Entscheidungsdatum
06.04.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W159 2139242-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die XXXX , gegen Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2019, Zl. XXXX beschlossen:
A) Das Verfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. wegen der Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGV eingestellt.
II.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die XXXX , gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2019, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VI. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
II. Gemäß § 9 BFA-VG wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan auf Dauer unzulässig ist und XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß §§ 54, 55 und 58 AsylG 2005 idgf erteilt wird.
Zu I. und II:
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang (Zu I. und II.):
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan und der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig, gelangte spätestens am 08.04.2015 irregulär nach Österreich und stellte an diesem Tag auch einen Antrag auf internationalen Schutz. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er habe als Staplerfahrer für eine ausländische Firma gearbeitet, welche alle XXXX Truppen in Afghanistan mit Lebensmittel versorgt hätte. In seinem Heimatdorf hätten die Taliban geherrscht und diese hätten von seinem Job erfahren. Sie hätten den Beschwerdeführer bedroht, er möge diese Arbeit beenden. Die Taliban hätten jene, die für ausländische Firmen gearbeitet hätten, ermordet. Der Vater des Beschwerdeführers hätte Hilfe bei der Distriktpolizei sowie in der Moschee gesucht, welche nicht helfen hätten wollen.
In der niederschriftlichen Einvernahme vom 05.08.2016 gab der Beschwerdeführer an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig und sunnitische Moslem. Er sei am XXXX in der Provinz Parwan, Distrikt: XXXX , Bergregion: XXXX , Dorf XXXX geboren worden und dort aufgewachsen. Der Beschwerdeführer gab an, er sei verheiratet und habe drei Kinder. Seine Frau und seine Kinder würden zurzeit beim Vater des Beschwerdeführers, in der Nähe des Heimatdorfes leben. Der Vater versorge die Familie des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer habe in seiner Heimat die Schule besucht und danach ein Lebensmittelgeschäft geführt sowie in der Landwirtschaft gearbeitet. Im Februar 2008 habe er begonnen bei der Fa. XXXX arbeiten. Nach sieben Jahren habe er Probleme mit den Taliban bekommen und sein Heimatland verlassen. Diese Firma sei eine logistische Firma gewesen, die Nahrung für die Amerikaner bzw. für ausländische Truppen vorbereitet habe.
Der Beschwerdeführer legte eine Übersetzung eines Drohbriefes, eine Bestätigung der Dorfältesten, eine Tazkira, Ausbildungsbestätigungen der Firma XXXX , eine Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeiten sowie Deutschkursbestätigungen und diverse Fotos seiner Hochzeit und Familie vor.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, Außenstelle Linz vom 15.10.2016, Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten unter Spruchteil I. abgewiesen. Es wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter Spruchpunkt II. zuerkannt und unter Spruchpunkt III. wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Absatz 4 AsylG bis zum 15.10.2017 erteilt.
In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Spruchpunkt I. angeführt, dass der Beschwerdeführer keine tatsächliche, glaubhafte, asylrelevante Verfolgung gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention seiner Person vorgebracht habe. Im Spruchpunkt II. wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer keine konkrete berufliche Ausbildung habe, um in einem anderen Distrikt wiederangesiedelt zu werden. Eine Fluchtalternative in eine sichere Provinz sei aufgrund der schlechten beruflichen Ausbildung und der schlechten finanziellen Lage, sowie des Fehlens eines sozialen Netzwerks nicht möglich.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.07.2018, Zl. XXXX wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe nach den Angaben des Beschwerdeführers, keine Motivation erkennen können, die über eine Familienzusammenführung hinausgehe, um den Status des Asylberechtigten zu erlangen. Deswegen sei auch die Echtheit des Drohbriefes der Taliban seitens des Bundesverwaltungsgerichts angezweifelt worden.
Mit Antrag vom 15.07.2019 wurde neuerlich die Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG begehrt. In der niederschriftlichen Einvernahme zum Aberkennungsverfahren am 08.11.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer gefragt, ob er über Identitätsdokumente verfügen würde. Er gab an, er habe einen afghanischen Reisepass. Er habe diesen Pass zum Zeitpunkt seines Bescheides, nach Antragstellung, in Wien erhalten. Der Reisepass wurde durch das BFA sichergestellt. Befragt gab er an, dass seine Frau, seine drei Kinder und seine Eltern sowie Geschwister noch in Afghanistan leben würden. Sie würden vom Erlös des Verkaufs eines Grundstücks und der Landwirtschaft leben.
