TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/13 I403 2241256-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.04.2021
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Entscheidungsdatum

13.04.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch


I403 2241256-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , kroatischer Staatsbürger, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dinko KNJIZEVIC, Landstrasser Hauptstraße 104/5, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text



Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich ein und ist seit 16.04.1992 im Bundesgebiet gemeldet.

2. Am 28.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer Untersuchungshaft verhängt. In weiterer Folge wurde er wegen Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.

3. Mit Schriftsatz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 21.08.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Strafhaft zur Kenntnis gebracht, dass die Erlassung einer gegen ihn gerichteten aufenthaltsbeendenden Maßnahme geprüft werde und ihm die Möglichkeit eingeräumt, diesbezüglich sowie zu einem umfassenden Fragenkatalog hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen.

4. Mit Schriftsatz vom 04.09.2020 brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme bei der belangten Behörde ein. Inhaltlich führte er darin im Wesentlichen aus, dass er entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht bosnischer, sondern kroatischer Staatsbürger sei. Seine Eltern und seine Schwester würden in Österreich leben und arbeiten, in Kroatien habe er keine Verwandten, in Bosnien und Herzegowina würden seine Großeltern leben. Sein Lebensmittelpunkt habe immer in Österreich gelegen, da er bereits als Kleinkind mit seinen Eltern ins Bundesgebiet gekommen sei. Eine Einstellungsbestätigung eines Bauunternehmens wurde vorgelegt.

5. Am 25.09.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen falscher Beweisaussage und Begünstigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

6. Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 21.12.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass geplant sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, diesbezüglich sowie zu einem umfassenden Fragenkatalog hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen. Mit Schriftsatz vom 11.01.2021 wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen vom 04.09.2020.

7. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.03.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß „§ 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ ein für die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß „§ 70 Abs. 3 FPG“ wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß „§ 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Der Beschwerdeführer wurde als im Bundesgebiet integriert angesehen, doch stehe einem weiteren Aufenthalt entgegen, dass er innerhalb kürzester Zeit zweimal verurteilt worden sei, zudem einmal wegen Suchtgifthandels. Vom Beschwerdeführer gehe eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus.

8. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 22.12.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen würden, da er bereit seit seiner frühen Kindheit hier lebe und sich hier auch seine Eltern und seine Schwester aufhalten. Vom Beschwerdeführer gehe keine Gefahr mehr aus, da er sich der Folgen eines solchen Verhaltens bewusst sei. Die belangte Behörde habe nicht dargelegt, wieso sie eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr annehme, habe er sich doch seit seiner Verurteilung keinen weiteren Verstoß gegen das SMG zu Schulden kommen lassen. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben bzw. in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes herabsetzen. Zudem wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Vorgelegt wurde mit der Beschwerde die bereits eingebrachte Einstellungszusage eines Bauunternehmens, nunmehr datiert mit 10.03.2021.

9. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.04.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Der volljährige Beschwerdeführer ist kroatischer Staatsbürger und somit EWR-Bürger. Seine Identität steht fest. Er wurde in Bosnien und Herzegowina geboren, lebt aber seit seinem 3. Lebensjahr in Österreich. Er befindet sich daher insgesamt rund 28 Jahre im Bundesgebiet und war durchgehend gemeldet. Der Beschwerdeführer verfügt über einen "Daueraufenthalt – EU". Er hält sich rechtmäßig auf Grundlage dieses Aufenthaltstitels im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch und Kroatisch.

Die Eltern des Beschwerdeführers und seine Schwester wohnen und arbeiten im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer war bis 07.08.2017 und dann wieder ab 22.01.2019 bei seinen Eltern gemeldet. Seit 26.11.2019 befindet sich der Beschwerdeführer allerdings in Justizanstalten.

Seine Großeltern leben in Bosnien und Herzegowina, in Kroatien verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten.

