Entscheidungsdatum
30.03.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W124 2172658-1/65E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA: Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX , XXXX und XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag gab er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und am XXXX geboren worden. Er stamme aus XXXX und sei ledig. Seine Muttersprache sei Dari und habe in Afghanistan keine Ausbildung absolviert. Vor zwei Wochen sei er in Begleitung eines Schleppers legal aus seiner Heimat in Richtung Tadschikistan ausgereist.
Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass sein Vater für die Regierung gearbeitet und von den Taliban entführt worden seien. Die Taliban hätten die Mutter des BF vor die Wahl gestellt den Vater des BF freizulassen, wenn dieser einen Selbstmordanschlag verüben würde. Aus Angst davor habe seine Mutter den gesamten Goldschmuck verkauft und den BF aus Afghanistan weggeschickt.
I.2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt), im Zuge welcher er zu seiner Person angab, dass er neben Dari auch etwas Deutsch sprechen würde.
Hinsichtlich seiner Angaben zu seiner Tätigkeit in Afghanistan führte er aus, seinen Vater bei der Arbeit in dessen Lebensmittelgeschäft geholfen zu haben. Auf Vorhalt in der Erstbefragung angegeben zu haben, dass sein Vater für die Regierung gearbeitet habe, gab dieser an, damit diesen Fehler gemeint zu haben. Die Lebensumstände, unter denen sie in Afghanistan gelebt hätten, beschrieb der BF damit, dass sie dort sehr gut leben hätten können und es ihnen mittelmäßig gegangen sei. Gearbeitet habe der BF nicht. Seine Familie habe über ein Grundstück in XXXX verfügt.
Über den Aufenthalt seiner Familie wisse der BF nichts. Es würde keine Telefonnummer geben unter der die Familie des BF erreichbar sein würde. Einen Onkel würde es in XXXX geben. Dieser könne ihn allerdings nicht aufnehmen, weil es ihm finanziell nicht gut gehen würde. Überdies habe er noch Bekannte und Freunde in seiner Heimat, zu denen er jedoch keinen Kontakt mehr haben würde. Mit den gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten in Afghanistan würde sich der BF gut auskennen.
Die Schleppung des BF, welche 14.500 bis 15.000 US Dollar gekostet habe, sei vom Onkel des BF finanziert worden. Aus finanziellen Aspekten sei er von seiner Familie getrennt worden. Während der BF alleine ausgereist sei, sei die Familie XXXX verblieben. Es sei finanziell nicht anders möglich gewesen. Ob sich seine Familie noch in XXXX befinden würde, wisse der BF nicht, nachdem es drei Jahre hier sein würde.
Zu seinem konkreten Fluchtgrund führte der BF folgendes aus: „Wir waren in XXXX eine 5-köpfige schiitische Familie, ich habe fast jeden Tag für meinen Vater das Mittagessen zu seinem Geschäft gebracht. Von zu Hause bis zum Geschäft war es ca. 1 /2 Stunde. Jeden Tag habe ich dabei 2 Mädchen gesehen, eines dieser beiden hat mir sehr gut gefallen. Sie war sehr hübsch und ich wollte, dass wir befreundet sind. Ich habe dann mit ihrer Freundin gesprochen und ihr meine Telefonnummer gegeben. Ich sagte, dass ich sie sehr mag, dass ich eine Beziehung mit ihr möchte und wir später heiraten. So haben wir uns kennengelernt und eine Beziehung angefangen. Jeden Tag auf dem Nach- Hause- Weg habe ich sie getroffen, wir haben 1 – 2 Stunden miteinander verbracht und viel gesprochen. Dieses Mädchen hieß XXXX und ihre Freundin hieß XXXX war aus einer paschtunischen Großfamilie und diese sind Sunniten. Wir haben uns geliebt und sie sagte, dass ich meine Familie zu Ihrer Familie schicken kann, um ihre Hand anzuhalten. Sie wollte diese Beziehung, ich sowieso. Meine Familie war dort, als sie erfahren haben, dass wir Schiiten sind, haben sie sofort unsere Heiratspläne abgelehnt. Sie meinten, dass eine Ehe zwischen Sunniten und Schiiten nicht funktionieren kann. Wir waren beide sehr enttäuscht, ich habe doch noch ein weiteres Mal versucht meine Familie zu ihrer Familie zu schicken. Diese haben aber wieder abgelehnt. Nachdem ich meine Familie zum 3. Mal dorthin geschickt hatte und diese wieder abgelehnt hatten, hat meine Freundin einen Selbstmordversuch unternommen. Vorher war XXXX einmal kurz bei mir. Sie war sehr traurig und hat die ganze Zeit geweint und mich aufgefordert zu konvertieren. Ich habe höflich und freundlich geantwortet, dass das nicht geht, so einfach ist das nicht. Sie war danach sehr enttäuscht und hat sich von mir verabschiedet, ich wusste nicht was sie vor hat. Kurz danach hat sie sich umgebracht. Danach hatte ich große Probleme mit ihrer Familie. Sie meinten, dass ihre Tochter meinetwegen tot sei und ich deshalb auch sterben müsse. Diese Familie hat mich dann mit dem Tode bedroht, wenn sie mich je irgendwo erwischen, würden sie mich umbringen. Sie machten mich verantwortlich für den Tod ihrer Tochter. Meine Mutter bekam große Angst und wir beschlossen alle das Dorf zu verlassen.
So ist die ganze Familie nach XXXX gezogen. Natürlich außer meinem Vater der seit Jahren verschollen ist. Er wurde von den Taliban mitgenommen und ist nie zurückgekehrt, wir wissen nicht ob er tot oder am Leben ist. In XXXX hat meine Mutter mit Ihrem Bruder (meinem Onkel) gesprochen und sie meinten, dass ich auch in XXXX nicht sicher bin, bzw. nirgendwo in Afghanistan. Er hat daraufhin einen Schlepper organisiert und ich habe Afghanistan verlassen.“
Die Frage, ob der BF in seiner Heimat von staatlicher Seite jemals wegen seiner Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden sei wurde vom BF verneint und führte dieser aus, dass es unter den Taliban solche Probleme gegeben habe, er aber davon nicht betroffen gewesen sei.
Übergriffe auf seine Person habe es außer jenen von Seiten seines Vaters aus Erziehungsgründen nicht gegeben.
Er wisse nicht, ob er in Afghanistan noch jemanden haben würde. Zu seiner Familie habe er seit Jahren keinen Kontakt und wisse er nur, dass sein Onkel im Stadtteil „Company“ gelebt habe.
Mit den Behörden oder Ämtern habe er keine Probleme gehabt, die Probleme habe er nur mit dieser Familie gehabt. Diese Familie sei eine große paschtunische Familie, welche auch Verwandte in XXXX gehabt hätten. Wenn diese den BF finden würden, würden diese ihn umbringen.
