Er und ein weiterer Mann verletzten sich jeweils gegenseitig am Körper und wurden beide mit Urteil vom 02.10.2014 zu Geldstrafen durch das BG XXXX wegen Vergehen nach § 83 Abs. 1 StGB verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde verdächtigt, gegen das Suchtmittelgesetz zu verstoßen und über einen längeren Zeitraum observiert. Im September 2015 wurde er schließlich festgenommen, nachdem knapp ein halbes Kilo Cannabiskraut in seinem Kofferraum vorgefunden wurde, welches er auf dem Landweg von Ungarn kommend nach Österreich einführte. Er wurde vom LG XXXX wegen Vergehens der Vorbereitung des Suchtgifthandels und Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH, 10.09.2018, Ra 2018/19/0169; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, dass bei schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einer Außerlandesbringung entgegenstehen (vgl. VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207 mwN).
Selbst bei Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts kann durch das Verbrechen des Suchtgifthandels der in § 66 Abs. 1 FPG normierte Gefährdungsmaßstab erfüllt sein. Entsprechend sah der Verwaltungsgerichtshof in einem anderen Fall durch die Verübung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und fünfter Fall sowie Abs. 2 Z 3 SMG (Einfuhr und Überlassen von Suchtgift jeweils in einer großen Menge im Zeitraum über mehr als zwei Jahre), was zur Verhängung einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren führte, ihrer Art und Schwere nach auch den erhöhten Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satz FPG als erfüllt an (VwGH, 15.09.2016, Ra 2016/21/0262).
Gegenständlich ist zu berücksichtigen, dass der erhöhte Gefährdungsmaßstab nicht zur Anwendung gelangt und der Beschwerdeführer in Österreich weder langjährig aufhältig, noch stark verfestigt ist. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bereits ein Jahr zuvor strafgerichtlich belangt wurde und er trotzdem nicht davor zurückschreckte, neuerlich gegen strafrechtlich geschützte Normen zu verstoßen.
Auch wenn sich der Beschwerdeführer letztlich in der Hauptverhandlung reumütig zeigte und dies neben der Sicherstellung des Suchtgiftes zu einer verhältnismäßig geringen Freiheitsstrafe führte, ergibt sich doch ein Persönlichkeitsbild, das jeglichen Respekt vor in Österreich geschützten Werten und Vorschriften vermissen lässt. Durch die verübte Körperverletzung und die Einfuhr von Suchtgiften hat er bewusst in Kauf genommen, damit die Volksgesundheit massiv zu schädigen. Nicht vernachlässigt werden darf nämlich der Umstand, dass er bei Einfuhr von Cannabiskraut die in § 28b SMG normierte Grenzmenge um das Dreifache überschritt (68,4 Delta-9-THC, AS 55 iVm der Suchtgift-Grenzmengenverordnung, BGBl. II Nr. 377/1997 idgF BGBl. II Nr. 211/2019, in deren Anhang für Delta-9-Tetrahydrocannabinol eine Grenzmenge von 20,0 g angegeben ist). Die festgesetzte Grenzmenge legt nämlich die Untergrenze jener Menge eines Wirkstoffs fest, die geeignet ist, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen.
Es steht völlig außer Zweifel, dass das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten andere erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt.
Das folgt der höchstgerichtlichen Judikatur, die wie oben angeführt insbesondere Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz als schwerwiegend einordnet. Es kommt nicht nur auf die Tatsache der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen der besagten Straftaten an. Vielmehr ist auch das der Verurteilung zugrundeliegende Verhalten maßgeblich zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer beging die Suchmitteldelikte mit dem Vorsatz, die Drogen in Österreich in Verkehr zu setzen. Zum Zeitpunkt der Tatbegehung bezog der Beschwerdeführer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, war aber immer noch in einer von seinem früheren Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Unterkunft mit Wohnsitz gemeldet. Der Beschwerdeführer hat die Gewährung von Sozialleistungen ausgenützt, um sich zeitgleich eine weitere Einnahmequelle durch Suchtgifthandel zu verschaffen. Auch wenn er sich auch in der Beschwerde einsichtig zeigte und das Strafgericht mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe im unteren Bereich das Auslangen gefunden hat, reicht dies nicht, um ihm einen positiven Gesinnungswandel schon kurz nach der Haftentlassung zu attestieren.
Das Bundesamt hat auch aufgrund der schwach ausgeprägten privaten und fehlenden familiären Anknüpfungspunkte in Österreich zu Recht ein mehrjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Wie ausgeführt, wohnt Suchtgiftdelikten ein hohes Wiederholungsrisiko inne und wurde der Beschwerdeführer bereits über einen längeren Zeitraum aufgrund eines solchen Verdachtes observiert, weshalb ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von vier Jahren durchaus angemessen erscheint. Damit wurde die maximal mögliche Dauer nicht einmal zur Hälfte ausgenutzt.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.03.2016 in Rumänien zugestellt und gilt es ab diesem Zeitpunkt als erlassen. Gemäß § 67 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Aufenthaltsverbotes ab der Ausreise zu laufen. Der Beschwerdeführer ist bereits vor Bescheiderlassung ausgereist. Insgesamt sprach das BFA das vierjährige Aufenthaltsverbot zu Recht aus und begann die Wirkung ab der Zustellung, zumal einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu Recht – wie unten auszuführen sein wird – aberkannt wurde. Daran ändert auch die verspätete Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht. Anzumerken ist aber, dass die vier Jahre bereits verstrichen sind und das Aufenthaltsverbot somit verwirkt ist.
3.3. Zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, ging vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines Gesamtfehlverhaltens zeigte der Beschwerdeführer unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten gewesen ist. Insbesondere aufgrund des Umstandes des Suchtgifthandels und der Einfuhr von Drogen aus dem Ausland war die reale Gefahr anzunehmen, dass er unmittelbar nach der Haftentlassung wieder in dieses Muster zurückfällt und Suchtgift erwirbt.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der maßgebende Sachverhalt wurde von der belangten Behörde abschließend ermittelt.
In der Beschwerde wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gefordert, allerdings sind seither aufgrund der verspäteten Vorlage durch das BFA fast fünf Jahre verstrichen. Da das Aufenthaltsverbot bereits ausgelaufen ist, waren keine aktuellen Feststellungen mehr zu treffen und konnten alle für den damaligen Zeitpunkt relevanten Umstände dem Verwaltungsakt entnommen werden.
Die wesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftaten, blieben in der Beschwerde unbestritten. Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).
Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung trotz verstrichener Zeit zwischen der Entscheidung des BFA und des BVwG gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu anzuwendenden Gefährdungsmaßstäben und deren Kriterien bei Aufenthaltsverboten; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:I414.2124249.2.00Im RIS seit
24.06.2021Zuletzt aktualisiert am
24.06.2021