Entscheidungsdatum
12.04.2021Norm
AuslBG §14Spruch
W209 2233677-1/12E;
W209 2233722-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard Seitz als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , und des XXXX , XXXX , XXXX , beide vertreten durch Embacher – Neugschwendtner, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 23.03.2020, GZ: 08114/ABB-Nr. 4046213, betreffend Nichtzulassung des Erstbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung als Künstler gemäß § 14 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Beschwerdevorentscheidung vom 08.07.2020 und am 26.11.2020 durchgeführter mündlicher Verhandlung Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , ein 1993 geborener kosovarischer Staatsangehöriger, (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer) stellte am 20.01.2020 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen (Zweckänderungs-)Antrag auf Ausstellung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Laut der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung soll er beim Arbeitgeber XXXX – XXXX , (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer) als Musiker mit einem monatlichen Bruttolohn von € 1.100,00 im Ausmaß von 20,5 Wochenstunden beschäftigt werden. Dem Antrag angeschlossen waren weiters eine Bescheinigung der Direktion für Kultur, Jugend und Sport der Gemeinde XXXX (Kosovo) vom 17.12.2019 und eine Bestätigung des Vereins „ XXXX “ (Kosovo) vom 03.12.2012 über die Teilnahme des Erstbeschwerdeführers an verschiedenen Musikfestivals und die Absolvierung eines sechsmonatigen Flötenkurses (samt beglaubigter deutscher Übersetzung) sowie eine Schulbesuchsbestätigung der Höheren Technischen Bundeslehranstalt (HTBL) XXXX Wien für das Schuljahr 2019/20.
2. Mit Schreiben vom 21.01.2021 übermittelte die Magistratsabteilung 35 den Antrag der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit dem Ersuchen um schriftliche Mitteilung gemäß § 43a Abs. 1 Z 1 NAG iVm §§ 14 und 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG, ob die für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ maßgeblichen Kriterien des § 14 AuslBG (unselbständige Künstler) vorliegen.
3. Mit Schreiben vom 18.02.2020 teilte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass es sich bei dem vom Erstbeschwerdeführer nachgewiesenen Flötenkurs um keine tatsächliche künstlerische oder musikalische Ausbildung handle und daher die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nicht gegeben seien.
4. In ihrer Stellungnahme vom 17.03.2020 führten die Beschwerdeführer aus, dass der Abschluss einer künstlerischen oder musikalischen Ausbildung nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung – Künstler sei. Entscheiden sei vielmehr, dass die beabsichtigte Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt sei. Ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit bzw. der Qualität des Künstlers sei nicht maßgebend. Der Erstbeschwerdeführer solle im Ausmaß von 20,5 Wochenstunden als Künstler beschäftigt werden. Er habe von 04.06.2012 bis 03.12.2012 einen Kurs für Flöte im Ausmaß von 180 Stunden mit sehr guter Leistung abgeschlossen und sei von 2013 bis 2015 als Flötist tätig gewesen. Er habe im Kosovo Konzerte abgehalten und an verschiedenen Musikfestivals teilgenommen. Außerdem verfüge er über eine Bestätigung der Gemeinde XXXX (Kosovo), dass er Teil der kosovarischen Musikszene sei. Der Zweitbeschwerdeführer veranstalte regelmäßig Konzerte. Es sei daher nachvollziehbar, dass dieser einen großen Bedarf an Musikern habe und somit glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer als Musiker für ihn tätig werden solle.
5. Mit Bescheid vom 23.03.2020 wies das AMS den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung – Künstler nach Anhörung des Regionalbeirates ab und begründete dies damit, dass es sich bei dem nachgewiesenen Flötenkurs des Erstbeschwerdeführers um keine künstlerische oder musikalische Ausbildung handle und daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung – Künstler nicht gegeben seien.
6. Dagegen erhoben sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Begründend führten sie (zusammengefasst) aus, dass der Erstbeschwerdeführer nicht nur eine abgeschlossene Ausbildung als Flötist habe, sondern auch eine mehrjährige, rund dreijährige Praxis. Damit verfüge er über die entsprechenden Kenntnisse, um beim Zweitbeschwerdeführer, der Konzerte veranstalte und einen entsprechenden Bedarf an Musikern habe, künstlerisch tätig zu sein. Es komme bei der Prüfung des § 14 AuslBG nicht darauf an, dass die Ausbildung zum Künstler einer österreichischen Ausbildung für diesen Kunstbereich entspreche oder gleichwertig sei.