Auf Vorhalt, dass der BF im Zuge der Erstbefragung eine abgewandelte Version seines Fluchtvorbringens erzählt habe, gab dieser dazu an, damals erschöpft, müde und auch sehr unsicher gewesen zu sein. Er habe nicht gewusst was er sagen solle und habe einfach erzählt, um es hinter sich zu haben.
Sein Vater sei tatsächlich verschollen. Nachdem sie von der Familie seiner Freundin eine Absage bekommen hätten, sei sein Vater ganz normal zur Arbeit gegangen. Er sei nicht mehr nach Hause gekommen. Man wisse nicht, was mit ihm passiert sei. Die Frage, wie der BF dann darauf komme, dass sein Vater von den Taliban entführt worden sei, beantworte dieser damit, dass sie Schiiten sein würden und diese von den Taliban gehasst werden würden. Sein Vater sei mehrmals von ihnen bedroht worden. Einen schiitischen Geschäftsmann würden sie nicht tolerieren. Er hätte dort nichts zu suchen und müsse von dort verschwinden. Der Vater des BF habe diese Drohungen nie ernst genommen. Als der Vater des BF an jenem Tag das Haus verlassen habe, sei er nicht in seinem Geschäft gewesen. Zu Mittag, als der BF wie gewohnt vorbeigekommen sei, sei das Geschäft noch geschlossen gewesen. Die logische Konsequenz sei, dass er von den Taliban mitgenommen worden sei, bevor er das Geschäft geöffnet habe.
Persönlich bedroht sei der BF vom Vater des Mädchens worden, bevor sie eine Woche danach nach XXXX gezogen seien. Der Vater des Mädchens habe zum Vater des BF gesagt, dass sich seine Tochter seinetwegen umgebracht hätte. Der Vater des BF habe daraufhin geantwortet, dass sie eine normale Ehe gewollt hätten und deren Familie alles kompliziert und unmöglich machen würden. Der Vater des Mädchens meinte, dass sie nicht auf die Idee kommen können, dass eine Ehe zwischen Sunniten und Schiiten funktionieren würde. Er habe gemeint, dass er den BF auf der Stelle umbringen würde, wenn er ihn irgendwo sehen würde.
Mit der Bedrohung selbst sei der BF nicht konfrontiert gewesen. Nach dem Tod seiner Freundin sei der BF zwei Wochen zu Hause und traurig gewesen. Die Frage, ob zwischenzeitig jemand zu ihm nach Hause gekommen sei, beantwortete dieser damit, dass der Vater der Freundin zum Geschäft seines Vaters gekommen und dort alles besprochen worden sei. Sein Vater habe dem Vater des Mädchens erzählt nicht zu wissen, wo sich der BF aufhalten würde und dieser verschwunden sei. Er habe sich aber zu dieser Zeit zu Hause versteckt gehalten. Das Haus sei nicht gestürmt worden. Sie hätten gewartet bis er das Haus verlassen hätte, um ihn umzubringen. Die Häuser der beiden Familien seien etwa 40 Minuten zu Fuß voneinander entfernt gewesen. Das Dorf, indem die Familien gewohnt hätten, sei sehr klein gewesen und wären dort acht, neun Familien gewesen.
Den Vorhalt, wieso sie dann nicht voneinander gewusst hätte, welcher Religion sie angehören würden, beantworte der BF damit, dass das Mädchen in einem anderen Dorf von XXXX gelegen sei. XXXX , seine Freundin sei 20 Jahre alt gewesen, er damals nicht ganz 18 Jahre alt. Sie hätten sich geküsst, intim seien sie aber nie geworden.
Die Freundin des BF sei immer zur selben Zeit spazieren gegangen. Er habe Angst gehabt sie direkt zu fragen, weil diese „Nein“ hätte sagen können. Über Religion und den Umstand, dass es deswegen Probleme hätte geben können, wurde nicht gesprochen. Dies habe erst seine Mutter beim Besuch dieser Familie festgestellt.
Etwa vier, fünf Monate hätte sich der BF mit seiner Freundin heimlich getroffen. Sie hätten die Nebenstraßen gekannt. Dort seien wenig Leute gewesen. Gekommen seien sie immer zu zweit. Ihre Freundin habe sie dann verlassen, während sie außerhalb der Stadt in einen Wald gegangen seien. Die Frage, wie es dazu gekommen sei, dass sich ein paschtunisches Mädchen ausgerechnet mit einem Schiiten eingelassen habe, rechtfertigte dieser damit niemals darüber gesprochen zu haben. Die Frage wurde des weiteres unter den Vorhalt, dass diese sogar über eine Ehe gesprochen hätten, verneint. Auf Vorhalt, dass in einem Dorf allgemein bekannt gewesen sein müsste, wer welcher Religionszugehörigkeit angehören würde, gab dieser an sich nicht gekannt zu haben. Der Vater des BF sei drei Mal dabei gewesen, als um die Hand seiner Freundin angehalten worden wäre. Obwohl der Vater des BF schon beim ersten Mal eine Abfuhr erhalten habe und des Hauses verwiesen worden sei, habe dies seine Freundin so gewollt, dass er drei Mal dort hingehe.
Wann genau sich die Freundin des BF das Leben genommen habe, wisse der BF nicht, da er als Analphabet mit Daten nichts anfangen könne. Die Freundin des BF habe alles unternommen, um deren Familie zu überreden. Sie sei von ihrem Vater geschlagen worden, weil diese ihm die Liebe zum BF gestanden habe. Er habe nachgedacht mit seiner Freundin wegzugehen, als auch diese damit einverstanden gewesen wäre. Der Vater des BF habe ihm dies aber ausgeredet. Er hätte die Familie weiterhin versuchen wollen zu überzeugen. Dies sei gewesen, nachdem sie das erste Mal abgelehnt worden seien.
Die Freundin des BF habe sich umgebracht, indem sie sich die Pulsadern aufgeschnitten habe und sei daran verstorben. Als die Familie des BF das dritte Mal dort angefragt habe, habe man ihnen mitgeteilt, dass sich die Freundin des BF umgebracht habe. Dies sei ca. zwei, drei Tage vor deren dortigen Erscheinen gewesen. Die Freundin des BF habe nicht gewusst, dass sie ein drittes Mal zu ihrer Familie gehen würden. Bereits nach der zweiten Ablehnung sei sie so traurig gewesen und habe sich von ihm verabschiedet. Dies sei nach der zweiten Ablehnung gewesen. Zwei bis drei Wochen vor ihrem Tod habe der BF seine Freundin nicht mehr gesehen.
Die Frage, weshalb der BF seine Freundin so lange nicht gesehen habe, wo er diese doch anfänglich täglich gesehen habe, beantwortete dieser damit, dass dies nicht möglich gewesen sei. Er sei davon ausgegangen, dass sie das Haus nicht verlassen habe dürfen. Auf die Frage, wieso er nicht versucht habe ihre Freundin zu treffen, nachdem sie dem BF gegenüber einen traurigen Eindruck gemacht habe, gab dieser an, dass diese von ihrer Familie Hausarrest bekommen habe. Er habe versucht anzurufen und sei hingegangen. Der BF habe von diesem Umstand gewusst, weil sie das Haus nicht habe verlassen dürfen.