Der Beschwerdeführer schloss eine Lehre zum Großhandelskaufmann ab und absolvierte eine Zusatzausbildung zum Sicherheitsbeauftragten. Die Lehre machte er von 02.06.2011 bis 01.11.2009 bei XXXX GmbH, danach arbeitete er dort als Angestellter bis 31.12.2010. Danach war er bis 23.05.2012 bei dem Unternehmen XXXX angestellt. Von 05.01.2012 bis 30.09.2012 war er zudem geringfügig in einem Gastronomiebetrieb beschäftigt. Von 03.06.2012 bis 01.02.2013 bezog der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld, daneben war er von 05.10.2012 bis 18.01.2013 geringfügig bei einer Hausbetreuung angestellt. Von 01.03.2013 bis 15.07.2016 war er bei der XXXX Aktiengesellschaft angestellt. Danach bezog er bis 04.12.2016 Arbeitslosengeld. Von 05.12.2016 bis 02.01.2017 war er bei der XXXX GmbH angestellt, danach bezog er bis 17.04.2018 Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Dazwischen war er von 12.04.2017 bis 21.07.2017 geringfügig bei einem Sicherheitsunternehmen angestellt. Von 18.04.2018 bis zu seiner Verhaftung am 24.11.2019 war er in einem Wettcafé angestellt.

Der Beschwerdeführer kann nach seiner Haftentlassung bei einem Bauunternehmen arbeiten. Er ist gesund und erwerbsfähig und nicht drogenabhängig. Er hat Schulden aus einem Kredit in der Höhe von 60.000 Euro.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

1. Der Beschwerdeführer hatte mit zwei Mittätern in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 83,89 % Cocain

I., anderen in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Grenzmenge überlassen und zwar im Falle des Beschwerdeführers, indem er es an nachstehende Abnehmer zu einem Grammpreis zwischen 80,-- Euro und 100,-- Euro verkaufte nämlich an

a.)      einen namentlich bekannten Abnehmer im Zeitraum von Juli 2019 bis September 2019 insgesamt zumindest 3000 Gramm;

b.)      einen namentlich bekannten Abnehmer im Zeitraum Februar 2019 bis 21.11.2019 insgesamt 60 Gramm;

c.)      einen namentlich bekannten Abnehmer im Zeitraum von Juni bis November 2019 insgesamt zumindest 25 Gramm;

d.)      eine namentlich bekannte Abnehmerin im Zeitraum von Sommer 2019 bis November 2019 insgesamt 20 Gramm;

e.)      einen namentlich unbekannten Abnehmer im September 2019 insgesamt 10 Gramm;

f.)      einen namentlich bekannten Abnehmer zu unbekannten Zeitpunkten im Sommer 2019 insgesamt 20 Gramm;

g.)      einem namentlich bekannten Abnehmer zu unbekannten Zeitpunkten im Sommer 2019 insgesamt 15 Gramm

h.)      einer namentlich bekannten Abnehmerin im Zeitraum November 2018 bis zu einem unbekannten Zeitpunkt im Sommer 2019 in zumindest sechs Fällen insgesamt 90 Gramm

II. in einer Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde und zwar am 25.11.2019 insgesamt 74,1 Gramm netto Kokain beinhaltend eine Reinsubstanz von zumindest 62,25 Gramm Cocain.

Mit Urteil des Landesgerichts für XXXX vom 10.03.2020, rechtskräftig mit 25.06.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer daher wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster Satz zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren waren erschwerend die mehrfache Tatbegehung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und das mehrfache Übersteigen der Grenzmenge, mildernd dagegen der bisher ordentliche Lebenswandel, die teilweise Sicherstellung des Sichtgiftes und das teilweise reumütige Geständnis berücksichtigt worden.

Das Oberlandesgericht XXXX setzte mit Urteil vom 25.06.2020, Zl. XXXX , die Freiheitsstrafe aufgrund der bisherigen Unbescholtenheit und des Umstandes, dass die Grenzmenge des Delikts nicht erheblich überschritten wurde, auf zweieinhalb Jahre herab. Aufgrund des doch erheblichen Schuldgehalts der Taten und des Tatzeitraums von neun Monaten und der erheblichen kriminellen Energie kam eine teilbedingte Nachsicht der Strafe für das OLG XXXX nicht in Frage.