7. Am 15.06.2020 teilte das AMS den Beschwerdeführern mit, dass die angegebene künstlerische Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers in den Jahren 2013 bis 2015 schon lange zurückliege und der Erstbeschwerdeführer, der sich seit 2016 als Schüler der HTBL XXXX Wien (u.a. mit den Ausbildungsschwerpunkten Elektrotechnik und Maschinenbau) in Österreich aufhalte, in Österreich anderen Tätigkeiten – vorwiegend als Bauhelfer – und zuletzt beim Zweitbeschwerdeführer als Kartenverkäufer zugewendet habe. Recherchen des AMS zufolge veranstalte der Zweitbeschwerdeführer unter dem Titel „ XXXX “ regelmäßig klassische Konzerte. Laut Internetrecherche spiele das Orchester die beliebtesten und bekanntesten Walzer der Strauß-Dynastie sowie Melodien aus den Werken von W.A. Mozart. Begleitet werden würden die Musikstücke von internationalen Solisten des Belcanto und des Wiener Balletts. Das „ XXXX “ habe sich dabei als das national und international berühmteste Orchester dieses Genrés etabliert. Die Mitglieder des Ensembles verbinde alle der gemeinsame Wunsch, den Wiener Walzer in seiner höchsten Vollendung darzubieten sowie die schönsten Melodien von W.A. Mozart wieder aufleben zu lassen. Der Level sei hoch und die Musiker hätten generell sehr jung – meist im Alter von 6 oder 7 Jahren – mit dem Musikunterricht begonnen und an Konservatorien im Rahmen eines Universitätsstudiums studiert. Der Erstbeschwerdeführer dagegen könne lediglich die Absolvierung eines 6-monatigen Flötenkurses im Zeitraum von 04.06.2012 bis 03.12.2012 beim Verein XXXX nachweisen. Auch anhand der Bestätigung der Gemeinde XXXX im Kosovo, mit der bescheinigt werde, dass der Antragsteller in der Zeit von 2013 bis 2015 im Kosovo als Flötist tätig gewesen sei, dort Konzerte abgehalten und an verschiedenen lokalen Musikfestivals in der Gegend teilgenommen habe, könne keine dem Repertoire und dem Ausbildungsniveau der Musiker des „ XXXX “ entsprechende künstlerische Ausbildung oder berufliche Erfahrung feststellt werden. Nach den allgemeinen Erfahrungen des Lebens bedürfe das gemeinsame Spiel in einem Orchester auch einer ähnlichen künstlerischen Ausbildung bzw. einem ähnlichen musikalischen Niveau. Mit den vorgelegten Unterlagen könnten die begründeten Zweifel des AMS hinsichtlich der künstlerischen Eignung des Erstbeschwerdeführers zur Mitwirkung als Musiker (Flötist) bei Aufführungen des „ XXXX “ nicht ausgeräumt werden.
8. Mit Stellungnahme vom 24.06.2020 brachten die Beschwerdeführer vor, dass Voraussetzung für die Tätigkeit eine absolvierte Ausbildung, eine mehrjährige Praxiserfahrung sowie ein entsprechender Nachweis über die fachliche Qualifikation seien. Der Zweitbeschwerdeführer überprüfe vor jeder Anstellung, ob die Bewerber die erforderlichen musikalischen Fähigkeiten aufweisen, um als Musiker tätig zu werden. Der Zweitbeschwerdeführer habe sich davon überzeugen können, dass der Erstbeschwerdeführer über die erforderlichen Fähigkeiten verfüge. Der Erstbeschwerdeführer habe nicht nur eine Ausbildung absolviert, sondern verfüge auch über eine mehrjährige Berufspraxis. Durch regelmäßiges Spielen habe er seine Kenntnisse auch nach der Tätigkeit im Kosovo aufrechterhalten bzw. vertiefen können. Dass der Erstbeschwerdeführer bislang in Österreich nicht künstlerisch tätig geworden sei, ändere nichts daran, dass er als geeignet befunden wurde. Letzterer sei vom Zweitbeschwerdeführer ursprünglich als Verkäufer beschäftigt worden. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er in Erfahrung gebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer immer wieder Künstlerinnen und Künstler suche, die an den von ihm veranstalteten Konzerten mitwirken. Aus diesem Grund habe sich der Erstbeschwerdeführer beim Zweitbeschwerdeführer als Flötist beworben und bei der Vorstellung entsprochen.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.07.2020 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend wurde ausgeführt, dass mit den vorgelegten Unterlagen und der Stellungnahme vom 24.06.2020 die begründeten Zweifel des AMS bezüglich der künstlerischen Eignung des Erstbeschwerdeführers zur Mitwirkung als Flötist bei Aufführungen des „ XXXX “ nicht ausgeräumt werden hätten können. Darüber hinaus stehe derzeit nicht fest, wann und in welchem Umfang die Konzerte des „ XXXX “ wieder stattfinden werden.