Auf Vorhalt, dass der BF angegeben habe, dass Angehörige der Familie seiner Freundin darauf gewartet hätten bis dieser das Haus verlassen habe und wie dieser dann das Dorf überhaupt verlassen und nach XXXX reisen konnte, gab dieser an einen Stammkunden des Geschäftes, welcher Fahrer gewesen sei, gekannt zu haben und diesen kontaktiert bzw. um Hilfe gebeten zu haben. Um 2 Uhr in der Früh seien sie abgeholt und unbemerkt nach XXXX gebracht worden. Zu dieser Zeit sei niemand da gewesen, der auf ihn gewartet hätte.
In XXXX seien sie nur kurz gewesen. Die Frage, weshalb er nicht in XXXX geblieben sei, beantwortete dieser damit, dass er keinen Job und kein Geld gehabt habe. Bei seinem Onkel habe er auch nicht lange bleiben können. Auf Vorhalt, dass die Familie des BF aber weiterhin beim Onkel des BF gelebt habe, beantwortete dieser damit, dass seine Mutter ihm gesagt habe, dass diese nicht dort bleiben würden und sie sich etwas überlegen würden. Auf Vorhalt, dass die Familie des BF ihm die Ausreise finanziert habe und er nicht vereinbart habe mit diesen in Kontakt zu bleiben, gab dieser an die Telefonnummer seiner Mutter auf einem Zettel geschrieben zu haben. Dieser sei aber auf der Flucht von Schleppern entdeckt worden und habe den BF deshalb beschimpft, geschlagen und den Zettel vernichtet.
Zu seinen Privat-, und Familienleben führte der BF aus, dass er eine österreichische Freundin mit dem Namen XXXX haben würden. Er würde sich in Österreich sehr wohl fühlen und gute Kontakte zu den Einheimischen haben.
Im Zuge der Einvernahme brachte der BF folgende Unterlagen in Vorlage:
- Schulbesuchsbestätigung des Schuljahres XXXX
- Bestätigung für die Ausübung einer gemeinnützigen Arbeit in der Zeit vom XXXX
I.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt. Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
I.4. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vom BF im Wege seiner Vertretung vollinhaltlich angefochten.
Im Wesentlichen wurde dabei ausgeführt, dass dem BF kein subsidiärer Schutz gewährt worden sei, zumal ihm eine Ansiedelung in einem anderen Landesteil zumutbar sei. Ein genaueres Eingehen auf die persönlichen Gegebenheiten sei unterblieben. Es nicht konkret ausgeführt worden, wie sich der Antragsteller dort ein neues Leben hätte aufbauen sollen. Er würde zwar über einen Onkel in XXXX verfügen, der ihn auch bei der Ausreise aus Afghanistan unterstützt habe, allerdings könne der BF nicht unbegrenzt auf diesen zurückgreifen, insbesondere nachdem es diesem selbst finanziell nicht gut gehen würde. Zur Familie und Freunden habe er keinen Kontakt mehr. Entgegen den Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung sei der BF lediglich oberflächlich im Koranlesen unterrichtet worden du habe lediglich Hilfstätigkeiten für den Vater durchgeführt. Der BF hätte demnach mangels finanziellen und sonstigen Rückhalts massive Probleme sich in XXXX Lebensunterhalt zu finanzieren, weshalb ihm keine Möglichkeit zur Verfügung stehen würde in einer Großstadt Fuß zu fassen. Der BF wäre zu einem großen Teil auf fremde Unterstützung angewiesen. Ein funktionierendes Sozialsystem sei noch nicht etabliert und würden die in XXXX tätigen NGO`s überlastet sein. Die Miet-, und Lebenserhaltungskosten würden im Vergleich mit der Heimatregion des BF sehr hoch sein. Er würde kein entsprechendes Einkommen zur Deckung des Lebensunterhaltes erzielen können. Auf Grund der schlechten Wirtschaftslage könne er nicht in seine Heimat zurückkehren.
Hingewiesen wurde des weiteres darauf, dass der BF bereits zu Beginn der Einvernahme auf die Unrichtigkeit seiner Angaben hingewiesen habe. In der Einvernahme habe er seine richtigen Ausreisegründe angegeben, weshalb er vollinhaltlich auf diese verweise. Demnach habe er sich in ein Mädchen verliebt. Im Gegensatz zum BF sei es sunnitischen Glaubens gewesen. Diesen Umstand habe er erst spät bemerkt, wobei es für den BF keinen Unterschied gemacht hätte, welcher Glaubensrichtung seine Frau angehört habe.
Zum Vorwurf, der BF habe einmal von einem Selbstmordversuch und einmal vom Selbstmord seiner Freundin gesprochen habe, führte der BF aus, dass er ausschließlich davon gesprochen habe, dass sich die Freundin umgebracht habe. Er habe nicht erklärt, dass diese „lediglich“ einen Selbstmordversuch begangen habe. Diesbezüglich habe es sich um ein Missverständnis handeln müssen, wobei der BF darauf verweise, dass der Übersetzer in Farsi gesprochen und nicht in Dari.
Zum Vorwurf, dass der BF nicht gleich direkt von der Familie des Mädchens kontaktiert und ermordet worden sei, sondern der BF zuerst den Vater im Geschäft aufgesucht hätte, um diesen mit den Konsequenzen für den Sohn zu drohen, habe der BF gemeint, er habe sich, seit er nach dem dritten Aufsuchen der Familie des Mädchens durch seinen Vater vom Tod seiner Freundin erfahren habe, zu Hause versteckt- dies in einem von ihm als solchen beschriebenen Erdofen. Damit sei er für seine Feinde nicht auffindbar gewesen. Schließlich sei es in diesem Zusammenhang seiner Vermutung nach in weiterer Folge zur Entführung seines Vaters gekommen, der bis heute verschollen sei. Das Mädchen selbst habe mit der Familie in einem anderen Dorf gelebt.
Die religiöse Ausrichtung des Mädchens (Sunna) habe er erst bei Gesprächen über eine mögliche Heirat mit ihr herausgefunden, weil ihm dies nicht bekannt gewesen sei. Er habe es allerdings schon gewusst, sei aber nicht bereit gewesen zu konvertieren. Da er das Mädchen sehr gerne gehabt habe, habe er trotz der religiösen Unterschiede und der Einstellung der Bevölkerung zu einer Mischehe, unbedingt heiraten wollen. Diesbezüglich habe er seine Familie auch unter Druck gesetzt, sich wiederholt um das Einverständnis der Eltern des Mädchens zu bemühen.
Zu den divergierenden Zeitangaben und diesbezüglichen Ungereimtheiten bzw. Widersprüchen führte dieser aus, dass er sich mit Zeitangaben und Zeitabläufen schwer tun würde. Er habe in der Einvernahme die Wahrheit über seine Fluchtgründe erzählt und versucht die Geschehnisse soweit wie möglich einzuordnen.