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 25.09.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt. Mildernd wurden das volle und reumütige Geständnis, erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen gewertet. Der Beschwerdeführer hat am 13.07.2020 in Wien

a.)      in der Hauptverhandlung des Landesgerichts XXXX zur GZ: XXXX gegen einen aktenkundigen Beschuldigten wegen § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er zusammengefasst aussagte, vom Beschuldigten kein Suchtgift, insbesondere Kokain, erhalten zu haben und kein Suchtgift an eine aktenkundig bekannte Abnehmerin weitergegeben zu haben;

b.)      durch die unter Punkt a.) ausgeführte Handlung den Beschuldigten, der eine mit Strafe bedrohte Handlung, nämlich das Verbrechen des Suchtgifthandels begangen hatte, der Verfolgung absichtlich ganz zu entziehen versucht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original in Vorlage gebrachten – und sich in Kopie im Akt befindlichen – kroatischen Reisepasses Nr. XXXX , ausgestellt am 22.07.2015, fest.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen und seinen Familienverhältnissen ergeben sich aus den im Verfahren vor der belangten Behörde eingebrachten Stellungnahmen. Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht wurde und dem Strafurteil zu entnehmen ist, dass beim Beschwerdeführer keine Drogenabhängigkeit vorliegt.

Die durchgehende Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 1992 ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik. Seine Aufenthaltsberechtigung ergibt sich aus einer Abfrage im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister.

Die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers in Österreich als Lehrling und Angestellter wie auch die Feststellungen zu seinem Bezug von Arbeitslosengeld ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger in Zusammenschau mit einer seitens des Beschwerdeführers mit der Beschwerde in Vorlage gebrachter Bescheinigung über ein früheres Arbeitsverhältnis.

Die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich. Die Feststellungen bezüglich den seinen Verurteilungen zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen sowie den Erwägungen der Strafgerichte hinsichtlich der Strafbemessung ergeben sich aus den im Akt enthaltenen Urteilsausfertigungen. Die Schulden des Beschwerdeführers ergeben sich ebenso wie der Umstand, dass er selbst nicht drogenabhängig ist, aus dem Strafurteil zu seiner ersten Verurteilung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF BGBl. I Nr. 146/2020 lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I. Nr. 87/2012).“

§ 67 FPG setzt Art. 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) um. Diese mit "Schutz vor Ausweisung" betitelte Bestimmung lautet:

„(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF BGBl. I Nr. 146/2020 lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg. cit. als EWR-Bürger jener Fremde, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist. Der Beschwerdeführer als kroatischer Staatsbürger ist sohin EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Da der Beschwerdeführer in den persönlichen Anwendungsbereich des § 67 FPG fällt und überdies seit seiner erstmaligen Wohnsitzmeldung ab 1992 bereits mehr als zehn Jahre seinen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, gelangt gegenständlich der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG zur Anwendung, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn nur dann zulässig wäre, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

Mit der Bestimmung des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG soll Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie (§ 2 Abs. 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden. Demnach darf gegen Unionsbürger, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat hatten, eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden. Nach dem Erwägungsgrund 24 dieser Richtlinie sollte gegen Unionsbürger, die sich viele Jahre im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates aufgehalten haben, nur unter außergewöhnlichen Umständen aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit eine Ausweisung verfügt werden. Der EuGH hat bereits judiziert, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf "außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollen; es sei vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen "besonders hohen Schweregrad" aufweise, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein könne (EuGH (Große Kammer) 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, insbesondere Rn. 40, 41 und 49 ff, und daran anknüpfend EuGH (Große Kammer) 22.5.2012, P.I., C-348/09, Rn. 19 und 20 sowie Rn. 28, wo überdies - im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, der zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe geführt hatte - darauf hingewiesen wurde, dass es "besonders schwerwiegender Merkmale" bedarf).

Die belangte Behörde stützte das gegenständlich angefochtene Aufenthaltsverbot auf das strafrechtswidrige Fehlverhalten des Beschwerdeführers, welches seinen beiden rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen zu Grunde lag, wobei in diesem Zusammenhang zu betonen ist, dass er insbesondere mit seiner ersten Verurteilung vom 10.03.2020 wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des Verbrechens des Suchtgifthandels besonders schwerwiegende Straftaten zu verantworten hatte. So hatte er u.a. in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei Mittätern Kokain in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge verkauft. Während die meisten Abnehmer im Verhältnis geringfügige Mengen kauften, verkaufte der Beschwerdeführer an einen Abnehmer im Zeitraum von Juli 2019 bis September 2019 insgesamt zumindest 3000 Gramm; dies zeigt, dass der Beschwerdeführer durchaus große Mengen Suchtgift verkaufte. Zudem begann er nachweislich bereits im Februar 2019 damit, anderen Abnehmern etwas zu verkaufen und setzte er dieses strafbare Verhalten bis zu seiner Verhaftung im November 2019 fort.

