TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/8 W185 2239946-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2021
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Entscheidungsdatum

08.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch


W185 2239946-1/4E

IN NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rast & Musliu Rechtsanwälte, Alser Straße 23/14, 1080 Wien, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2021, Zl 1274023502-210151068, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG auf 12 Monate herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Serbiens, wurde am 02.02.2021 durch Organe der Finanzpolizei auf einer Baustelle in Wien bei der Durchführung von nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen Tätigkeiten angetroffen ohne im Besitz einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung zu sein. Der BF konnte sich mit einem Personalausweis und einem serbischen Reisepass ausweisen, welcher einen Einreisestempel nach Österreich vom 27.01.2021 enthielt.

Nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde der BF gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) überstellt. Das BFA leitete in diesem Zusammenhang ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein. Der BF wurde hierzu und zur Verhängung der Schubhaft noch am selben Tag einvernommen. Dabei gab der BF an, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. Er sei serbischer Staatsbürger, ledig und habe keine Kinder. In Serbien habe der BF acht Jahre die Grundschule und vier Jahre eine berufsbildende Schule besucht. Deutsch spreche er nicht. Er sei mit seinem Reisepass als Tourist nach Österreich eingereist; das genaue Einreisedatum ergebe sich aus dem Reisepass. Ein Mann habe ihn hier gefragt, ob er arbeiten wolle. Daraufhin habe der BF zu arbeiten begonnen, habe jedoch nicht gewusst, dass dies nicht erlaubt sei. Der BF erklärte über Nachfrage, in Österreich weder sozial-, unfall- noch krankenversichert zu sein. Er sei in Österreich noch nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen. Während seines Aufenthaltes in Österreich habe er bei seinem Bruder und dessen Familie gelebt; abgesehen von diesem habe er keine Angehörigen in der EU. Der BF verfüge über EUR 400,- an Barmitteln, welche ihm sein Vater gegeben hätte; ansonsten bekomme er alles was er brauche von seinem Bruder. Seine Eltern seien in Serbien wohnhaft; mit diesen stehe er in Kontakt. Es spreche nichts gegen eine Rückkehr nach Serbien; er lebe dort bei seinen Eltern.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 03.02.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den BF erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Das BFA stellte im Bescheid Identität und Staatsangehörigkeit des BF fest und hielt weiters fest, dass der BF am 02.02.2021 von der Finanzpolizei auf einer Baustelle in Wien bei Schwarzarbeiten betreten worden sei. Der BF habe somit gegen die Bedingungen seines visumsfreien Aufenthaltes verstoßen, sodass trotz legaler Einreise der Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig geworden sei. Der BF sei zuletzt am 27.01.2021 per PKW über Ungarn in den Schengen-Raum eingereist. Er sei in Österreich seit 16.07.2020 aufrecht mit Nebenwohnsitz gemeldet. Der BF sei in Österreich nicht aufrecht versichert, sei hier bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und verfüge über keine Arbeitserlaubnis im Bundesgebiet. Im Strafregister scheine keine Verurteilung auf; er sei im Bundesgebiet unbescholten. Es bestünden keine familiären Bindungen iSd Art. 8 EMRK in Österreich. Der BF lebe nicht im gemeinsamen Haushalt mit seinem hier aufhältigen Bruder. Die Eltern des BF seien an der heimatlichen Wohnanschrift des BF in Serbien wohnhaft. Es hätten sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, welche die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden; ein entsprechender Aufenthaltstitel sei daher nicht zu erteilen gewesen. Der BF halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Eine Interessensabwägung im Sinne des § 9 Abs. 3 BFA-VG gehe zu Lasten des BF, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen sei. Ein schützenswertes Privat- und Familienleben des BF in Österreich sei nicht festgestellt worden. Die Bindungen des BF zu seinem Heimatstaat seien größer als jene zu Österreich. Mangels Vorliegens einer relevanten Gefährdung sei die Abschiebung nach Serbien zulässig; Serbien gelte als sicherer Herkunftsstaat iSd Herkunftsstaaten-VO der Bundesregierung. Auch die aktuelle COVID-19-Pandemie erfordere nicht die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des BF nach Serbien. Das allgemeine Risiko der Erkrankung am SARS-CoV-2 Virus sei sowohl in Österreich als auch in Serbien erhöht. Beim BF handle es sich um einen jungen, gesunden Mann, der nicht immungeschwächt sei. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art 3 EMRK drohe dem BF in Serbien nicht. Von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise sei abzusehen, wenn – wie gegenständlich – einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Gegenständlich sei die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG). Da der BF gegen die Bestimmungen des FPG verstoßen habe, indem er Schwarzarbeit verrichtet habe, sei unter Berücksichtigung seiner fehlenden beruflichen, familiären und sozialen Verankerung im Bundesgebiet, die Annahme gerechtfertigt, dass sein weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Der BF führe kein schützenswertes Familienleben in Österreich und sei hier weder beruflich, noch sozial oder sprachlich verankert. Eine Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände und seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der ausgesprochenen Dauer von 4 Jahren gerechtfertigt und notwendig sei, um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu begegnen.