Staatlichen Schutz könne er sich in solch einem Fall nicht erwarten. Er hätte mit einem unfairen Prozess zu rechnen und könnte wegen Verführung eines Mädchens, wegen der dieses schließlich Selbstmord begangen habe, zum Tode verurteilt werden. Davon abgesehen könne ihn die Familie des Mädchens jeder Zeit bei Auffinden zur Rechenschaft ziehen und umbringen. Innerstaatliche Fluchtalternative stehe ihm unter dem Verweis auf obige Ausführungen keine zur Verfügung.
Unter Verweis auf die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung zur Heimatregion, auf das bisherige Vorbringen und die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan würden zumindest die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen.
I.5. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.6. Am XXXX fand in Anwesenheit der ausgewiesenen Vertreterin des BF sowie unter Beziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
„[…]
R: Haben Sie gegen die Bestellung des SV Einwände?
BF: Nein.
R: Was ist Ihre Muttersprache? BF: Dari.
R an den Dolmetscher: In welcher Sprache übersetzen Sie für den Beschwerdeführer?
D: Dari
R befragt den Beschwerdeführer, ob er den Dolmetscher gut verstehe, dies wird bejaht.
R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.
BF: Es geht mir gut, ich kann an der Verhandlung teilnehmen. Ich bin gesund.
Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.
R: Haben Sie noch neue Beweismittel, die Sie beim BFA oder bzw. bei der Poiizei noch nicht vorgelegt haben?
BF: Nein. in der ersten Einvernahme wurden keine Dokumente verlangt, sonst hätte ich welche besorgen können. Ich habe keine Dokumente dabei um sie vorzulegen, meine Dokumente hat der Schlepper in der Ukraine zerrissen. Wenn Sie aber möchten, kann ich Dokumente beschaffen.
R: Bleiben Sie bei den Angaben die Sie bei der Polizei bzw. dem BFA gemacht haben? Halten Sie diese aufrecht, und waren sie der Wahrheit entsprechend?
BF: Ich habe in der Einvernahme die Wahrheit angegeben und bleibe dabei. Ich war bei der
Erstbefragung sehr müde, ich hatte auch Schmerzen, deshalb stimmen diese Angaben nicht.
Eröffnung des Beweisverfahrens
Zum bisherigen Verfahren:
Die Partei verzichtet ausdrücklich auf die Verlesung des Akteninhaltes (vorgelegter Verwaltungsakt des BAA und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes), dieser wird jedoch vom R der Reihe nach erläutert und zur Akteneinsicht angeboten.
Die Partei verzichtet auf eine Akteneinsicht.
R erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Niederschrift.
R weist Beschwerdeführer auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin. Der Beschwerdeführer wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung einer Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der
Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.
R: Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?
BF: Ich bin Moslem, ich bin Schiite. Was meinen Sie mit dem Rest?
R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF: Afghane.
R wiederholt Frage
BF: Tadschike
R: Sprechen Sie Deutsch? BF: Ein bisschen.
R: Verstehen Sie Deutsch? BF: Ein bisschen.
R: Besuchen Sie derzeit einen Sprachkurs? BF: Wie?
R wiederholt Frage (mit Übersetzung in Dari)
BF: Antwort in Dari: Nein, ich besuche derzeit keinen Deutschkurs. Ich habe aber mit meinem Chef gesprochen, dass ich in die Schule gehen möchte.
R: (auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach? BF: Keine Antwort.
R wiederholt Frage. (auf Dari)
BF: Ich habe gearbeitet, derzeit arbeite ich nicht. Ich kann Bestätigungen betreffend meiner Arbeit vorlegen.
R: Verfügen Sie über eine arbeitsrechtliche Bewilligung?
R: Haben Sie die dabei?
BF: Meinen Sie Arbeitsgenehmigung oder Bestätigung. Ich darf arbeiten, aber ich habe keine Bewilligung dafür. Dabei handelt es sich um Gemeindearbeit, dafür braucht man keine Arbeitsgenehmigung.
R: Haben Sie beim AMS um eine arbeitsrechtliche Bewilligung angesucht? BF: Nein.
R: (auf Deutsch): Von was leben Sie in Österreich? BF: In Untergramsbach.
R wiederholt Frage (auf Dari)
BF: Es tut mir leid mein Deutsch ist nicht so gut. Meinen Sie damit was ich alles bisher hier gemacht habe.
R (auf Dari): Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich? BF: Ich bekomme 250€ im Monat.
R: Bezahlen Sie davon Ihren Lebensunterhalt, Ihre Unterkunft usw.?
BF: Für die Unterkunft bezahle ich nicht. Dieses Geld bekomme ich für das Essen. Ich finanziere aber auch das Fitnessstudio davon.
R (auf Deutsch): Sind Sie in einem Verein, Organisation (Kirche oder dergleichen) engagiert? BF: Nein. Können Sie das übersetzten?
R wiederholt Frage (auf Dari): BF: Nein.
R (auf Deutsch): Sind Sie verheiratet? BF: Nein, ich bin Single.
R (auf Deutsch): Haben Sie Kinder? BF: Nein.
R: Haben Sie eine Lebensgefährtin? BF: Nein.
R: Haben Sie eine Freundin? BF: Ja.
R: Was verstehen Sie unter Freundin?
BF: Wie soll ich das erklären, eine Freundin ist eine Freundin.
R: Bitte erklären Sie mir was eine Freundin ist, darum habe ich sie gefragt. BF: Freundin ist Freundin, was soll ich dazu sagen.
R: Was verstehen Sie darunter?
BF: Manchmal sind wir beisammen, manchmal gehen wir spazieren und manchmal gehen wir in den Club und in die Disco.
R: Wie oft sind Sie da beisammen?
BF: In einer Woche ca. drei bis vier Tage.
R: In diesen vier Tagen treffen Sie sich oder wie schaut das genau aus? BF: Wir verbringen den ganzen Tag zusammen.
R: Wie heißt Ihre Freundin?
BF: Ich habe zwei Freundinnen.
R: Wie heißen Ihre zwei Freundinnen? BF: XXXX .
R: Mit Familiennamen?
BF: Ich habe nach den Familiennamen nicht gefragt.
R: Haben Sie außer den vorläufigen Aufenthaltsrecht nach dem AsylG, einen anderen Aufenthaltstitel gehabt? BF: Nein.
R: Haben Sie Verwandte in Österreich?
BF: Nein,
R: Haben Sie Verwandte in der Europäischen Union?
BF: Nein, nur in Schweden lebt der Sohn meiner Tante väterlicherseits, nein es ist der Sohn eines Freundes meines Vaters.
R: Sind Sie gerichtlich vorbestraft bzw. läuft gegen Sie ein Strafverfahren?
BF wird auf sein Entschlagungsrecht hingewiesen. BF: Nein.
R: Sind Sie gesund? BF: Ja.
R: Nehmen Sie Medikamente?
BF: Was meinen Sie damit? Meinen Sie dieses Medikament, dass der Arzt verschreibt, oder andere Medikamente? Die anderen Medikamente konsumiere ich nicht.