Im Hinblick auf die seitens des Beschwerdeführers verübten Straftaten ist insbesondere herauszustreichen, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (VwGH, 10.09.2018, Ra 2018/19/0169; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249). Insofern ist das Beschwerdevorbringen, wonach es unzulässig gewesen sei, dass die belangte Behörde eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr bei nur einer Verurteilung angenommen habe, nicht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden könne (vgl. jüngst auch VwGH 29.9.2020, Ra 2020/21/0305, betreffend einen nur einmal, zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren mit einem unbedingten Teil von einem Jahr strafgerichtlich verurteilten Drittstaatsangehörigen). Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich schon wiederholt ausgesprochen, dass bei derart schweren Verbrechen im Zusammenhang mit Suchtmitteln weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen (VwGH, 24.10.2019, Ra 2019/21/0207).

Auch der EGMR vertritt die Auffassung, dass „angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen“ (vgl. EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).

Die Tatbegehung über neun Monaten stellt auch einen relativ langen Zeitraum dar, was eine höhere kriminelle Energie verlangt als eine nur während einer kurzen Phase verübte Straftat.

Ebenso sind aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes strafgerichtliche Milderungs- und Erschwerungsgründe im Rahmen einer Entscheidung bezüglich der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305). Als erschwerend wurden vom Strafgericht die mehrfache Tatbegehung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und das mehrfache Übersteigen der Grenzmenge, mildernd dagegen der bisher ordentliche Lebenswandel, die teilweise Sicherstellung des Sichtgiftes und das teilweise reumütige Geständnis berücksichtigt worden.

Darüber hinaus versuchte der Beschwerdeführer als Zeuge in der Hauptverhandlung eines anderen Angeklagten am 13.07.2020 zu leugnen, dass er von diesem Kokain gekauft habe und wurde er deswegen mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 25.09.2020 wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 StGB und Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt. Mildernd wurden das volle und reumütige Geständnis, erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen gewertet.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist nach höchstgerichtlicher Judikatur grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. zuletzt VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399, mwN), wobei der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118, mwN). Da sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Strafhaft befindet, ist gegenständlich auch noch keine längere Phase des Wohlverhaltens gegeben, welche nahelegen würde, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet fortan keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit mehr darstellen würde.

Aufgrund des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde in ihrer Einschätzung, wonach davon auszugehen sei, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde, nicht entgegengetreten werden. Der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG ist daher erfüllt.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann jedoch ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eines Fremden iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Bis zum Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 (FrÄG 2018) mit BGBl. I Nr. 56/2018 verhinderte § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG bei einem sehr langen Aufenthalt die Erlassung von Rückehrentscheidungen gegenüber Drittstaatsangehörigen. § 9 Abs. 4 leg. cit. wurde mit dieser Novelle aufgehoben und trat am 31.08.2018 außer Kraft.

Der außer Kraft getretene § 9 Abs. 4 BFA-VG lautete:

„Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.“

Die Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2018 (ErlRV 38/ME XXVI. GP 23-24) halten hierzu wie folgt fest:

„Der geltende § 9 Abs. 4 Z 2 normiert, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen selbst bei hypothetischem Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthalts eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden darf, wenn sich der Betreffende auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und er von klein auf im Inland aufgewachsen sowie langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. Selbst wenn die Behörde demnach vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen die Voraussetzungen des Abs. 4 Z 2 erfüllenden Drittstaatsangehörigen im Zuge einer Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK zu dem Ergebnis kommen würde, dass beispielsweise aufgrund gravierender Straffälligkeit die Erlassung einer Rückkehrentscheidung dringend geboten wäre und die öffentlichen Interessen an der Erlassung einer solchen damit überwiegen, kann eine Rückkehrentscheidung aufgrund des Abs. 4 Z 2 dennoch nicht erlassen werden. Ein solches absolutes Verbot zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen Drittstaatsangehörige, auch wenn diese von klein auf im Inland aufgewachsen und langjährig rechtmäßig niedergelassen sind, ist jedoch weder unionsrechtlich noch verfassungsrechtlich geboten (vgl. etwa zur Rechtmäßigkeit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen in Deutschland geborenen und dort circa 30 Jahre aufhältigen türkischen Staatsangehörigen bei erheblicher Delinquenz EGMR 28.6.2007, 31753/02 [Kaya gg. Deutschland]) und erscheint es nicht sachgerecht, die Möglichkeit zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung selbst bei objektivem Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthalts in jedem Fall auszuschließen. In diesem Sinne war auch in der Vorgängerbestimmung zu § 9 Abs. 4, § 61 Z 3 und 4 FPG idF BGBl. I Nr. 100/2005, das darin vorgesehene Verbot der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht absolut, sondern konnte bei (schwerer) Straffälligkeit eine aufenthaltsbeendende Maßnahme sehr wohl erlassen werden. Davon abgesehen ergibt sich bereits aus Abs. 1, dass vor Erlassung jeder aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Rahmen der zwingend durchzuführenden Prüfung nach Art. 8 EMRK eine sorgfältige Abwägung der persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu erfolgen hat. Die Kriterien, die dabei insbesondere zu berücksichtigen sind, sind in Abs. 2 demonstrativ genannt. Bereits nach dieser Bestimmung und unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung finden die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts sowie die Schwere allfällig begangener Straftaten des Betreffenden entsprechend umfassende Berücksichtigung.

Auch die Bestimmung des Abs. 4 Z 1, wonach eine Rückehrentscheidung gegen die in Abs. 4 Z 1 genannten Drittstaatsangehörigen nur erlassen werden darf, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG vorliegen, erweist sich vor diesem Hintergrund lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt. Aus den vorgenannten Gründen wird daher vorgeschlagen, § 9 Abs. 4 ersatzlos entfallen zu lassen. An der gemäß Abs. 1 iVm Abs. 2 erforderlichen umfassenden Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK, bei der ua. die Art und Dauer des Aufenthaltes, die Bindungen zum Heimatstaat und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens zu beachten sind, ändert ein Entfall des Abs. 4 selbstverständlich nichts. Der Entfall eines vom Einzelfall losgelösten, absolut wirkenden Rückkehrentscheidungsverbots bzw. der Vorwegnahme des Ergebnisses einer Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK führt vielmehr dazu, dass den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles in gebührender Weise Rechnung getragen werden kann.“

§ 9 Abs. 4 BFA-VG wurde zwar durch das FrÄG 2018 mit Ablauf des 31. August 2018 aufgehoben, die darin enthaltenen Wertungen sind jedoch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich (vgl. jüngst VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0246, mwN).

Da sich der Beschwerdeführer seit seinem dritten Lebensjahr in Österreich befindet und somit hier aufgewachsen sowie langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, hätte er den ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG idF vor dem FrÄG 2018 erfüllt, nach dem gegen Drittstaatsangehörige, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten sowie „von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen“ waren, keine Rückkehrentscheidung erlassen werden durfte.