Mit Mandatsbescheid vom 03.02.2021 ordnete das BFA gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und Sicherung der Abschiebung an. Am 08.02.2021 wurde der BF am Luftweg in den Herkunftsstaat überstellt.

Ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides richtet sich die durch die gewillkürte Vertretung des BF am 12.02.2021 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher begründend ausgeführt wurde, dass die Dauer des Einreiseverbotes im gegenständlichen Fall zu hoch bemessen worden sei. Der BF sei am 27.01.2021 in das Bundesgebiet eingereist und bereits am 02.02.2021 – sohin drei Werktage später – auf einer Baustelle betreten worden. Der BF habe sich zu diesem Zeitpunkt noch legal im Bundesgebiet aufgehalten. Er habe sich darüber hinaus vollinhaltlich geständig und reumütig verantwortet und weise ansonsten keinerlei strafrechtliche- oder verwaltungsstrafrechtliche Verurteilungen auf. In einem ähnlich gelagerten Fall habe das Bundesverwaltungsgericht das Einreiseverbot von drei Jahren auf neun Monate herabgesetzt, da nach dessen Ansicht vom BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehen würde. Für das Gericht sei insbesondere entscheidend gewesen, dass sich der dortige BF geständig verantwortet hätte und unbescholten gewesen sei. Ähnlich gelagert sei auch der vorliegende Fall. Darüber hinaus sei der BF – im Gegensatz zum oben zitierten Verfahren – bereits drei Werktage nach seiner Einreise im Bundesgebiet betreten worden. Es werde daher beantragt, das gegen den BF verhängte Einreisverbot zur Gänze zu beheben, in eventu den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Dauer des Einreiseverbotes reduziert werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, dessen Identität durch die aktenkundige Kopie des serbischen biometrischen Reisepasses feststeht, ist Staatsangehöriger von Serbien und somit Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Der BF reiste zuletzt am 27.01.2021 über Ungarn nach Österreich ein und wurde am 02.02.2021 durch Organe der Finanzpolizei in Wien auf einer Baustelle bei der Durchführung von nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen Tätigkeiten angetroffen. Er verfügte weder über eine Aufenthaltsberechtigung noch über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung und war auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet.

Er verfügt seit 16.07.2020 über eine (Neben-)Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

Ein weiterer respektive neuerlicher Aufenthalt des BF stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Insbesondere besteht die Gefahr, dass der BF neuerlich in das Gebiet der Schengen-Staaten einreist, um Einkünfte aus Schwarzarbeit zu erzielen.

Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene BF ist ledig und hatte seinen Lebensmittelpunkt stets in Serbien, wo er durch seine Eltern familiäre Anknüpfungspunkte hat. Der BF spricht Serbisch, ist gesund und nimmt keine Medikamente ein. Er hat in Serbien acht Jahre die Grundschule und vier Jahre eine berufsbildende Schule besucht.