R: Konsumieren Sie Medikamente?
BF: Ja.
R: Welche?
BF: Ich nehme Schmerzmittel, gegen Schulterschmerzen. Ich habe mir die Schulter beim Fitness verletzt.
R: Sie gehen trotzdem weiter ins Fitnessstudio?
R: Haben Sie einen Freundeskreis in Österreich, welchem auch Österreicher angehören?
BF: Ja, es sind zwei Jugendliche.
R: Wie heißen diese mit vollem Namen und wo wohnen diese mit genauer Adresse? BF: XXXX , ich kenne den Familiennamen nicht. XXXX , auch von ihm weiß ich den Familiennamen nicht, ich habe nicht danach gefragt.
R: Wo wohnen die Beiden mit genauer Adresse?
BF: XXXX wohnt in XXXX , ich kenne mich in XXXX nicht aus. XXXX lebt in XXXX , die genaue Adresse kann ich nicht nennen. Ich bin in XXXX zuhause, XXXX ist ca. 20 Minuten zu Fuß von mir entfernt.
R: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
BF: Meine Freizeit verbringe ich mit meinen Freundinnen.
R: Schildern Sie mir einmal einen Tag von dem Zeitpunkt an wo Sie aufstehen, bis zu dem Zeitpunkt an dem Sie ins Bett gehen.
BF: An Tagen an denen ich frei habe, treffe ich mich mit meinen Freundinnen.
R wiederholt die Frage.
BF: Ich stehe um 07:00Uhr in der Früh auf, nach dem duschen putze ich meine Zähne, danach bin ich den ganzen Tag mit meinen Freunden unterwegs.
R: Wo sind Sie in Afghanistan geboren? Bitte geben Sie mir das Dorf, den Distrikt und die Provinz an.
BF: Provinz XXXX , wobei ich den Distrikt nicht genau kenne.
R: Wie lange haben Sie an der von Ihnen angegebenen Adresse gelebt?
BF: Bevor ich hier hergekommen bin? Seit ich geboren bin.
R: Geben Sie mir alle Orte, Städte, Dörfer an in denen Sie von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Afghanistan an gelebt haben, chronologisch bitte.
BF: Ich habe nur in XXXX im Dorf Zaibadagh gelebt. Nur ....das sage ich Ihnen später.
R: Was sagen Sie mir später?
BF: Bitte sagen Sie nicht später. (D führt an, dass er Sie anweist dem R nicht zu sagen, dass er etwas später sagen würde, er warte auf die Frage von R). Zuerst solle die D, den ersten Teil seiner Aussage übersetzen, und dann würde er fortsetzen. Auf meinem Fluchtweg war ich in
XXXX , von dort bin ich nach XXXX geflogen.
R: Wie lange haben Sie in Ihrem Heimatdorf gelebt, bis zu welchem Lebensjahr?
BF: Ich möchte anmerken, dass ich Analphabet bin und mich daher mit Daten nicht auskenne. Auf Ihre Frage gebe ich an, dass ich wahrscheinlich bis zu meinem 16.Lebensjahr im Heimatdorf gelebt habe. Möglicherweise war ich auch jünger, als ich weggegangen bin.
R: Wie lange haben Sie sich in XXXX aufgehalten?
BF: Eine Woche.
R: Wieso können Sie das dann genau einordnen, wenn Sie sagen, dass Sie Analphabet sind. BF: Um eine Woche angeben zu können, braucht man keine Bildung. Ich habe damit gemeint, dass ich mich mit dem Sonnenkalender nicht auskenne. Ich kann aber Angaben wie Woche oder Tage machen. Das verstehen sogar Kinder.
SV weist R darauf hin, dass BF mehrmals in einem untergriffigen Ton antwortet, indem er die Fragen des R in Frage stellt, indem er, der D z.B. sagt, „Ist das auch eine Frage?" und sich abwertend über die Fragen des R äußert, indem er die Frage stellt „Was ist das für eine
R unterbricht die Verhandlung um 10:22Uhr,
Verhandlung wird um 10:26Uhr fortgesetzt.
R: Wie lange haben Sie in XXXX gelebt?
BF: Ich war zwischen 15 und 16 Jahre alt als ich XXXX verlassen habe. In XXXX lebt mein Onkel mütterlicherseits, im Stadtteil XXXX , ich habe ca. eine Woche vor meiner Flucht, bei meinem Onkel verbracht. Der Onkel heißt Aref, der Familienname fällt mir jetzt nicht ein, sobald ich ihn weiß, werde ich ihn nennen.
R: Sind Sie nach XXXX alleine gegangen als Sie sich dort eine Woche aufgehalten haben?
BF: Nein, mit meiner Familie, ausgenommen meinem Vater.
R: Was verstehen Sie unter Familie, wenn Sie Familie sagen? Wer gehört zu den Mitgliedern?
BF: Ich meine meine Mutter, meinen Bruder und meine kleine Schwester.
R: Wie alt ist Ihr Bruder?
BE: Er ist 17 Jahre alt. 2018 wird er 18.
R: Wie ist die genaue Adresse von Ihrem Onkel in XXXX ?
BF: Ich kenne mich in XXXX nicht aus, auch mein Onkel mütterlicherseits hat mir keine genaue Adresse genannt. Er lebt jedenfalls in Company und ich war eine Woche bei ihm.
R: Waren Sie bei Ihrem Onkel in Company, oder nicht? Wenn Sie dort waren, dann geben Sie mir bitte die genaue Adresse an.
BF: Ich kenne seine Adresse nicht. Ich weiß, dass er in Company lebt und dass ich eine Woche bei ihm war. Ich habe ihn aber nicht gefragt, wie seine genaue Adresse lautet.
R: Wie bestreitet Ihr Onkel seinen Lebensunterhalt?
BF: Er ist Makler, er erledigt Amtswege für andere Leute für Geld.
R: Wie viele Geschwister hat Ihre Mutter?
BF: Meine Mutter hat einen Bruder, in Company. Sie hat keine Schwestern.
R: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?
BF: Mein Vater hat keine Geschwister, ich habe weder Onkel noch Tanten väterlicherseits.
R: Wie heißt Ihr Großvater väterlicherseits mit vollem Namen?
BF: Er heißt XXXX , mein Vater heißt XXXX .
R: Woher stammt Ihr Großvater väterlicherseits?
BF: Aus XXXX , ich habe das Dorf mehrmals genannt, aus dem Dorf XXXX
R: Wie heißt Ihr Großvater mütterlicherseits?
BF: Der Name meines Großvaters? Mein Großvater mütterlicherseits ist vor sehr langer Zeit verstorben, ich weiß seinen Namen nicht. Ich weiß den Namen meiner Großmutter mütterlicherseits.
R: Wie ist der?
BF: XXXX .
R: Wie heißen die unmittelbar angrenzenden Dörfer Ihres Heimatdorfes?