Gemäß ihrem Einleitungssatz bezog sich die Bestimmung des § 9 Abs. 4 BFA-VG lediglich auf Drittstaatsangehörige, also auf Fremde, die nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind und gegen die eine Rückkehrentscheidung (und kein Aufenthaltsverbot) als aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wird. Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsgerichtshof sowohl vor als auch nach dem Außerkrafttreten der Bestimmung festgehalten, dass es zur Vermeidung von ansonsten "nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen" nicht zweifelhaft sein kann, dass § 9 Abs. 4 BFA-VG über seinen Wortlaut hinaus - entsprechend modifiziert verstanden - auch jenen Personenkreis umfasste, gegen den eine Ausweisung nach § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG in Betracht käme (also EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige). § 9 Abs. 4 BFA-VG normierte demnach allgemein, wann trotz einer von einem Fremden ausgehenden Gefährdung eine aufenthaltsbeendende Maßnahme keinesfalls erlassen werden durfte (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009; 30.06.2016, Ra 2016/21/0050).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Frage, welches Lebensalter unter der Wendung "von klein auf" zu verstehen sei, maßgeblich auf die Integration in das in Österreich gegebene soziale Gefüge sowie auch auf die Kenntnis der deutschen Sprache an. Eine solche Integration beginne aus dem Blickwinkel der Sozialisation des Kindes etwa nach Vollendung des dritten Lebensjahres, wobei jedoch die Abgrenzung zum vorangehenden Lebensabschnitt fließend sei. Vor diesem Hintergrund sei die Wendung "von klein auf" so zu deuten, dass sie jedenfalls für eine Person, die erst im Alter von vier Jahren oder später nach Österreich eingereist ist, nicht zum Tragen kommen könne. Aber auch eine Person, die zwar vor Vollendung ihres vierten Lebensjahres nach Österreich eingereist bzw. in Österreich geboren ist, sich jedoch danach wieder für längere Zeit ins Ausland begeben hat und somit nicht bereits im Kleinkindalter sozial in Österreich integriert wurde, werde man von dieser Regelung - weil eine solche Person nicht in Österreich "aufgewachsen ist" - nicht als erfasst ansehen können (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067). Vor diesem Hintergrund kann es angesichts der (unbekämpft) festgestellten Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich im Alter von zwei Jahren und des seither durchgehenden rechtmäßigen Aufenthalts nicht zweifelhaft sein, dass der Beschwerdeführer "von klein auf im Inland aufgewachsen" und "hier langjährig rechtmäßig niedergelassen" ist.

Dass der Beschwerdeführer in den Anwendungsbereich des ehemaligen § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG fällt, kann somit im gegenständlichen Fall nicht zweifelhaft sein. Nach der Aufhebung dieser Bestimmung bedeutet dies aber nicht, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme absolut unmöglich ist; es wurde aber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen ein fallbezogener Spielraum eingeräumt (vgl. dazu RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo diesbezüglich von „gravierender Straffälligkeit“ bzw. „schwerer Straffälligkeit“ gesprochen wird). Zur „gravierenden Straffälligkeit“ zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach den Z 6, 7 und 8 des § 53 Abs. 3 FPG, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe zu solchen Fällen der Sache nach VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung, und VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel); das gilt auch für Fälle, in denen - wie hier - die Voraussetzungen der Z 2 des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG erfüllt sind (siehe dazu auch VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0506, Rn. 18/19).

Es lagen (und liegen) im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG offenkundig nicht vor, welche sich im Wesentlichen ident mit den Voraussetzungen für die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 3 Z 2, 3 und 4 leg. cit. gestalten. Weder ist aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer einen wie auch immer gearteten Bezug zu Terrorismus oder zu einer terroristischen Vereinigung aufweist (Z 6), noch hat er durch öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen die nationale Sicherheit gefährdet (Z 7) oder öffentlich ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht gebilligt oder dafür geworben (Z 8).

Der Verwaltungsgerichtshof hatte allerdings, wie bereits erwähnt, bei Vorliegen einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren wegen grenzüberschreitenden Kokainschmuggel eine Rückkehrentscheidung bei einem 1990 nach Österreich gekommenen Serben für zulässig empfunden. Das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 52 Abs. 5 FPG ("gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") bzw. des § 53 Abs. 3 FPG (" schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") sei laut VwGH in diesem Fall schon durch die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 3 Z 5 FPG ("wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist") indiziert und ergebe sich evident aus der besonders gravierenden Straftat (VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207 Rn 11).

Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass die Straftaten des Beschwerdeführers keineswegs in irgendeiner Weis zu relativieren, zu beschönigen oder zu verharmlosen sind und wiegen insbesondere seine Delikte in Zusammenhang mit Suchtgifthandel sowie der Vorbereitung von Suchtgifthandel zweifelsfrei schwer.