Es wurde eine Arbeitsbestätigung der Firma XXXX für den Beschwerdeführer sowie die Gehaltsabrechnungen von Jänner bis Oktober 2019 und ein Mietvertrag vorgelegt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2019, Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. der mit Bescheid vom 19.08.2016 zuerkannte Status des subsidiären Schutzberechtigten von Amtswegen aberkannt, unter Spruchpunkt II. der Antrag vom 15.07.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen und die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt V. festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und unter Spruchpunkt VI. eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt.
In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang, einschließlich der letzterwähnten niederschriftlichen Einvernahme dargestellt, die Beweismittel aufgelistet und Feststellungen zu Afghanistan getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass aus heutiger Sicht eine Rückkehr nach Afghanistan möglich wäre. Der Beschwerdeführer habe in Österreich zweieinhalb Jahre Berufserfahrung sammeln können. Er würde keine Unterstützung durch den österreichischen Staat beziehen, sondern komme selbstständig für seinen Lebensunterhalt auf. Es sei ihm möglich gewesen eine nicht unerhebliche Summe Geld zu ersparen, seine finanzielle Situation habe sich erheblich gebessert. Seine Einvernahme habe ohne Zuziehung eines Dolmetschers durchgeführt werden können. Sein Aufenthalt in Österreich habe zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten geführt, welche ihm im Falle einer Rückkehr und Ansiedelung in Afghanistan von maßgeblichen Nutzen sein würden. Es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, bei seiner Rückkehr eine Tätigkeit zu ergreifen und selbstständig für seinen Unterhalt zu sorgen. Es sei ihm zumutbar sich in einer sicheren Gegenden wie Kabul niederzulassen. Seinen Kindern würde es möglich sein, in Kabul eine öffentliche Schule zu besuchen, seine Frau könne dort einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und so zum Familienerhalt beizutragen.
Die Umstände wurden in der rechtlichen Begründung zu Spruchteil I. noch näher ausgeführt und weiters darauf hingewiesen, dass bei einer Rückkehr seine Versorgung grundsätzlich gesichert wäre. Aufgrund der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei auch die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu entziehen gewesen (Spruchpunkt II.) Die Voraussetzungen des § 57 AsylG würden nicht vorliegen (Spruchpunkt III.) Zu Spruchpunkt IV. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragssteller illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und keine besonderen Bindungen zu Österreich habe, und weitere integrative Schritte nicht erkennbar seien. Zu Spruchpunkt V. schließlich wurde ausgeführt, dass dargelegt worden sei, dass im vorliegenden Fall keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege und einer Abschiebung nach Afghanistan auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe sowie auch keine Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise vorlägen (Spruchpunkt VI.)
Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht, am 20.12.2019, vertreten durch die XXXX , gegen alle Spruchpunkte des Bescheides, in vollem Umfang fristgerecht Beschwerde. In dieser wurde auf eine mangelhafte Beweiswürdigung der Behörde hingewiesen. Dem Beschwerdeführer drohe in seiner ursprünglichen Heimat eine Verletzung seines Rechtes auf Leben. Die gewagten Annahmen der Behörde seien nicht ausreichend, um eine profunde Entscheidung mit weitreichenden Folgen zu rechtfertigen.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 25.03.2021 an, zu der die belangte Behörde entschuldigt nicht erschien und der Beschwerdeführer in Begleitung seiner nunmehrigen Rechtsvertretung, XXXX anwesend war.
Befragt gab der Beschwerdeführer an, er fühle sich in der Lage der heutigen Verhandlung ohne Probleme zu folgen.Es wurden eine Arbeitsbestätigung der XXXX eine Arbeitsbestätigung des Cafe-Restaurant „ XXXX “ der Familie XXXX , ein Konvolut an Lohnzetteln, eine Bestätigung über die Dolmetschertätigkeit des XXXX und eine Bestätigung über einen Deutsch-Alphabetisierungskurs in Vorlage gebracht.