BF: Charaka, dieses Dorf liegt etwas weiter entfernt, ich kenne die unmittelbar angrenzenden Dörfer meines Heimatdorfes nicht. Ich bin von zuhause nicht hinausgegangen, ich bin nicht zur Schule gegangen.
R: Wie ist die Zusammensetzung Ihres Dorfes, von der Bevölkerung bzw. den Ethnien her? BF: Im Dorf leben auch Paschtunen und Hazarer, ich kann nicht genau angeben wie viele Paschtunen und Hazarer in diesem Dorf leben. Ich bin nicht in jedes Haus gegangen um nachzufragen.
R: In welchem Verhältnis haben die Ethnien dort gelebt?
BF: Die Mehrheit bilden die Paschtunen, es sind Hazarer und Paschtunen dort.
R: Wie viele Häuser befinden sich in Ihrem Heimatdorf ungefähr?
BF: Acht oder neun Häuser.
R: In welchem zahlenmäßigen Verhältnis leben die Ethnien in Ihrem Heimatdorf?
BF: Es sind etwa neun Häuser im Dorf, diese werden mehrheitlich von Paschtunen bewohnt.
Sie müssen verstehen, dass es schwer ist, dieses Verhältnis anzugeben.
R: Wo hat sich Ihre Famitie aufgehalten, nachdem Sie XXXX verlassen haben?
BF: Meine Familie war bei meinem Onkel mütterlicherseits. Meine Mutter hat mir aber gesagt, dass sie bei meinem Onkel mütterlicherseits nicht bleiben kann, weil es ihm finanziell nicht gut geht. Sie hat mir aber nicht gesagt, wohin sie geht.
R: Wie viel haben Sie für den Schlepper bezahlt?
BF: Ich bin von hier nach XXXX , von dort in die Ukraine, und aus der Ukraine hierhergekommen. Insgesamt habe ich zwischen 14.500-15.000 USD bezahlt.
R: Woher hatten Sie so viel Geld?
BF: Dieses Geld hat mein Onkel geliehen. Er hat es gefunden.
R: Wo hat er das Geld gefunden?
BF: Er hat es geliehen. Er hat von der Bank einen Kredit genommen.
R: Warum hat er für Sie einen Kredit genommen?
BF: Weil meine Mutter vorher bereits von den Problemen erzählt hatte.
R: Wie sind die finanziellen Verhältnisse Ihres Onkels, nachdem man ihm so einen hohen Kredit gewährt hat
BF: Wie ich zuvor angegeben habe, ist seine finanzielle Lage nicht besonders gut. Er kann für seine Familie sorgen. Er hat das Geld von der Bank geliehen.
R: Wo hält sich Ihre Familie derzeit auf?
BF: Das weiß ich nicht, ich habe keinen Kontakt zu ihnen.
R: Wieso nicht?
BF: Als ich weggegangen bin, habe ich die Telefonnummer meiner Mutter aufgeschrieben. In der XXXX hat der Schlepper alles zerrissen, was ich bei mir hatte. Ich habe mit ihm auch gestritten, aber ich konnte nichts tun. Er sagte, dass ich kein Papier dabei haben darf.
R: Welche Sicherheit hat die Bank von Ihrem Onkel verlangt, dass Sie von ihm wieder das Geld zurückbekommen?
BF: Diese Frage wurde mir in der letzten Einvernahme nicht gestellt. Mein Onkel mütterlicherseits hatte die Eigentumsurkunde seines Hauses als Sicherheit der Bank vorgelegt.
R: Ist Ihr Onkel in Besitz eines eigenen Hauses? BF.- Ja, das Haus in XXXX gehört ihm.
R: Wie viele Cousins und Cousinen haben Sie?
BF: Mein Onkel hat zwei Söhne und eine Tochter.
R: Wie att sind die zwei Söhne?
BF: Einer ist 12, der andere ist 9 Jahre alt.
R: Warum sind Ihre anderen Familienmitglieder nicht mit Ihnen ausgereist?
BF: Wir hatten nicht genug Geld, sonst wäre meine Familie mitgekommen.
R: Warum wäre Ihre Familie mit Ihnen mitgekommen?
BF: Das war mein Anliegen, ich wollte gerne meine Familie mitnehmen. Meine Familie hat kein Familienoberhaupt, meine Mutter ist Witwe.
R: Wann ist Ihr Vater verstorben?
BF: Er ist nicht verstorben. Wie ich in meinem Asylvorbringen angeführt habe, wurde mein Vater von den Taliban entführt. Wir wissen nicht, ob er am Leben ist oder gestorben ist. Aber meine Mutter gilt als Witwe.
R: Warum gilt Ihre Mutter als Witwe, wenn Sie nicht wissen ob Ihr Vater verstorben ist.
BF: Nachdem wir keine Nachricht über sein Leben oder seinem Tod haben, gilt meine Mutter als Witwe. Meine Mutter glaubt, dass wenn die Taliban jemanden mitnehmen, es nicht möglich sein kann, dass man am Leben bleibt.
R: Seit wann gilt Ihr Vater als verschollen?
BF: Seit ca. dreieinhalb Jahren oder etwas mehr.
R: Was heißt „oder etwas mehr"? Seit welchem Jahr gilt er als verschwunden?
BF: Er ist seit etwa drei Jahren und sechs Monaten oder drei Jahren und sieben Monaten verschollen. Eine Jahresangabe kann ich nicht machen.
R: Was haben Sie gemacht, nachdem Ihr Vater verschollen ist?
BF: Wir haben unseren Wohnort verlassen, wir hatten keine andere Möglichkeit.
R: War das der Auslöser dafür, dass Sie den Wohnort verlassen haben?
BF: Ja, das war auch ein Grund, warum wir das Heimatgebiet verlassen haben. Die anderen
Gründe betreffen mein Fluchtvorbringen.
R: Wie lange haben Sie sich in Ihrem Heimatdorf noch aufgehalten, nachdem Ihr Vater verschollen ist?
BF: Ca. zwei bis drei Wochen.
R: Wo haben Sie sich in diesen zwei bis drei Wochen aufgehalten?
BF: In unserem Haus, in Zaibadagh.
R unterbricht die Verhandlung um 11:01Uhr.
Die Verhandlung wird um 11:22Uhr fortgesetzt.
R: Warum sind Sie nicht außerhalb Ihres Dorfes hinausgekommen?
BF: Einerseits wegen der Sache... Ich meine mein Fluchtvorbringen und andererseits wegen der Taliban, sie haben Jugendliche entführt, sie haben viele junge Männer mitgenommen. Meine Mutter hatte Angst und erlaubte mir nicht hinaus zu gehen.
R: Wo hinauszugehen? Was meinen Sie damit „meine Mutter hatte Angst und erlaubte mir nicht hinaus zugehen“?
BF: Von zuhause. Und vom Dorf.
R: Wie groß war Ihr Dorf?
BF: Es ist nicht so groß, es ist nicht sehr klein und auch nicht sehr groß.
R: Was heißt das? Darunter kann ich mir gar nichts vorstellen.
BF: Damit meine ich, dass es nicht groß und nicht klein ist, sondern mittelgroß ist.