Es steht damit zwar fest, dass der Beschwerdeführer in erheblichem Umfang straffällig geworden ist, dennoch bleibt diese erhebliche Straffälligkeit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts in Ansehung seines Gesamtfehlverhaltens während seines nunmehr annähernd dreißigjährigen Aufenthaltes in Österreich noch knapp hinter dem Begriff der geforderten "gravierenden" bzw. "schweren" Straffälligkeit zurück. Sofern der Verwaltungsgerichtshof etwa in dem bereits zitierten Beschluss vom 24.10.2019 zur Zl. Ra 2019/21/0207 die Verhängung eines unbefristeten Einreiseverbotes gegen einen seit 1990 in Österreich aufhältigen, serbischen Staatsangehörigen (in Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU") aufgrund einer Verurteilung wegen grenzüberschreitenden Kokainhandels bestätigte, ist festzuhalten, dass dessen Straftaten einerseits eine grenzüberschreitende Dimension immanent war und er andererseits zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt worden war, was bereits für sich betrachtet die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 3 Z 5 FPG rechtfertigt. Die beiden letztgenannten Elemente unterscheiden den in Rede stehenden Fall durchaus noch von jenem des Beschwerdeführers und stellen ein weiteres Indiz dafür dar, dass dessen Straffälligkeit wohl noch nicht der höchstmöglichen Kategorie an "Schwere" zuzurechnen ist, ebenso wie der Umstand, dass ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 Z 1 FPG – ungeachtet der Voraussetzungen des vormaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG – überhaupt erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verhängt werden kann. Sollte der Beschwerdeführer neuerlich verurteilt werden, wird diese Einschätzung jedoch womöglich neu und anders zu bewerten sein.

Somit ist festzuhalten, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Straftaten des Beschwerdeführers (gerade noch) keine "gravierende" bzw. "schwere" Straffälligkeit iSd gesetzgeberischen Erläuterungen zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG durch das FrÄG 2018 vorliegt. Entsprechend der vorzitierten höchstgerichtlichen Judikatur bleibt daher fallbezogen im Hinblick auf den mittlerweile annähernd dreißigjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers kein Spielraum bezüglich der Zulässigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bestehen. Auf den Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich muss an dieser Stelle demgemäß gar nicht eingegangen werden.

Das mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides verhängte Aufenthaltsverbot erfolgte somit nicht zu Recht, was zugleich auch die Gegenstandslosigkeit des Ausspruchs hinsichtlich der Nicht-Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedingt (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides).

3.2. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

In der Beschwerde wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da der Beschwerdeführer in ein ihm unbekanntes Land ausreisen und sich dort „für eine Zeit von ein bis zwei Jahren“ aufhalten müsste, „da für gewöhnlich das Bundesverwaltungsgericht nicht früher entscheidet“. In diesem Zusammenhang wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Entscheidung vier Tage nach Vorlage der Beschwerde und somit innerhalb der Wochenfrist des § 18 Abs. 5 BFA-VG ergeht.

Der VwGH hält in seiner Rechtsprechung zu § 18 Abs. 5 BFA-VG wie folgt fest:

„Der Verwaltungsgerichtshof hat - insoweit ist dem Bundesverwaltungsgericht beizupflichten - in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen.

Die Systematik des § 18 BFA-VG, wonach die aufschiebende Wirkung von der Behörde aberkannt werden kann (Abs. 1) und einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung (wieder) zuerkannt werden kann (Abs. 5), entspricht der Systematik des § 13 Abs. 2 und 5 VwGVG: Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausschließen, gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.

Auch im Rahmen des § 18 BFA-VG kann sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden.

Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen.

Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014).“ (VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023)

Aus dem Gesagten erweist sich daher der in der Beschwerde gestellte Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Anm.: erkennbar nach § 18 Abs. 5 BFA-VG) zuzuerkennen, als unzulässig und war daher zurückzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Die Feststellungen des angefochtenen Bescheides blieben im Wesentlichen unbestritten. Es waren keine weiteren Beweise aufzunehmen und wurde zudem dem Beschwerdebegehren stattgegeben. Von Seiten der Verfahrensparteien wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Es konnte daher auf die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Angemessenheit Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot Aufenthaltsverbot aufgehoben aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung Durchsetzungsaufschub ersatzlose Behebung EU-Bürger EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung Kassation öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Unionsbürger unzulässiger Antrag Verbrechen Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2241256.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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