Die Rechtsvertretung brachte vor: „Die Einvernahme im Aberkennungsverfahren erfolgte ohne Beiziehung eines Dolmetschers, was im Hinblick auf die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers zumindest bedenklich erscheint. Zum Privatleben und der Integration wird die außergewöhnlich starke Selbsterhaltung des Beschwerdeführers vorgebracht. Der Beschwerdeführer hat zwei Beschäftigungen und nutzt jeden freien Moment, um zu arbeiten und sich Rücklagen aufzubauen für das weitere Leben hier in Österreich. Durch diese Tätigkeit zeigt der Beschwerdeführer, dass er sich hier bestens integriert hat, in dem er zwei geregelten Arbeitsverhältnisse nachgeht, trotz seiner erst in Österreich erfolgten Alphabetisierung konnte er sich mit viel Fleiß aus eigenem diese Arbeitsstellen suchen und überzeugt dort seine Arbeitgeber jeden Tag. Die Sprache vor Ort ist Deutsch, daraus ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer im Arbeitsalltag ohne Probleme verständigen kann.“
Die Beschwerde wurde hinsichtlich der Punkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen. Im Übrigen wurden die anderen Punkte aufrechterhalten.
Es wurde beantragt, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung PLUS zuerkennen, da der Beschwerdeführer weit über die Geringfügigkeitsgrenze Einkommen nachweisen kann und die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Privatleben verletzen würde.
Befragt gab der Beschwerdeführer an, er halte sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er wolle keine Ergänzungen oder Korrekturen vorbringen. Er sei seit Februar 2015 in Österreich und habe sich nicht in anderen Staaten aufgehalten. Er übe seine Religion nicht aus, er habe sich jedoch noch nicht gänzlich vom Islam losgesagt. Seine Frau und seine drei Kinder, sowie seine Eltern und Geschwister würden noch in Afghanistan, in der Provinz PARWAN, wo sie auch schon früher gelebt hätten, etwa 10 km vom früheren Wohnort, leben.
Der Beschwerdeführer gab an, er sei nur mit seiner Ehefrau in Kontakt, er telefoniere mit ihr nur ein bis zweimal im Monat. Sie hätten keinen dauerhaften Zugang ins Internet bzw. zum Strom.
Befragt zu seiner schulischen oder beruflichen Ausbildung, gab der Beschwerdeführer an, er habe in Afghanistan die Schule bis zur zweiten oder dritten Klasse besucht. Dann seien die Taliban gekommen und es habe keine Schule mehr gegeben. Er sei später wieder in die Schule gegangen und zwar direkt in die siebente Klasse. Er habe Dari, Mathematik und den Koran lesen gelernt. Er sei der Älteste in der Familie gewesen und habe arbeiten müssen. Er habe die Schule nicht mehr besuchen können. Er gab an, er habe soweit er sich erinnern könne, schon als Kind zu arbeiten begonnen. Er habe in der Landwirtschaft gearbeitet. Später hätten sie ein kleines Geschäft gehabt, in welchen der Beschwerdeführer gearbeitet habe. Ab 2008 habe er als Fahrer, später als Staplerfahrer bei der Firma XXXX gearbeitet.
Seine Familie habe Grundstücke besessen, einen Teil davon habe der Vater verkauft. Vor kurzem hätten die Taliban die Orte bombardiert und die Leute hätten diese Orte verlassen. Er würde niemand mehr dort leben.
Auf die Frage, ob er aktuell gesundheitliche oder psychische Probleme habe, antwortete der Beschwerdeführer, er sei sehr glücklich hier in Österreich. Er stehe jedoch unter Druck, da er sich Sorgen um seine Familie mache. Wenn sie ihn länger nicht anrufen würde, würde er sich große Sorgen machen.