10. Aufgrund des von den Beschwerdeführern rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages, in dem ergänzend vorgebracht wurde, dass der Zweitbeschwerdeführer derzeit zwar aufgrund der COVID-19-Pandemie keine Konzerte veranstalten könne, den Betrieb aber möglichst bald wieder aufnehmen wolle, wofür er eine entsprechende Anzahl an Musikern benötige, legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 04.08.2000 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
11. Mit Schreiben vom 17.08.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer um Nachreichung eines Nachweises der Künstlereigenschaft des Erstbeschwerdeführers durch Vorlage weiterer Unterlagen.
12. Am 02.09.2020 einlangend wurden vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführer Unterlagen vorgelegt, denen zufolge der Erstbeschwerdeführer in den Jahren 2013 und 2014 im Kosovo an diversen Theateraufführungen teilgenommen habe und in den Jahren 2014 und 2015 anlässlich des Unabhängigkeitstages des Kosovo an der Grundschule XXXX (Kosovo) mit dem „Hirtenhorn“ sowie mit den Instrumenten „Hajredin Pasha“ und „Baresha“ aufgetreten sei. Darüber hinaus wurde ein Plakat vorgelegt, auf welchem der Erstbeschwerdeführer als Flötist abgebildet ist.
13. Mit Stellungnahme vom 17.11.2020 teilte das AMS über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts mit, dass der Zweitbeschwerdeführer einige Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und für diese neuerlich Kurzarbeit beantragt habe.
14. Am 26.11.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an der die Beschwerdeführer und ihr Rechtsvertreter teilnahmen. Das AMS ließ sich entschuldigen, da sich alle Mitarbeiter aufgrund eines Coronafalles in Heimquarantäne befänden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Der Erstbeschwerdeführer, ein 1993 geborener kosovarischer Staatsangehöriger, stellte am 20.01.2020 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen (Zweckänderungs-)Antrag auf Ausstellung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG. Laut der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung soll er beim Zweitbeschwerdeführer, der Konzerte des Orchesters XXXX im XXXX in XXXX veranstaltet, als Musiker mit einem monatlichen Bruttolohn von € 1.100,00 im Ausmaß von 20,5 Wochenstunden beschäftigt werden.
Die in Aussicht genommene Tätigkeit beim Zweitbeschwerdeführer ist überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist der Betrieb des Zweitbeschwerdeführers seit Mitte März 2020 geschlossen. Es ist nicht absehbar, wann der Konzertbetrieb wieder aufgenommen werden kann.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Antragstellung, zu den Angaben im Antrag bzw. in der Arbeitgebererklärung sowie zur bisherigen Beschäftigung des Erstbeschwerdeführers auf der Grundlage einer „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ ergeben sich unstrittig aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Der Umstand, dass die in Aussicht genommene Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, konnte von den Beschwerdeführern im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht werden. So gab der Erstbeschwerdeführer glaubhaft an, dass er bereits im Alter von 12 Jahren mit dem Spielen der Querflöte begonnen habe. Der Zweitbeschwerdeführer gab an, dass die Anforderungen an die Mitglieder des Orchesters nicht sehr hoch seien, zumal es sich lediglich um Aufführungen für Touristen handle, bei denen immer wieder die gleichen Stücke gespielt werden.
Schließlich wurden die Angaben auch durch die vom Erstbeschwerdeführer über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes vorgelegten Unterlagen bestätigt, die seine künstlerische Tätigkeit im Kosovo dokumentieren.
Die Feststellungen zum derzeit und auch auf absehbare Zeit nicht bestehenden Konzertbetrieb gründen auf den Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Anhaltspunkte, dass der Konzertbetrieb inzwischen wiederaufgenommen worden wäre, liegen nicht vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:
§ 14 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013:
„Ausländische Künstler
§ 14. (1) Ausländer, deren unselbständige Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, werden zu einer Beschäftigung als Künstler zugelassen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme des Abs. 1 Z 1 vorliegen. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen darf die Zulassung nur versagt werden, wenn die Beeinträchtigung der durch dieses Bundesgesetz geschützten öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wiegt als die Beeinträchtigung der Freiheit der Kunst des Ausländers.