R: Was ist für Sie mittelgroß?
BF: In welchem Dorf kennen Sie sich hier aus, damit ich das als Vergleich bringe? Ich meine in XXXX z.B. ist in etwa so groß wie mein Heimatdorf.
R: Wie viele Häuser haben sich in diesem Dorf —welches Sie mit Kramsach vergleichenbefunden?
BF: Neun Häuser, diese Häuser waren aber nicht alle an einem Ort. Eins war hier, das andere dort, wir hatten zu den Nachbarn überhaupt keinen Kontakt. Ich hasse Paschtunen und Hazarer. Sagen Sie ihm nicht, dass ich Paschtunen und Hazarer hasse. Ich sage Ihnen dann warum ich Paschtunen und Hazarer hasse. Wir sind noch nicht bei meinem Fluchtvorbringen
R: Wie haben die Nachbarn Ihres Elternhauses geheißen?
BF: Es gab keine angrenzenden Nachbarn und ich habe gesagt, dass wir keinen Kontakt zu den Nachbarn hatten.
R: Sie brauchen keinen Kontakt zu den Nachbarn zu haben, um den Namen von Ihren Nachbarn zu wissen.
BF: Wenn man keinen Kontakt zu den Nachbarn hat und sie nicht grüßt, wie kann man dann ihre Namen wissen.
R: Wie hat Ihr Vater seinen Lebensunterhalt bestritten?
BF: Mein Vater hat ein Lebensmittelgeschäft gehabt. Davon haben wir gelebt.
R: Wer ist in dieses Lebensmittelgeschäft einkaufen gekommen?
BF: Zum Einkaufen?
R wiederholt die Frage
BF: Wollen Sie die Namen dieser Leute?
R wiederholt die Frage
BF: Die Nachbarn. Es ist richtig, dass wir zu denen keinen Kontakt hatten. Aber wozu haben wir das Geschäft geöffnet?
R: Und wie haben die Nachbarn geheißen die bei Ihnen einkaufen waren?
BF: Sie sind in das Geschäft gekommen und haben ihre Namen und ihre Identität bekannt gegeben, indem sie sie aufgeschrieben haben. Sie haben dann gesagt „gib uns bitte dieses und jenes."
R: Wie haben die Namen der Nachbarn gelautet?
BF: Es waren Nachbarn, ich kenne ihre Namen nicht. Ich sage ihnen das ganz ehrlich, dass wir zu den Nachbarn keinen Kontakt hatten und ich sie niemals gefragt habe was sie machen und wie sie heißen.
R: Wieso haben die Nachbarn bzw. die Einkäufer im Geschäft ihren Namen niedergeschrieben bevor sie etwas eingekauft haben?
BF: Damit wollte ich ihnen erklären, dass ein Kunde der in das Geschäft kommt seinen Namen nicht nennt.
BF an D: Wenn du z.B. in mein Geschäft kommst, sagst du mir wie du heißt und kaufst dann bei mir ein?
R: Sie haben bei der Befragung am XXXX gesagt, dass ihr Vater für die Regierung gearbeitet hätte, heute sagen Sie, dass ihr Vater ein Geschäft betrieben hätte. Was sagen Sie dazu?
BF: Ich habe Ihnen gesagt, welche Probleme ich hatte. Ich war sehr müde, ich wusste nicht was ich sagen soll. Ich wollte meine Angaben dann vor dem BFA machen bzw. hier.
R: Warum haben Sie vor den Organen der Sicherheitsbehörde dann die Unwahrheit gesagt?
BF: Diese Befragung war für mich nicht wichtig. Ich habe sie nicht als meine Haupteinvernahme angesehen, ich habe vor gehabt vor dem BFA bzw. hier alles vorzubringen.
R: Sie haben gesagt, Sie haben sich eine Woche lang mit Ihrer Familie in XXXX aufgehalten. Wieso haben Sie sich nicht länger in XXXX aufgehalten?
BF: Weil meine Mutter wollte, dass ich so schnell wie möglich von dort weggehe. Sie hat mir auch gesagt, dass wenn ich von dort weg bin, sie bei meinem Onkel mütterlicherseits nicht bleiben kann, weil seine finanzielle Lage das nicht zulässt. Sie hat gesagt, dass sie sich danach irgendetwas tun würde.
R: Ist es in XXXX zu irgendwelchen Vorfällen gekommen Ihnen gegenüber?
BF: Nein.
R: Was hat Ihre Mutter damit gemeint „sie hat gesagt, dass sie danach irgendetwas tun würde."?
BF: Damit hat sie gemeint, dass sie einen Weg finden würde, dort klarzukommen. Selbst wenn ich auf dem Weg aufgegriffen werden würde, würde sie mich wieder zurückschicken.
R: Wohin?
BF: Hierher
R: Woher hätte sie das Geld für den Schlepper genommen?
BF: Wir hätten es wieder bei meinem Onkel versucht.
R: Welche Sicherheit hätte er dann dieses Mal der Bank gegeben?
BF: Wenn das nicht möglich wäre, dann hätte ich keine andere Möglichkeit gehabt, als dort zu bleiben.
R: Wenn es zu keinen Vorfällen in XXXX gekommen ist, warum haben Sie dann XXXX verlassen?
BF: Mein Onkel mütterlicherseits hat mir gesagt, dass ich nicht dort bleiben kann.
R: Wie haben Sie in Afghanistan Ihren Lebensunterhalt bestritten?
BF: Solange mein Vater da war, gab es keine Probleme. Er konnte für die Familie sorgen.
Unsere finanzielle Lage war zwar schwach, aber wir waren versorgt.
R: Was haben Sie den ganzen Tag getan?
BF: Ich war arbeitslos.
R: Haben Sie Ihren Vater bei seiner Arbeit unterstützt?
BF: Nein, ich habe nur zu Mittag meinem Vater das Essen ins Geschäft gebracht. Das habe ich tagsüber gemacht, wo viele Leute draußen waren.
R: Wo hat Ihr Vater sein Geschäft gehabt?
BF: Von unserem Haus aus, war es eine halbe Stunde entfernt. (20-30 Minuten)
R: Hat sich das Geschäft in Ihrem Heimatdorf befunden?
BF: Ja.
R: Wie hat das Geschäft geheißen?
BF: Der Name meines Geschäftes meines Vaters? Ich habe den Namen nicht gesagt. Lebensmittelgeschäft XXXX .
R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?
BF: Erstens ich habe keinen Platz dort, ich weiß nicht wohin ich gehen soll. Ich habe seit ca. drei Jahren oder etwas mehr, nein seit ca. zweieinhalb Jahren (Entschuldigung ich habe gestern Nacht nicht geschlafen, ich habe Unruhe und hatte Sorgen, deshalb bringe ich vieles durcheinander.) Ich habe seit ca. zweieinhalb Jahren keinen Kontakt mit meiner Familie, ich weiß nicht wo sie sich aufhält. Wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, kann ich als Analphabet keine Arbeit finden. Ich kann vielleicht eine Woche oder zwei bei meinem Onkel mütterlicherseits verbringen, aber irgendwann würde er sagen „Bruder steh auf und geh“.