Zurzeit würde er in Österreich jeden Tag im Restaurant arbeiten und am Montag frei haben. Er habe Arbeitsbestätigungen von zwei Gastgewerbefirmen vorgelegt. Bei einer Firma würde er 40 Stunden in der Woche, bei der anderen 8 Stunden in der Woche arbeiten. Er sei als Küchenhilfe beschäftigt und würde verschiedene Saucen vorbereiten. Die Firma „ XXXX “, wo er 40 Stunden arbeiten würde, sei ein mexikanisches Restaurant. Das andere sei ein österreichisches Gasthaus. Seine österreichischen Freunde hätten ihm bei der Arbeitssuche geholfen. Eine Arbeitsstelle habe er selbst gefunden. Er sei ein Fixangestellter, seine Arbeitgeber seien mit ihm zufrieden.
Er habe den Alphabetisierungskurs und den Deutschkurs A1 besucht, jedoch kein Zertifikat erworben. Der Beschwerdeführer gab an, er habe einen österreichischen Führerschein (AM, B) und er wies weiters einen LKW-Führerschein von Afghanistan vor.
Der Beschwerdeführer gab befragt an, er habe eine 75 m2 Wohnung gemietet (Mietvertrag wurde vorgelegt), welche er mit einem Mitbewohner teile. Der Beschwerdeführer würde seit etwa viereinhalb Jahren arbeiten und keine weitere Unterstützung bekommen. Er würde bei der XXXX Neuankömmlinge unterstützen, da er ein Auto besitzen würde. Durch seine Arbeit habe er viele österreichische Freunde bekommen.
Der Beschwerdeführer gab an, er würde seine Familie auch finanziell unterstützen.
Nachgefragt schilderte der Beschwerdeführer auf Deutsch: „Ich stehe am Morgen auf, lerne Deutsch, um 08.30 Uhr oder 09.00 Uhr gehe ich zur Arbeit. Ich habe um 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr Pause, essen kann ich in der Firma. In dem Lokal besteht die Möglichkeit, Essen abzuholen. Ich liefere kein Essen aus, aber ich arbeite in der Küche.“
In seiner Freizeit, müsse er, wenn er zuhause sei, putzen. Manchmal würde er sich mit seinen Kollegen treffen. Montags gehe er joggen. In seiner Freizeit würde er hobbymäßig Fußballspielen, was wegen der CORONA-Krise zurzeit nicht möglich sei. Er habe Fitness-Geräte zuhause aufgebaut, um trainieren zu können, da das Fitness Studio geschlossen sei.
Wenn er in Österreich bleiben dürfte, würde er gerne eine Autowaschanlage betreiben oder einen Shop in einer Tankstelle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen (Zu I. und II.):
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, sunnitisch muslimischen Glaubens und führt den Namen XXXX . Das Geburtsdatum wurde mit XXXX festgelegt. Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan in der Provinz Parwan, Distrikt: XXXX , Bergregion: XXXX , Dorf XXXX geboren und ist dort aufgewachsen. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Seine Frau und die Kinder leben zurzeit etwa 10km von seinem Heimatdorf entfernt und werden durch die Eltern des Beschwerdeführers versorgt.
Es ist nicht erforderlich zu den Fluchtgründen Feststellungen zu treffen.
Der Beschwerdeführer gelangte (spätestens) am 08.04.2015 irregulär nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er hat Österreich, nach Erhalt des Titels des subsidiär Schutzberechtigten, nicht verlassen. Er steht mit seiner Frau unregelmäßig telefonisch in Kontakt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, Außenstelle Linz vom 15.10.2016, Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.04.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid bis 15.10.2019 verlängert.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 02.12.2019, Zl. XXXX wurde unter Spruchpunkt I. der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amtswegen aberkannt, unter Spruchpunkt II. der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt V. festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und unter Spruchpunkt VI. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgelegt. Gegen diesen Bescheid hat der Antragssteller fristgerecht, vertreten durch die XXXX , Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vom 25.03.2021 wurde die Beschwerde hinsichtlich der Punkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen, die Beschwerde jedoch hinsichtlich der restlichen Spruchpunkte IV. bis VI. aufrecht erhalten.