Er führte bei seiner Festnahme 600 serbische Kronen bei sich (vgl. Aufenthaltsinformation vom 04.02.2021 der LPD Wien Seite 3). Vor dem BFA gab der BF an, im Besitz von EUR 400,- zu sein (vgl. Einvernahmeprotokoll vom 02.02.2021 Seite 35).

In Österreich lebt ein Bruder des BF, zu welchem der BF in keinem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis steht. Dem Bruder des BF steht es offen, den BF während der Dauer des Einreiseverbotes regelmäßig in Serbien oder in Drittstaaten zu besuchen, im Übrigen kann der Kontakt über Telefon und das Internet aufrechterhalten werden.

Der BF hat darüber hinaus keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich. Er ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse. Eine Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.

Die COVID-19-Situation bedingt keine Unzulässigkeit der Überstellung des BF nach Serbien, zumal dieser jung, gesund und nicht immungeschwächt ist.

Der BF wurde am 08.02.2021 auf dem Luftweg nach Serbien abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestritten gebliebenen Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten wurde. Aktenkundig ist darüber hinaus eine Kopie des serbischen Reisepasses des BF, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind.

Der Zeitpunkt der Einreise und die Dauer des Aufenthalts bzw. der Ausübung der illegalen Beschäftigung ergeben sich aus den eigenen Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 02.02.2021 sowie den entsprechenden – unbestrittenen – Feststellungen im angefochtenen Bescheid und der Kopie des Reisepasses.

Die Feststellung, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides illegal im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass dieser bei Ausübung einer Schwarzarbeit im Bundesgebiet betreten worden ist und damit der visumsfreie Aufenthalt nicht mehr schlagend war.

Aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ergibt sich eine (Neben-)Wohnsitzmeldung des BF in Österreich. Dass der BF in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug.

Die Feststellung, dass der BF bei einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht erlaubten Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet betreten worden ist, resultiert aus den Ausführungen im Anhalteprotokoll der LPD Wien von 02.02.2021, welche vom BF nicht bestritten worden sind. Dem Verwaltungsakt lässt sich nicht entnehmen, dass der BF bereits zu einem früheren Zeitpunkt einer illegalen Tätigkeit in Österreich nachgegangen wäre oder ein sonstiges Fehlverhalten gesetzt hätte. Die Behörde hat auch keinen längerfristigen illegalen Aufenthalt des BF festgestellt.

Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des BF in Österreich und in Serbien beruhen auf dessen Angaben im Verfahren vor dem BFA. Der BF hat nicht vorgebracht, zu seinem in Österreich aufhältigen Bruder in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu stehen. In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, dass der BF – entgegen den Feststellungen der Behörde - angegeben hat, während seines Aufenthaltes in Österreich bei diesem in dessen Haus zu wohnen. Es sind darüber hinaus keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich zutage getreten, zumal sich sein Lebensmittelpunkt bislang in seinem Herkunftsstaat befand, wo sich nach wie vor auch seine engsten Angehörigen aufhalten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu den Spruchpunkten I., II., III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides:

Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von vier Jahren gegen den BF ausgesprochene Einreiseverbot. Die übrigen Spruchpunkte (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG, Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen den BF verhängten Einreiseverbotes (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.5.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.5.2013, 2011/18/0259; 24.5.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG idgF lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG idgF lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[…]

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

[…]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

[...]“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.der Grad der Integration,

5.die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Im konkreten Fall ergibt sich daraus:

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG idgF umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/21/0026).

Der VwGH hat bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Letztlich führte der VwGH – unter Bezug auf seine eigene Judikatur – erst kürzlich wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Der BF hat nicht bestritten, im Bundesgebiet einer illegalen Beschäftigung ohne Vorliegen einer arbeitsmarktbehördlichen Genehmigung nachgegangen zu sein. Der BF wurde von der Finanzpolizei bei der Ausübung der unerlaubten Beschäftigung auf einer Baustelle in Wien unmittelbar betreten, sodass der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG jedenfalls erfüllt ist und entsprechend der angeführten Judikatur auch bei einmaliger Verwirklichung von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen ist, zumal sich der BF offensichtlich mit der Absicht, einer (entgeltlichen) Beschäftigung für einen längeren Zeitraum nachzugehen, in das Bundesgebiet begeben hat und die Beschäftigung auch zumindest schon vier Tage ausgeübt hat.