R: Ich habe Sie am Anfang gefragt ob Sie Probleme damit haben der Verhandlung folgen zu können. Sie haben das verneint. Wollen Sie die Verhandlung fortsetzen?
BF: Es geht mir gut. Das ist kein psychisches oder körperliches Problem. Ich kann die Verhandlung fortsetzen.
R: Hat es einen bestimmten Grund gegeben warum Sie Afghanistan verlassen haben?
BF: Wir sind noch nicht bei der eigentlichen Einvernahme.
R: Wir sind schon die ganze Zeit bei der eigentlichen Einvernahme.
BF: Das weiß ich, aber die Fragen die sie gestellt haben, haben keinen Zusammenhang mit meinem Interview.
R: Warum sollten die Fragen keinen Zusammenhang mit dem Interview haben?
BF: Manche Fragen hatten schon mit meinem Interview zu tun, aber Sie haben noch nicht gefragt, welche Gefahren mir gedroht haben. Deshalb sind wir noch nicht in der eigentlichen Einvernahme und ich kann Ihnen dazu nichts sagen.
R an BFV: Haben Sie noch Fragen an den BF? BFV: Keine Frage.
R unterbricht die Verhandlung um 11:56Uhr
Die Verhandlung wird um 12:16Uhr fortgesetzt.
R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie in Ihr Heimatdorf zurückkehren müssten? BF: Das ist offensichtlich.
R: Was heißt es ist offensichtlich?
BF: Mein Vater hat ein Lebensmittelgeschäft besessen, ich habe ihm jeden Tag das Mittagessen gebracht. Auf dem Weg habe ich täglich zwei Mädchen gesehen, eines dieser Mädchen hat mir sehr gut gefallen. Ich habe sie einmal gesehen, zweimal, dreimal, schließlich konnte ich nicht mehr, ich musste ihr einen Vorschlag machen. Ich hatte aber nicht genug Mut um sie anzusprechen. Also überlegte ich über ihre Freundin namens XXXX den Kontakt herzustellen. Ich habe XXXX meine Telefonnummer gegeben, mit der Zeit habe ich das Mädchen namens XXXX kennengelernt. Sie hat mich gefragt ob ich mit meinen Eltern sprechen kann, damit sie zu ihrer Familie gehen und um ihre Hand für mich anhalten. Wir sind Schiiten, sie war Sunnitin und Paschtunin und gehörte einem großen Clan an. Meine Familie ist einmal zu ihnen gegangen, sie haben aber abgelehnt. Danach hat das Mädchen nochmal mit mir gesprochen und hat darauf bestanden, dass ich meine Familie noch einmal zu ihnen schicke. Das habe ich gemacht. Dabei haben die Familien Gelegenheit gehabt einander ein wenig kennenzulernen. Als sie gefragt haben, wer wir seien, hat meine Mutter ihnen unter anderem gesagt, dass wir Schiiten sind. Daraufhin hat die Familie geantwortet, dass sie mit den Schiiten nicht zurechtkommen und es daher unmöglich ist das es zu dieser Verbindung kommt. Sie haben meinen Eltern klar gesagt, dass sie sich nicht mehr bemühen sollen. Danach habe ich aber mit dem Mädchen weiterhin Kontakt gehabt. Wir haben uns getroffen und sind spazieren gegangen. Ich habe ihr gesagt, dass ich es noch ein drittes Mal versuchen möchte und meine Eltern noch einmal dorthin schicken möchte. Auch bei ihrem dritten Versuch wurde meinen Eltern gesagt, dass es unmöglich ist, dass es zu dieser Verbindung kommt und dass sie sich nicht mehr bemühen sollen. Danach hat auch das Mädchen gesagt, dass wir diese Entscheidung akzeptieren sollen, denn scheinbar würde ihre Familie nicht einlenken. Nach dem dritten Besuch meiner Eltern habe ich ca. drei Wochen lang keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen gehabt. Nach drei Wochen und drei Tagen haben wir erfahren, dass das Mädchen Selbstmord begangen hat. Ihre Familie hatte sie eingesperrt. Es war offensichtlich, dass die Familie des Mädchens gegen unsere Ehe war. Ich habe nach den dritten Besuch meiner Eltern dass Mädchen nicht mehr gesehen. Daraus ergibt sich dass das Mädchen eingesperrt war.
R: Wie hat das Mädchen mit vollem Namen geheißen?
BF: Sie hieß XXXX , ich kannte weder ihren Familiennamen noch wusste ich wie ihre Eltern heißen. Das habe ich auch nicht für nötig gehalten.
R: Wo hat XXXX genau gewohnt?
BF: Ich hatte ihr Haus nicht gesehen. Der Abstand zwischen unserem Haus und dem Haus von XXXX betrug ca. 40 Minuten zu Fuß.
R: Was heißt Sie haben das Haus nicht gesehen?
BF: Ich habe sie immer auf dem Weg getroffen. Nachdem wir uns getroffen haben ist ihre Freundin weggegangen, dann sind wir zu zweit spazieren gegangen.
R: Haben Sie das Haus gekannt, wo Ihre Freundin gelebt hat?
BF: Nein, sie hat nur gesagt, dass sie ca. 40 Minuten zu Fuß von dort entfernt leben würde. Ich hatte nicht den Mut in Richtung ihres Hauses zu gehen.
R: Sie haben in der Niederschrift vom XXXX gesagt, und zwar auf die Frage „Wieso haben Sie nicht versucht Ihre Freundin zu treffen, nachdem Sie ihnen so traurig erschienen ist, dass sie von ihrer Familie Hausarrest bekommen hätte?", sie versucht hätten sie anzurufen und hingegangen sein.
BF: Ihr Telefon war ausgeschaltet. Ich hatte nicht den Mut zu ihrem Haus zu gehen.
R: Wer hat die Eltern dieses Mädchens aufgesucht?
BF: Mein Vater, meine Mutter und meine kleine Schwester.
R: Sie haben in der Niederschrift vom XXXX gesagt, dass ihre Mutter große Angst gehabt und beschlossen hätte das Dorf zu verlassen und so die ganze Familie nach XXXX gezogen sei, außer Ihrem Vater, der bereits seit Jahren verschollen gewesen sei. Was sagen Sie dazu?
BF: Jahre habe ich nicht gesagt. Mein Vater ist eine Woche nach dem Selbstmord des Mädchens verschollen. Davor war die Familie des Mädchens bei meinem Vater und hatte angegeben, dass sie mich wollen. Ich habe mich eine ganze Woche lang zuhause im Erdbackofen für Brot versteckt.
R: Beim BFA haben Sie XXXX gesagt, dass Sie noch zwei Wochen zuhause gewesen wären. Was sagen Sie dazu?
BF: Ich habe eine Woche gesagt. Der D war aus dem Iran, vielleicht hat er mich nicht ganz verstanden.