Der Beschwerdeführer arbeitet als Küchengehilfe seit 03.05.2017 im mexikanischen Restaurant „ XXXX “ für 40 Stunden und zusätzlich seit 04.09.2018 für 8 Stunden im „ XXXX “. Im Restaurant XXXX verdient der Beschwerdeführer etwa 1.500 Euro netto monatlich, während Corona sind es 1.300 Euro netto monatlich. Im Restaurant Gramberger ist der Beschwerdeführer geringfügig mit 300 Euro angemeldet. Zurzeit während der Coronakriste erhält der Beschwerdeführer etwa die Hälfte des angemeldeten Betrages. Somit ist der Beschwerdeführer mit einem durchschnittlichen Gehalt von 1.800 Euro selbsterhaltungsfähig. Er wohnt mit einem Mitbewohner in einer Mietwohnung.
Der Beschwerdeführer hat noch kein Deutschdiplom erworben, jedoch spricht er Deutsch, wie das während der Verhandlung ersichtlich war. Der Beschwerdeführer ist bemüht ein Deutschdiplom zu absolvieren. Er hat österreichische Freunde, mit denen er die Freizeit verbringt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und hat keinen Eintrag in das Strafregister.
In Anbetracht der rechtskräftig negativen Asylentscheidung und der Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich der Aberkennung des subsidiären Schutzes und der Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, ist es auch nicht erforderlich, länderkundliche Feststellungen zu treffen.
Beweis wurde erhoben (In dem vorliegenden Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes) durch Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz am 08.11.2019, durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes am 25.03.2021, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zur Zl. XXXX , durch Vorlage von Gehaltsabrechnungen von Restaurant XXXX von Jänner 2019 bis Februar 2021 und einer Einstellungsbestätigung, sowie des Restaurants Zeitraum von Oktober 2019 und eines Anstellungsprotokolls, durch einen Mietvertrag des Beschwerdeführers, einer Bestätigung von Dolmetschertätigkeit im XXXX vom 28.01.2016 sowie Einsichtnahme in den aktuellen, den Beschwerdeführer betreffenden Strafregisterauszug.
2. Die Beweise werden wie folgt gewürdigt:
Für den Beschwerdeführer wurde bei er asylrechtlichen Erstbefragung das Geburtsdatum „ XXXX “ protokolliert. Unbestritten ist der Umstand, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsangehöriger ist, der Volksgruppe der Tadschiken angehört, sunnitischer Moslem ist und sich seit dem 08.04.2015 im österreichischen Bundesgebiet befindet, wobei er das Bundesgebiet zwischenzeitlich nicht verlassen hat.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer zur Gänze selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich aus den zahlreichen vom Restaurant XXXX und Restaurant XXXX vorgelegten Lohnabrechnungen. Dort ist der Beschwerdeführer als Küchengehilfe, seit 03.05.2017 bzw. zusätzlich seit 04.09.2018 tätig.
Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer in Österreich ein Familienleben führt, er hat jedoch intensive Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern. Er steht in Kontakt mit seiner Frau in Afghanistan.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt auch aus seinen eigenen Aussagen in der Beschwerdeverhandlung und der Nichtvorlage gegenteiliger medizinischer Befunde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu I. A.:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. - III. ist das Verfahren hinsichtlich dieser beiden Spruchpunkte rechtskräftig geworden und hat das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Verfahren lediglich mit Beschluss einzustellen (siehe VwGH vom 29.04.2015 Fr 2014/20/0047-11).
Zu II. 1. und 2. A)
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBL I Nr 68/2017 erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Unter Volljährigen reicht das rechtliche Band der Blutsverwandtschaft allein nicht, um ein Familienleben iSd. Art 8 MRK zu begründen. Hier wird auf das tatsächliche Bestehen eines effektiven Familienlebens abgestellt, darüber hinaus müssen zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit gegeben sein, die über die sonst üblichen Beziehungen hinausgehen. Vgl. ua. EGMR 30.11.1999 (Baghli gegen Frankreich) Ziff 35; EGMR Ezzouhdi (FN 9) Ziff 34; EGMR 10.07.2003 (Benhebba gegen Frankreich); EGMR 17.01.2006 (Aoulmi gegen Frankreich).
Dazu ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer kein Familienleben in Österreich führt. Er verfügt in Österreich weder über Verwandte, noch lebt er hier in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft. Seine Frau und seine drei Kinder leben vielmehr in Afghanistan.
Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland).
Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH vom 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).
Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Gerade dieser Umstand trifft auf den Beschwerdeführer nicht zu, zumal er (rechtskräftig) mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2016, Zl. XXXX den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und die dazugehörige befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten hat und daher spätestens seit diesem Datum über ein staatliches Aufenthaltsrecht verfügt hat und sich nicht bloß aufgrund der Asylantragsstellung im Inland aufhalten durfte.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach integrationsbegründete Schritte in einem Zeitraum, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein habe müssen, zu relativieren sind (VwGH vom 28.02.2019 Ro 2019/01/003, jüngst VwGH vom 10.04.2020 Ra 2019/19/0430) trifft im vorliegenden Fall ebenfalls nicht zu, wobei der Verwaltungsgerichtshof auch erst jüngst ausgeführt hat, dass auch eine im Zuge eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangte Integration nicht ohne Gewicht ist (VwGH vom 06.04.2020 Ra 2020/20/0055-9)
In die Interessenabwägung ist auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat mit einzubeziehen, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Zwar hat der VwGH zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479), der Beschwerdeführer ist seit 08.04.2015 in Österreich aufhältig. Er hat seine Familie nicht in Afghanistan besucht und hat somit die „magische Grenze“ der Aufenthaltsdauer von fünf Jahren überschritten.
Der Beschwerdeführer ist in hohen Maße in Österreich integriert. Der Beschwerdeführer hat einen Freundeskreis, hauptsächlich aus Österreicherin aufgebaut, mit welchen er auch seine Freizeit verbringt.
Der Beschwerdeführer ist selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer arbeitet als Küchengehilfe seit 03.05.2017 im mexikanischen Restaurant „ XXXX “ für 40 Stunden und zusätzlich seit 04.09.2018 für 8 Stunden im „ XXXX “. Im Restaurant XXXX verdient der Beschwerdeführer etwa 1.500 Euro netto monatlich, während der Corona-Maßnahmen sind es 1.300 Euro netto monatlich. Im Restaurant XXXX ist der Beschwerdeführer geringfügig mit 300 Euro angemeldet. Somit ist der Beschwerdeführer mit einem durchschnittlichen Gehalt von 1.800 Euro selbsterhaltungsfähig. Er wohnt mit einem Mitbewohner in einer Mietwohnung.
Der Beschwerdeführer hat noch kein Deutschdiplom erworben, jedoch spricht er Deutsch, wie das während der Verhandlung ersichtlich war. Der Beschwerdeführer ist bemüht ein Deutschdiplom zu absolvieren.
Der Beschwerdeführer ist nicht vorbestraft.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 1. 7. 2009, U992/08 bzw. VwGH 17. 12. 2007, 2006/01/0216; 26. 6. 2007, 2007/01/0479; 16. 1. 2007, 2006/18/0453; 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22. 6. 2006, 2006/21/0109; 20. 9. 2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aufgrund der dargestellten Gründe in einer Gesamtabwägung aller Umstände die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen erkennen lassen (vgl. VwGH 22. 2. 2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26. 3. 2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005). Die vom Bundesamt verfügte Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ist daher nicht im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen (siehe auch BVwG vom 04.12.2017, W107 2163499-1/13E).
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).
Gemäß dem (mit 01.10.2017 in Kraft getretenen) § 55 Abs. AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Auch wenn der Beschwerdeführer derzeit auf Kurzarbeit ist (wegen der Corona Krise), so übersteigt sein Einkommen in Anbetracht des „Regeleinkommen“ (von ca. 1.800 € Netto) jedenfalls erheblich die monatliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.
Das Bundesverwaltungsgericht erteilt dem Beschwerdeführer aus diesem Grund mit konstitutiver Wirkung den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 für die Dauer von zwölf Monaten (§ 54 Abs. 2 Asylgesetz 2005). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer diesen Aufenthaltstitel in Kartenform auszustellen.
Zu Spruchteil I. + II. B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Berufstätigkeit Deutschkenntnisse ersatzlose Teilbehebung Integration Interessenabwägung Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Selbsterhaltungsfähigkeit Teileinstellung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2139242.2.00Im RIS seit
30.06.2021Zuletzt aktualisiert am
30.06.2021