Die genannten Umstände rechtfertigen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des den 2. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 bildenden § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, nunmehr § 9 BFA-VG, ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Die Beurteilung nach § 9 BFA-VG, ob ein Einreiseverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, verlangt eine abwägende Gegenüberstellung der persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib in Österreich mit den öffentlichen Interessen an der Erlassung der fremdenpolizeilichen Maßnahme (vgl. VwGH vom 22.09.2009, Zl. 2009/22/0147; vom 02.10.2012, Zl. 2012/21/0044, mwN).

Wie (im Ergebnis auch von der Behörde) bereits dargelegt, konnte der BF ein iSd Art 8 EMRK schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich nicht nachweisen. Wenn auch für einige Tage ein gemeinsamer Haushalt mit dem in Österreich rechtmäßig aufhältigen (volljährigen) Bruder des BF bestanden haben mag, so ist – auch nach den eigenen Angaben des BF – nicht vom Vorliegen einer besonderen Beziehungsintensität oder gar eines Abhängigkeitsverhältnisses auszugehen. Der BF ist in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen; er hat im Gegenteil eine illegale Beschäftigung ausgeübt. Er verfügt weder in Österreich noch einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung und auch nicht über Deutschkenntnisse. Von einer maßgeblichen sozialen oder gesellschaftlichen Integration in Österreich ist somit nicht auszugehen. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich vielmehr nach wie vor in Serbien, wo sich auch seine Eltern aufhalten, bei welchen der BF nach eigenen Angaben auch wohnt.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des BF erheblich beeinträchtigt wurde. Allfällige, vom BF jedoch nicht substantiiert vorgebrachte, persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des BF und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des BF im Hinblick auf seinen im Ergebnis unrechtmäßigen Aufenthalt und die Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der BF in Serbien nach wie vor sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Es war daher der vom BF ausgehenden Gefährdung (Aufnahme einer illegalen Beschäftigung über einen Zeitraum von zumindest vier Tagen) und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbots größeres Gewicht beizumessen als seinen ohnedies nur sehr gering ausgeprägten persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Die Verhängung eines Einreiseverbotes im Ausmaß von vier Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der BF die Ausübung einer arbeitsmarktbehördlich nicht bewilligten Beschäftigung nicht bestritten hat, zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung auch keine Verwaltungsstrafe vorgelegen hat, er strafgerichtlich unbescholten ist, er bei der Feststellung des Sachverhalts mitwirkte, sich nicht gegen seine Abschiebung aussprach, sich nur sehr kurz illegal im Bundesgebiet aufhielt und das erste Mal bei einer illegalen Beschäftigung betreten wurde, jedoch nicht geboten. Es konnte nach dem Gesagten mit einer Befristung des Einreiseverbotes von zwölf Monaten das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. war daher mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe teilweise stattzugeben.

Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Fallgegenständlich ist der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, sodass eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Im Übrigen ist festzuhalten, dass ein auf die Durchführung einer Verhandlung zielender Antrag in der Beschwerde gar nicht gestellt und somit auf den sich aus Art. 47 Abs. 2 GRC ergebenden Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG (schlüssig) verzichtet worden ist (siehe VwGH 3.9.2019, Ra 2015/21/0054 mwN). Vor diesem Hintergrund durfte die vorliegende Entscheidung schon am Maßstab des § 24 Abs. 1 VwGVG ohne vorhergehende Verhandlung getroffen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Herabsetzung illegale Beschäftigung Mittellosigkeit Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W185.2239946.1.00

Im RIS seit

25.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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