(2) Bei der Abwägung gemäß Abs. 1 ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass durch die Versagung der Zulassung dem Ausländer eine zumutbare Ausübung der Kunst im Ergebnis nicht unmöglich gemacht wird. Dabei darf weder ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit noch über die künstlerische Qualität des Künstlers maßgebend sein.
(3) Bei begründeten Zweifeln hat der Ausländer oder sein Arbeitgeber die beabsichtigte Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit glaubhaft zu machen.“
§ 20d in der Fassung BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 66/2017:
„Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler
§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(3) bis (4) […]“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Das AMS begründete die Abweisung der Zulassung des Erstbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung als Künstler gemäß § 14 AuslBG zum einen damit, dass die von ihm vorgelegten Unterlagen keinen ausreichenden und anerkennenswerten Nachweis über dessen Befähigung zur Ausübung der Tätigkeit als Flötist darstelle. Andererseits geht es davon aus, dass der zweitbeschwerdeführende Arbeitgeber derzeit gar keinen Betrieb führe, der eine Zulassung des Erstbeschwerdeführers zu einer künstlerischen Tätigkeit erfordere.
§ 14 Abs. 1 AuslBG erfordert, dass die unselbständige Tätigkeit des antragstellenden Künstlers überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist.
Gemäß dem (zur früheren Rechtslage ergangenen) Erkenntnis des VwGH vom 14.10.2011, Zl. 2009/09/0098, war nach der im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 4a AuslBG kein „Qualifikationsnachweis“ zu erbringen, sondern lediglich die Voraussetzung der beabsichtigten künstlerischen Tätigkeit bei begründeten Zweifeln glaubhaft zu machen. Dieses Erkenntnis ist auch auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 14 AuslBG den Erläuterungen zufolge jenen des früheren § 4a AuslBG entsprechen (vgl. RV 2163 BlgNR 24. GP, S 4).
§ 14 AuslBG enthält zwar (wie § 4a AuslBG) weder eine Definition des Künstlers noch eine Auflistung der als künstlerisch geltenden Tätigkeiten. Unter die sehr offene Formulierung „Aufgaben der künstlerischen Gestaltung“ in Abs. 1 sind aber alle künstlerischen Tätigkeiten von darstellenden und schaffenden Künstlern (Musiker, Sänger, Tänzer, Bühnenbildner etc.) zu subsumieren. Dabei darf gemäß § 14 Abs. 2 2. Satz AuslBG weder ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit noch über die künstlerische Qualität des Künstlers maßgebend sein (Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG (2014) Rz 366).
Das in Abs. 1 geforderte „Überwiegen“ bezieht sich primär auf das zeitliche Ausmaß und nicht auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit. Demnach kommt § 14 nicht zur Anwendung, wenn im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses der Anteil der künstlerischen Tätigkeit nur eine untergeordnete Rolle spielt (Deutsch/Nowotny/Seitz, a.a.O. Rz 366).
Der Erstbeschwerdeführer hat über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes Unterlagen vorgelegt, die seine künstlerische Tätigkeit im Kosovo belegen. Darüber hinaus konnten die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung glaubhaft machen, dass die in Aussicht genommene Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist.
Den Feststellungen folgend ist jedoch nicht sichergestellt, dass die beabsichtigte Beschäftigung zeitnah zur Zulassung aufgenommen werden kann, weil der Betrieb des Zweitbeschwerdeführers auf Grund der COVID-19-Pandemie seit Mitte März 2020 geschlossen ist und auch auf absehbare Zeit keine Konzerte veranstaltet werden können.
Demensprechend kann auch nicht bestätigt werden, dass die Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Beschäftigung als Künstler gemäß § 14 AuslBG vorliegen, weil dies voraussetzt, dass die Beschäftigung unmittelbar nach der Zulassung begonnen wird (vgl. § 20d Abs. 3 AuslBG, wonach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen hat).
Damit war die Beschwerde im Ergebnis gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beschäftigungsbewilligung Künstler künstlerische Tätigkeit PandemieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2233677.1.00Im RIS seit
24.06.2021Zuletzt aktualisiert am
24.06.2021